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254 Das Böttgersche Erbe. als solcher betrachtete S59 ). Er nahm demgemäß den Mund auch am vollsten und hatte nicht übel Lust, die ganze Erbschaft Böttgers als Experimentator, Erfinder, Leiter, ja selbst als Goldmacher anzutreten. Vor der Kommission bat er freilich zunächst nur um Auszahlung der für seine Arbeiten mit Böttger bestimmten Gelder, die dieser ihm vorenthalten hätte. Dann aber wies er in einer besonderen Eingabe auf seinen so ganz besonders intimen Umgang mit Böttger hin, fügte ein endloses Verzeichnis alles dessen bei, was er, sowohl in Kommerzien-, Bergwerks-, Blaufarbe- werksachen, in chemischen und philosophischen Dingen vermöchte, versprach nichts weniger als sämtliche Erfindungen und Propositionen Böttgers, wie den Borax, den Liquor zur Erhaltung toter Körper, die blaue Porzellanfarbe, die Emailfarben, das Porzellan selber usw. zu erfinden, beziehungsweise unendlich zu verbessern und stellte dann auch den Stein der Weisen mit einer Sicherheit in Aussicht, als hätte er ihn bereits in der Tasche. Es schien, als wollte er noch einmal den König in jenes Reich der Träume und Phantastereien locken, in dem ihn Böttger lange genug gelassen hatte. Dann kamen schließlich die weniger Anspruchsvollen, darunter die beiden Mehlhorns, der Vater, der immer noch den Titel eines Schleif- und Poliermühlen direktors führte, obwohl diese Anstalt schon seit Jahren Stillstand, und sein Sohn, der Maler an der Manufaktur. Sie wiesen beide darauf hin, daß sie eine gute, weiße Porzellanmasse herzustellen wüßten, desgleichen die blaue Farbe, durch die sich damals jeder, der etwas von der Fabrik wollte, beim Könige beliebt zu machen suchte. Sie baten deshalb um Anstellung bei der Manufaktur 66 °), desgleichen aus ähnlichen Gründen merkwürdigerweise der Holländer Hieronymus Schiirmann und schließlich gar auch noch Böttgers ehemaliger Kammerdiener Pyrner, der vorgab, viel Wichtiges von Böttger unter der Hand erfahren zu haben. Allen diesen Forderungen gegenüber hatte die Kommission zunächst keinen leichten Stand. Es handelte sich hier bei fast allen um wirkliche Mitwisser der Arkana, mithin um solche, die, wenn sie sich unbefriedigt von dannen wandten, der Manufaktur großen Schaden zufügen konnten. Die Verantwortung der Kom mission in dieser Angelegenheit war daher nicht gering. Freilich allen Hoffnungen auf die Oberleitung der Manufaktur hatte dieselbe bereits dadurch so ziemlich ein Ende gemacht, daß sie dem König geraten hatte, keinen Direktor wieder an die Spitze zu stellen. Damit war der Fall Holzbrinck und Nehmitz in der Hauptsache schon erledigt. Doch forderte sie letzteren auf, genauer anzugeben, was er über Böttgers Propositionen u. dgl. wüßte, erhielt aber nur ganz allgemeine Angaben, so daß diese Angelegenheit ohne Bedenken ad acta gelegt werden konnte. Ernstlicher ging sie dagegen auf die Angaben der Mehlhorns ein. Sie mußten zunächst irt Dresden eine Probe ihres Könnens vor dem Blasebalg ablegen, dann in den Öfen zu Meißen, die recht befriedigend ausfielen. Namentlich wurde sehr angenehm bemerkt, daß die Porzellane hier kaum noch Risse zeigten, wie es die in der Manufaktur hergestellten damals nur noch zu leicht taten. Deshalb ließ man den alten Mehlhorn in seiner Stellung und setzte den jungen, damit er als