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werden, da sie ja nur diese Ursachen, nicht aber die weiteren Gründe wieder zu diesen zu untersuchen, nicht eine wirkliche Darstellung der ganzen Verwaltung Böttgers zu geben hatte und deshalb nur auf diejenigen kam, die in der letzten Zeit, da eben der Verfall der Manufaktur eingetreten war, vor aller Augen sichtbar gewirkt hatten. So kam sie auch gar nicht darauf zu sprechen, daß die Fabrik von An fang an kein Betriebskapital besessen hatte, und daß Böttger für die damaligen finanziell so un günstigen Zeiten viel zu viel auf einmal unter nommen hätte. Sie kam auch nicht darauf, daß der König ihn im Jahre 1715 so völlig und so uner wartet finanziell im Stich gelassen, in einer Weise, daß wohl manches noch viel solider angelegte Unter nehmen dadurch bankerott geworden wäre, und daß die Manufaktur zur Erhaltung ihres Geheim betriebes jene viel zu ausgedehnte und eigentlich doch völlig nutzlose Oberleitung besaß, die mehr Kosten verursacht hatte, als jemals eine so junge und so schwächlich finanzierte Fabrik ertragen kann. Sie verschwieg auch, daß Böttger selber anfangs ein ganz ungewöhnlich tätiger Mensch gewesen war, daß weiter er immer in erster Linie es gewesen war, der nach Abhilfe verlangt, der selber die Vorschläge dazu gemacht hatte, ja hierbei sogar mehrfach auf die Leitung der Fabrik hatte verzichten wollen. Und endlich ahnte sie auch noch nicht — denn sie konnte damals noch nicht die Geschichte der deut schen Porzellanfabriken des 18. Jahrhunderts kennen mit ihren ewig sich wiederholenden, kümmerlichen Anfängen, ihrem mühsamen Sichdurchschlagen und ihrem meist bankerottartigen Ende —, wie schwer es damals überhaupt war, eine derartige Fabrik, einen im damaligen Sinne keramischen Großbetrieb ins Leben zu rufen und zu erhalten, wie wenig diese Zeit überhaupt begriff, wie vieler Opfer und Anstrengungen, welcher weit in die Zukunft schau enden Dispositionen es hierzu bedurfte. Sie konnte damals noch nicht erkennen, wie wir es heute tun Abb. 107. Böttgerporzellan. Abformung der Seite 123 abgebildeten chinesischen Porzellanfigur. König!. Porzellansammlung, Dresden. Höhe 36 cm. können, daß Böttger vielfach das Opfer des ersten Versuches dieser Art gewesen war, daß er für andere, für eine kommende Zeit hatte Erfahrungen sammeln müssen, und daß, wenn von nun, d. h. von Böttgers Tode an, es mit der von ihm gegründeten