Die Gestaltung. 215 Abb. 82. Böttgerporzeilan mit aufgelegten, geformten, antikisierenden Verzierungen. Königl. Porzellansammlung Dresden. Höhe der großen Vase 37,5 cm. König oder wenigstens seine Hofhaltung angefertigt, dokumentiert. Der erste europäische Porzellanstil ist aber auf diese Weise entgegen lang geglaubten und immer wiederholten Ansichten in keiner Weise ein clünesischer gewesen; er hat in dieser Beziehung sogar äußerst wenig von jenen Erzeugnissen entlehnt, die doch zu seiner Erfindung die alleinige Anregung gegeben haben. Erst nach Böttger s Tode ist geschehen, was man bisher immer schon seiner eigenen Zeit zugeschrieben hat, ist das Meißner Porzellan auch in künstlerischer Beziehung ganz vom chinesischen Porzellan abhängig, ja z. T. seine unmittelbare Kopie geworden 603 ). Unter Böttger dagegen kam die europäische Kunst, die Kunst des Barocks, im Porzellan genau so zur ungetrübten Erscheinung, wie im Steinzeug, und nur die Malerei nahm auch hier bisweilen einen Charakter an, der bereits den damals beginnenden Einfluß der ostasiatischen Kunst auf die euro päische verrät. Es kann jedoch kein Zweifel darüber bestehen, daß die Ablehnung des chine sischen Porzellanstils auch diesmal wieder ein völlig bewußter war. Noch mehr als beim Steinzeug hatte Böttger beim Porzellan, als der doch so viel schwierigeren und viel bedeutungsvolleren Erfindung, das größte Interesse daran, seine eigenen Porzellanerzeugnisse auch als solche erkennen zu lassen, und wiederum erklärte er ja — und in gewisser Beziehung mit vollem Recht, — daß seine Nachahmung viel besser wäre, als seine Vorbilder 604 ). So hatte er auch hier wieder alle Veran lassung, sich von ihnen stilistisch so weit als möglich zu entfernen und in dieser Beziehung seine eigenen Wege zu wandeln, und es kann darum auch durchaus