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VI. Das Böttgerporzellan. Abb. 75. Böttgerporzellan. Abformung einer chinesischen Götzenfigur, mit Email farben bemalt. Sammlung v. Dallwitz, Berlin. Höhe 10 cm. Es kann kein Zweifel darüber bestehen: nicht ganz dieselbe glänzende und reiche Ausbildung, die Böttgers erstes brauchbares keramisches Erzeugnis, das rote Steinzeug, wie die noch heute erhaltenen Stücke zeigen, gefunden hat, ist auch dem Pro dukt seiner edelsten und wertvollsten Erfindung, dem Porzellan, zuteil geworden. Man findet hier nicht jene^Fülle von Gattungen und Spielarten, die dort so sehr überraschen muß, nicht jene technische und künstlerische Erschöpfung dieses Materials, die bei jenem kaum noch einen Weg zu neuen Taten übrig ließ. Es erscheint gleichmäßiger, eintöniger, es läßt noch viele und wichtige Möglichkeiten für die Zukunft offen. Es hat den technischen wie künst lerischen Reichtum dieses Stoffes noch in keiner Grund hierfür war Weise erschöpft. vor allem, daß die künstlerische wie technische Durch bildung des Porzellans in jeder Beziehung viel schwieriger ist, als die des anderen keramischen Produktes Böttgers, dann aber sicherlich auch, daß, als Böttger glück lich im Jahre 1713 nach endlosen Mühen so weit mit seinem neuen Produkt ge kommen war, daß man zur Not an eine fabrikmäßige Herstellung desselben denken konnte, Böttger sich durch die früher erwähnten mißlichen Verhältnisse, in die er durch seine früheren Gründungen geraten war, bereits in einer so üblen Lage befand, daß seine Tatkraft und die Behendigkeit seines Geistes damals entschieden arg gelitten hatten. Es fehlte der Mut zu neuen Taten, zu neuen Versuchen und neuem Spekulieren. Dazu kam jedoch auch, daß das neue Produkt, sobald es wirklich zum Verkauf kam, schon in der Form, in der es zuerst dargeboten ward, ganz außerordentlich gefiel, ja, man kann wohl sagen, reißend abging, so sehr, daß die Fabrik schon damals gleich der Nachfrage nicht mehr genügen konnte, in Anbetracht der an sich so geringen Produktion, die die geringe Zahl der vor handenen Öfen verursachte. Wozu sollte da Böttger, dem ja bereits damals nur zu oft zu allem und selbst dem Notwendigsten das Geld fehlte, wenn nicht aus reiner Experimentierlust, auch hier, wie bei seinem Steinzeug, sich Arbeiten und Ver-