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170 Die Porzellanfabrik. Es ist daher kein Wunder, daß Böttger diese blaue Farbe auf seinem Porzellan schon gleich nach dessen Erfindung in Aussicht stellen zu müssen glaubte und sich dann auch allen Ernstes an ihre Herstellung gemacht hat. Auch der König scheint für diese Farbe ein ganz besonderes Interesse gehabt zu haben. Hat er doch sogar einige Jahre später einen Preis von 1000 Talern darauf gesetzt, eine für seine da malige Geldknappheit gewiß ganz anständige Summe 455 ). Selbst die Maitresse des Königs, die Gräfin Cosel, schien sich für dieselbe zu interessieren 456 ). Schließlich suchten sich auch nach Böttger?, Tode alle, die sich um seine Nachfolgerschaft be warben, vor allem dadurch beim König zu empfehlen, daß sie die Herstellung dieser Farbe in sichere Aussicht stellten 457 ). Entweder war demnach der König ein ganz besonderer Liebhaber derselben — wie er denn auch unter jenen jetzt in der Porzellansammlung zu Dresden befindlichen ungeheuren Mengen von Porzellanen, die er bekanntlich für die Ausschmückung des sogenannten japanischen Palais in Dresden-Neustadt zusammengebracht hat, das chinesische blaue Porzellan in ganz auffälliger Weise bevorzugt hat — oder erversprach sich aus der Anbringung dieser Farbe und der dadurch erfolgenden Verschönerung der Porzellane einen großen pekuniären Vorteil. Schon im Mai des Jahres 1710 hatte daher Böttger, der von vornherein das an den chinesischen Porzellanen zur Anwendung gebrachte Unterglasurblau als das in Sachsen gewonnene Kobaltblau erkannt haben muß, um % Zentner des allerbesten und allerfeinsten „„Handstein von der Kobaltminera“ gebeten, hatte deswegen auch nach Schneeberg geschickt, wo, wie eben erwähnt, dergleichen am besten und reinsten zu erhalten war 458 ). Schon in diesem Jahre wurden von ihm Versuche mit diesen Erzen unternommen; doch wollten sie noch nicht recht ge lingen, da nach Böttgers Angabe der Kobalt, den er aus dem Gebirge früher besser bekommen hätte, diesmal nicht gut gewesen wäre. Die Malerei war „inwendig und wenn man die Gefäße gegen das Licht hielt, ganz deutlich zu sehen“; außer halb aber waren die Farben noch nicht recht deutlich „durchgebrochen“. Böttger wagte diese Resultate noch nicht an den König zu senden 459 ). Vielleicht waren aber diese Versuche damals überhaupt noch etwas verfrüht, da zu dieser Zeit auch die Masse und die Glasur des Porzellans erst „ziemlich“ geraten war. Im April des Jahres 1712 erbot sich dann Böttger,in seinen Öfen die blaue Farbe „auf seine eigenen Kosten“ herzu stellen 460 ) und versprach dann auch einmal, bis Michaelis 1713 mit der Herstellung dieser Farbe fertig zu sein 461 ). Doch in den folgenden Jahren hört man dann wieder von immer neuen Bestellungen des Minerals, dessen Anwendung auf das Porzellan noch immer nicht gelingen wollte, und wiederum wird die Schuld des Mißlingens auf das Erz selber geschoben: es sei zu verschieden hinsichtlich seiner Güte und sonstigen Eigenschaften und könne zum Teil auch wegen zu viel Arsens das zum Garbrand des Porzellans nötige Feuer nicht bestehen 462 ). Von neuem erging daher im Jahre 1715 an das Oberbergamt in Freiberg der Befehl, sämtliche Sorten von Kobalterzen, die es in Sachsen gäbe, die Böttger jedoch alle schon einmal erhalten hatte, an diesen zu senden 463 ), ohne daß dadurch freilich die Sache besser wurde.