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160 Die Porzellanfabrik. Die Herstellung dieser Masse gelang Böttger dadurch, daß er damals merk würdigerweise die Schnorrsche Erde wieder aufgab und an deren Stelle wiederum eine neue setzte, die — wir wissen leider nicht genau, an welcher Stelle — „ein paar kleine Meilen“ von Dresden gefunden wurde. Diese Erde war ihm gleichsam ins Haus getragen worden: der Pächter des Orts, wo sie gefunden ward, hatte ihn benachrichtigt, „daß daselbst schöne Letten und Erden anzutreffen seien“, und Böttger hatte alsbald einen Angestellten der Fabrik, namens Johann Georg Mehlhorn, dort hingesandt, einen ehemaligen Tischler, der früher, wohl durch Böltgers Beispiel angeregt, gleichfalls auf Porzellan „laboriert“ hatte, dabei aber so herunter gekommen war, daß er Böltger um Dienstanstellung bitten mußte, der aber doch wohl einige Sachkenntnisse auf diesem Gebiet besessen zu haben scheint. Er sollte Proben von den bezeichneten Erden holen 403 ). Diese Masse ist dann nachweisbar bis Mitte Mai des Jahres 1717 verwendet worden und soll sich auch weiter glänzend bewährt haben 404 ). Dann aber ist man doch zur Schnorrschen Erde wieder reumütig zurückgekehrt und bei ihr geblieben. Im Jahre 1718 zwang man daher sogar Schnorr, den Besitzer derselben, sich verbindlich zu machen, der Meißner Manufaktur immer so viel Erde zu liefern, als sie bedurfte und auf die Barzahlung wenigstens ein Jahr warten zu wollen. Er soll dafür freilich den Preis derselben beträchtlich erhöht haben 405 ). Trotzdem aber war Böttger durchaus der ganz richtigen Meinung, daß die zum Porzellan nötige Erde an vielen Stellen zu finden wäre, wenn er auch freilich stark übertrieb, wenn er behauptete, daß sie in Sachsen, im Gegensatz zu China, das in dieser Beziehung an eine ganz bestimmte, nur an einer Stelle sich findende Masse gebunden wäre, an hundert Orten anzutreffen wäre. Neben diesen das Kaolin darstellenden Erden bedurfte Böttger zu seinem Porzellan aber damals merkwürdigerweise immer noch des früheren, durch jene als Hauptbestandteil der Porzellanmasse verdrängten Colditzer Tons 406 ), doch nur zu dem Zwecke, die Plastizität der neuen, an sich nicht sehr plastischen Massen zu erhöhen 407 ). Dieser Colditzer Ton ist sogar auch nach Böttgers Tode noch Jahrzehnte lang ein Hauptbestandteil der Meißner Masse geblieben 408 ). Auch dieses Material suchte Böttger daher damals ebenso wie die Schnorrsche Erde in festere Hände zu bekommen, wobei er sich derselben Mittel bediente 409 ). Als Flußmittel hatte Böttger zu seinem Porzellan) wie gezeigt, von Anfang an kalkhaltige Materien benutzt, wenn er auch daneben schon gleich am Anfänge, wie erwähnt, mit Spaten Versuche gemacht hatte. Bei diesen kalkhaltigen Fluß mitteln ist es zu seinen Lebzeiten auch durchaus geblieben, und noch lange nachher ist Alabaster das immer bevorzugte Flußmittel des Meißner Porzellans gewesen 410 ). Daneben wurde bisweilen, wenn auch scheinbar sehr selten, Kreide verwandt. Den Alabaster bezog man die ganze Zeit, wie gleichfalls noch lange Zeit nachher, noch immer von Nordhausen, aus einem Bruche, der etwa IVa Stunden von dieser Stadt gelegen war 411 ). So aber ist es gekommen, daß Böttger, wie auch die ganze folgende Zeit, über ein sogenanntes Kalkporzellan nicht hinausgekommen ist, ein Porzellan, das in seiner Masse mehr jenem für England so typischen Knochen-