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Die Schnorrsche Erde. 159 steine abbauen wollte. Sie lag dort freilich — alten Nachrichten zufolge — nir gends frei zutage, war vielmehr auf einer hohen Granitkuppe durch eine mehrere Meter mächtige Schieferhülle verdeckt und mußte daher bergmännisch bearbeitet werden 393 ), was anfangs im Raubbau geschehen sein soll 391 ), dann aber mit wirk licher Methodik erfolgte. So entstand hier die berühmte „Weiße Erden-Zeche St. Andreas“, die erst seit wenigen Jahren wie so vieles andere Bergmännische im Erzgebirge, wieder eingegangen ist. Sie bietet jetzt ein Bild vollkommensten Verfalls dar. 395 ). Der Besitzer dieser Lage war Veit Hans Schnorr, einer der reichsten und wohlhabendsten Fabrikanten des Erzgebirges 396 ). Böttger hat diese Erde vielleicht, wie berichtet wird, schon im Jahre 1710 zu Gesichte bekommen und durchprobiert 397 ). Doch erst im folgenden Jahre scheint ihm ihre ganze Bedeutung für sein Porzellanwerk aufgegangen zu sein. In diesem bittet er in einem Memoriale vom 30. Mai die damals tagende zweite Kommission, da für einzutreten, daß in Zukunft die „sogenannte Schnorr sche Erde“ nur für seine Manufaktur abgegeben und sonst niemandem etwas davon verkauft werden dürfe 398 ). Auch zog er damals durch das Schneeberger Oberbergamt weitere Erkundigungen über diese Erde ein 399 ). Man sieht, welchen Wert er damals bereits auf sie legte. Diese Schnorrsche Erde ward jetzt der wesentliche Be standteil seines Porzellans und wohl die Ursache,.daß jetzt die Herstellung der Porzellangefäße weit besser gelang als vorher, wenn auch freilich noch immer nicht in zufrieden stellender Weise. Noch im Jahre 1713, also zur Zeit, da man bereits die fabrikmäßige Herstellung des Porzellans begann, hatte man die Porzellanmasse im Brande tatsäch lich noch so wenig in seiner Gewalt, daß man, wenn die Ge schirre in den Ofen gesetzt waren, sie, wie man sagte, noch immer „dem Glücke überlassen“ und abwarten mußte, ob etwas oder nichts geraten und gut wieder herauskommen Abb. 66. Böttgersteinzeug. Putto mit Muschel. Königl. Porzellansammlung-, Dresden. Höhe 19 cm. würde 400 ). Der einzige Unterschied gegen früher war daher wohl, daß jetzt überhaupt immer etwas in jedem Brand oder mehr als vordem gelang. Endlich jedoch im Jahre 1715 kam man durch „fleißiges Nachsinnen und Observieren“ so weit, daß nicht mehr so viel „ungeratenes“ Gut aus dem Ofen herauskam 401 ). Doch noch immer befrie digte die Masse nicht ganz. Böttger experimentierte daher unverdrossen weiter. Da gelang es ihm endlich im folgenden Jahre, eine Masse herzusstellen, die die un ¬ schätzbare Eigenschaft besaß, „fast gar nicht“ zu schwinden. Und nun gerieten auch in der Tat im Brande beinahe alle Geschirre, wofern sie „von den Drehern oder Formern, ehe sie ins Feuer kamen, nicht bereits zuvor verwahrlost ge wesen“ 402 ).