130 Das Böttgersteinzeug. wieder absprangen. Für gewöhnlich jedoch hat man die richtige Mitte zu treffen gewußt (Abb. 40 u. 43). Die auf diese Weise geformten Ornamente halten sich durchaus im Stil des damaligen Barocks: sie zeigen in der Regel das senkrecht emporsteigende oder sich zur Seite drehende starkgelappte Akanthusblatt dieser Zeit. Daneben findet sich auch ein langgezogenes schilfblattartiges Gebilde. Auch knospenartige Formen kommen vor. Sie alle wurden in Reihungen um die Gefäße gelegt, meist als Belebung und Markierung der Ränder oder sonst zu betonender Stellen. Da neben gab es Maskerons, Satyr- und Löwenköpfe, auch Blumenbuketts, die einzeln, aber in bestimm ten Rhythmen mitten auf die Wandungen gesetzt wurden (Abb. 43). Ganz in Formen wurden die reicher gestalteten, mit Tierköpfen u. dergl. versehenen Henkel und Ausgüsse hergestellt (Abb. 33). Bisweilen jedoch hat man mit dieser mechanischen Formung doch noch eine gewisse Freihändigkeit der Arbeit zu verbinden gesucht. Man hat einzelne Blätter für sich geformt und in Verbindung mit frei modellierten oder auch wieder geformten Blumen, wie Rosen und Vergißmeinnicht, dann auch Knospen und Früchten zu kleinen Sträußen und Ranken auf den Wandungen zusammengesetzt (Abb. 21 u. 41). Doch ist diese Technik, die nachher für das Porzellan Böttgers eine sehr gebräuchliche ge worden ist, im Steinzeug noch ziemlich selten ange wandt; sie scheint, wie auch schon ihr Vorkommen fast nur an geschliffenen Stücken beweist, erst im Porzellan aufgekommen und von diesem auf das Steinzeug übertragen worden zu sein. Abb. 41. Böttgersteinzeug. Vase, geschliffen, mit freihändig aufgelegten Ranken. Königl. Porzellansammlung, Dresden. Höhe 34 cm. Immer jedoch ist von aller dieser Ornamentik ein durchaus bescheidener Gebrauch gemacht worden. Sie drängt sich niemals auf, bedeckt nie die ganzen Wandungen, zerstört nie den Gesamteindruck der Form. Es hat auch in dieser Beziehung hier wie ¬ der ein seiner selbst sicherer Geschmack geherrscht, der nicht etwa aus Freude über eine Technik oder ein Schmuckmittel in seiner Anwendung sich nie hat genug tun können und so aus einem Verschönerungsmittel sein volles Gegen teil gemacht hat. Erstaunlich jedoch wird immer die Mannigfaltigkeit und Ab wechslung der Formen und Modelle bleiben, die damals in so kurzer Zeit in diesem neuen Materiale geschaffen worden sind, bedenkt man, wie gleichbleibend und stereotyp sonst in der Regel die Formen in der Keramik bis dahin zu sein pflegten, wie wenig Abwechslung in der Formensprache auch das deutsche Steinzeug bisher