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116 Das Böttgersteinzeug. schliffen sind, einen ganz besonderen Reiz aus, wobei freilich wohl ihre Seltenheit auch ein wenig mitsprechen dürfte. Ganz allgemein genommen, ist jedoch die Herstellung eines keramischen Pro duktes aus einer derartigen eisenhaltigen Erde wohl keine besondere Tat gewesen. Die Natur liefert diese Erde an vielen Stellen der Erdoberfläche, und an den ver schiedensten Stellen hat man sie daher auch zur keramischen Verarbeitung heran gezogen, auch lange Zeit schon, bevor Böttger es versuchte. Schon die alten Römer hatten ihre schwach gebrannte, aber schön rot gefärbte sog. samische Ware, auch terra sigillata genannt, die zu den erfreulichsten keramischen Erzeugnissen des Altertumes gehört 337 ). In China läßt sich das rote Steinzeug, das Böttger Anlaß zu seiner Nacherfindung gegeben hat, bis ins 16. Jahrhundert 338 ) verfolgen. Auch die japanische Keramik kennt in dem sog. Bizen- yaki ein sehr schönes verwandtes Produkt 338 ), und daß die holländische und englische Keramik schon vor Böttger, wie dieser angeregt durch die Erzeug nisse Chinas, sich in gleichen Nachahmungen ver sucht hat, ist bereits früher erwähnt worden 340 ). Auch in Deutschland gab es bereits vor Böttger im 17. Jahrhundert ein gleichfalls rot gefärbtes aber sonst keramisch sehr minderwertiges, bisher frei lich noch gar nicht beachtetes Produkt, das in Anlehnung an die ebengenannten, in dieser Zeit schon mehrfach ausgegrabenen römischen Ton waren den Namen Terra sigillata führte, eine Be zeichnung, die man später vielfach allen roten ke ramischen Erzeugnissen, ja gelegentlich selbst dem Böttgersteinzeug beilegte 341 ). Nach Böttger haben sich die Versuche bis in unsere Zeit hinein nur ver doppelt, die Erzeugnisse derselben sind heute zum Teil kaum noch auseinander zu halten. Aber der rein keramische Wert aller dieser Produkte ist sehr ver schieden, je nach der Güte der Masse und ihrer Festig keit nach dem Brande. Ein großer Teil derselben, z. B. fast alle holländischen Pro dukte, verdienen, da sie nur ganz leicht gebrannt sind, durchaus nicht den Namen Steinzeug, den man ihnen so oft gibt. Man darf sie daher nur als schwach gebrannte Tonwaren bezeichnen. Das Erzeugnis Böttgers jedoch — und dies hebt seine Er findung um ein ganz beträchtliches — kann als ein ganz besonders feines und festes bezeichnet werden, ja als eins der allerbesten, die überhaupt je in diesem Stoffe gemacht worden sind, als das allerbeste auf jeden Fall, das bis dahin aus ihm hergestellt worden war. Es stellt sich in seiner Zusammensetzung als sehr feinkörnig heraus, so sehr, daß seine Oberfläche im Gegensatz zu dem gleich falls vorzüglichen chinesischen Steinzeug mit seiner rauheren Oberfläche glatt, ja fast