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102 Die Steinzeugfabrik. Ostermesse des folgenden Jahres beschickt. Wie weit jedoch das Direktorium hierbei mit seinen Absichten reüssiert, und ob es damals überhaupt auf seine Kosten gekommen ist, ist nicht bekannt. Daß aber hier in der Tat unerlaubte Nebenabsichten vorlagen und nicht etwa eine wirklich gut gemeinte Unter stützung der Manufaktur lediglich aus Interesse für dieselbe, darüber kann wohl kein Zweifel bestehen. Bei einer aufrichtigen Unterstützung mit barem Gelde seitens des Direktoriums hätte es eines solchen Geheimbundes sicherlich nicht bedurft, da Böttger dann, wie mit Sicherheit anzunehmen, allen Argwohn ver gessen, vielmehr mit beiden Händen eine Gelegenheit ergriffen haben würde, die ihm das reichte, dessen er damals am meisten bedurfte: Kapital. So wird man das Mißtrauen, das Böttger damals gegen das Direktorium und nach Matthis Ableben gegen Nehmitz und die ihm Nahestehenden gehabt und das bald immer größere Formen annahm, durchaus nicht für ganz unbegründet halten dürfen. Er hatte es hier entschieden nicht mit so ganz ehrlichen Leuten zu tun, denen gegenüber es wohl gut war, etwas auf der Hut zu sein. Der Hof August des Starken war damals ja, wie jeder, an dem der Absolutismus herrscht, ein nur zu günstiger Nähr boden für alle möglichen Intriguen und selbstsüchtige Bestrebungen, die durch die häufige, lange Abwesenheit des Königs von seinem Stammlande nur zu sehr erleichtert wurden. Andererseits aber darf man nicht ganz übersehen, daß Böttger, der lebhafte Geist, der in seinen jungen Jahren so lange ein Gefangener war, als solcher beständig scharf bewacht wurde und dabei jahrelang gezwungen ward, um jeden Preis etwas zu machen, was er nicht machen konnte, auch mit der Zeit wohl ein wenig arg mißtrauisch geworden war, auch reizbar und nervös, und darum Dinge witterte, namentlich solche, die ihm schaden konnten, die aber gar nicht da waren. Es war dies psychologisch nur zu leicht erklärlich. Auch gehörte er zu jenen Leuten, die stolz auf ihr wirkliches Können — Böttger hatte auf diesen Stolz nach seinen keramischen Erfindungen wohl auch einigen Anspruch —, sich „nicht gern drein reden lassen“ 306 ) und stark „eifersüchtig“ auf ihr Wissen sind. Es war klar, daß es nicht immer leicht war, mit einer derartig veranlagten Persönlichkeit zusammen zu arbeiten. Auf alle Fälle aber waren diese Reibereien zwischen Böttger und der Gegen partei nun einmal da und sie haben den weiteren Gang dieser Unternehmungen nun unausgesetzt begleitet, nicht gerade zu ihrem Vorteil. Weit schlimmer für die Fortentwicklung der Manufakturen jedoch war, daß auch die materiellen Unter stützungen, die der König ihnen angedeihen lassen wollte, ihnen vielfach nicht in dem von ihm beabsichtigten Maße zuteil wurden. Es war leicht für den König, Böttger durch die Rentkammer und das Akzisekollegium, Geld anweisen zu lassen, schwerer jedoch für diese, die alle Mühe hatten, des Königs eigene Ver- schwendungs- und Prunksucht nach den traurigen Zeiten, die Sachsen soeben durcherlebt hatte, nur einigermaßen zu befriedigen, diese Summen auch wirklich herbeizuschaffen, zumal sie, allem Anscheine nach, in keiner Weise so wie der König selber von der Nützlichkeit dieser zunächst nur Gelder verschlingenden