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Abb. 24. Böttgersteinzeug. Nachbildung chinesischer Gefäße. Herzogliches Museum, Gotha. Höhe der Tasse in der Mitte 5 cm. Daneben aber tauchten in dieser Zeit gänzlich neue Projekte auf, die sicherlich auf wirklichen Versuchen beruht haben werden, die aber wiederum einen Teil von Böttgers Kraft und Zeit in Anspruch genommen haben müssen. Bereits im Jahre 1711, also erst zwei Jahre nach der Vollendung der Erfindung des Porzellans, wußte er einer im März tagenden neuen Kommission 293 ) eine ganze Reihe derartiger neuer Bestrebungen mitzuteilen. Da will er vor allem Öfen konstruieren, um Erze mit zwei drittel Ersparung des bisher verwandten Holzes ausschmelzen zu können. Diese Öfen sollten dabei nicht so gesundheitsgefährdend auf Menschen und Umgebung wirken, wie die bisher üblichen, sie sollten auch das Seigern, Ab treiben, Feinbrennen und „alles, was sonst bei Bergwerken erfordert würde“, mit weniger Kosten, als bisher dazu erforderlich war, durchführen. Da will er weiter mittelst dieser Öfen „Aqua fortis, Aqua regis, Spiritus Nitri, Salis Vitriolis Sul- phuris“ aus Landesmaterialien gleichfalls mit geringeren Kosten als bisher üblich herstellen, ferner sie bei der Herstellung der Blaufarben, beim Sieden des Vitriols und Salpeters, beim Brauen, Salzsieden usw. verwenden. Dann gab er vor, aus Landesmaterialien Farben herstellen, die durchaus dem be rühmten Ultramarin gleichkämen, einen künstlichen Bernstein erzeugen und schließ lich gar einen Liquoren bereiten zu wollen, durch den tote Körper konserviert werden konnten 294 ), kurz, Böttgers Erfindungen fingen damals an, sich ins Grenzen lose zu verlieren, und drohten, wenn sie wirklich gemacht und ausgenutzt werden sollten, so ziemlich seine ganze Kraft in Anspruch zu nehmen. Und dabei hatte Böttger noch die Verpflichtung, die damals als die allerwichtigste erscheinen mußte, deren Erfüllung daher auch wohl jetzt am gebieterischsten von ihm verlangt worden ist, die fabrikmäßige Herstellung des echten Porzellans in die Wege zu leiten! Bei dieser Überfülle von Arbeiten und Verpflichtungen, die sich noch dazu auf den verschiedensten Gebieten bewegten, konnte in der Tat von einem kon sequenten Arbeiten desjenigen, der alle diese Sachen angeregt hatte, in diesen Jahren kaum die Rede sein, und man kann darum wirklich nur erstaunt sein und muß vor der Arbeitskraft und Arbeitslust Böttgers alle Hochachtung bekommen, daß er trotz alledem sein rotes Steinzeug damals und in so erstaunlich kurzer Zeit Zimmermann Meißner Porzellan. 7