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96 Die Steinzeugfabrik. festigungsarbeiten ausgeführt werden mußten, die viel Geld kosteten, später aber auch völlig ihre Pflicht taten. Dann gab sich Böttger alle Mühe, seine erste industrielle Gründung, die Steinbäckerei, mit der es gar nicht vorangehen wollte, auf den Damm zu bringen, indem er zunächst die beiden „Holländer“, da sie es durchaus nicht verstanden, die Fliesen zu glasieren, entließ, dann, als sie sich nach kurzer Zeit mit einem Dreher, den sie aus der bereits früher erwähnten Braunschweiger Fayencefabrik mitgebracht hatten, wieder bei ihm meldeten, in Meißen Hohlgefäße arbeiten ließ. Die Rundbäckerei aber, die auch bisher nichts Rechtes zuwege gebracht hatte, verpachtete er Johanni 1712 an ihren bisherigen Meister Eggebrecht, wobei er ihm freilich für die nächsten Jahre die Pacht noch erließ, ihm auch einen kleinen Vorschuß gewährte, wodurch sie dann auch ganz erfreulich in Gang kam 286 ). Dann kamen völlige Neugründungen an die Reihe: zunächst ward auf Veranlassung eines zufällig in Sachsen befindlichen Pfeifenmachers aus Magdeburg im Juni 1710 zu Meißen in einem in der Stadt eigens dafür gemieteten Hause 287 ) eine Tabakspfeifenfabrik angelegt, deren Betrieb so groß ward, daß 8—9 Gehilfen erforderlich waren, ein ganz neues Unternehmen Böttgers, mit dem er der holländischen Pfeifenindustrie Konkurrenz machen wollte 288 ). Hierauf ging er ernstlich daran, auch jene Schmelztiegelfabrik zu errichten, die er bereits im November des Jahres 1709 in Aussicht gestellt hatte 289 ). Sie sollte den Kampf mit den damals als unübertrefflich geltenden „hessischen Schmelztiegeln“ aufnehmen, die, da sie Böttger sicher selber sehr viel bei seinen Experimenten ge braucht haben wird, seine Nachahmungslust wohl ganz besonders herausgefordert haben werden, sobald er das Gebiet der Keramik betrat. Schon im November 1710 hatte er zu diesem Zweck einen Tiegelmacher aus Hessen kommen lassen, der mit sächsischen Materialien hatte Versuche machen müssen, die günstig ausgefallen waren, ihn aber dann wieder, weil seine vielen übrigen Unternehmungen zur weiteren Verfolgung dieser Sache ihm noch keine Zeit ließen, entlassen müssen. Im Jahre 1712 jedoch ließ er ihn wieder zurückkommen und neue Versuche an stellen, die wieder vielversprechend ausfielen. Als man aber hierauf die Sache überkalkulierte, stellte es sich heraus, daß nicht viel damit zu gewännen sei. So ließ Böttger kurz entschlossen diese Unternehmung wieder eingehen 29 °). Um so mehr aber schien ihm daran gelegen zu sein, die schon im März des Jahres 1709 dem König mitsamt seinen hauptsächlichsten keramischen Erfindungen angezeigte künst liche Gewinnung des Borax fabrikmäßig auszunutzen 291 ). Er kam auf die Begründung einer derartigen Fabrik immer wieder zurück, hatte auch seinen Gehilfen Steinbrück bereits zu ihrem Leiter und die Küche auf der Albrechtsburg nebst dem darunter liegenden Gewölbe als Herstellungslokal ausersehen, und nur, weil das neue Brenn haus für das rote Steinzeug dort, wie oben gezeigt, nicht zustande kam und so jene Räumlichkeit nicht frei wurde, mußte die Begründung dieser Fabrik vor der Hand unterbleiben 292 ). Aber immerhin gab es auf diese Weise Zeiten, in denen Böttger nicht weniger als acht Fabriken unter sich hatte.