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78 Die Steinzeugfabrik. letzteres das von Facetten 203 ). Die mannigfachsten Wirkungen konnten dadurch erzielt werden. Die Anwendung aber dieser beiden Techniken, des Schneidens wie des Schleifens, hatte für Böttger das Angenehme, daß er sich zu ihrer Bewältigung, da er sie anderen Gebieten entlehnte, keine Kräfte erst heranzuziehen brauchte. Schon im September des Jahres 1708, wohl unmittelbar nachdem Böttger darauf ausging, seinen melierten Fliesen durch den Schliff jenen Glanz zu geben, der bisher in der Keramik nur durch Glasuren erreicht worden war, hatte Böttger Glasschleifer engagiert. Jetzt mußte für das rote Steinzeug ihre Zahl stark vermehrt werden und so scheinen schon in den Jahren 1710—1711 10—12 Glas-und Steinschleifer von der Fabrik aus beschäftigt gewesen zu sein 204 ), im Jahre 1712 dagegen schon 19, von denen jedoch nur 3 in Meißen, 6 dagegen in Dresden und 10 sogar in Böhmen wohnten. Der kleinste Teil war demnach in Meißen selber beschäftigt. Den in Böhmen lebenden Glasschleifern wurden die Waren dorthin gesandt, nachdem die Muster vorher in Dresden aufgezeichnet worden waren. Ganz im Anfänge hatte Böttger sogar gewünscht, daß alle in Sachsen lebenden Glasschleifer gezwungen werden sollten, für die neue Manufaktur zu arbeiten 205 ). Er hatte damals wohl auf einen weit größeren Betrieb gerechnet, als sich nachher einstellte, und mochte vielleicht auch hoffen, daß eine solche zwangsweise Arbeit für ihn billiger ausfiele, wo bei zugleich auch noch das Geld, das für sie ausgegeben werden mußte, dem eigenen Lande erhalten blieb. Doch ward ihm dieser Wunsch von Seiten des Königs nicht bewilligt. Später dagegen wurden — ganz im Gegensatz zu diesem Bestreben — nur noch Glasschleifer in Böhmen beschäftigt, da sie fleißiger und wohlfeiler arbeiteten als die in Sachsen wohnenden 206 ). Daneben aber ward auch beab sichtigt, jene Schleif- und Poliermühle, die Tschirnhausen am Anfang des 18. Jahr hunderts zum Schleifen der in Sachsen von ihm aufgefundenen Landedelsteine auf der „Osterwiese“ bei Dresden an der Weißeritz hatte anlegen lassen, zu gleichen Zwecken zu benutzen. Man wollte sichtbar die billigere Maschinen arbeit an die Stelle der kostspieligeren Handarbeit treten lassen. Doch diese Mühle war in den Zeiten der schwedischen Invasion vom Kommandanten von Dresden zerstört worden, damit sich der Feind nicht derselben bedienen könne, ward aber gerade damals in den Jahren 1712 und 1713 durch Böttger, der auch hier wieder die Erbschaft Tschirnhausens antrat, sie aber wie immer ver mehrte, mit vieler Mühe und unter Einführung mannigfacher Verbesserungen auf dem Eisenhammer an der Weißeritz unterhalb Plauens bei Dresden wieder auf gerichtet 207 ). Doch ist es niemals zum Schleifen des Steinzeugs an dieser Stelle gekommen, da die hierzu nötigen Maschinen fehlten und auch wegen Geldmangels nicht beschafft werden konnten 208 ). Daneben aber verzichtete Böttger trotz des Glanz verleihenden Schliffs doch durchaus nicht ganz auf das sonst in der Keramik zu diesen Zwecken so übliche Mittel einer Glasur. Sein reger Geist erfand mittelst Zutaten von Kobalt oder Braunstein 209 ) eine schwarze Glasur, mit der er das ganze Steinzeug