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Technische Bewältigung. 71 heim Porzellan. Handelte es sich doch auch schon hier um Erzeugung und Beherrschung einer Hitze, an die die damalige Keramik durchaus noch nicht gewöhnt war, wohingegen freilich diese Masse dem Porzellan gegenüber noch immmer den großen Vorteil darbot, im Brande nicht weich zu werden, vielmehr nur fest zusammenzutrocknen, zu versintern. Die Gefahr des Schiefwerdens, des Sichziehens, des Reißens war daher bei diesem Steinzeug lange nicht so groß, wie beim Porzellan, wenn auch durchaus nicht ausgeschlossen. Böttger war natürlich auch auf dem Gebiet des Brennens zunächst durchaus Laie. Wer weiß, ob er, bevor er als 16jähriger Jüngling in Dresden zu so langer Abgeschlossenheit von aller Welt durch den Machtspruch des Königs verurteilt ward, überhaupt jemals einen Töpferofen gesehen hatte? Doch Dr. Bartelmei hatte ja auf seinen Orientierungsreisen ganz besonders auf derartige Brennöfen geachtet und sogar Zeichnungen von ihnen mit nach Hause gebracht; auch die Töpfer, die Böttger bisher engagiert hatte, mochten wenigstens auf diesem Gebiete einige Erfahrung besitzen- Vor allem aber, Brennprobleme, Ofenprojekte lagen hier in dem Tschirnhausen-Böttgerschen Kreise damals durchaus in der Luft. Zu den technisch-industriellen Bestrebungen, zu denen der Merkantilismus Frankreichs in Sachsen Anlaß gegeben hatte, gehörte, wie bereits oben gezeigt, in erster Linie die bessere Ausnutzung des Feuers, die Verbesserung der Ofen, die zu industriellen Zwecken verwandt wurden. Man ging vor allem darauf aus, durch besseres Aus nutzen des Brennmaterials, das damals ausschließlich Holz zu sein pflegte, die Kosten der Herstellung eines Produktes zu verringern. Gerade nach dieser Rich tung hin war ja auch schon Tschirnhausen besonders eifrig gewesen, er hatte neue Öfen für Salzwerke, für Brauereien konstruiert, die sich auch bewährt hatten; auch den für Sachsen so wichtigen Blaufarbenwerken hatte er ja auf gleiche Weise ab helfen wollen 185 ). Böttger hat alle diese Bestrebungen in vollem Umfange nach Tschirnhausens Tode wieder aufgenommen; sie begleiten seine ganze weitere Tätigkeit bis an sein Lebensende, indem er bald, wie schon erwähnt, darauf aus ging, das Schmelzen von Erzen, an denen das sächsische Erzgebirge so reich war, ra tioneller zu gestalten, bald, wie Tschirnhausen neue Brennöfen erfand, sie probieren ließ und ihr Prinzip dann auf alle möglichen anderen Industrien auszudehnen versuchte 186 ). Hierbei können ihm auch seine alchimistischen Untersuchungen, die ja vorzugsweise mit dem Feuer arbeiteten, von einigem Nutzen gewesen sein. So ging Böttger getrost ans Werk. Die ersten Öfen freilich, die Böttger für das Garbrennen seiner keramischen Produkte schon im Jahre 1709 auf der Jungfer gebaut hatte, erwiesen sich als nicht ausreichend. Es waren, wie anscheinend alle keramischen Öfen Böttgers, und wie sie auch Dr. Bartelmei in seinen Zeichnungen angegeben hatte, liegende, halbzylindrische Öfen, die aber viel zu klein und der Gewölbe der Festung wegen viel zu niedrig waren, worüber sich Böttger ja schon im November dieses Jahres gegenüber seiner Kommission beklagt hatte. Nur andert halb Reihen der in dieselben gesetzten Gefäße, die hinten an der Stirnmauer gerade unter der Feueresse aufgesetzt wurden, konnten auf einmal gut gebrannt werden,