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wurden an die russische Regierung gerichtet mit dem Bemerken, daß die Lage nach der Auf» fassung der britischen Regierung keine Verzögerung zulasse. — DaS Fischerboot „Swist", da- von der Nordsee hier eingetroffen ist, brachte die Mel dung, daß die noch dem Angriff der russischen Kriegsschiffe als vermißt gemeldeten Fischerboote sämtlich unversehrt sind. Der Kapitän des „Twist" erklärt, er habe selbst gesehen, daß vier russische Schiffe auf die englischen Boote feuerten. London, 25. Oktbr. Bet der Leichenschau über die verunglückten Fischer erklärte der Vor sitzende, die Frage, mit der sich die Jury zu be- schäftigen habe, sei sehr ernst und vielleicht von latecnationaler Bedeutung. DaS Londoner AuS- wärtige Amt habe ihn ersucht, die Leichen photo graphieren zu lassen. Außerdem sollen die Leichen, wenn eS möglich sei, bis zur Besichtigung durch die russische Botschaft aufbewahrt und die Leichen schau bis dahin verschoben werden. Der Vor sitzende teilte weiter mit, daß wahrscheinlich noch ein dritter Fischer seinen Verletzungen erliegen werde. Der Ton der Londoner Presse gegenüber Rußland ist jetzt schärfer als zuerst. Die Blätter erklären, die Entschuldigungen und Erklärungen würden nicht als genügend anzusehen sein, man müsse Bestrafung der schuldigen Osfiztere und Einstellung der Fahrt des baltischen Geschwaders verlangen, da sonst England genötigt wäre, den internationalen Handel gegen mörderische Launen zu schützen. Mehrere Zeitungen finden rS be fremdend, daß Kaiser Nikolaus nicht leine Sym pathie mit den Opfern des Zwischenfalls tele graphisch zum Ausdruck brachte. Frankreich. Paris, 25. Oktober. Heute begann dir kriegsgerichtliche Verhandlung gegen Hauptmann d'Autrichr, Oberst Rollin, sowie die Hauptleute FranyoiS und Maröchal, die beschuldigt sind, Fälschung der Akten über die Verwendung der geheimen Fonds begangen zu haben, um mit 25000 Frcs. gewisse Zeugen im Prozeß von Rennes zu erkaufen. Den Vorsitz führt General Berlin. Zunächst wird der Bericht des Regierungs kommissars verlesen. Cherbourg, 25. Oktbr. Von den hier vor Anker liegenden russischen Schiffen ist niemand außer der Brtefordonnanz ans Land gegangen. Die russischen Torpedoboote sind mit Apparaten für drahtlose Telegraphie ausgerüstet. Der Admsral befahl ihnen in vergangener Nacht an, ihre Wachsamkeit zu verdoppeln, da man die An wesenheit japanischer Schiffe im Kanal besürchte. Türkei. Zwischen der Pforte und den Ententemächten ist in der mazedonischen Gendarmerie- Angelegenheit noch immer nicht alles glatt. Am Sonntag abend antworteten die Botlchaster der Ententemächte aus die Mitteilung der Pforte vom 18. Oktober kurz, daß sie an der notwendigen Vermehrung der Zahl der Osfiziere festhalten müßten und nicht davon abgrhen könnten, da sie entsprechende formelle Instruktionen ihrer Re gierungen besäßen. Serbien. In Belgrad tagte am Montag ein Kongreß der serbischen Liberalen; seine Teilnehmer brachten nach Schluß der Verhandlungen dem Könige eine Huldigung vor dem Konak dar. Amerika. Auch Brasilien geht jetzt an eine Flotten vermehrung. Die Abgeordnetenkammer in Rio de Janeiro nahm einen Gesetzentwurf über die Reorganisation der Flotte an. Durch den selben wird die Regierung ermächtigt, 28 Fahr zeuge auf fremdländischen Werften bauen zu lassen. Der Krieg in Ostafien. Auf dem mandschurischen Kriegsschauplätze finden zur Zeit nur kleinere Borpostengesechte und Artillrriekämpse statt. Doch wird eine neue große Schlacht im Süden des Huncho erwartet; japa nische Verstärkungen treffen dort in großer Zahl ein. Am 21. Oktober überschritten die Russen den Schaho wieder, sie führen gegenwärtig eine Bewegung gegen dir japanischen Stellungen aus und errichten hierbei Verschanzungen. Auch die Japaner sind lebhaft mit letzterer Arbeit beschäftigt. Maschall Oyama gibt in einem in Tokio ringe- gangenro Bericht die Anzahl der nach den Kämpfen -um Huncho oufgrfuodearn toten Russen auf ins- HesaMt 1,3 333 au. ... - «»Sichte». Sette S Drahtnachrichten u. letzte Meldungen. Plauen i. V., 26. Oktober. In der gestern stattgehabten Aufsichtsratssitzung der Plauener Bank wurde die Erhöhung des Aktienkapitals um eine Million auf drei Millionen beschlossen. Die jungen Aktien sollen den alten Aktionären im Laufe des nächsten Monats zum Bezug angeboten werden. Wien, 25. Oktober. (Tagebl.) König Leo pold erhöhte die jährliche Apanage der Prinzessin Luise von Koburg von 30 000 auf 50000 Fr. Die Kosten des Verfahrens bei der Untersuchung des Geisteszustandes der Prinzessin werden aus der Kuratelmasse bestritten. Wien, 26 Okt. Die „N. Fr. Pr." meldet: Ministerpräsident v. Körber wird morgen dem Kaiser unterbreiten, an Stelle des zurücktretenden Finanzministers den Sektionschef Kogel, Direktor des Sparkassenamtes, zum Finanzminister und den Grafen Heinrich Buegnoi an Stelle des Barons Giovanelli zum Ackerbauminister zu ernennen. Gleichzeitig soll ein czechischer Landsmannminister ernannt werden. Für diesen Posten ist Hofrat Prof Baus« ausersehen. Vigo, 26. Oktober. Ein hier eingetroffeuer Dampfer berichtet, daß er auf der Höhe von Lagos 14 englische Kriegsschiffe getroffen habe. London, 25. Oktober. Die Admiralität machte heute Abend bekannt, daß sie nach dem Empfang der Nachrichten von dem tragischen Ereignis in der Nordsee am 24. Oktober vor läufige Befehle gab zur gegenseitigen Unterstützung und zum Zusammenwirken als Vorsichtsmaßregel an das Kanal- und Mittelmeergeschwader, sowie an die Flotte in den heimischen Gewässern. London, 25. Oktober. Das „Reutersche Bureau" meldet aus Petersburg: Der englische Botschafter Hardingo teilte der russischen Regie rung eine Note seiner Regierung mit, welche den amtlichen Bericht über den Vorfall in der Nordsee und die Ansichten der englischen Regierung hier über enthält. In der Note wird ferner gesagt, daß die Überreichung der Forderungen der briti schen Negierung, welche volle Genugtuung ver langen werde, bis zum Empfang der Antwort der russischen Negierung zurückgestellt sei. London, 25. Oktober. Das „Reutersche Bureau" meldet aus Petersburg: Der Minister des Auswärtigen Graf Lambsdorff stattete der englischen Botschaft einen Besuch ab und ersuchte den Botschafter Hardingo, dem König und der Regierung die Mitteilung vom Kaiser zu über bringen, daß er keine Nachrichten von dem kommandierenden Admiral des baltischen Ge schwaders bisher erhielt und daß er den Zwischen fall auf der Nordsee nur einem sehr bedauernswerten Mißverständnis zuschreiben könne. Der Kaiser wünsche, dem Könige und der britischen Regierung sein aufrichtiges Bedauern über den beklagenswerten Verlust an Menschenleben zum Ausdruck zu bringen; er wolle Schritte zur vollständigen Ge nugtuung der Betroffenen tun, sobald die näheren Umstände klargestellt sind. Petersburg, 26. Oktbr. Das „Journal de St. Petersburg", das eine Sammlung für die Opfer von Hüll eröffnet hat, führt das Unglück, das sowohl für die Russen wie für die Engländer als ein solches zu betrachten sei, auf die unmög liche Art und Weise, wie die Japaner den Krieg auffassen, zurück. Jedenfalls wird die russische Regierung jeden Schadenersatz leisten, welchen das Gerechtigkeitsgefühl der Russen und Engländer verlangt. — Der NiPponiSmus kenne keine durch die militärische Ehre gesetzten Grenzen. Die Grenzen zwischen wirklicher und eingebildeter Ge fahr seien dadurch verwischt. Die Folge davon sei das Unglück bei Hüll. Das einzige Gegen mittel sei, den NipponiSmuS in Acht zu erklären. Petersburg, 25. Oktober. Durch einen kaiserlichen Erlaß vom 23. Oktbr. wurde Kuro- palkin zum Oberkommandierenden des gesamten I»V4 als Statthalter. Sodann spricht der Kaiser dem Statthalter die Anerkennung für die Tätigkeit bei der Bildung der Konzentrierung und für die Ober leitung der Truppen im Operationsgebiet aus. Alexejeff dankte sodann den Land- und See streitkräften für ihre Aufopferung, er sei stolz ge wesen auf das Vertrauen des Kaisers, welcher ihm die Oberleitung der tapferen Truppen übertragen hätte und hoffe, daß der starke Gegner mit Hilfe Gottes vernichtet werden würde. Washington, 25. Oktbr. (Reutermeldung.) Der stellvertretende Sekretär des Staatsdeparte ments Adee hat an die Vertreter Amerikas im Auslande telegraphisch die Weisung ergehen lassen, den Regierungen, bei denen sie beglaubigt sind, Roosevelts Einladung zu unterbreiten, zu einer Konvention im Haag, besonders zu dem Zwecke, um über Mittel und Wege zu beraten zur weiteren Linderung der Schrecken der modernen Kriegführung und über Erweiterung der Rechte des neutralen Handels. Die Einzelheiten sollen der Mehrzahl der Mächte, die die Einladung an nehmen, überlassen bleiben. Tanger, 25. Okt. Der englische Kreuzer „Diana" mit dem engllschen Gesandten Nicolson an Bord, ist hier eingetroffen. Er wird so lange hier bleiben, bis die El Menebhi - Angelegenheit geregelt ist. Vermischtes. — Die Weinlese im Elbtale ist im all gemeinen beendet; das Ergebnis ist in bezug auf die Menge und auch hinsichtlich der Güte sehr günstig. So mancher Wetngartenbrsitzer konnte nicht genug Gesäße auftreiben, um den reichen, Erntesegen zu bergen. Die Leitmeritzer Acker-, Obst- und Weinbauschule verzeichnet das beste Er- trägnts ihres Weinberges seit dem Bestände der Schule. — Die jüngst wieder erschlossenen Tellnitzrr Erzlager erweisen sich als sehr ergiebig; Forschungsarbeiten wurden auch von Schönwald t. Erzgeb. aus in einem alten Stollen fortgesetzt und ergaben das Vorhandensein von großen Mengen Natron, die laut Analyse 16 Prozent Arsrnikgrhalt haben. In diesem Stollen ersieht man deutlich, daß hier behufs Sprengung der Gesteine mittels' Feuerversatz gearbeitet wurde, eine Sprengungsart, die man zu jener Zeit an gewendet hat, als das Pulver noch unbekannt war. Der Stollen hat demnach wenigstens ein Alter von 600 Jahren. — Berlin, 25. Oktober. Saatenstand im Deutschen Reich Mitte Oktober: Winterweizen: 2,4, Winterspelz: 2,1, Winterroggen: 2,5, wobei 2 gut und 3 mittel bedeutet. — „Wilhelm, vergiß doch die Aeppel nicht!" Diese Worte rief am letzten Donnerstag Prinz Heinrich seinem Bruder, dem Kaiser zu, als dieser bet der Enthüllung des Kaiser Friedrich-Denkmals in Werder a. H. das Zelt verließ. In dem Zelt hatten nämlich die Werder'schen Obstzüchter verschiedene Körbe mit besonders prächtigen Aepfeln und Birnen als Spende für die Damen des Hofes aufgestellt. Prinz Heinrich nahm selber einen Korb davon mit, Prinzessin Heinrich den zweiten und einen dritten die kleine Prinzessin Viktoria Luise. Als der letzteren ein Lakai den Korb abnehmen wollte, verbat sie sich dies mit den Worten: „Nein, ich träge ihn selber zur Mama." — Der Kaiser hat sich übrigens zu pem Bürgermeister Dümtchrn sehr anerkennend über Werder a. H. ausgesprochen. Er sei über den glänzenden Empfang überrascht gewesen, und auch das Denkmal habe ihm sehr gefallen. Nach Werder sei -er sehr gern ge kommen, weil er wisse, daß sein Vater die Stadt gern gehabt hätte. — Der eigentliche Herrscher in Lippe- Detmold ist der 72jährige geistesschwache Fürst Karl Alexander zur Lippe, der zurzeit in der von vr. Seither geleiteten Heilanstalt St. Silgenhrg bet Bayreuth lebt. Sein geistiger Zustand, der ihn regterungSunsähig macht, ist nicht derart, daß der Fürst vom Verkehr mit der Außenwelt ab geschnitten werden müßte. Er bewegt sich, wie das „Echo" mittetlt, in Begleitung eines Wärter vollkommen frei, macht Spaziergänge, die er mit besonderer Vorlieb« unternimmt, und wohnt Konzerten oder Theatervorstellungen in der Stadt bei und macht überall den Eindruck eine- mit seinem Lose zufriedenen Manne». Der Fürst ist I