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verletzte Knabe rannte noch etwa 100 Schritt und brach dann in einem Felde zusammen. Dort wurde er als Leiche von seiner Mutter nachmittags in der dritten Stunde gesunden. Die behördliche Untersuchung wurde iofort eingeleitrt und der Täter, ein 24 Jahre alter Arbeiter aus Leumnitz bet Gera, alsbald verhaftet. Leipzig. In letzter Zeit sind wiederholt große Gold- und Uhrrndtebstähle hier vorgekommen. Am Montag vormittag wollte ein fremder Mensch in einem Goldwarengeschäft in der Nürnberger Straße vter Ringe verlaufen; man nahm ihn aber fest, weil er 13 Ringe und 10 goldene Nadeln in feinem Besitze hatte, die zweifellos grstohlen sind. Der letzte Gewinn der jüngst beendigten Ziehung der Völkerschlacht-Lotterie von 5 Mark und die damit verbundene Prämie von 75,000 Mark sind einer Kellnerin in Leipzig zugrsallen, die das Los von einem Gast ge schenkt erhalten hatte. Chemnitz. (WetttnbundeSschießen.) Für das vom 14. bis 21. August hier stattfindende 6. Wettinbundesschießen ist rin EhrenauSschuß unter dem Vorsitz des Oberbürgermeisters vr. Beck von den Herren Generalleutnant Basse, KretS- hauptmann Freiherr« von Welk, Generalmajor Richter, Oberpostdirektor Richter, Bürgermeister vr. Sturm, Polizetdirektor Lohse, Stadtverord- netenvorstrher Justizrat vr. EnMann, Professor vr. Gorn, Kommerzienräten Vogel und Harms dorf gebildet worden. Am Festzug werden die hiesigen Innungen und Vereine, sowie zwanzig Musikkorps, mehrere Fest-, Banner- und Gaben wagen, historische Gruppen usw. tetlnehmrn. Stollberg. In der Nacht zum Montag etwa >/z3 Uhr früh ist auf dem Wege zwischen Nrukirchberg und Srifersdorf der 21 Jahre alte Bergarbeiter Strauch aus SeisrrSdorf er stochen aufgrfunden worden. Als Täter kommt der 19jährige Bergarbeiter Haun st ein aus dem Dorfe Kirchberg in Frage, mit dem Strauch kurz zuvor in einem Tanzlokal in Streit geraten war. Eifersucht scheint die Ursache zum Streite und zur Tat gewesen zu sein. Haunstetn ist verhaftet und tnS Untersuchungsgefängnis eingeliefert worden. Zwickau. Die nächste (23 ) LandeShaupt- verfammlung deS Verbandes „Sächsische Fecht schule" wird in Weinböhla abgehaltrn werden. Buchholz. Nachdem sich herauSgestellt, daß der zum Raubmörder gewordene Polizeiwacht meister Schramm auch eine Kassenregelung, die ihm ausgetragen war, nicht ausgeführt hat, be ziffern sich die von ihm aus dem Gemetndekassen- schrank geraubten Barmittel aus 6317 Mk. DaS Gemeindeamt ist fortgesetzt von Hunderten von Personen umlagert. Der Vater des er mordeten GemeindekafstererS ist an der Leiche feines SohnrS ringetroffen. Die Beisetzung soll in einem Familien-ErbbegräbniS in Niedersedlitz bei Dresden erfolgen. Von dem flüchtigen Polizeiwachtmrister fehlt noch jede Spur. Crottendorf. Am Montag nachmittag wurde in dem Grabe deS VaterS des Wachtmeisters Schramm das von diesem geraubte Geld im Betrage von 5579 Mk. 2 Pf. aufgefunden, so daß der flüchtige Mörder nur noch etwa 740 MI. im Besitze haben dürfte. Jedenfalls hat der Ver brecher den Friedhof nur als vorübergehenden Aufbewahrungsort seines Raubes benutzen wollen. Der Friedhof wird bewacht. DaS Geld war etwa 10 om tief in die Erde vergraben. Der Vater des Ermordeten, Gemrindevorstand Dietze in Berns dorf bei Wechselburg, ist Sonntag abend hier ein getroffen; die Mutter ist vor Schreck über die entsetzliche Nachricht schwer erkrankt. Von näheren Verwandten trauern um den Toten noch zwei Brüder und eine Schwester. Falken st ein. In der Nacht zum Montag sind von Bubenhand auf dem hiesigen Friedhöfe arge Verwüstungen angertchtet worden. Es wurden mehrere Gräber beschädigt, Grabplatten abgehoben und Kreuze umgrworfen. Der Kirchenvorstand bat auf die Ermittelung der Täter — es kommen mehrere in Frage — eine Belohnung von 50 Mark ausgesetzt. Falkenstetn. Vom 1. Juli ab wird hier der Preis für MotorengaS pro Kubikmeter auf 12 Pf. hrrabgefetzt und die bisher üblichen Rabattfätzr in Wegfall gestellt. Deutsches Reich. Die allsommerlich an der deutschen „Wasser kante" in Gegenwart de« Kaiser» vor sich gehenden sportlichen Veranstaltungen haben wiederum ihren Anfang genommen. In der Nacht zum Montag und Montag vormittags ankerte die „Hohenzollrrn" mit dem Kaiser an Bord auf der Reed« von Cuxhaven, wobei der Monarch das Einkommen der Dichten der Regatta Dover-Helgo land beobachtete. Montag nachmittag lief die „Hohenzollrrn" tu den neuen Hafen ein. In Cuxhaven hörte der Kaiser am genannten Tage den Vortrag de» Reichskanzlers. Berlin, 20. Juni. Wie der „Berl. Lokalanz." ersährt, wird dir diesjährige Nordlandrrise deS Kaisers in den ersten Tagen des Monats Juli von Swinemünde aus ihren AuSgang nehmen und soll nach den bisherigen Dispositionen un gefähr vter Wochen dauern. Höheren Blödsinn nennt die „Kölnische Volkszeitung" eine Nachricht der „Deutschen Wacht", wonach der Kaiser bet seinem letzten Besuch in Elsaß-Lothringen den Btschos Benzler mit folgenden Worten angrsprochen haben soll: „Sie verfluchen mir einen Kirchhof, ein Stück deutsches Land, über das ich zu wachen habe. Merken Sie sich, Herr Bischof, daß eS der Deutsche Kaiser niemals dulden wird, daß Flüche der Unduldsamkeit auch nur einen Fußbreit des heiligen deutschen Bodens ent weihen. Wenn nun Gott e« sügte, daß ich hier stürbe und irgendwelche Gründe ver hinderten eine U-berführung in die Grust meiner Ahnen, so daß mein sterblich Teil hier der Erde übergeben werden müßte — dann müßte ich denken, daß Sie über den Gottesacker, der meinem Leibe rin Ruhebett beut, Ihren gottes lästerlichen Fluch sprechen würden, vielleicht gar dazu verpflichtet wären nach den Satzungen Ihrer Kirche. Mir sind die Augen geöffnet worden durch Ihren Bannfluch, Herr Bischof. Bemühen Sie sich nicht um eine Rechtfertigung, eS gibt keine Entschuldigung für Ihr Vorgehen." DaS klerikale Blatt bemerkt dazu: „Wir haben das freche Geschreibsel zurrst in den Papierkorb geworfen. Jetzt wird uns mitgeteilt, eS sei im jungliberalen Verein eines rheinischen JndustrteortS Gegenstand der Diskussion gewesen und bilde auf den Fabriken doS Tagesgespräch." Form und Inhalt der hier mitgeteilten An sprache entsprechen den Gefühlen nicht nur der evangelischen Bevölkerung, sondern überhaupt den Gesühlen unbesangener Menschlichkeit. Der Kaiser hat sie vermutlich wörtlich nicht so gesprochen, als er den Bischof wegen seiner Unduldsamkeit zur Rede setzte, aber in ähnlicher Weise wird er dem Bischof seine Meinung gesagt haben. Wir finden eine unglaubliche ultramontane Anmaßung darin, eine solche Ansprache als höheren Blödsinn zu bezeichnen, während sie christliche Liebe, Ver nunft und Menschlichkeit in sich schließt und einem Deutschen Kaiser durchaus nicht übel anstehen würde. Das preußische Abgeordnetenhaus ge nehmigte am Montag die Vorlage, betr. die Ver besserung der Vorflut in der unteren Oder, Havel und Spree, in der KommtssionSfassung in zweiter Lesung. Ebenfalls in zweiter Lesung und unver ändert fand hieraus auch die Vorlage, betr. Maß nahmen zur Verhütung der Hochwassergefahren in der Provinz Brandenburg und im Havelgebiet der Provinz Sachsen, Annahme. In dritter Lesung erfolgte dann die definitive Annahme deS Lottertr- gesrtzeS, weiter wurden die Vorlage, betr. die Er höhung deS Grundkapitals der Seehandlung, sowie der Antrag Arendt wegen Gewährung von Bei hilfen an die preußischen Veteranen von 1864 nebst einem Zufatzantragr Stockmann, angenommen. Schließlich befaßte sich das HauS mit einer Inter pellation Trtmborn hinsichtlich der Inkraftsetzung deS neuen ServiStarisS und de» Gesetze» über die Klasseneinteilung der Orte in Preußen. Der tu Hof zwischen dem nattonalltberalen RetchStagSabgrordneten Münch-Ferber und dem Epinnereidirrktor Schmid spielende Beleidigungs prozeß hat für ersteren mehrfache bedenkliche Enthüllungen gezeitigt. Möglicherweise wird Herr Münch-Ferber infolgedessen zur Nirderlegung seines parlamentarischen Ehrenamtes genötigt werden. Der baterische Finanzmtnlster v. Riedel sollte nach einem in München umlausrnden Ge rücht wegen der Ablehnung der Vorlage über di« Srundwrrtabgabr durch die RetchSratSkammer seine Entlassung genommen haben. Der Korrespondenz Hoffmann zufolge scheint sich indessen da» Gerücht nicht zu bestätigen. Al» Kernpunkt der gesamten Frauen frage sieht auch Graf v. HoenSbroech da» — Frauenstimmrecht an. Er trat dieser Tage sehr energisch für die Rechtsgleichheit der Geschlechter ein und meinte, daß da» Stimmrecht den Frauen nicht nur ihrer numerischen Urberzahl, sondern auch ihrer den Männern gleichwertigen Intelligenz wegen gegeben werden müsse. Noch während der Hinreise des Generals von Trotha nach Südwestafrtka hatte es geheißen, dir abermaligen bedeutenden Verstärkungen für die ExpedittonStruppen in Südwestafrtka würden voll kommen genügen. Jetzt verlautet aber mit einem Male, General v. Trotha habe telegraphisch noch malige bedeutende Verstärkungen verlangt. Die militärische Lage im Schutzgebiete sei sehr ernst. Oberst Leutwetn sei zu weit vorgestoßen, sodaß die deutsche Rückzug»- und Etapprnltnte fast ohne Verteidigung sei, und e» den HereroS ein leichte» wäre, sie an jedem beliebigen Punkte zu unterbrechen und den Truppen ernsteste Schwierig keiten zu bereiten. — Diese pessimistische Dar stellung steht mit allem, waS in letzter Zett über die Lage in Deutsch-Südwestafrika gemeldet worden ist, in entschiedenem Widerspruch, sollten doch die rebellischen Herero» in den letzten Monaten von den deutschen Truppen immer enger eingrkreist worvrn sein. Die weiteren Nachrichten au» Süd westafrtka werden ja wohl klaren Ausschluß darüber geben, wie eS dort eigentlich steht. O e st e r r e i ch. Der nationale Chauvinismus der Kossuth- partei in Ungarn hat sich in der Montags- sitzung deS ungarischen Abgeordnetenhauses wieder einmal in drastischer Weise gezeigt. Auf eine An frage deS Abgeordneten Olah (Kossuthpartei) erklärte Ministerpräsident Graf TiSza: Der Bürgermeister von Debrrtzin sei verpflichtet gewesen, auf eine ihm zugrgangrne deutsche Zu schrift deS österreichisch-ungarischen Konsuls Galate zu antworten. Der Bürgermeister habe vom Minister des Innern eine Weisung hierüber erhalten, weil der gesetzlichen Praxis zusolge die Amtssprache der österreichisch-ungarischen Diplo matie deutsch sei. Nach dieser Erklärung sagt Kubrck, der liberalen Partei zugrwrndet, „nun brennen ihm die Augen aus, vor Scham". Auf- gesordert, den beleidigenden Zuruf zurückzuzkehrn, weigert Kubrck sich dessen, worauf die Angelegen heit vor den Immunitäts-Ausschuß verwiesen wurde. Frankreich. Die französische Deputiertenkammer steckt noch immer in der Spezialberatung des Gesetz entwurfes über die zweijährige Dienstzeit. Am Montag genehmigte die Kammer Art. 22 dieser Vorlage, welcher bestimmt, daß jungen Leuten, die gewisse Schulen besuchen, für die Ableistung der Militärpflicht Aufschub bewilligt werden kann. Die vom Pariser Kassationshof geführte Untersuchung über die Dreh^us - Affäre dürste Anfang Juli abgeschlossen werden. Türkei. In Konstantinopel bestreitet man, daß die jüngsten Schreckensnachrichten aus Armenien zutreffend seien. — Dem Fürsten von Montenegro wurde durch einen Spez'algesandten König Peters von Serbien der ihm verliehene Stern des serbischen Karageorgsordens erster Klasse feierlich überreicht. — Der ehemalige serbische Minister Todorowitsch wurde am Montag wegen Verun treuung von Pachtzinsen des Staatsgutes Negoj zu 18 Monaten Gefängnis und zur Ersatzzahlung von 39,822 Dinars verurteilt. Spanien. Spanien und der Vatikan haben einen Vertrag zur Regelung der rechtlichen Lage der spanischen Orden abgeschlossen. Der Vertrag ist am Montag vom König Alfonso unterzeichnet worden. England. König Eduard reist am Donnerstag abend 9»/. Uhr von London nach Port Viktoria, wo er sich an Bord der königlichen Dicht begibt. Maa nimmt in Londoner Hoskretsrn an, daß der Ausenthalt deS Monarchen in Kiel etwas über eine Woche betragen wird. — Bet der Ersatzwahl zum Unterhaus« in Devonport wurde der Liberale Benn mit 6210 Stimmen gewählt; der Konser- v.ative Jackson erhielt 5178 Stimmen. Drvonport war bislang konservativ vertreten. Im Unterhaus« kam am Montag die britische Ttbetexpedttion wieder einmal auf» Tapet. Der Staatssekretär sür Indien, Brodrick, erklärte hierbei, die britische Regierung habe die Expedition zum Vorrücken nach Lhaffe am 25. Juni ermächtigt, wenn dir Tibetaner inner halb dieser Zett nicht einen kompetenten Unter händler in da« britische Lager entsenden würden. Rußland sei von diesem Entschlüsse der britischen Regierung verständigt worden. Der Krieg in Ostasien. Eine große viertägige Schlacht hat, wir wir schon kurz mitgeteilt haben, bet Wafaagu stattgrfunden. Die Arme« de» General» vtackel- berg, die Port Arthur zu Hilf« kommen sollte.