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Eine neue Kulturpflanze als Ersatz für die Baumwolle. Wen» man bedenkt, daß die Amerikaner fast die ganze Baumwollproduktion in den Händen haben und jedes andere Kulturland jährlich Hunderte von Millionen Mark für Baumwolle und baumwollene Fabrikate auSgrben muß, fo wird man ermessen, welch ein großer wirtschaft- kicher Vorteil e» wäre, wenn durch den Anbau einer neuen Kulturpflanze die Baumwolle ersetzt werden könnte. Diese Tatsache hat das Augen merk der Texttlwelt mehr al» je auf die bisher sehr stiefmütterlich behandelte Ramie-Faser gelenkt, di« bisher nur als ein Ersatz sür Baumwolle be trachtet wurde, jedoch unter den obwaltenden Um ständen ein gefährlicher Rivale der Baumwolle werden kann. Jedes Baumwollfabrtkat kann durch die Ramie nachgeahmt werden. Ramie ist eine Nessel, deren Faserfrstigkeit jene der Baumwolle, Jute, deS Flachses, HanfeS, der Wolle und anderer Trxtilgrundstoffe um ein Bedeutendes übertrifft. Sie hat einen sehr langen Stengel, mit ausfälligem Glanz nach Art der Seide, sodaß da» Mercerisieren für sie in Wegfall kommt. Ein besonderer Vor zug liegt darin, daß sowohl Glanz wie Festigkeit der Faser durch andauerndes Waschen nicht beein trächtigt werden. Dir Pflanze ist der Industrie seit langer Zeit schon bekannt und steht unter anderem bei den Chinesen und Japanern in hohem Ansehen. Sie wächst in gemäßigten milden Klimaten und kann, vom botanischen Standpunkte betrachtet, sehr leicht kultiviert werden, wenn man auch in praktischer Hinsicht über die geeignetsten Anbaumethoden noch immer im unklaren ist. Ob gleich eine gute EntfaserungSmaschtne bi» heute noch nicht besteht, hat doch die Erfahrung gelehrt, daß der Entfaserung der Ramiepflanze keine Schwierigkeiten mehr erwachsen. Die Zett scheint nicht fern, wo die Ramiepflanze den Vergleich mit dem Preise der Baumwolle, des Flachses und HanfeS erfolgreich wird aufnehmen können. Mit dem Flachs und der Baumwolle kann sie heute schon konkurrieren, falls der gegenwärtige hohe Preis sür diese beiden Rohmaterialien sich auch fernerhin noch behauptet. Von vielen hervor ragenden Fachleuten wird der Ramiepflanze daher eine große Zukunft prophezeit; und nicht mit Unrecht, wenn man bedenkt, daß in Zukunft viele Artikel, die bisher aus Flachs, Hanf oder Baum wolle erzeugt wurden, aus der weit widerstands fähigeren Ramie hergestellt werden können. Als ein Beispiel für die Widerstandsfähigkeit der Ramie sei folgendes angeführt: ein Militär trug im eng lisch-südafrikanischen Kriege einen Kakimantel auS Ramie während der Dauer deS Krieges Tag und Nacht. Dieser Mantel überdauerte drei baum wollene Tuniken, die unter gleichen Umständen ein Soldat derselben Kompagnie trug, und ist heute nach Beendigung deS Krieges noch tragbar. Da» VerwendungSgeblet der Ramie ist überaus groß und e» sei hier nur angeführt, daß zum Beispiel französische Banknoten aus Ramie be stehen und daß die Faser mit Vorliebe dort ver wendet wird, wo eS sich um Wahrung gewisser Handelsgeheimnisse handelt. Ein anderes Absatz gebiet ist das TaSglühlicht und daS Kohlefaden- licht. In Deutschland gebührt hauptsächlich der seit langem bestehenden Ramie-Gesellschaft in Emmendingen (Baden) daS Verdienst, diese Industrie bei uns heimisch gemacht zu haben. Sachsen. Se. Majestät König Georg empfing am Dienstag mittag im Dresdner Residenzschlosse eine Deputation von 3 Maltheserrtttern, die ihm das Großkreuz de» MaltheserordenS überreichte. * Bischofswerda. Am 19. d., nachmittags 2 Uhr, fand in der Aula der alten Bürgerschule die Osterprüfung der 3 Klassen der hiesigen HanvelS- und Gewerbeschule in der üblichen Weise statt. Die Prüfung erstreckte sich auf folgende Fächer: Wechselkunde, einfache und doppelte Buch führung, englische Sprache, HandelSgrographie und Stenographie. Die Fragen der Lehrer zeigten, welche Anforderungen von feiten der Schule an die Schüler gestellt werden und in ihrem Interesse gestellt werden müssen, die Antworten der Schüler aber bewiesen, daß da» Gebotene ihrem Denkver mögen und ihrer Geisteskraft weise angrpaßt war, von ihnen also mit Verständnis erfaßt, geistig durchgrarbettrt und auf ihren Beruf geschickt an gewendet werden konnte. Mit sichtlichem Interesse folgten die zahlreich erschienenen Zuhörer au» de« Kreise der Interessenten und Freunde der Schule dem Verlauf der Prüfung. Darau» war auch deutlich zu ersehen, welch hohen Wert wette Kreise der Tätigkeit der Handels- und Gewerbeschule bei legen. Hierauf folgte die Entlassungsfeier, die mit der inhaltsreichen sehr beherzigenswerten Sb- , fchtedSrede de» Direktor» begann, der die ab gehenden 16 Schüler der 1. Klasse im Anschluß an da» Göthewort: „Was du ererbt von deinen Vätern hast, Erwirb es, um es zu besitzen. Wa» man nicht nützt, ist eine schwere Last; Nur was der Augenblick verschafft, das kann er nützen." mahnte, würdige Söhne Ihrer Väter zu werden, dies durch Treue, Bescheidenheit und Redlichkeit im Leben zu beweisen und in treuer Arbeit allein ein dauernde» Glück zu suchen. Daran schloß sich die Zeugnis« und Prämienverteilung, welche der Vor sitzende de» Vorstandes der Handels- und Gewerbe schule, Herr Kommerzienrat Ernst Großmann- Herrmann mit einer warmen Ansprache an die ab gehenden Schüler einleitete. Seine Worte kamen vom Herzen und fanden auch dankbarfreudige Aufnahme in den Herzen der scheidenden Schüler, die zu ihrem Nutz und Frommen nach seiner Mahnung treu« Pflichterfüllung al» Leitstern ihre» Lebens betrachten und auf diesem Wege allein dessen Ziele anstrrben möchten. ES ist dem Vorstand auch in diesem Jahre möglich gewesen, aus der Stadtrat Schrumann'schen Stiftung drei der besten Schüler der 1. Klasse mit wertvollen Buchprämien zu erfreuen. ES sind dies: 1. Kurt Alfred Gebauer, 2. Ernst August Fröde, 3. Paul Richard Lummer. Mit Danflagung und dem Gebet de» Herrn schloß die einfache würdige Feier. Mit nicht unbedeutenden Opfern hat der Vorstand im verflossenen Schuljahre den englischen Sprach unterricht zunächst in einer Abteilung, in der die zwei unteren Klassen vereinigt waren, eingerichtet. Die rege Teilnahme am Unterricht in der englischen Sprache, sowie die erfreulichen Fortschritte darin haben bewiesen, daß das Opfer de» Vorstände» reiche Frucht getragen hat. Hoffentlich wird sich die Einrichtung einer zweiten Abteilung ohne Er höhung des Schulgeldes ermöglichen lassen. Strebt der Vorstand seinerseits darnach, dem Bedürfnis der Zeit immermehr entgegenzukommen, so rechnet er auch auf das nötige Verständnis von fetten der Väter und Lehrherren und hofft, daß sie ihrerseits das Streben dankbar anerkennen und ihre Söhne bez. Lehrlinge der Schule zusühren werden und zwar in der Ueberzeugung, daß sie ihnen dadurch den notwendigen Kamps umS Dasein wesentlich er leichtern. Auf den Beginn deS neuen Schuljahres, die Aufnahme der Schüler und den Lehrplan wird im Anzeigenteile dieses Blattes später noch be sonder» aufmerksam gemacht werden. Bischofswerda, 23. März. Der Haus haltplan für die Stadt Bischofswerda aus das Jahr 1904 liegt uns im Druck vor. Es ist dies ein stattliches Heft in Groß-Quartformat von 32 Setten. Angesügt ist ihm auch ein In haltsverzeichnis, welches da» Aufsuchen von Gegenständen erleichtert. Nach der Hauptübersicht über Einnahmen und Ausgaben betragen die Be dürfnisse 417,934 Mark, die Deckungsmittel 385,142.11 Mark, der Fehlbetrag 58,722 Mark 10 Pfg., Ueberschuß aus der Kämmereikasse 25,929 Mark 56 Pfg. Die Zuschüsse in Höhe von 32,792 Mark 54 Pfg., in welchen 7500 Mark für die Ktrchenkasse und 800 Mark sür die Serviskasse inbegriffen stad, sind durch Erhebung einer städtischen Grundsteuer von 3 Pfg. von jeder Steuereinheit und des 7fachrn Betrages de» in der Gemeindeanlagen-Ordnung festgesetzten ein fachen Anlagensatzes auszubringen. Die Zuschüsse betragen zur Schulkasse 50,720 Mark 22 Pfg., Armenkasse 1974 Mark 50 Pfg., Stadtkranken hauskasse 5092 Mark 38 Pfg. und Feuerlösch- kaffe 935 Mark. Bischofswerda, 22. März. Der Kuckuck ist da! Wie wir uns selbst überzeugt haben, hat der willkommene Verkünder deS Frühjahrs am Montag Nachmittag in unsrem einzig schönen Stadt wald seinen fröhlichen Ruf erschallen lassen. Es kommt selten vor, daß der Kuckuck schon Ende März zu uns zurückkehrt, er trifft meisten» kaum vor Mitte April hier ein. Auch die Bachstelzen sind zurückgekehrt. — Aprikosen und Pfirsiche dürften ihre Blüten schon in den nächsten Tagen entfalten; hoffentlich verursachen rauhe Tage nicht noch empfindlichen Schaden. - — Den Mitgliedern de» btenenwtrt- schastltchen HauptveretnS ist eine große Freude bereitet worden. Durch Bekanntgabe der Verhand lungen „den steuerfreien Zucker" betreffend: 1) Unter Vorbehalt jederzrltigen Widerruf» hat da» König!. Sächs. Finanzministerium genehmigt, daß zum Zweck« der Blenrnfütterung „Inland», zucker" an die Bienenzüchter „steuerfrei" abgrlaffen werden darf, Der steuerfrei« Zucker ist vor der Abgabe an die Bienenzüchter mittel» Wetzrnkleir zu denaturieren, und zwar im Verhältnis von 20 ir§ Weizenklelr zu je 100 de» Reingewicht» de» Zucker». 2) Zar Denaturierung wird nur Zucker in fester Form zugrlassen und von feiner Vermahlung nur dann abgesehen, wenn der Zucker eine Korngröße besitzt, die derjenigen der al» Denaturierungsmittel vorgesührten Weizenklrte an nähernd gleichkommt. 3) Dir Königliche Sächs. Zoll- und Steurrdirektiou in Dresden hat unter« 13. Februar 1904 genehmigt, daß zum Zwecke der Vereinfachung de» denaturierten Zuckerbezug» die Vorsitzenden der Zweigvereine unter folgenden Be dingungen denaturierten Zucker beziehen können: a die Vorsitzenden haben einige Tage vor der be absichtigten Vorführung deS zu denaturierenden Zuckers und de» Denaturierungsmittel» (Weizen kleie) in der betreffenden Zuckerfabrik rin doppelt angefertigtes Verzeichnt» der an der Bestellung beteiligten Bienenzüchter, mit Angabe der auf den einzelnen entfallenden Zuckermenge und mit Be zeichnung der Anzahl der von ihm gehaltenen Bienenstöcke, bet der Zuckersteuerstrlle der betreffen den Zuckerfabrik anzumelden bez. rtnzureichen; b. die Bienenzüchter haben sich einer Kontrolle über die Zuckerverwendung durch die Strurrauf- sichtSbeamten zu gewärtigen. — Al» Bezugs quellen sind die Zuckersiederei von Gebrüder Lenge- lütze in Meißen und die Oberlausitzrr Zuckerfabrik in Löbau empfohlen. Letztere stellt einen Rasfiaad her, der frei von Ultramarin und ungeblaut ist, einen Zuckergehalt von 99,9 auswetst und von Bienenzüchtern zum Füttern schon verwendet worden ist. Der Preis diese» Zucker« stellt sich z. Z. auf 23—24 Mk. pro 100 (steuerfrei). Die Zucker fabriken sind erböttg, für gute und reine Wetzen kleie Sorge tragen zu wollen. Die Vorsitzenden haben sich über den Tag der Denaturierung mit der Fabrik zu einigen. — Urber Bedenken wegen zu befürchtender Gärung de» Zuckers durch da» Vermischen mit Weizenklrte wird der Hauptverrin Erörterungen anstelle» und später das Ergebnis bekannt geben. — Mit Beginn des Frühjahrs macht sich auch wieder eine Unsitte bemerkbar, die nicht genug zu verurteilen ist und unter Um ständen auch eine strasbare Handlung in sich birgt. Es ist damit daS Abretßrn von Zweigen, besonder» solcher mit sogenannten Maikätzchev, ge« meint. Gar zu oft kann man beobachten, daß von Ausflügler» Bäumchen und Sträucher in sinnloser Weise geplündert werden. Und wir ost werden die Zweige später wieder achtlos auf die Erde geworfen! Ein solche» Vorgehen ist auf jeden Fall verwerflich, denn eS bedeutet immerhin ein Vergreifen an fremdem Eigentum, das auf Grund de» Gesetzes über Flurschutz bestraft werden kann, dann verletzt eS auch da» Feingefühl deS Naturfreundes. — Alle sächsischen Radfahrer seien an die Vorschrift erinnert, nach welcher sie verpflichtet sind, eine Radfahrerkarte zu lösen und stets bet sich zu führen. Diese Karten werden von der Wohnortsbehörde ausgestellt, gelten nur für da» Kalenderjahr und müssen alljährlich erneuert werden. Wer diese Karte nicht bei sich führt, befindet sich in der Gefahr, bestraft zu werden. Für da» Jahr 1904 müssen die Karten nunmehr, bet Beginn der eigentlichen Fahrsaison, schleunigst erneuert werden. Daher säume kein Radfahrer, sich die neue Karte ausstellen zu lassen! — Anläßlich des Bautzener Jahrmarktes verkehrt am Sonnabend vorm. 7,5 ein Sonderzug von Bischofswerda bis Bautzen und 8,33 von Wilthen nach Bautzen, nachmittags 4,30 von Bautzen bi» Niederneukirch. Die Sonderzüge halten an allen Verkehrsstellen und berechtigen die ge wöhnlichen Fahrkarten zur Mitfahrt. — (Verbrennung Königlich Sächsischer Staatspapiere.) Die in den Terminen 30. September und 31. Dezember 1901, 31. März, 30. Juni, 30. September und 31. Dezember 1902, 31. März und 30. Juni 1903 in Staatsschuld buchforderungen umgewandelten StaatSschuldver- schrrtbungen über 3prozenttgr jährlich« Renten im Nennwerte von 10,636,200 Mk. nebst Zubehör, ingletchen eine Anzahl ringetauschter oder sonst wertlos gewordener StaatSpaptere sollen den 24. März, nachmittags 5 Uhr, im staatlichen Fernheiz- und Elektrizitätswerke an der Stallstraße in Dresden verbrannt werden. Jedermann, soweit der Platz dir» zuläßt, darf der Verbrennung bei wohnen. d Demitz-Thumitz. Wie lehr auch der Firma C. G. Kunath da» Wohl ihrer Arbeiter am Herzen liegt, bekundete die am 20. März in Kmoch« Gasthof von dem Geschäftsleiter Herrn Prokurist Rodig rinbrrufen« Versammlung, zu welcher ca. 400 Arbeiter der genannten Firma au» den ver schiedensten Orten der Lausitz erschienen waren und welcher auch Herr AmtShauptmann v. Kirch bach au» Bautzen beiwohnte. Zunächst begrüßte Herr Rodig die Versammlung und dankt« (Herr»