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27. - Dienst««, den 8. März. 1VV4 Ker sächsische LrMler, Bezirksanzeiger für Bischofswerda, Stolpe« ««d Umgegend. «mtsvlatt der Kgl. Amtshauptmamschift, »er Kgl. SWins-ektion u. des Kgl. Hau-tMmtes zu Bautzen, sowie des Kgl. Amtsgerichts und des Stadttatcs M BischosSverda. Diese Zeitschrift erscheint wöchentlich drei Mal, Dienstags, Douuerstags und Lenuabenss, und btstrst einschließlich der Sonnabend- erscheinenden „srlle- toWfche« BeUa«e" vierteljährlich Marl 1 bi) Ps. Nummer der ZritungSpreiSliste 6587. Aernsprechstelle «r »» Bestellungen werden bei allen Pofianpalten de» deutsch« Reiches, für Bischofswerda und Umgegend bei unser« ZeitungSbotm, sowie in der Exped. d. Bl. angenommen. Achtnndfüns-i-fter Jahr««««. Anserate, welche t» diesem Blatte dir weitkste Berbreitung find«, werd« bis Montag, Mittwoch und Freitag früh 0 Uhr angenommen und tostet dir virrgrspaltrn» EorpuSzrile IS Pfg., unter „Eingesandt" 20 Ps. Geringster Jnseratmbrtrag SS Ps. - Einzelne Nummer 10 Pf. Der Kampf auf Leben und Tod in Ostasien. Nur spärlich und ungewiß kamen in den letzten Tagen die Nachrichten vom ostasiatischen Kriegs schauplätze, aber diese Erscheinung bedeutet nur die Ruhe vor dem gewaltigen Kriegsorkan, der nun bald in voller Wucht zwischen Rußland und Japan zum schrecklichen Ausbruch kommen wird. Bei der Beurteilung dieses Krieges muß man be denken, daß Rußland seit zweihundert Jahren zum ersten Male auf seinem asiatischen Beutezuge einen starken Gegner gefunden hat, und daß jeder Japaner geschworen hat, nicht eher zu ruhen, als bis die Russen aus der Mandschurei und zumal ans Port Arthur vertrieben seien, ja, die Japaner halten es geradezu als eine Sache der nationalen Ehre, die Russen als ihre Todfeinde bis zum letzten Atemzug zu bekämpfen. In jeder japanischen Stadt gibt es eine antirussische Liga, welche das Volk zum unversöhnlichen Hasse gegen Rußland, das sich dem Emporstreben Japans entgegenstellt, aufstachelt, und die Japaner, welche die fünf Branderschiffe in den Hafen vor Port Arthur führten, waren alle sich ihres sicheren Todes bei diesem tollkühnen Unternehmen bewußt, nur wie durch ein Wunder haben sich von diesen japa nischen Helden eine Anzahl auf Booten gerettet. Bereits 120,000 japanische Truppen sind auch in Korea gelandet und marschieren nach der Mand schurei. Was die Russen von den Japanern zu befürchten haben, geht auch aus dem jüngsten Tages befehl des Kommandanten von Port Arthur, des Generals von Stössel, hervor: „Wir müssen bis auf das Aeußerste kämpfen und kein russischer Soldat darf zurückweichen", erklärt der General. „Von drei Seiten sind wir vom Meere umgeben und auf der Landseite wird der Feind sein!" Dies klingt fast so, als wenn die Japaner bereits im Rücken von Port Arthur gelandet wären oder doch dort schon japanische Truppen heran marschierten. Aber auch Rußland holt zu einem gewaltigen Gegenstöße aus und schafft zu diesem Zwecke täglich Truppen nach der Mandschurei. Ausfällig bleibt die geringe Tätigkeit und der Mangel einer kühnen Initiative bei den Russen zu Wasser und zu Lande. Diese Erscheinung deutet nicht unbedingt auf eine Schwäche Rußlands hin, sondern sie läßt vermuten, daß Rußland entweder nicht eher angreifen wird, als bis es der Ueber- macht an der Truppenzahl sicher ist, oder daß es die Japaner auf ein für sie ungünstiges Kampf terrain locken will. Die russische Volksseele ist in ihren Tiefen im Uebrigen durch den Krieg auch im hohen Maße erregt, denn in Rußland gilt es seit zweihundert Jahren als eine heilige Tradition, daß Rußland den ganzen mongolischen Völkern des nördlichen und östlichen Asiens die höhere, die christliche oder vielmehr die speziell russische Kultur bringen müsse Diese Mission Rußlands war verhältnismäßig leicht, so lange Rußland es nur mit schwachen Jäger- und Hirtenstaaten oder mit dem verrotteten China zu tun hatte und deshalb hatte man sich in Petersburg und Moskau wohl schon in den Traum gewiegt, daß so ziemlich ganz Asien eine leichte Beute für Rußland sei. In diesem schönen Traume ist nun Rußland durch die Japaner, die mit fanatischer Wut für ihre eigene Großmachtstellung kämpfen und sich an die Spitze der Mongolenstaaten stellen möchten, empfindlich gestört worden. Die Gegensätze in diesem Kampfe sind auch so ausgeprägter schroffer Natur, daß von dem Einlrnken des einen oder de- anderen der beiden Gegner gar keine Rede sein kann und daß sie den Krieg auf Leben und Tod kämpfen müssen, bis einer der Gegner gänzlich unterliegt. Ander- ist auch keine Lösung der großen Streitfrage zwischen Rußland und Japan denkbar. Im Falle des Sieges auf einer Seite wird der Sieger aber nur maßvolle Ansprüche machen dürfen, um mit den ostasiatischen Interessen der übrigen Mächte nicht zu kollidieren, und im Interesse der Ausbreitung von Europas Handel und Kultur in Ostasien ist zu wünschen, daß Rußland siegt und seinen Sieg dann maßvoll ausnutzt. Die Gefahr einer Einmischung China's in den russisch-japanischen Krieg und der drohende Weltkrieg um China. In der kritischen Lage, in welche das ganze Ostasien durch den russisch-japanischen Krieg ge raten ist, fällt es jetzt immer mehr auf, daß China stark rüstet, und so viel Truppen in der Provinz Tschili ausstellt, als es überhaupt aufzubringen vermag. Bis zu einem gewissen Grade kann man diese Rüstungen als Schutzmaßregeln erklären, da die chinesische Provinz Tschili in der Nachbarschaft der Mandschurei liegt, und die chinesische Regierung durch die Aufstellung eines starken Heeres in der Provinz Tschili sich vor Überrumpelungen seitens der Russen oder Japaner schützen will, zumal ja in der Provinz Tschili auch die chinesische Haupt stadt Peking liegt. Es liegt aber auch die Gefahr nahe, daß China auch seinerseits gegen die Russen losschlagen will, falls die Japaner siegreich in die Mandschurei eindringen sollten, denn man darf in dem großen Streite in Ostasien nur nicht vergessen, daß der Bär, um dessen Fell gestritten wird, China selbst ist. Die Mandschurei, aus welcher die Japaner die Russen heraustreiben wollen, ist chinesische Provinz, es wird in dem Kriege also nicht nur nm die Machtstellung Rußland's und Japan'«, sondern auch um die Zukunft China's gestritten, und China dürfte sich bei einem großen Siege der Japaner leicht hinreißen lassen, den verhaßten Russen in die rechte Flanke zu fallen. Flammt aber dann der ganze chinesische Fanatismus gegen die Fremden wieder auf, dann rückt die Gefahr eines Weltkrieges um China sehr nahe, denn dann werden auch alle anderen Großmächte ihre Interessen in China wahr nehmen wollen. Die wiederholt gegebenen Neu- tralitätsfordcrungen und Neutralitätserklärungen sind im Falle einer bewaffneten Einmischung China's in den russisch-japanischen Krieg wertlos, denn wenn es sich um die Zukunft großer Ländergebiete und um die Wahrung von wichtigen Interessen handelt, wird die Neutralität zum Unding, zur politischen Unvernunft. Man sieht ja auch, daß Rußland und Japan die Neutralität China's und Korea'« gar nicht beachten, denn diese beiden kriegführenden Mächte führen ihren Krieg auf koreanischem und chinesischem Gebiete, und kein Staatsmann kann sich denken, daß China und Korea in Bezug auf gewisse Teile ihres Gebietes ungerupft in dem Kriege davon kommen werden, selbst wenn die Großmächte eS schließlich durchsetzen sollten, daß im Interesse des Friedens in Ostasien die Mand schurei und Korea für neutral und dem Handel und Verkehr jedes Landes zugängig erklärt werden. Bei der weiteren Entwickelung der gefahrvollen ostasiatischen Frage kommen aber auch gewisse ge heime Einverständnisse in Betracht, die offenbar zwischen mehreren Staaten bestehen, und scheinen zumal England und Nordamerika und nicht in letzter Linie auch China im Geheimen auf der Seite Japan'« zu stehen, um Rußland's drohen der Uebermacht in Ostasien entgegen zu arbeiten. Dadurch erhält natürlich der Zweikampf zwischen Rußland und Japan eine weltpolitische Bedeutung und bildet eine internationale Gefahr, die die weise Mäßigung der beteiligten Mächte rechtzeitig beschwören mag. Politische Wellschlm. Der Kaiser wird, nachdem er soeben erst seinen neuesten Ausflug nach Kiel, WilhemS- Haven usw. ausgeführt hatte, in den nächsten Tagen endlich die schon so lange angekündigte Mittelmeerretse antreten. Den letzten Dis positionen hierüber zufolge reist der Kaiser, be gleitet von einem größeren Gefolge, am Spät abend de« 11. März mittel« Sonderzugri» von Berlin nach Bremerhaven ab, wo er sich dann am anderen Morgen auf dem Llcyddampfer „König Albert" einschifft; derselbe ist vom Kaiser bet dessen jüngster Anwesenheit In Bremerhaven be kanntlich einer Besichtigung unterzogen worden. Die Seefahrt mit dem „König Albert" geht bi- Neapel, woselbst sich der Monarch mit engerem Gefolge an Bord der Aacht „Hohenzollern" be gibt, der übrige Teil der bisherigen Begleitung kehrt nach Berlin zurück. Die Teilnahme der Kaiserin an dieser Reise ihre« erlauchten Gemahl- ist durchaus noch nicht feststehend. Ebenso bleibt r« noch abzuwartrn, ob der Kaiser wegen seiner bevorstehenden Auslandsreise die hie und da er warteten Begegnungen mit fremden Staatsober häuptern haben wird. Der Reichstag trat am Freitag in die Be ratung des MilitäretatS ein, welche sich alsbald recht lebhaft gestaltete. -Die Debatte zum Etat und zu den hierbei von verschiedenen Seiten ge stellten Resolutionen wurde vom Zentrums abgeordneten Müller-Fulda eröffnet, der im allgemeinen recht verbindliche Töne gegenüber der Regierung anschlug. Um so mehr stachen hier von die scharf oppositionellen Ausführungen de- nächstfolgenden Redner«, de« Abgeordneten Bebel (soz.) ab, der in seiner althergebrachten Weise gegen die fortdauernden Soldatrnmißhandlungen, die LIrbeSmahle und den zunehmenden Luxus im OsfizterScorp«, die vielen Uniformänderungen, die großen Kavallrrteattaken usw. wetterte; natürlich berührte er auch die Sensationsaffären von For« bach usw. Stürmische Heiterkeit rief r- im Hause hervor, als Bebel mit dem Tone tiefer lieber- zeugung von der höheren Intelligenz der Soldaten mit sozialdemokratischen Gesinnungen sprach. Ebenso energisch wie gewandt trat der preußische Kriegs« Minister v. Einem den Darlegungen des sozial demokratischen Führers entgegen, dieselben zum guten Teil al- krasse Uebertretbungen kennzeichnend. Im weiteren sprach der Krieg-Minister die Sach kenntnis in vielen militärischen Dingen Herrn Bebel ab, betonte, daß Verhältnisse im Heere, wie sie in dem Roman „Jena oder Sedan" geschildert worden seien, in Wirklichkeit gar nicht existierten, streifte flüchtig die Pirnaer Duellaffäre und ver teidigte die schweren Strafen «m Heidelberger Meutereiprozrß. Lebhaft setzte sich der Kriegs minister mit den Sozialdemokraten über die eigent liche Bedeutung de- Tage- von Jena und die Nachwirkungen desselben auseinander. Oester würde er in seiner Rede durch mißfällige Zwischen rufe von sozialdemokratischer Seit« unterbrochen; geradezu Entrüstung herrschte bet den Sozialdemo kraten, al- der Minister offen erklärte, ein kSnigS- treuer Soldat sei ihm lieber, al» ein sozialdemo kratischer Soldat, selbst wenn ersterer in seinen militärischen Leistungen letzterem nachstehen sollte. Zuletzt bekämpfte der Krieg-mtnister scharf die ab- fälligen Aeußrrungen Bebel- über den deutschen OifizterSstaud und über die Manöver. Der nächste Redner. Abg. v. Hehl zu Hrrrn-Hetm (nat.-ltb.) drückte sein vertrauen in die Amt-- sührung de» «rieg-ministrr- au», «bg.v. Rormana