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deutschen Kriegervereinrn schon über 2 Millionen deutsche Männer vereinigt, die patriotisch denken. Sollen aber die deutschen Kriegervereine noch wirk« samer ihre hohe Ausgabe, zumal im Kampfe gegen die Sozialdemokratie lösen, so müssen sie noch eine -roße Verstärkung bekommen und zwar aus ollen Bolkskretsen, zumal aber auch aus den oberen Volksschichten, denn eS gilt nicht nur die Krieger« Vereine an Zahl, sondern auch an Einfluß und wirtschaftlicher Kraft zu stärken und dir« ist dadurch am ersten möglich, wenn diejenigen Männer, die im politischen, gesellschaftlichen, wirtschaftlichen und wissenschaftlichen Leben die Führenden sind, Mitglirver der Kriegrrvereine werden und deren uattonale Grundlage zur Bekämpfung der Sozial demokratie noch erweitern und verstärken. Alle Krtegervereinr sollten in den betreffenden Kreisen Aufrufe in diesem Geiste erlassen. Politische Welischau. Die Neujahrsfeier am kaiserlichen Hofe ist im Rahmen des herkömmlichen prunkvollen Zeremoniells verlaufen. In der zehnten Bor« Mittagsstunde des NeujahrStageS war das Kaiser paar mit seinen Kindern von Wildpark im Berliner Restdrnzschlosse rtngetrofsin, wo die Majestäten zunächst die Glückwünsche der Mitglieder der königlichen Familie und weiter der General- und Flügeladjutanten entgegrnnahmen. Um 10 Uhr fand in der Schloßkapellr feierlicher Gottesdienst statt, bei welchem sämtliche geladene Fürstlichkeiten, Würdenträger und sonstige Teilnehmer an der Cour zugegen waren. Im historischen weißen Saale folgte dann die große Döfiltercour vor dem kaiserlichen Paare, welches vor dem Throne Ausstellung genommen hatte, umgeben von allen Prinzen und Prinzessinnen, nach. Den langen Zug der Glückwünschenden eröffnete Reichskanzler Graf Bülow, vom Kaiser wie von der Kaiserin durch Händedruck und kurze Ansprache ausgezeichnet. Dann kamen die staatSsührenden Bevollmächtigten zum Bundesräte, die Generalfeldmarschälle, die Ritter des Schwarzen AdlerordenS, die Admirale, Generale, Staatsminister, Wirklichen Geh. Räte, die Präsidien der Parlamente, die Geistlichen, die Kommandeure der Leibregimenter usw. Hieran schloß sich der spezielle Empfang der Botschafter, der Staateministcr und der kommandierenden Generäle durch den Kaiser an. Alsdann begab sich der Monarch, begleitet vom Kronprinzen und vom Prinzen Eitel Friedrich, zu Fuß nach dem Zeughause, wo er der Paroleausgabe für Neujahr beiwohnte und Meldungen und Rapporte entgegen nahm. Nach der Rückkehr des Kaisers und der Prinzen in das Schloß fand daselbst größere Frühstückt täfel statt. Abends */z6 Uhr war Familientafel. Später besuchten die Majestäten daS königliche Opernhaus, wo „Mignon" gegeben wurde. Ueder politische Kundgebungen deS Kaisers bei der Neujahrsseier ist bislang noch nichts authentisches bekannt geworden. AuS dem Auslande werden politische Kundgebungen anläßlich des NeujahrSempfangeS aus Pest und ouS Paris gemeldet. Bei der Neu- jahrSgratulation der liberalen Partei in Pest hielt Ministerpräsident Graf Tisza eine Rede, in welcher er mit der Obstruktionspartei scharf abrechnete und weiter die Durchführung des Ausgleiches befür wortete. In Paris empfing Präsident Loubet am Nachmittag des NeujahrStageS daS diplomatische Corps, dessen Sprech-Nuntius Lorrnzelli in einer Ansprache der Aufrechterhaltung deS internationalen Friedens gedachte und betonte, wie hierzu dir Haltung Frankreichs und daS Pontifikat Papst Leos XIII. wesentlich mit beigetragen hätten. Loubet w«eS in seiner Erwiderung auf die den Frieden dienenden Konventionen fremder Mächte mit Frankreich hin, bedauerte den Tod LeoS XIII. und schloß mit Glückwünschen für die fremden Staatsoberhäupter. Am 1. Januar haben sämtliche Magde burger Aerzte, welche an Krankenkassen angestrllt sind, dir Verträge gekündigt. Ferner beschlossen die Aerzte in M.-Gladbach, keinem Mitglirde der Viersener Ortskrankenkasse II ihre Hilfe mehr zu gewähren, ausgenommen in Notfällen. Dieser Schritt der Aerzte stellt eine Tegrnmaßrrgel gegen die Anstellung eines auswärtigen ArztrS durch genannte Kasse. Dagegen ist in Jülich zwischen den Aerztrn und der Ortskrankenkasse eine Einigung erzielt und hiermit der bisherige Kampfzustand zwischen beiden Teilen beseitigt worden. Amerikanische Blätter haben die alberne Nach richt verbreitet, Deutschland sei heimlich bemüht, ein Kohlrndepot auf der dänischen Antilleninsel St. Thomas zu erwerben. Da- „W. T. B." bezeichnet denn auch diese Meldung al» völlig au» der Luft gegriffen. sächsisch« SrMt«. S«tt« ». Am Sylvestertage überreichte der neue Bot schafter Oesterreich-Ungarn» In Parts, Frei herr von Khrvenhüller, dem Präsidenten Loubet sein Beglaubigungsschreiben, hierbei betonend, daß er alles aufbirtrn werde, um die guten Beziehungen zwischen Frankreich und Oesterreich zu befestigen. Präsident Loubet sprach in seiner Erwiderung seine Freude über die Ernennung de» Freiherrn von Khrvenhüller zum Vertreter Oesterreich-Ungarn» aus und gab ebenfalls der Hoffnung auf den Fortbestand der guten Beziehungen zwischen beiden Ländern Ausdruck. Die Angelegenheit der Ernennung de» Kommandeurs der mazedonischen Gen darmerie will noch immer nicht In« rechte Gleis kommen. Nach langem Widerstreben hat sich der Sultan zwar zur Berufung eines italienischen Generals erklärt, aber wer dies sein wird, dies ist einstweilen noch nicht entschieden. Der römische „Massagero" will allerdings wissen, daß die italienische Regierung den General Pittaluga als Kommandeur der mazedonischen Gendarmerie Vor schlägen werde. Die UnionSregtrrung hat ihren Plan, mit Abessinien einen Handelsvertrag abzuschließen, glücklich durchgesührt. Dem mit dieser Mission beauftragte amerikanische Generalkonsul in Mar seille, Skinner, ist eS gelungen, die Unterzeichnung dieses Vertrages zu bewirken. Gleichzeitig hat Negus Menelik die ihm übermittelte Einladung des Präsidenten Roosevelt zum Besuche der Welt ausstellung in St. Louis angenommen und dem Präsidenten zwei Löwen und ein Paar Elefanten zähne zum Geschenk gemacht. — DaS russische Transportschiff „Kazan" passierte am Sylvester tage mit etwa zweitausend Mann, die für Port Arthur bestimmt find, den Suezkanal. Auch im neuen Jahre wechseln kriegerische und dann wieder mehr friedlicher klingende Nach richten über den Stand des russisch-japa nischen Konfliktes mit einander ab. So wissen Meldungen aus englischer Quelle mitzu teilen, daß die Lage sehr ernst bleibe und ver schlechtert erscheine, daß Rußland wie Japan ihre Rüstungen beschleunigten, daß man auch in bisher optimistisch urteilenden diplomatischen Kreisen den Bruch zwischen den beiden Mächten als fast un vermeidlich betrachte usw. Dagegen besagt eine Meldung deS Petersburger „Ruß" aus angeblich zuverlässiger Quelle, die japanisch-russischen Ver handlungen nehmen einen vollständig friedlichen Verlauf, olle Sensationsnachrichten über ein japanisches Ultimatum usw. seien eine Erfindung. Doch gesteht „Ruß" zu, daß Rußland wie Japan ihre Kriegsbereitschaft verstärkten. Der japanische Gesandte in London, Hoyaschi, erklärt die ihm zugeschriebene Aeußerung, die Dinge in Ostasien kämen jetzt zur Krisis, für unbegründet. — Wie eine Reuter-Meldung aus Tokio vom 2. Januar besagt, erwartet man dort, daß am 3. Januar ein starkes, aus sechs Panzerkreuzern bestehendes, japanisches Geschwader von Sascho nach Masampho auf Korea abgehen und daß sich auch Admiral Kammura dorthin begeben würde. Aus Ports mouth ist am 1. Januar der neue Panzerkreuzer „King Alfred" nach China in See gegangen, mit der Anweisung, bet der Erklärung von Feind seligkeiten zwischen Rußland und Japan während seiner Ausreise die Fahrt mit größter Beschleunig ung zurückzulegen. Die Zahl der Opfer der furchtbaren, an grauenhaften Szenen überreichen Theaterbrand, katastrophe in Chicago steht noch immer nicht genau fest. Bis zum Mittag des 1. Januar waren 690 Leichen festgrstrllt, doch werden noch ca. 300 Personen, die wahrscheinlich mit zu den Besuchern der verhängnisvollen Theatervorstellung gehörten, vermißt. Eine Anzahl Angestellter des JroqaoiStheatrrS wurde infolge der Brandkata- strophr verhaftet. Auf Grund einer Proklamation des MoyorS ist daS neue Jahr der bisherigen Gepflogenheit entgegen nicht mit Glockengeläute eingeleitet worden. Der Mayor hat die Schließung von 19 Theatern angeordnet, welche den Be stimmungen über die Sicherheit der Besucher nicht nachgekommrn stad. — Die Gerüchte über mög liche kriegerische Verwickelungen zwischen den Ber einigten Staaten und Kolumbien erhalten sich. In Colon verlautete, das kolumbtsche Kanonen boot „Pinzon" sei von amerikanischen Kriegsschiffen in den Grund gebohrt worden; eine Bestätigung der Nachricht liegt indessen noch nicht vor. In Washington erörtert man lebhaft dir Möglichkeit einer Revolution in der neuen Republik Panama. Der ehemalige englische Kolonialminister Chamberlain hat die Einladung der australischen Bundesregierung, Australien zu besuchen, für jetzt wegen Zeitmangel dankend abgelehnt. H IV01 Berlin, 2. Jeauar. Bei der gestrigen Parole- auSgabe richtete Ser Kaiser au die versammelten Oifiziere eine Ansprache, in der er, ohne den For- bachrr Fall zu erwähnen, da» Osfizierkorp» er mahnte, die guten>Traditionen de» HerreS auch durch eine würdige Lebenshaltung fortzusrtzrn, den Untergebenen und sder Bevölkerung mit gute« Beispiel voranzugejen und ernstlich Sorge zu tragen, daß die Soldatenmtßhandlungen auSgerottet werden. Berlin, 2. Januar. In Ftnanzkrrtlen wird eine Aeußerung de» Kaiser» zu Admiral Hollmann kolportiert, wonach der Kaiser an die Aufrecht erhaltung deS Friedens glaube. Berlin, 2. Januar. Heute Vormittag fand eine außerordentlich» Revision de» Königlichen Opernhause» statt, an der Polizeipräsident v. BorrieS, Branddirektor GierSbHg und zwei Brandtospektoreu teilnahmen. Vesondscs wurden die Bühnen einrichtung, die elektrische Beleuchtungsanlage, die Regrnvorrichtung und der eiserne Vorhang ein gehend geprüft. Berlin, 3. Janear. Die JahreSsttzung deS Vorstände» deS deutsch», Sprachverein», die unter Vorsitz de» Geheimen Oberbaurats Sarrazin heute hier stattsand, war aus ganz Deutschland stark besucht. Als neugewähue Mitglieder nahmen Ober- landrSgerichtSrat Erker-Marienwerder, Prof. Schrff - Braunschweig upd Geheimrat WilmannS- Bonn teil. Die Beratungen betrafen zumeist innere Angelegenheiten des Sprachvereins, der dauernd in kräftigem Wachsen begriffen ist und gegenwärtig 250 Zweigvereine mit mehr als 25,000 Mit gliedern umfaßt. Berlin, 2. Januar. Nach einer amtlichen Zusammenstellung des Polizei-Präsidium» wurden in der Sylvesternacht 331 Personen ver haftet, darunter 254 wegen Unfugs; dir Mehrzahl der Verhaftungen erfolgte Unter den Linden und in der Friedrichstraße. Kiel, 2. Januar. In der Sylvesternacht kam es auf dem Marktplatz zu Zusammenstößen zwischen der Polizei und einem radau lustigen, halbwüchsigen Publikum; da dir» um 12 Uhr den Markt nicht räumen wollte, so machte die Schutzmannschaft von der Waffe Gebrauch und nahm mehrere Verhaftungen vor. Bremen, 2. Jan. Der Reichspostdampfer „Preußen", der an der holländischen Küste auf Grund geraten war, ist durch Schleppdampfer deS Norddeutschen Lloyd heute früh glücklich ange kommen. Der Dampfer ging in der Vlisstnger Rhede unbeschädigt vor Anker und nimmt die ge löschte Ladung wieder ein. Die nachträgliche Verleihung des Eisernen Kreuzes meldet man aus Halle: Der Arbeiter Friedrich Hermann in Trotha bei Halle ist im deutsch-französischen Kriege bei der Belagerung von Toul, als er im feindlichen Feuer eine von den Franzosen gelegte Mine zerstörte,' verwundet worden. Für die damals bewiesene Tapferkeit ist ihm jetzt nach 33 Jahren das Eiserne Kreuz verliehen und zugleich die Jn- valtdenpension beträchtlich erhöht worden. Magdeburg, 2. Januar. Sämtliche Aerzte kündigten die Verträge mit den Krankenkassen. Die Aerzte fordern freie Aerztewahl und Ent lassung des feindlich gesinnten Kaffenrendanten Wendland. Bodenbach, 1. Januar. Trotzdem hier so gut wie gar keine Agitation für die LoS-von- Rom-Bewegung besteht, traten im verflossenen Jahre 66 Personen zum evangel. Glauben über. Rom, 2. Januar. Der Ministerrat beschäftigte sich heute Abend mit dem Ansuchen der Pforte um Ernennung eines italienischen Generals zum Kommandanten der mazedonischen Gendarmerie. Es wurde beschlossen, dem Kommandanten der Division von Cagliari Generalleutnant De Giorgi» den Posten zu übertragen. Derselbe wird in etwa 14> Tagen in Konstantinopel rintrrffen. Brüssel, 2. Jan. Beim NeujahrS-Empsauge der Abordnungen des Parlaments und der höheren Behörden wies der König in Beantwortung der vom Präsidenten de» Senat- zum Jahreswechsel dargrbrachten Glückwünsche aus die Bestrebungen hin, Handel und Gewerbe zu heben und sagte, vor allem müßte der Bevölkerung Gelegenheit geboten werden, einen Fachunterricht zu genießen, der sie in Stand setze, aus den Weltmärkten mit Vorteil in Wettbewerb zu treten. London, 2. Januar. Die Tarisreformliga veranstaltete heute Abend in Newton-Abbot (Devonshirr) im Zusammenhang« mit der dort er forderlichen Parlamrnt-nachwahl eine Versammlung, welche einen äußerst stürmischen Verlauf nahm. Eine etwa 300 Mann starke Volksmenge ver hinderte den Vorsitzenden zu sprechen; e» kam zu erregten Schlägereien, bei denen mehrer« Personen