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Amts- und Anzeigeblatt für den Bezirk des Amtsgerichts Eibenstock und dessen Umgebung : 31.12.1895
- Erscheinungsdatum
- 1895-12-31
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id426614763-189512316
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id426614763-18951231
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-426614763-18951231
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Amts- und Anzeigeblatt für den Bezirk des Amtsgerichts ...
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Jahr
1895
-
Monat
1895-12
- Tag 1895-12-31
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Monat
1895-12
-
Jahr
1895
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jährige Schwester. Der Schuß entlud sich, und da» lebens frohe Mädchen sinkt durch die Brust geschossen zur Erde, um nach wenigen Augenblicken ihren Geist aufzugcben. Wiederum eine dringliche Mahnung, Schußwaffen sorgfältig auszube wahren. — Glauchau, 27. Dezbr. Die hiesige Schmiede innung beabsichtigt eine Fachschule zu errichten. Die städt ischen Behörden stehen diesem Unternehmen sympathisch gegen über. Auf Ansuchen der betreffenden Innung ist zur Ein richtung ein Beitrag feiten« der Stadt gestiftet, außerdem ein laufender Jahresbeitrag, sowie unentgeltliche Ueberlassung der UntcrrichtSräume, Heizung und Beleuchtung zugesichert worden. Außerdem wird man um eine ItaatSunterstützung für diese neue Fachschule nachsuchcn. An dem Unterrichte haben alle Lehrlinge der hiesigen Schmiedemeistcr (also auch Nicht- innungSmcister) theilzunehmen. Letztere Bedingung ist seilen« de« hiesigen SchulauSschusse« gestellt und von der Innung angenommen worden. — Buchholz, 26. Dezbr. Ein alter, Nachahmung«- weither Schul gebrauch hat sich in unserer Stadt einge bürgert. An den zwei letzten Schultagen vor dem Weihnachts feste werden nämlich für eine jede Klasse besonders, oder aus nahmsweise für zwei Klassen zusammen, in einer frühen Morgen- oder späten Nachmittag«stundc Ichulmctten ab gehalten, für welche aus dem Stadtwald je zwei Fichtenbäum chen gestellt werden, während die Schulkasse die aufzustecken- den Kerzen bezahlt. Die Klassenlehrer haben Deklamationen von Festgedichten erzählenden Inhalt» oder in Odenform ein geübt und halten eine erbauliche oder eine kulturgeschichtliche Ansprache. In einzelnen Klassen wird da« WeihnachtSevan- gclium ungesagt und inhaltlich besprochen. Diese Metten sind ungemein beliebt, was sich darin zeigt, daß so leicht kein Kind fehlt, aber auch trotz der frühen Morgenstunde, trotz frisch gefallenen Schnees uud trotz der vor dem Feste gehäuften Arbeit die Verwandten der Schulkinder zahlreich zum Zuhören erscheinen. — Waldenburg, 24. Dezbr. Gestern Abend gegen ll Uhr war im ersten Stock des hiesigen RathhauseS in Folge UeberheizcnS eine« Ofen« im RathhauSsaale Feuer au-gebrochen. Glücklicherweise wurde der Feuerschein im Saale noch rechtzeitig bemerkt, die sofort eintrcffende hiesige freiwillige Feuerwehr vermochte dem Weitergreiscn de« Bran de« erfolgreich Einhalt zu thun und durch Einreißen der Wand da» Feuer zu löschen. Amtliche Wittheilungen aus der Sitzung des Stadtrathes vom 16. Dezember 189b. Anwesend: 8 Rathsmitglieder. Vorsitzender: Herr Bür germeister Ist. Körner. 1) Die Einweisung des neuen Herrn Stadtrach« und der neu- bez. wiedergewählten Herren Stadtverordneten soll den 2. Januar n. Jahre« stattfindcn. 2) Zu der morgen, den 17. dss. MtS. in Schneeberg statt findenden Versammlung in der Eisenbahnfrage werden die Herren Bürgermeister Ist-. Körner, Justizrach Landrock und Kaufmann Rudolph al« Deputirte gewählt. 3) Von dem mit der Frau Förster und Unger wegen pacht weise! Ueberlassung einer Wiese zur Herstellung einer Eis bahn getroffenen Vertrage nimmt man genehmigend Kenntniß. Theodor Fiedler'» soll der Betrieb der Eisbahn gegen einen Pacht von 56 Mark übertragen werden und für die Zeit des Betriebe« Schankerlaubniß gegen einen Canon von 10 Mark ertheilt werden. 4) Die Lehrer Kilian in 'Riederhaßlau, Böhm in GroßolberS- dorf und, Jäger in EckcrSbach sollen dem SchulauSschuß zur engeren Wahl präscntirt werden. b) Da« Gesuch de« Lehrerinncnhcim« in Dresden um Ge währung eines Beitrages soll bewenden, dafern der Schul auSschuß besondere Anträge nicht zu stellen hat. 6) Von der Erkrankung des Nachtschutzmann« Heidel nimmt man Kenntniß. Außerdem kommen noch 10 innere Verwaltungssachen zum Vortrag und zur Beschlußfassung, die des allgemeinen Interesse« entbehren, beziehentlich zur Veröffentlichung nicht geeignet sind. «us vergangener Zeit — für unsere Zett. Vor 25 Jahren. (Nachdruck verboten.) Dresden, den 31. Dezember 1870. Das heutige „Dresdner Journal" veröffentlicht folgendes Telegramm des Prinzen Georg an den König Johann: „Le Vert-Galant, 29. Dezember, abends. Mont Avron heute Nachmittag 3 Uhr gänzlich verlassen gefunden, derselbe wurde von der 1. Komp, des 4. Jnf.-Regts. besetzt. Die Geschütze hatte der Feind weggebracht unter Zurücklassung vieler Lafetten, Gewehre, Munition und Todten. Gegen Mittag waren die feindlichen Feldgeschütze vom Mont Avron gegen Noisy geeilt und von Rosny 4 Bataillone mit Ge päck nach Paris abgegangen. Heute keine Verluste gehabt. Morgen früh von 7 bis 10 Uhr starke Besetzung des Mont Avron zum Ab« räumen unter Beschießung von Noisy, Merlan und Bondy. Vor Paris, 1. Januar 1871. In Vendome aufgesangene Briefe der Mobilgarden schildern die Zustände bei der Loire»Armee als herz brechend trostlos. Aber auch die Bayern und Preußen, die seit dem 1. Dezember fast täglich im Feuer gewesen sind und die schrecklichsten Strapazen zu ertragen gehabt haben, gewähren theilweise einen sehr traurigen Anblick. Ihr Schuhwerk ist zerrissen und viele Soldaten haben sich mit den Kleidern der Franzosen gegen Blöße und Kälte schützen müssen. Jndeß hofft man, diesen Zuständen baldigst ein Ende zu machen. Brüssel, 1. Januar 1871. In den äußeren Vorstädten von Paris haben, laut der hier eingetroffenen Ballonnachrichten, am 28. Dezember Ruhestörungen stattgefunden. Vielfache Verwüstungen wurden angerichtet, nur mit vieler Mühe konnten die Unruhen unterdrückt werden. 136. Depesche vom Kriegsschauplatz. Versailles, den 31. Dezember. General Manteuffel meldet: 5 Bataillone der 1. Division machten heute von Rouen einen Vorstoß auf das linke Seine-Ufer gegen stärkere auS der Gegend von Briare bis Monlineaux und Grand Couronne vorgegangene feindliche Streitkräfte. Diese wurden »Heils zersprengt, theils in daS feste Schloß Robert le Diable geworfen, welches von unfern Truppen erstürmt wurde. Der Feind verlor zahlreiche Todte und etwa 100 Gefangene, darunter an geblich den Chef der dortigen Franctireurs. — Ein offizieller Pariser Bericht ergiebt, daß die Beschießung des Mont Avron am 27. Dezember dem Feinde schwere Verluste zufügte. 17 bei dieser Gelegenheit gelödtete oder verwundete Offiziere werden namentlich aufgesührt. v. Podbielski. Boulzicourt, den 31. Dezember. Nachdem gestern die Artillerie- Festungs Compagnien und das erforderliche Material eingetroffen sind, hat heute die Beschießung von MezivreS begonnen. — Fortwährend kleine Gefechte der CernirungS-Truppen des nördlichen Abschnitt- mit Franctireurs. v. Wovna. Weihnacht 187V in Ketndes Land. Ein Viertcljahrhundert ist seil jener großen Zeit ver gangen, da in Deutschland da» Weihnacht«fest zwar im be rechtigten Stolze der erfochtenen Siege und im Vollgefühle der Sicherheit vor einer Invasion de« Feinde« auf Deutsch land« Gebiet, aber auch bangen Herzen« von den Daheimge bliebenen gefeiert wurde, die einen theuren Anverwandten unter den tapferen deutschen Söhnen auf Frankreich« Gefilde wußten. Und jene Helden, die ihr Blut vor den Thoren von Pari«, an der Hallue, vor Orleans und vor Dijon für des Vaterlandes Ehre, Ruhm u. Freiheit verspritzten, sie wandten auch an jenen denkwürdigen WeihnachtStagen ihre Blicke der Heimath zu und sie gedachten de« prangenden deutschen Lichter baume« dort aus Frankreich« schneebedeckten Fluren. Zur Erinnerung an jene Zeit sei hier in Umrissen, im engen Rahmen eine« Zeitungsartikel» einige« von dem Leben und den Thaten unserer braven Truppen und ihrer Führer in den WeihnachtStagen mitgetheilt, ohne indeß auf Einzelheiten und persönliche Erlebnisse, wie solche ja anderweitig in Fülle wiedergcgeben werden, an dieser Stelle sonderlich eingehen zu können. Vor Pari«. E« ging in den WeihnachtStagen vor Pari» verhältniß- mäßig ruhig zu, d. h. e» kam zu keinen größeren Gefechten, wennschon die Plänkeleien keinen Tag ganz aushörten. Die Beschießung von Pari« war zwar in Vorbereitung, der Bat- tericbau aber noch nicht beendet, sodaß in dieser Beziehung den Truppen einige Ruhe gegönnt werden konnte. Die Kälte war furchtbar, wurde aber den Franzosen, die nach ihrem Angriffe vom 2l. Dezember drei Rächte im Freien kampirt hatten, noch fühlbarer als den Deutschen. In Ver sailler waren alle Läden überfüllt, die deutschen Soldaten machten Weihnachtseinkäufe. Die Kaufleute machten selten vorher so gute Geschäfte, wie an diesem Tage. Von Ville d'Avray, nördlich von Versailles und schon stark innerhalb des feindlichen Geschützfeuers gelegen, hatten die deutschen Soldaten große Tannen nach Versailles und in die umliegen den Ortschaften gebracht, die am Weihnachtsabend, der guten deutschen Sitte gemäß, erglänzten. Auf den Vorposten wurde sogar eine große Illumination veranstaltet, um den Parisern zu zeigen, daß trotz Krieg und den damit verbundenen Stra pazen ein Freudenfest gefeiert wurde. Bei den Verwundeten und in den Kasernen gab e» einen Aufbau mit kurzer kirch licher Andacht, auch kleine Geschenke für erstere, welche Kosten durch Sammlungen vom Offizierskorps aufgebracht worden waren. In den Hauptquartieren fanden gesellige Zusammen künfte statt. König Wilhelm verließ am WeihnachtStage die Präfektur nicht. Um 9 Uhr waren der Kronprinz, die Prinzen Karl und Adalbert, sowie mehrere deutsche Fürsten und viele Mit glieder de« großen Hauptquartier» um den König versammelt. Im königlichen Palais strahlten zwei große Tannen; die Schloßwache hatte ein große« Transparent »Es lebe der König" gemacht. Der Kronprinz beschenkte seinen erlauchten Vater mit einem großen Aquarellbilde, darstellend den Fahnen träger de« KönigS-Grenadier-RegimentS (Nr. 7), der beim Sturm aus Weißenburg voranging, nachdem drei seiner Kame raden, welche vorher die Fahne getragen, rasch hintereinander von feindlichen Kugeln getroffen worden waren. Um 7 Uhr feierte man das WeihnachtSsest bei dem Kronprinzen in der ländlichen Villa vor dem Thore von Buc. Die Feier trug hier einen einfachen, lokalpatriotischen Cha rakter. Ei» Sängcrchor vom 1. Garde-Landwehr-Regiment, sämmtlich Berliner, begrüßte den Führer der dritten Armee. Mendelssohns „Stille Nacht" zeigte, daß die rauhen Einflüsse eine« fünfmonatlichen Kriegslagers an den Stimmen der hei- mathlichen Gesang-Vereine spurlos vorübergegangen waren. Versammelt waren um den Kronprinzen die sämmtlichen Offiziere seine« Hauptquartier«, etwa 50 an der Zahl, und einige Eingeladene. Ein großer Weihnacht« - Baum, dessen Zacken genau bis an die Decke reichten, war auch hier der Mittelpunkt de« Fcstglanze«. ES heißt bann in einem Berichte: Die Truppen von Pari« feiern den Weihnachtsabend mit allerlei Scherzen, ohne sich durch die begonnene sehr starke Kanonade der Fort« beunruhigen zu lassen. Bei den Vorposten haben die Sol daten große Weihnachtsbäume auSstaffirt, an denen sie Erbs würste, Chassepotpatronen und eine Karrikatur vom Exkaiser, mit der Inschrift „Hat ihm schon" befestigen. Die Sachsen feierten da« WeihnachlSsest in Mcaux im sächsischen Feldlazareth, wo 500 Verwundete lagen. Jndeß verlies nicht überall vor Pari« das Weihnachtsfest so ruhig, wie folgende zwei Fälle beweisen. In der Nacht vom ersten auf den zweiten WeihnachtStag hatten Jäger, die auf Vorposten in dem Wasserthurm östlich von Chevilly lagen, den Weihnachtsbaum angesteckt. Sie saßen traulich zusammen und plauderten gemüthlich über ihre Familienvcrhältnisse in der Heimath, al« der tückische Feind al« Weihnachtsgeschenk ihnen einen furchtbaren „Zuckerhut" zusandte. Die 25 Jäger, die so harmlos um da« Feuer hcrumhockten, sprangen schleu nigst auf und suchten Schutz; aber schon explodirte da« ent setzliche Ungethüm, das gerade in den Christbaum hineingefallen war und richtete eine furchtbare Verwüstung an. Drei der Unglücklichen waren auf der Stelle todt und zehn schwer ver wundet, die anderen sind mit dem Schrecken davongekommen. Der zweite Fall passirte südlich von Paris, zwischen Melun u. Monterau. Eine deutsche Feldpost von drei Wagen und 6 Mann Begleitung wurde von einer Bande Franktireur« aufgehoben. 5 Landwehrleute waren todt, 1 schwer verwun det. E» waren 100 gegen 6 Mann gewesen, die diesen feigen Meuchelmord am l. WeihnachtStage verübt hatten. Die Auf regung und Wuth über die Thal war nicht nur bei den Deutschen, sondern auch bei dem größeren Theile der Ein wohnerschaft groß. Die Briese waren natürlich geraubt; man sand auf der Stätte neben den Patronenhülsen aufgerissenc Couverts und zerfetzte Briefe. Zur Charakterisirung des außergewöhnlich strengen Win ter« fei hier noch eine Schilderung au» Pari« wicdergegebcn, wennfchon diese die französifchen Truppen betrifft: Zahlreiche Bäume wurden gefällt, um den Bedürftigen Heizmaterial zu verschaffen. Die Truppen, welche bisher außerhalb der Stadt gelegen haben, sind wegen der Kälte (26. Dezember) in die selbe zurückgckehrt. Die ungeheure Kälte hat den französischen Truppen vor den Thoren von Pari« ungemein zugesetzt; General Vinvy hat die Mannschaften zwei- bi» dreimal in der Nacht allarmiren müssen, um sie vor dem Erfrieren zu bewahren. Ducrot sagte, vielen der Verwundeten seien die Augen erfroren gewesen, -l« sie gesunden wurden. Wacht posten wurden bei der Ablösung erfroren aufgesunden. In der Nähe von Bourgct mußten 600 Erfrorene in« Lazareth gebracht werden. Im Süden. Recht ungcmüthlich gestaltete sich da» WeihnachlSsest für die deutschen Truppen im Süden Frankreich«, wo in Dijon die Badenser unter General von Werder die Wacht hielten gegen den drohenden Anmarsch und den beabsichtigten Durch bruch der Bourbakischen Armee. Hier gab e« nur selten einen Weihnachtsbaum; mit Mühe und Noch war ein solcher für da» Hauptquartier Werder« in Dijon von den Offizieren herausgeputzt worden. Dieser Baum wurde denn auch beim Abmarsch au« Dijon, gleich nach Weihnachten mitgenommen und die Dijoner hatten ihre Helle Freude an dem Abzug, besonder« die Mädchen, denen die Bonbon« zugeworfen wurden. Viele Leute der Mannschaften hatten in der schweren Zeit im Süden die Kenntniß der Kalendertage eingebüßt und wurden erst nach Weihnachten durch die mit Liebesgaben ge füllten Packete, die von der Heimath kamen, gewahr, daß sie bereits über da« Christfest hinaus waren. Die 39., welche von Pari« nach Dijon zur Unterstützung Werder« gebracht worden waren, hatten am Weihnachtsabend au« einer „ent deckten" Käserei einen der bekannten Riesenbrote Käse abbe- kommcn und ließen sich diesen .Weihnachtsbraten" gut schmecken. E« war in jener Gegend höchst ungemüthlich, weil man vor erst noch nicht regulären Truppen gegenüberstand, dafür aber um so mehr von den Franktireur« zu leiten hatte. Die Truppen lagen außerhalb Dijon» nah zusammengedrängt in sogenannten Allarmquartiren, um vor Ueberraschung sicher zu sein; natürlich war unter diefen Umständen von irgend welcher Bequemlichkeit keine Rede. Gerade in den WeihnachtStagen herrschte in jener Gegend eine wahre Bärenkälte. Am 26. Dezember, dem zweiten Weihnachtsfeiertage, mußten die 72. sich mit den Franktireur« herumschlagen. Diese hatten unweit Chaumont einen Eisenbahnzug überfallen und zum Entgleisen gebracht. Die ganze Nacht hindurch wurden die Dörfer abgesucht und zahlreiche Gefangene ge macht, die sich versteckt vorfanden. In einem Dorfe rettete der Maire diese« vom Niedcrbrcnnen (ei war auf die deutschen Truppen au« dem Hinterhalte der Franktireur» geschossen worden) dadurch, daß er für >90 Mann Suppe und Wein beschaffte. So hekamen die Soldaten wenigstens eine Weih- nachtsiuppe. Man wird sich au« den Verhältnissen im Süden einen Begriff machen können, wenn man folgenden auS der Weih nachtszeit datirten Bericht eine« Bewohners von Dijon liest: „Das Aussehen der Stadt," heißt e» da, „ist seltsam genug; man geht nur au«, wenn man Geschäfte zu machen hat; Niemand kann sonst da« Hau« verlassen ; Abends findet sich in den Straße» keine Seele; eS herrscht Todtcnstille; die HauSthüren bleiben die ganze Nacht über offen, da die« so angeordnet ist. Ost nehmen die Preußen in den Häusern Platz, während die HauSleute schlafen; früh Morgen« beim Ausstehen ist man erstaunt, eine neue Schaar Soldaten zu finden. Seit sechs Wochen sind die Glocken unserer Kirchen verstummt. Die materiellen Sorgen treten stark hervor; Niemand hat Geld; seit langer Zeit werden die Angestellten nicht mehr bezahlt; die Maiereien sind aus einige Stunden ringsum verwüstet und ausgeplündert. E« ist unmöglich, zu bezahlen; man kauft alle« auf Credit. Die Lebensmittel sind maßlos theuer, die Milch ist nur Rei«wasser, und doch ver kauft man sie für 1 FrcS. 25 Cent, per Liter. Alle Kühe sind aufgegesscn. Die Eier und Hühner sind zur Mythe ge worden. Wir haben keine Kohlen mehr, und man befiehlt drohend, daß Jeder seine HauSlhür beleuchte, da die Gasbe leuchtung aufgchört hat. Ohne Unterlaß donnert die Kanone bald rechts, bald link«; in Zwischenräumen hört man starke« Gewehrfcuer. So leben wir nun schon seit acht Wochen." An der Loire. General Chanzy hatte sich mit seinen Truppen nach der 'Niederlage bei Beaugancy und später bei Vendome rückwärts auf Le Man« konzentrirt. Diefem Umstande hatte e» die Armee-Abtheilung de« Großhcrzog« von Mecklenburg-Schwerin und die H. Armee unter Prinz Friedrich Karl zu danken, daß sie in den WeihnachtStagen nach über vierwöchcntlicher heißer Kriegsarbeit und fast fortwährendem Marschiren Ruhe fanden. Der Großherzog rückte am heiligen Abend in Chartres ein, während die Mannschaften in den umliegenden Dörfern und kleinen Städten ihr Weihnachl«-Asyl ausschlugcn. Daß auf diesem Theile de« Kriegsschauplatzes die Weihnachtsfeier nicht so hervortretend war, wie vor Pari«, läßt sich denken; die erschöpften Truppen waren froh, einmal Ruhe zu haben und für sie war diese Ruhe die schönste Weihnachtsfeier. Allerdings fehlte e« auch hier nicht an den Liebesgaben, be sonder« au« der Heimath. Diese drehten sich namentlich um folgende ebenso nützliche, als angenehme Dinge: Tabak, Cigarren (Kautabak besonderer Leckerbissen) Strümpfe (Socken), Leib binden, Wurst. Was alle« in der Noth, d. h. in Zeiten de« Tabak-mangelS, geraucht wurde, ist schier unglaublich: da« Laub der Bäume, Thee, Seegras, sogar Kaffeesatz. Der Soldat kann eben eher da« Essen und Trinken, al« da« Rauchen entbehren.» Der zweite WcihnachtSfeicrtag brachte einem Theile der Truppen zwischen Montoirc und Le Chartre einen harten Kamps. Oberstleutnant von Boltenstcrn war mit 931 Mann, einer Schwadron Ulanen und 2 Geschützen zur Rekogno« zirung ausgeschickt worden. E« war eine unheimliche Sache, al» im Dorfe Troo, dessen Häuser in die Felswände de» breiten Wiesenthale« eingehauen sind, die Truppen auf allen Seiten Feuer erhielten. Boltenstcrn trat den Rückzug an; allein schon war der französische General Joufsroy benach richtigt worden und er suchte dem Häuflein Truppen mit seiner Uebermacht den Rückweg abzuschneiden. Bald war die ganze Kolonne umringt. E» blieb den Tapferen nicht« übrig, als sich durchzuschlagen. Boltenstern löste seine fünf Kom pagnien in Schützenschwärme auf, stellte sich an ihre Spitze und stürmte mit ihnen unter Hurra, ohne sic einen Schuß thun zu lassen, mit gefälltem Bajonett vorwärts, um sich Bah» zu brechen. Ein erbitternde« Handgemenge folgte nun, während die französischen Geschütze in da« Gewühl hinein summten. Die zwei Gefchütze schlugen sich ebenfalls unter Führung de« Leutnant« Bachmann gegen eine fünffache Ueber macht durch. Die Geschütze verloren acht Mann und fünf Pferde. Eine Deichsel zerbrach, wurde aber während de« Ge fechte« ausgebessert. Beide Kanonen wurden infolge de« starken Schießen« unbrauchbar. Al« Leutnant Bachmann mit den Geschützen durchgcbrochen war und aus Montoire zu jagte, wurden zwei Pferde verwundet und mußten im vollen Jagen abgeschirrt werden. Die Wagenkolonne, darunter auch der Sanitätswagen, fiel dem Feinde in die Hände. Um 11 Uhr Nacht« langte Bastenster» mit seinen Truppen wieder
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