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Amts- und Anzeigeblatt für den Bezirk des Amtsgerichts Eibenstock und dessen Umgebung : 03.12.1895
- Erscheinungsdatum
- 1895-12-03
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id426614763-189512033
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id426614763-18951203
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-426614763-18951203
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Amts- und Anzeigeblatt für den Bezirk des Amtsgerichts ...
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Jahr
1895
-
Monat
1895-12
- Tag 1895-12-03
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Monat
1895-12
-
Jahr
1895
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der eindringlichen Fürsxrackc de» Grafen Taasfe gelang eS, den Kaiser von vcr Nothwendigkeit diese» bedenlenven LtaaiS- aklcS zu überzeugen. Beim Regierungsantritt de» Grafen Hohenwart, im Jahre 1871 schied Taasfe ivieder aus dem Ministerium au« und wurde Statthalter von Tirol, Erst im Februar 1879, als das damalige Ministerium Auersperg seine Entlassung genommen hatte, wurde Graf Taasfe in dem unter StremayrS Präsidentschaft theilwcise neu gebilde te» Kabinet wieder zunächst Minister des Innern und am 12, August desselben Jahre« Ministerpräsident bc« sogenann ten „Versöhnungsministerium«". Am st. Dezember 1879 hielt er im Abgeordnetenhaus« seine Programmrcde, in welcher er die Versöhnung der Nationalitäten als sein Ziel bezeich nete, Aber sehr bald stützte er sich auf eine aus Polen, Tschechen, Slovencn und den deutschen Klerikalen be stehende Majorität und wurde von den durch die Sprach- Verordnungen und die fortschreitende Slavisirung der böhmischen Kronländer erbitterten Deutschen heftig bekämpft. Statt die Nationalitäten in Oesterreich zu versöhnen, hat er cS im Gegentheil allmählig durch seine Politik dahin gebracht, daß sich die Gegensätze nur noch mehr verschärften und der Nationalitätenhader in erschreckender Weise zunahm. Trotz dem hat er sich durch das Vertrauen, da« er beim Kaiser besaß, länger als irgend einer seiner Vorgänger in seiner Stellung erhalten, mußte dieselbe aber aufgeben, als er eS im Jahre 1893 durch seine Wahlreformen mit allen Parteien de« Abgeordnetenhauses gründlich verdorben hatte. Im Großen und Ganzen muß man sagen, daß wohl trotz seiner guten Absichten und trotz einzelner hervorragender Leistungen bei all" seiner Ergebenheit an die Dynastie seine RegicrungS- thätigkeit für den österreichischen Staat wenig nutzbringend gewesen ist. Vor Allem aber werden die Deutschen Oester reichs dem Grasen Taasfe kaum eine Thräne nachweinen. Er hat sie mit seiner Politik der Stärkung de« österreichischen SlaatSgcdankens und gleichzeitiger Versöhnung ter 'Nationali täten au« ihrer früheren leitenden Stellung verdrängt und sic in den habsbnrgischen Kronländern der Herrschaft der Tschechen, Polen und Slovencn preiSgcgebcn. Locale und sächsische Nachrichten. — Eibenstock, 2. Dezbr. Gestern feierte der RathS- diencr Fürchtegott Rcibetanz Hierselbst sein 2stjähriges Dienstjubiläum. Au« diesem Anlaß wurde derselbe durch Hrn. Bürgermeister Dir Körner und Hrn. Stadtrath 'Alfred Meichßncr im Namen des Rathc« beglückwünscht und als Anerkennung für seine Dienstleistungen mit einer silbernen Taschenuhr beschenkt, während die Rathsbeamten dem Jubilar bei ihrer persönlichen Beglückwünschung eine goldene Kette überreichten. Auch wir wollen nicht unterlassen Hrn. Reibe tanz, als einem treuen Diener der Stadt, unser» herzlichsten Glückwunsch hiermit zum Ausdruck zu bringen. — Eibenstock, 2. Dezbr. Ein gemeiner Bubenstreich ist gegen den Spediteur Roßner, welchem vor wenigen Tagen erst mehrere Fäßchen Branntwein von einer Wagen ladung gestohlen worden sind, verübt worden. Am Donners tag Abeikd hat sich eine aller Wahrscheinlichkeit nach mit den Verhältnissen bekannte Person in den Pserdestall geschlichen und einem dort stehenden werthvollen Pferde mit einem stumpfen Instrument ein Hinterbein zerschlagen, so daß das arme Thier am nächsten Morgen abgestochcn werden mußte. ES scheint hier ein Racheakt vorzuliegen und wäre es zu wünschen, daß der Thäter ermittelt und in verdienter Weise be straft würde. — Eibenstock, 2. Dezbr. Seit heute haben wir den ersten Schneefall, der noch anhält und uns den Beginn des WstttcrS in unzweifelhafter Weise vor Augen führt. — Dresden, 22. Novbr. Ein angetrunkener Handels mann von hier führte dieser Tage Nachmittags in der Kirche zu Striesen während einer Trauung eine äußerst peinliche Scene auf. Er hatte sich dort in eine Bank gesetzt, war cingeschlafcn und schnarchte so laut, daß es Aergerniß erregte. Als man ihn zurechtwieS, fing er an zu schimpfen und durch ungehörige Zwischenbemerkungen die Traurede zu stören. Nunmehr sollte er sich entfernen, that dies jedoch nicht und al« er schließlich gewaltsam hinauSgebracht wurde, widersetzte er sich. Polizciorgane, die inzwischen herbeigerufen worden waren, wollten ihn dann arrctiren, allein die« war nur mit äußerster Anstrengung möglich, da er sich ganz rasend geberdete und die Beamten fortgesetzt beschimpfte. Das Publikum war empört über sein Benehmen, für da« ihn eine empfindliche Strafe erwartet. — Dresden. Der jetzige Landtag ist der erste, in dessen Zweiter Ständekammer kein Träger eine« adligen Namens vertreten ist. — Freiberg. Die Anfang« der 20er Jahre stehende Ehefrau de« Hüttenarbeiters Schiffet in Halsbrücke wohnte am vorletzten Sonntag dem Gottesdienst in Tuttendorf bei. Nach der Rückkehr schien e« ihrem Manne, al» sei sie beson der« aufgeregt, und al« er sie nach der Ursache ihre« Be nehmen« fragte, meinte sie: „Die ergreifende Predigt de« Herrn Pfarrers Hasche über die Todtenfeier könne nur ihr gegolten haben und sic müßte, um Alle« wieder gut zu machen, ihrer vor Kurzem verstorbenen Mutter Nachfolgen". Diesen Entschluß, der nur in Folge cingelretener geistiger Umnacht ung gefaßt sein konnte, führte die in glücklichster Ehe und in den besten Verhältnissen lebende Frau auch au«, indem sie sich unbemerkbar au« der Schlafkammcr schlich und in den nahen Kunstgraben ging, wo sie entseelt aufgesunden wurde. — Meißen, 28. Novbr. Wie gefährlich c» ist, D am en etwa« ins Ohr zu sagen, da« mußte ein Einwohner in Meißen wahrnehmen. Derselbe wollte in einem Restaurant einer Dame etwa« Geheimnißvolle» zuflüstern, stach sich aber hierbei mit der ziemlich weit vorstehenden Hutnadel dicht unter da« linke Auge. Die Verletzung und der Schmerz waren so erheblich, daß der Mann ärztliche Hilfe in Anspruch nehmen mußte. Die Sehkraft re» Auge« ist glücklicherweise nicht gefährdet. — Meißen. Am vorletzten Sonntag Morgen '/,7 Uhr langte der von Dresden kommende Personcnzug ohne jeden Passagier in Meißen an. Leer verließ genannter Zug bereit« die Residenz, und auch aus den Zwischenstationen waren keine Passagiere auszunehmen. — K irchberg, 29. Dezbr. In der Nacht vom Donners tag zum Freitag brannte die mit Erntevorrächen reich ge füllte Scheune de» Christian Löffler im benachbarten Obcr- crinitz vollständig nieder. Eine halbe Stunde nach diesem Feuer leuchtete Feuerschein von Stangengrün herüber. Dort war Feuer in der Scheune von Traugott Richter ausgekommen, welche« einen daneben stehenden Schuppen iowie auch Scheune und Schuppen von Robert Scknnutzler mit einäscherte. Da» schon brennende Wohnhaus de« letzteren wurde durch die Obercrinitzcr Feuerwehr noch gerettet. Beim Brande sind außer den Ernlevorräthen je 2 in den Schuppen befindliche gemästete Schweine, I Hund und mehrere Stück Federvieh mit umgekommeu. Da« Fetter kann nur durch böswillige Brandstiftung entstanden sein. — Markneukirchen. Zwischen der hiesigen Orts krankenkasse und dem Apotheker H. Müller Hierselbst ist e» zu einer tiefgehenden Spaltung gekommen, welche dazu geführt hat, daß der Vorstand der Ortskrankenkasse unter näherer Begründung und Einreichung der einschlägigen Acten beim LandeS-Mcdizinal Collegium den Antrag auf Errichtung eitler zweiten Apotheke in Markneukirchen gestellt hat. Es ist ferner, um früher vorgekommene Taxüberschreitungen un möglich zu machen, beschlossen worden, aus der hiesigen Apotheke nur in dringenden Fällen Medikamente zu entnehmen und mit den Apotheken der Umgegend Verträge abzuschließen. Die Apotheken zu Adorf, Bad Elster und Brambach gewähren nunmehr den hiesigen OrtSkrankenkassenmitgliedern 10 resp. 1ö"/„ Rabatt bei '/«jähriger Abrechnung, während der hiesige Apotheker unserer Ortskrankenkasse Rabatt überhaupt nicht gewährt. Man darf gespannt sein, wer aus dem Conflicte als Sieger hervorgeht. «u«l ver„an„e»er Heft — für unsere Zeit. Bor 2S Jahren. (Nachdruck verdünn,. Berlin, I. Dezember 1870. Der Bundesrath nahm am 28. November den Vertrag mit Württemberg an; heute hat er den Vertrag mit Bayern berathen. Unterzeichnet ist der Vertrag von Bismarck, Noon und den bayrischen Ministern Bray, Vrankh und Lutz. Der Ver trag tritt am I. Januar 1871 in Kraft. Dresden, 3. Dezember 1870. Das heutige „Dr. Journal" ver öffentlicht folgendes an Se. Majestät den König Johann eingegangenes Telegramm: „Chelles, Donnerstag, den 1. Dezember. Gestern Mittag bis zum Abend hat die 24. Division mir Theilen der Korpsartillerie in Ge meinschaft mit den Württembergern bei Noisy und Villiers ein heftiges aber glänzendes Gefecht bestanden. Die Franzosen, zwischen Brie und Villiers vorgedrungen, sind über das Plateau ;urückgeworfen worden, mehrere Hundert Gefangene in unfern Händen lassend. Nach Aussage dieser standen 50,000 Mann gegenüber. Bis jetzt sind als diesseitiger Verlust gemeldet 12 Offiziere und 100 Mann. Der für heute ange kündigte abermalige Ausfall erfolgte nicht. Georg." 106. Depesche vom Kriegsschauplatz. Versailles, den 1. Dezember. Der Verlust der Franzosen bei dem gestrigen mißglückten Ausfälle auf der Südostfront von Paris an Todten, Verwundeten und Gefangenen ist sehr bedeutend. Heute wurde von ihnen zur Beerdigung ihrer Gefallenen ein mehrstündiger Waffen stillstand erbeten. Auf unserer Seite beträgt der Verlust bei der württembergischen Division etwa 40 Offiziere und 800 Mann, bei der Brigade du Trosse! des 2. Armee-Corps 2 Offiziere und etwa 70 Mann. Sächsischer Verlust noch nicht constatirt. Heute verhielt sich der Feind vollständig ruhig, v. Podbielski. 107. Depesche. Versailles, den 2. Dezember, Mittags 1 Uhr. Der Königin Augusta in Berlin. Gestern gar kein Gefecht. Heute die noch vom Feinde besetzten Punkte diesseits der Marne durch Preußen, Württem- Wilhelm. Versailles, den 2. Dezember, Nachts 12 Uhr. Die feindliche Armee von Paris hatte nach der vorgestrigen Schlaft die am Ufer nder zwischen Seine und Marne vor^ wurde jedoch abermals in achtstündigem, heißen Kampfe durch Truppen des 12. und 2. Armee-Corps, sowie der württembergischen Division siegreich zurückgeschlagen. — Ein von der Armee-Abtheilnng des Großherzogs von Mecklenburg-Schwerin abge- sandtcs bayerisches Recognoscirun^s-Detach^ment stieß gestern zwischen auf der Linie Org^res-Baigneaux heftig angegriffen. Der Feind, be stehend aus dem 15. und 16. Corps, wurde durch die 4. Kavallerie- Divifion und gefolgt vom 1. bayerischen Armee-Corps über Loigny ge worfen , während die 22. Infanterie-Division, unterstützt durch die 2. Kavallerie-Division, Pouyry mit Sturm nahm und bis dicht vor Arte- Janville, den 2^ Demzember. Heut^ Vormittag 8 Uhr ausge rückt, entwickelte sich Schlacht vorwärts Bazoches-lesHautes. — ' ,10 Uhr. Feind nach heftigem Kampfe mit 17. Infanterie Division, gefolgt vom 1. bayerischen Armee-Corps, unterstützt durch 4. Kavallerie-Division, über Loigny geworfen. 22. Infanterie-Division, unterstüßt durch 2. Kavallerie-Division, Poupry mit Sturm genommen und Feind auf Artenay zurückgedrängt. — Bei Loigny 16. französisches Armee-Corps, bei Artenay 15. geschlagen. Viele Hundert Gefangene eingebracht und 11 Geschütze im Feuer genommen. Feindlicher Verlust bedeutend. Dies seitiger Verlust noch nicht zu übersehen, aber viel geringer. Friedrich Franz, Großherzog. 108. Depesche. Versailles, den 3. Dezember. Der Königin Augusta in Berlin. Heute kein Gefecht von Erheblichkeit, doch scheint sich der General, 20 Offiziere. Wilhelm. Versailles, den 3. Dezember. Feindliche Armee in Paris hat heute keinen neuen Versuch zum Durchbruch unternommen. v. Podbielski. Fontaine, den 3. Dezember. Heute Nacht Batterien erbaut, aus denen Belfort jetzt 8 Uhr Morgens beschossen wird. Regiment Ostrowski nahm die nöthigen Positionen und vertheidigte sie mit großer Bravour, v. Tresckow. Aus dem Keldzuge 187071. Novelle von Alfred Steffens. ,7. Fortsetzung.) Doch unsere braven Soldaten zeigten hier ebenso viel Schlauheit wie Muth; fortwährend wechselten sie ihre Uni formen: bald trugen die Ulanen die Helme der Infanteristen, bald hatten sic ihren Kragen und Aufschlägen durch weiße Papierstreifen eine andere Farbe gegeben und erschienen al» Kürassiere; die Feuerwehr in Saarbrücken mußte ihre Be kleidung» und Kopfbedeckungsstücke hcrgeben, um so die Fran zosen glauben zu machen, e« ständen nun ihnen eine Menge Re gimenter gegenüber. Dabei sandte der preußische Befehls haber häufig Patrouillen auf französische» Gebiet, beunruhigte die Vorposten und zerstörte die Eisenbahnverbindung mit Hagenau. Die Täuschung gelang vortrefflich, die Franzosen warte ten ziemlich so lange, bi» Deutschland im Stande war, ihnen eine ordentliche Macht entgegenzuschicken. Erst am 2. August wagte da» französische Heer einen wirklichen Angriff gegen Saarbrücken; 3 Divisionen rückten gegen da» Städtchen vor ; ihre Artillerie eröffnete ein gräß liche« Feuer, 24 Geschütze sandten Tod und Verderben au». Selbstverständlich waren die braven Vierziger nun nicht länger im Stande, die Stadt zu halten; sie leisteten zwar in ihrer gedeckten Stellung noch mehrere Stunden Widerstand; aber endlich mußten sie weichen, denn immer neue feindliche Hause» kamen gegen sie herangewälzt. Sie gingen über die Saar in eine für sie zur Aufnahme vorbereitete Stellung zurück, die Deutsche besetzt hielten. Der Kaiser der Franzosen war bei seiner Armee ange- kommcn, ihn begleitete der Kronprinz. I» Pari» erwartete man voll Ungeduld die erste Siegesbotschaft und die Nach richt, daß das glorreiche Heer die Grenze überschritten und den Spaziergang nach Berlin angetreten habe. — Da kam dem Napoleon da» Vordrängen de» preußischen Bataillon» ganz gelegen; der Kaiser sandte ein Bulletin in seine Resi denzstadt, in welchem e» unter anderem wörtlich hieß: „Glän zender Sieg; einige französische Bataillone haben denselben über die preußische Streitmacht ungeachtet der Stärke ihrer Stellung erfochten." Auch in Deutschland verbreitete sich hier und da diese 'Nachricht und wirkte ebenso beängstigend und betrübend, wie sie in Pari» zu dem tollsten Jubel die Veranlassung gab. Der Lanbrath, Baron von Tattenroth, halte eben eine kleine Spazierfahrt mit seinen Damen beendet, als er von deni an geblichen Siege sranzösischerseit« Kenntniß erhielt. Eine tiefe Niedergeschlagenheit, aber auch große Er bitterung bemächtigte sich des alten Manne«; düsterer denn je ging er umher, und al- ihn BalcSka befragte, wa« ihn betrübe, entgegnete er in barschem Ton: „Fragen Sie mich nicht, Kind! Die ganzen preußischen Soldaten sind keinen Schuß Pulver werlh, und mein Junge auch nicht! Mil dem Stocke möchte ich sie prügeln, daß sie sich von diesen win digen Franzosen zurückjagcn lassen. O wäre ich doch dort! Doch nun hat es der Erich ein für alle Mal mit mir ver dorben." „Aber guter, lieber Papa," bat Valeska sehr ängstlich; „wissen Sie denn, ob Erich überhaupt schon in einem Tressen gewesen ist? Davon seien Sie überzeugt, der relirirt nicht!" „Er ist nicht besser wie alle andern, ich will von der ganzen Soldateska nichts mehr hören!" „Sie sind ungerecht, Papachen! Wenn Sic Erich schmähen, ohne zu wissen, daß er schuldig ist, dann —" „Nun dann?" „Dann handeln Sie nicht väterlich und thun mir weh." Brummend verließ der alte Mann das junge Mädchen. So aufgeregt war er seit langer Zeit nicht gewesen. Valeska floh zur Baronin und ließ von dieser ihr eben falls in Sturm gcrathene« Herz ein wenig beruhigen. Die alte Dame behielt in allen Lagen de« Leben« noch immer am meisten ihre verständige Uebcrlegung und ihr gesundes llr- theil; sie war eine überaus gebildetere Frau." Aber nun währte e« nur noch wenige Tage, da kamen die Siegesbotschaften von Weißenburg; die furchtbaren 'Nie derlagen, welche die Franzosen am 5. August auf den Höhen von Wörth erlitten, wurden bekannt ; lauter Jubel durch drang Deutschland, in den auch der Baron von Tattenroth au« vollem Herzen einstimmle. Und al« dann Valeska wieder einen Brief von dem Verlobten in Händen hielt, der ihr verkündete, daß der Schreiber ganz wohl, sehr vergnügt und immer kampseS- muthig sei, daß er eine große Belobigung erhalten habe, und andere Mittheilungen, die da» Herz de« liebenden Mädchen« vor Wonne und Freude laut Hüpfen machten, da konnte sie sich nicht enthalten, gegen den Landrath eine übermüthige Miene anzunehmen und zu rufen: „Nun, mein Papachen, >vie ist c« denn jetzt, möchten Sie noch die deutschen Sol daten und auch Erich mit dem Stocke prügeln? Ich glaube, die braven Männer, die vor den französischen Kugeln nicht zurückgeschrcckl sind und wie die Mauern gestanden haben, sie würden sich eine solche Züchtigung wohl schwerlich ge fallen lassen." „Kleiner Uebcrmuth!" bemerkte die Baronin, mit dem Finger drohend. Da sind Sic ja einmal wieder guter Dinge und wissen nicht, wie Sic die« an den Tag legen sollen. Aber warten Sie nur: wenn nun für ein paar Tage keine Nachricht gekommen ist und Sie den Kopf hängen, wie ein krankhaftes Huhn; dann werde ich mich lustig machen." „O Mamachen, Sie empfinden ja ganz ebenso wie ich!" entgegnete Valeska und sandte der edlen Frau einen seelen vollen Blick zu. „Lasse das Kind nur!" führte der Landrath an. „Es hat recht! Ich war übereilt, al« ich unsere Helden schimpfte. Aber du lieber Gott, da muß einem braven Deutschen wohl die Galle übergehen, wenn man so etwa« hört, wie c« dieser französische Prahler in die Welt auspviaunte." — Zu ValeSkaS und ihrer Angehörigen unaussprechlicher Freude empfinge» sie auch ferner fast täglich Briefe von Erich. Dazwischen trafen immer wieder neue Siegesbotschaften ein. — Am 0. August wurden die Höhen von Spiechern ge nommen; und hierbei erwarb sich die deutsche Armee einen Ruhm, wie er selten errungen wird. Die fast uneinnehmbare Position der Franzosen konnte nur von Helden genommen werden. Erich von Tattenroth erklomm mit seiner Batterie auf einem fast unbefahrbaren, steilen und schmalen Gebirgswege, trotz de« heftigsten feindlichen Kugelregen«, die eine der Höhen, ein Werk, da« allgemeine Bewunderung erregte. Aber kaum hatte er festen Fuß gefaßt, als seine Geschütze zu spielen be gannen und grauenhafte Verheerungen unter den Feinden anrichteten. Noch an demselben Tage schloß der Korpskommandeur den jungen Ihatkräftigen Mann in die Arme, er wurde mit dem eisernen Kreuze erster Klasse dekorirt und avancirte zum Hauptmann. Al» diese Nachricht in Lingen einging, richtete sich der alte Landrath hoch empor. Er war nie dünkelhaft in seinem Leben gewesen; aber jetzt strahlte ein echter wahrer Stolz aus seinen Augen und mit hoher Verehrung sprach er von dem fernen Sohn, seine Stimme zitterte, al» er den Namen de» Lieblings nannte. Und die Achtung vor ihm übertrug er aus die Verlobte Erich«. — Al» am Abend diese» Tage» der Ort-psarrer, der die glückliche Botschaft in da» Schloß brachte, daselbst erschien und da» Gespräch sich dem Kriege zuwandtc, hörte Valeska zu ihrem heimlichen Ergötzen, wie der alte Landrath wohlge fällig sagte: „mein Sohn, der Hauptmann, ist Ritter de« Eisernen Kreuze» erster Klasse geworden!" Sie hätte rufen mögen: „Väterchen, jetzt sind Sic wahrhaft eitel!" Aber sie verehrte ja den alten Herrn zu sehr, al« daß sie ihn aus eine Schwäche hätte aufmerksam machen können; und nur zu der
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