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Amts- und Anzeigeblatt für den Bezirk des Amtsgerichts Eibenstock und dessen Umgebung : 24.10.1895
- Erscheinungsdatum
- 1895-10-24
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id426614763-189510249
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id426614763-18951024
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-426614763-18951024
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Amts- und Anzeigeblatt für den Bezirk des Amtsgerichts ...
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Jahr
1895
-
Monat
1895-10
- Tag 1895-10-24
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Monat
1895-10
-
Jahr
1895
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— Eibenstock. In der Nacht vom Sonntag zum Montag verunglückte in Hund-Hübel da» der Ww. Unger im oberen Frcihofo hiersclbst gehörige Kulschgcschirr. Das selbe hielt vor dem Falk'schen Gasthofe, der Rückfahrt der Gäste gewärtig. Während der Kutscher dies in der Gaststube meldet, sind die Pferde auf und davon gegangen. Aus der Strecke zwischen Ober- u. llnterdorf stürzten dieselben mit dem Wagen in den Straßengraben und erlitt da« Handpferd einen Bruch de« rechten Hinterbeine«, infolgedessen e« abgcstochcn werden mußte. Da« Sattclpferd wurde nicht beschädigt, jedoch der Wagen stark demolirt. Ob die Thicre au« eigcncni Antriebe davon gclausen, oder von ruchlosen Menschen dazu angetricbcn worden sind, ist noch nicht ermittelt, alle Beobachtungen sprechen aber dafür, daß da« letztere geschehen ist und wäre in diesem Falle die Ermittelung und strenge Bestrafung de« Thäter« wohl zu wünschen, umsomehr, als die Familie Unger in letzter Zeit wiederholt von schweren Schicksalrschlägen be troffen wurde. — Eibenstock. Im 20. städt. Wahlkreis Eibenstock, Johanngeorgenstadt, Schwarzenberg, Aue, Neustädte!, Schnee berg wurden nach nunmehr erfolgter amtlicher Feststellung abgegeben für Bochmann (kons.) 1255, I)i. von Wohdt (kons.) 1183, Neu (Soz.) 855 Stimmen. — Schwarzenberg, 21. Oktbr. Da« Ergebniß der Landtagswahl im 42. ländl. Wahlkreis (Schwarzenberg, Jo hanngeorgenstadt, Eibenstock) crgiebt nach nunmehr erfolgter amtlicher Feststellung folgende Zahlen: RostoSkh (kons.) 1847 St., Roßbach (Res.) 306 St., Zeisig (Soz.) 193 St. Ungiltig waren 20 Stimmen. — Dresden. Seit vielen Jahren ist die Pilzcrnte nicht so spärlich gewesen, al« Heuer. Vom Juni bi« Ende August sind in unseren heimischen Wäldern Steinpilze nur sehr vereinzelt gefunden worden und erst im September lieferten der Böhmcrwald sowie die Waldungen Galiziens, Mährens und Obcröstcrroich« einige eßbare Pilze, vorwiegend aber auch nur Gelbchen. Bon Anfang dieses Monats an erst wuchsen auch in Schlesien, sowie namentlich in den umfänglichen Heiden Brandenburgs und dcr Niedcrlausitz auch Steinpilze, so daß die Märkte leidlich beschickt werden konnten. So hat z. B. die Waldproduktenhandlung von Heinrich, hier, vom I. bis 16. d. Mts. täglich 25 bis 30 Körbe zu je 12 und 13 kx zugcschickt bekommen. Seit den ersten 'Nachtfrösten, die Ende voriger Woche eingctreten sind, hat dcr Pilzwuchs wieder aufgchört. — Leipzig, 20. Oktbr. Zur Feier der Schlußstein' legung am Bau des Reichsgerichts treffen Ihre Majestäten der deutsche Kaiser und der König von Sachsen Sonnabend, den 26. d. M., in der zwölften Stunde Vor mittags hier auf dem Dresdener Bahnhofe ein und zwar zunächst l l Uhr 20 Min. mittelst Sonderzuge« von Dresden Sc. Majestät der König. Darauf langt I I Uhr 30 Min. von Berlin über Röderan gleichfalls mittel« SondcrzugcS Sc. Majestät der Kaiser auf dem Bahnhofe an. Hieraus wird unser erlauchter Landesherr den Kaiser aus dem Bahn steige, zu dem sonst 'Niemand Zutritt haben wird, begrüßen und in da« Fürstcnzimmcr geleiten. Es schließt sich hieran die Vorstellung hochgestellter, zu dcr Festfeier geladener Per sonen. Vor deni Bahnhofe, der in weitem Umfange abge sperrt werden muß, besteigen ihre Majestäten den Wagen und nehmen über Bahnhofstraße, AugustuSplatz, Grimmaischc Straße, ThomaSgäßchen, Promenade und Harkortstraßc den Weg nach dem RcichSgcrichtSgebäude, während in anderen Wagen da« Gefolge der Monarchen sich anschlicßt. Da die im Bahnhofe vorgestelltcn Personen, noch vor den, Eintreffen Ihrer Majestäten am Fcstorte, in der großen Kuppelhalle de« Reichsgericht« Ausstellung zu nehmen haben, begeben sich dieselben auf dem 'Nebenwege durch Quer-, Nürnberger- und Roßstraße bereits vor den Allerhöchsten Herrschaften in da« Reichsgericht. Die Kuppelhalle wird eine außerordentlich glänzende Versammlung vereinigen. ES werden erwartet Ver treter der NeichSämtcr, de« BundeSrathS und Reichstags, so wie die höchsten Landesbeamten. Die ReichSgerichlsräthe werden der Feier nicht in der für sie bestehenden Hoftracht, sondern im Richtcrornatc beiwohnen. Der Schlußstein, auf den die Hammerschläge fallen, erhebt sich inmitten der Kuppel halle in der Form eines ftcineren Würfels von etiva I m Höhe. 'Nach Aufnahme dcr die Schlußsteinlegung betreffen den Urkunde soll der Stein künftig eine Statue tragen. Von der Festhalle au« verfügen Ihre Majestäten Allerhöchst sich in den zur Präsidcntcnwohnung gehörigen Prunksaal, um dort der Festtafel beizuwohnen. Die Rückfahrt erfolgt Nachm. 2 Uhr durch Wächter- und Windmühlenstraße zum Bayrischen Bahnhofe. — Die EhrcneScortc beider Majestäten werden zwei Züge CarabinierS und zwei Züge vom 2. königlich säch sischen Husarcn-Regiment Nr. 19 (Königin-Husaren) in Grimma bilden. Vom Bahnhof bis zum Cafe Felsche werden die Regimenter der hiesigen Garnison die Spalicrbildung vor nehmen, von dort bi« zum ReichSgerichtSplatzc die Innungen, Vereine :c. Am Reichsgericht selbst werden die Militär-Ver eine Leipzig« in Stärke von ca. 4000 Mann mit ihren ge- sammlen Fahnen und Bannern Ausstellung nehmen. — Chemnitz. Der am 14. Mai d. I. von der ersten Strafkammer de« hiesigen Königl. Landgerichts wegen gewinn süchtiger Fälschung von Privaturkunden, Rückfallsbetrug« usw. zu 14 Jahren Zuchthaus- und 3700 M. Geld-, bezw. weiterem 1 Jahre Zuchthausstrafe verurthcilte und zur Verbüßung dieser Strafe zur Zeit bereit» in der Strafanstalt Waldheim untergebrachte Stcindrucker Hermann Curt Gianigini au« Eibenstock hatte sich, wie in dem seinerzeitigen Berichte bereit« mit angcdcutct wurde, ain 9. Oktober vor dcr Strafkammer de« Königl. Bayerischen Landgerichts zu Aschaffenburg ander weit wegen Delikten gleicher Art zu verantworten. Er wurde von diesem Gerichte nunmehr zu der höchsten zulässigen Gc- sammtzuchthau«slrase von 15 Jahren vcrurtheilt. lieben dieser Strafe hat er außerdem eine an Stelle von 4600 M. er kannte Geldstrafe tretende weitere Zuchthausstrafe von l Jahre und 60 Tagen zu verbüßen. — Kirchberg, 22. Oktober. In der Nacht vom letz ten Sonntag zum Montag brach in dcr bei dcr Papiermühle gelegenen Scheune de« Gutsbesitzer« Schramm im nahen Hartmannsdorf Feuer au« und legte dieselbe sowie auch die Nachbarlcheunc de« Gutsbesitzers Hochmuth vollständig in Asche. Da« später vom Feuer ergriffene Wohnhaus Schramm brannte bis auf die Umfassungsmauern nieder. Die in den Scheunen aufgespcichertcn Erntcvorräthe der beiden Gutsbe sitzer wurden sämmtlich vernichtet. Da« Mobiliar Schramm s konnte ganz gerettet werden. Vom Vieh sind einige Hühner mit verbrannt. Neber die Entstehung« ursackc de« Feuer« weiß man noch nicht«; jedenfalls liegt Brandstiftung vor. Die Hartmannsdorfer Feuerwehr hatte denselben Nachmittag ge rade ihre Hauptprobe abgehalten. — Plauen. Im »Schützenhose" fand am Sonnabend Abend eine Versammlung der Schifschenstickmaschi- ncnbesitzer statt, in welcher die Gründung eines Bunde« der Schifschenstickmaschinenbesitzer einstimmig beschlossen wurde. Zur Ausarbeitung der BundeSsatzungen wurde ein sieben- glicdrigcr Ausschuß gewählt. Die Nothwendigkeit eine« engen Zusammenschlusses der Schiffchenstickmaschinenbesitzer ergiebt sich au« mehrfachen Umständen, in erster Linie soll erstrebt werden, die gesunkenen Sticklöhnc auf eine derartige Höhe zu bringen, daß ein Besitzer v»n Slickmaschinen, dcr ja ein große« Kapital für den Betrieb zu vcrwerthen hat, wenigsten« auS- kommen kann. Al« unterste Grenze de« Lohnsatzes wurden 40 Ps. für daS Tausend Stiche bezeichnet. Um den andauern den Mehrforderungen de« weiblichen Hilfspersonals (Fädler innen, Auspasserinnen) ein Ziel zu setzen, soll eine einheitliche Lohnstaffel aufgestellt werden. Ein Umstand, dein die Schiff- chenstickmaschincnbcsitzer besonders Rechnung tragen müssen, ist die Vertheucrung des Stickgarnes: seit einem halben Jahre hat sich dcr Preis des Stickgarn« um 20 Pfennige für das Pfund erhöht. Anwesend waren 84 Besitzer mit 304 Maschinen. Al« Vertreter de« Fabrikantcnverein« wohnte der Versammlung der Assistent der Handels- und Gewerbe kammer Herr IN. Dittrich bei. — Aus dem Vogtlande, 20. Oktober. Seitdem die Flachspreise gestiegen sind, haben sich auch im Vogtlande wie der zahlreiche Landleute dem Anbau de« Flachses zuge- wcndet. Bei der letzten im Vvgtlandc aufgenommenen Boden statistik wurden im Bezirke dcr Königl. AmtShauptmannschast OelSnitz 64,1-, Im, im Bezirk Plauen 72,»v liu mit Flachs bebaute Fläche festgcstellt. Die Einfuhr von Flach«, den in dcr Hauptsache Rußland liefert, ist denn auch erfreulicherweise stark zurückgegangen; sic bctrug 1884 65,185 Tonnen im Werthe von 34 Mill. M., 1894 wurden nur 54,494 Tonnen im Werthe von etwa 30 Mill. M. cingeführt. — Seit dem Jahre 1886 sind hier Versuche angestellt worden, die im Vogt lande häufig vorkommenden Ebereschen (Snryiis) zu ver edeln. Die Frucht der Edeleberesche giebt ein äußerst wohl schmeckende«, die Prcißelbecrc fast noch übertreffende« Kompot, und c« wurden Heuer z. B. in Markneukirchen Trauben im Gewichte von 200 und darüber geerntet. Während dort Organist Hcllriegel für die Ausbreitung der süßen Eberesche thätig ist, beschäftigt sich in Tobertitz bei Plauen dcr Rentier Gottsmann mit der Zucht derartig veredelter Bäume, die aus Wunsch nach allen Gegenden und dieser Tage auch nach Großröhrsdorf (Lausitz) gesandt wurden. Au» vergangener Zeit — sür unsere Zett. Vor 25 Jahren. (Nachdruck verboten). Dresden, 24. Oktober 1870. Mit der Babn kamen heute 6000 Mann Linie, Landwehr, Ersatzartillerie und Festungspioniere, welche aus Schlesien kamen, hier durch. Dieselben wurden nach Kehl und Nanteuil befördert Wien, 24. Oktober 1870. Die heutige halbamtliche „Wiener Abendpost" bringt aus Tours nachstehendes Telegramm: Die Regier« ungsdelegation hat die englischen Vorschläge wegen eines Waffenstill' dem Grafen* v. Bismank einzutreten. M der Spitze der in Tours stehenden Truppen zieht eine moderne „Jungfrau von Orleans" einher; sie ist in einen schwarzen Kaftan gekleidet und trägt eine Fahne, welche das Bild der Mutter Maria mit dem Jesuskinde zeigt. Frankfurt a. M., 24 Oktober 1870. Aus Weißenburg wird der „Frls. Ztg." geschrieben: An das Bürgermeisteramt der Stadt Weißen« bürg ist folgende Ordre des bayrischen Etappen-Kommandos ergangen , gemacht, daß von jetzt ab auf jedem Bahnzuge, welcher von hier in das Innere des Landes abgeht, angesehene Einwohner auf der Lokomotive mitzuführen sind. Es wird diese Maßregel durch die häufig vorkommen den Beschädigungen der Eisenbahnlinien nothwendig gemacht und allen Einwohnern zur Kenntniß gebracht, damit dieselben erfahren, daß ihre eigenen Lanosleute durch Entgleisung von Eisenbahnzügen zunächst be troffen werden. Weißenburg. 21. Oktober 1870. Das kgl. bayr. Etappen kommando. Scheidlin, Major. — Durch ebensolche Maßregeln mußten auch die deutschen Feldposten gegen die Angriffe der Freischützen sicher gestellt werden. Brüssel, 24. Oktober 1870. Die letzten Journale aus Tours enthalten folgende Notizen: Der an der Spitze des Armeewesens als Gambettas Kriegssekretär gestellte Ingenieur Freycinet hat seine Amts wirksamkeit damit begonnen, die Generalstabskarte von Frankreich photo graphieren zu lassen, um damit sämmtliche Offiziere der französischen Armee zu versehen. Ironisch fügen einige Journale dieser Meldung bei. „So werden denn künftighin unsere Landeskinder fast ebenso genau das Kriegsterrain kennen, wie die preußischen Offiziere." Berlin, 25. Oktober 1870. Die „Nordd. Allg. Ztg." sagt über die neuerdings von England aus betriebenen Versuche zur Herbeiführung eines Waffenstillstandes zwischen Frankreich und Deutschland: Der erste Eindruck über diese Versuche in den Kreisen der Hauptstadt war der eines gewissen Mißbehagens, hervorgerufen durch den Gedanken, daß die Einmischung des Auslandes zum mindesten sehr überflüssig sei in einem Augenblick, wo wir das Schwerste überwinden und wo die Früchte der blutigen und mühevollen Anstrengungen unserer Armee in den letzten sieben Wochen, Metz und Paris, uns zufallen müssen. Mag man sich indessen beruhigen. König Wilhelm, seine Minister und seine Heerführer wissen den Werth des vergossenen Blutes und der Anstrengungen der Armee und des Landes sicherlich zu würdigen und wo das Schwert und die Feder so einträchtig zusammenwirken, wie in diesem Kriege, wird die eine dem anderen sicherlich nicht hinderlich sein! Karlsruhe, 25. Oktober 1870. In den letzten Tagen sind zahl reiche Ersatzmannschaften aus Bayern «darunter Artillerie) und Württem berg durch Karlsruhe auf den Kriegsschauplatz gegangen, Alles und Alle in vortrefflicher Ordnung. Auch preußische Truppen sind bereits einge- troffen und werden weitere erwartet und zwar von der unter General von Löwenfeld bei Glogau zusammengezogenen Reservearmee, und wie cs scheint, zur Verstärkung des im Oberelsaß operirenden KorpS be stimmt. Versailles, 25. Oktober 1870. In Versailles sind augenblick lich Minister fast sämmtlicher deutscher Staaten zu Berathungen über den Frieden und die deutsche Verfassungsfrage versammelt. 71. Depesche vom Kriegsschauplatz. Kinzheim, den 24. Oktober. Schlettstadt heute kapitulirt. 2400 Gefangene gemacht, 120 Geschütze genommen. v. Schmeling. Der Besitz Schlettstadts ist deshalb von großer Wichtigkeit, weil es die Eisenbahn nach Lunedille und Nancy beherrscht. 72. Depesche. Versailles, den 25. Oktober. General v. Werder warf den 22. die aus 2 Divisionen bestehende sogenannte Ost-Armee unter General EambrielS, welche sich bei Rwz und Etuz stellte, in hitzigem Gefechte über den Oianon und auS Auxor-Deffu- gegen Blisan^on zurück. Dies seits im Gefechte: Brigade Degenfeld, Truppen der Brigade Prinz Wilhelm und Keller, und 2 Bataillone Regiment- Nr. 30. Unser Ver lust 3 Offiziere, etwa 100 Mann. Der Feind hatte bedeutendere Ver- luste, dabei 2 Stabsoffiziere, 13 Offiziere, 180 Mann Gefangene und zog sich in der größten Unordnung zurück, v. Podbielski. Im ^atrizieryause. Novelle von v. Borgstede. (8. Fortsetzung.) »ES kommt Jemand," sagte Elisabeth plötzlich, „wer kann e« sein, liebe Felicita«? Du sagtest mir ja nicht, daß Du Besuch erwartest!" „Ich erwarte Niemand, Beffy, gewiß nicht; wird Arwed sein." „Aber Elisabeth war tvdtenbleich mit einem lauten Schrei emporgesahren und wollte fliehen, sank aber kraftlos in ihren Sitz zurück. Der blasse Mann aber in der Thür warf seinen ver hüllenden Mantel ab und stürzte, vorwärts eilend, vor ihr nieder. „Elisabeth," seine Stimme klang ganz erstickt vor Be wegung, „Elisabeth, Du mußt mich hören, die« eine Mal noch; Du mußt mich hören und verzeihen! Wenn Du mich wirklich geliebt hast, wenn ich wirklich Dein Glück, Deine Hoffnung war, sage ein Wort nur, ein Wort, daß Du mir vergiebst. Wenn e« Dir Sühne sein kann, so wisse, daß Julie mein Dasein vergiftet, daß jeder Tag an ihrer Seite eine Qual ist." Sein Haupt sank auf ihre Kniee, sein ganzer Körper bebte, und Elisabeth hob mir einem unbeschreiblichen Aus druck die Augen zum Himmel auf. So mag die heilige Cäcilie mitten in ihrem Martyrium geblickt und gelächelt haben. War e« denn nicht genug, daß sie den Geliebten ver loren hatte, mußte sie nun auch noch die Schmerzen diese« Wiedersehen« erdulden? Uud sie liebte ihn noch, trotz seine« JrrthumS, seiner Schuld, würde ihn immer lieben, ihr leben lang. Seine Verzweiflung erschütterte sie tief. Glühende Thrä- ncn fielen aus ihren Augen auf sein blonde« Haupt, und sanft legte sie die weiße Hand auf dasselbe. „Elisabeth," bat er wieder, „ein Wort nur, Elisabeth, ich beschwöre Dich." „Ja, ja, ich verzeihe Dir, sagte da« Mädchen leise, „alle«, alle«, all' Deine Schuld, Alwin! Sei glücklich — ohne mich!" „Ohne Dich," wiederholte der Mann, wie im Traum; „da« kann nicht sein, das geschieht nie! Aber ohne Deine Vergebung konnte ich nicht nach Rom abreifen, ich wäre wahn sinnig geworden, Elisabeth." Dann schwiegen beide, und Felicita« ging hastig in den Salon; denn Sie hatte von dort her Schritte veniommen. Die schmale Gestalt ibrc« Schwiegervater« trat ihr unter dem Brokatvorhange entgegen und begrüßte sie. „Welche seltene Ehre, Papa; nehmen Sie, bitte, Platz!" bat Felicita«, auf einen Sessel deutend. Der Handelsherr stand unschlüssig da, dann antwortete er: „Lassen Sie uns zu Ihrem Besucher gehen, Frau Toch ter!" dabei traf ein stechender Blick seiner scharfen Augen die junge Frau. „Ich verstehe Sic nicht, Papa!" sagte Felicita« schnell gefaßt; der harte Herr durste um keinen Preis jetzt eine Szene machen. „Von welchem Besucher sprechen Sie?" „Ah, — Sic verstehen mich nicht, Frau Tochter?" fragte Herr Christian spöttisch, einen Schritt näher tretend. „Ich meine den Herrn, dcr vorhin die Treppe hinaus stieg." „Er kain wahrscheinlich zu Arwed." „Nicht doch, Frau Tochter, mein Sohn ist nicht zu Hause, er ist mit seinen Freunden auSgerittcn, und Fräulein Eber dorf sah den Herrn bei Ihnen cintrcten." „Bei mir, bester Papa? Da hat Fräulein Wanda sich getäuscht," leugnete Felicita« keck, obgleich ihr Herz heftig und angstvoll schlug, und ihre Wangen brannten. „Sie gestatten wohl, daß ich an Ihren Worten zweifle," klang die harte Stimme des alten Herrn, „Ihr Aussehen paßt wenig zu Ihren Worten, Frau Tochter! Der beste Be weis für die Wahrheit Ihrer Aussage ist indessen, wenn Sie mich Ihr Wohnzimmer betreten lassen, und ich e« leer finde," und dabei näherte sich Herr Christian dcr Thür. Aber Fe licitas vertrat ihm den Weg. „Ich muß Sie bitten, Papa, sich mit dem Salon zu be gnügen; ich kann erwarten, daß Ihnen mein Wort genug ist," sagte sic stolz, ihn fest anblickend. „So werde ich warten, bis Arwed kommt," entgegnete Herr Christian, sich in einen Sessel werferd, „um ihm mitzu- theilcn wie man seine Abwesenheit benutzt, und um ihn auf- zusordern, seine Autorität zu wahren und Sie zu zwingen, ihm den Namen Ihres Gaste« zu nennen." „Regen Sie sich nicht auf, Papa!" bat die junge Frau, neben der Thür stehen bleibend. „Arwed dürste etwa« spät zurückkchrcn." „Möglich; aber ich werde ihn dennoch erwarten." „Ganz, wie Sie wollen, Papa." Dann saßen sic sich schweigend gegenüber, und nur da« Ticken dcr vergoldeten Standuhr wurde laut, während Elisa beth im Nebenzimmer Alwin« Hand ergriff und ihn durch die Tapetenthür hinauSzog. Draußen preßte er beide Hände de« Mädchen« leidenschaftlich an seine Lippen. „Bete sür mich!" flehte er weich, Elisabeth, meine Eli sabeth!" „Geh', Alwin, geh' — sei glücklich." Dann hüllte er sich in seinen Mantel und eilte die Treppe hinab und zum Hause hinaus. Um Mitternach erst kehrtx Arwed heim, noch immer die Maiglöckchen vor dcr Brust. Herr Christian trat ihm ent gegen und führte den Ueberraschten in Felicitas' Zimmer. „Ich muß Dich bitten, Arwed, Deine Frau zu ersuchen, Dir den Namen de« Herrn zu nennen, welcher Ihr heute Abend einen Besuch abgestattct hat; c» scheint mir doch nicht passend, zu so später Zeit Personen zu empfangen, deren Namen man nicht nennen kann." Arwed warf einen fragenden Blick auf sein Weib, sein Antlitz war sehr blaß, seine Lippen zuckten. „Felicita« — können Sic mir wirklich den Namen Ihre« Gaste« nicht sagen?" fragte er ungemein milde. „Arwed," sic ergriff flehend mit ihren beiden Händen seine Rechte, „Ihnen will ich ja alle«, alle« sagen! Denken Sie nicht« Schlechte« von mir, ich bitte Sie." „Da« heißt also, ich bin bei dieser Auseinandersetzung überflüssig," unterbrach Herr Christian seine Schwiegertochter rauh; „nun, ich gehe; aber morgen werde ich Dich um eine Erklärung bitten, Arwed; denn Du wirst hoffentlich noch nicht vergessen haben, mein Sohn, wa« Du unserem alten Hause schuldig bist."
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