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Amts- und Anzeigeblatt für den Bezirk des Amtsgerichts Eibenstock und dessen Umgebung : 22.10.1895
- Erscheinungsdatum
- 1895-10-22
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id426614763-189510223
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id426614763-18951022
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-426614763-18951022
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Amts- und Anzeigeblatt für den Bezirk des Amtsgerichts ...
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Jahr
1895
-
Monat
1895-10
- Tag 1895-10-22
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Monat
1895-10
-
Jahr
1895
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instan; kürzlich eine Rechtsanschauung zum Ausdruck ge bracht, die wehl forme» begründet sein mag, aber dem RechiS- gesühle de« Bolle« zweifellos nicht entspricht. Der Fall ist solgendcr: Ein Privatsbrsler sollte sich gegen da« Gesetz be- tresscnd lie Schonzeit de« Wilde« dem 26, Februar >870 dadurch vergangen habe», daß er einen Kitzbock zur Schon zeit schoß, der sich in einer Falle gefangen, erheblich verletzt und ein Bein gebrochen hatte. Die Strafkammer sprach den «»geklagten Förster frei, da letzterer dem Kitzbock ofsenbar nur des halb einen Fangschuß gegeben habe, um da» Thier von seinen Qualen zu erlösen. Gegen diese Entscheidung hatte die StaatS- anwaltschast erfolgreich Revision eingelegt. Da« Kammerge richt erklärte am 17. d. die Revision für begründet und führte au«, daß auch die Tödtung eine« Wilde« au« Mitleid zur Schonzeit strafbar sei. Der Eindruck, den ein solche« Urtheil im Nolkc macht, ist gewiß kein günstiger und alle juristischen Beweisführungen werden nicht darüber hinauShelsen daß im vorliegenden Fall dieser Spruch von Richtjuristcn al« wider sinnig empfunden wird. — Al« vor einigen Jahren der seltsame Fall Aufsehen erregte, daß ein in Preußen regelrecht vermähltes Ehepaar in Bayern deswegen al« legitim verbunden nicht angesehen werden konnte, weil die bayerische JndigenatSgesetzgeb- ung hindernd im Wege stand, wurde der Rus nach einer Acnderung der letzteren allgemein laut. Bayern besitzt in seinem HeimathS- u. UnterstützungSwohnsitzgesetz ein Sonderrecht, wel che« aufzugeben e« bis dahin abgclchnt hatte. Neuerdings hat die bayerische Regierung sich wenigsten« dazu entschlossen, durch Vorlegung eine« Gesetzes, welches derartige Anomalien in Zukunft verhindern soll, dem bestehenden Bedürsniß entgcgen- zukommen. Eine jüngst vom bayerischen Minister de« Innern, Frhrn. v. Feilitzsch, in dieser Beziehung in der Abgeordnetenkam mer gemachte Ankündigung läßt über da« Bcvorstehen einer ent sprechenden Gesetzesvorlage keinen Zweifel mehr übrig; nur steht zu befürchten, daß sic an der Opposition der Ersten Kammer scheitern wird. — München. Die von König Ludwig I. zum Ge- dächtniß der Schlacht bei Leipzig am 18. Oktober 1813 gestiftete Armenspeisung findet am Sonnabend, den >0. Oktober (da am 18. Oktober Fasttag ist) im Gartensaal der Residenz in Würzburg statt. Da« Essen, bei welchem die Musik des König!. 9. Infanterie-Regiment« spielen wird, besteht au« Suppe, Schweinefleisch mit Kraut und Kartoffelpüree nebst Brod und einem Krug Hoskelleiwcin. Die Armen dürfen die Eß- und Trinkgcschirrc mitnehmen. — Kempten, 17. Oktober. Ein großer Diebstahl ist hier in der 'Nacht zu heute verübt worden. Der Dieb, der mit den räumlichen Verhältnissen auf dem Bahnhof vertraut gewesen sein muß, entwendete eine Wcrthkiste mit 6300 Mark Postkassengeldcr in Gold- und Silbcrmünzcn. Da der Diebstahl nicht sofort bemerkt wurde, gelang e« dem Diebe, die Kiste mit dem nächsten Zuge mitzunehmen. In der 'Nähe von Kempten ist derselbe dann auSgestiegcn und hat die Kiste ihre« werthvollcn Inhalt» beraubt; sic wurde zer trümmert aufgefunden. — In Württemberg ist es Sitte, der DankcSpflicht gegen die Invaliden des großen Krieges und ihre Hinter bliebenen durch ein allgemeine« Kirchenopfcr zu genügen. Aus einem Eingesandt im „Schwab. Merkur" geht nun her vor, daß die Höhe der Gaben bei den einzelnen Konfessionen sehr ungleich ist. Im Jahre 1885 z. B. opferten die evan gelischen Gemeinden für die Invaliden »281 Mk., die katho lischen 1444 Mk., die jüdischen 78 Mk. Berücksichtigt man, daß in Württemberg auf 1000 Einwohner 600 Evangelische, 300 Katholische und 10 Israeliten kommen, so liegt die Un gleichheit der Spenden klar zu Tage: die Evangelischen spen den fast doppelt soviel al« die Juden und fast dreimal soviel al« die Katholiken. Ein Zufall ist da« ganz gewiß nicht. — Oesterreich-Ungarn. Zu den Agramcr Un ruhen wird gemeldet: Infolge de« Beschlüsse« der Studenten versammlung, Laß diejenigen, die am Mittwoch an der Ver brennung der ungarischen Fahne thcilgenommen haben, sich den Gerichten stellen sollten, meldeten sich bei der Polizei gegen 100 Studenten, von denen ein großer Theil in Haft behalten wurde. — Amerika. Nachdem in den Ver. Staaten die Wahr nehmung gemacht worden, daß die Frauen immer häufiger von ihren Männern geprügelt werden, hat sich eine Geschworenen-Körpcrschaft in Washington dafür ausgesprochen, daß diese« Vergehen auch mit der Prügelstrafe geahndet werde. Der Richter trat dem bei und erklärte sich bereit, den Wunsch der Geschworenen auf dem Instanzenwege weiter zu geben, sodaß dem Bundeskongreß wahrscheinlich eine Gesetzes vorlage zu diesem Zweck zugehcn wird. Locale und sächsische Nachrichten. — Eibenstock. Vom 1. November ab ist der bisherige Vorstand des König!. Hauptstcucramte« Plauen Obcrsteuer- inspeklor Wclckcr unter Ernennung zum Obcrzollinspektor und Vorstand des dortigen König!. Hauptzollamtes nach Leip zig versetzt, zu seinem Nachfolger aber Oberzollinspcktor IN. Richter hierselbst ernannt worden. — Hundshübel. (Verspätet.) Von 185 Wahlbe rechtigten von hier, Muldenhammer und NcidhardtSthal er schienen 85 an der Wahlurne und c» gaben 66 ihre Stimme Herrn Commerzicnrath RostoSky und 17 Herrn Kaufmann Zeisig, während 2 Stimmzettel ungiltig waren. Trotz der von der deutschsocialcn Reformpartei vcrg. Montag allhier veranstalteten Wählcrversammlung, in welcher Herr Reichstags abgeordneter Bindcwald sprach, fiel auf den Candidatcn dieser Partei keine einzige Stimme. Schuld daran trägt offenbar der ganze Verlauf jener Versammlung, welche nach mehrfachen Ausschließungen infolge großer Unruhe und Entrüstung schließ lich selbst aufgelöst werden mußte. Da der Wahlakt vorüber, kann dieser sachgemäß gehaltene Versammlungsbericht unmög lich „Die Deutschsocialcn in letzter Stunde noch vor den Kops stoßen", wie die Redaction eine« Blatte«, welche die Aufnahme diese« Berichte« verweigerte, dem Schreiber diese» zu erkennen gab. — Auerbach. Zur gleichen Zeit, al« in Plauen die erste vogtländische Kaninchen-Ausstellung stattfand, wurde in Auerbach die vom laNdwirthschaftlichen Kici«verein veranstal tete erste vogtländische Ziegen-Schau eröffnet. Mehr al« vierzig Stück schöne, rassereine Ziegen und Böcke, sowie auch Ziegenlämmer gelangten zur Vorführung, und e« zeigte sich, daß die Aucrbacher Zicgen-Zuchl-Genosscnschast in der kurzen Zeit ihre« Bestehen» hervorhebcnSwerthe Erfolge erzielt hat. Da« königlicbc Ministerium de« Innern begünstigt die ratio nelle Ziegenzucht im Vogtland« soviel al« möglich, und c« gelangten in Auerbach an die Besitzer der ausgestellten Ziegen werthvolle Preise zur Vertheilung. — Dresden. Bei den am Donnerstag stattgesundenen 27 Wahlen zum sächsischen Landtag wurden 22 Mit glieder der Kartcllparleien und fünf Sozialisten gewählt. Von den ersteren gehöre» 15 der konservativen, fünf der na- lionalliberalen Partei und zwei der Partei der „Kammersort- schriltler" an. Die Konservativen gewinnen somit einen Sitz, die Nationalliberalen zwei Sitze; die „Kammer-Fortschrittler" verlieren einen Sitz; die Kartellparteien gewinnen also zwei Sitze. Die Sozialdemokraten haben einen Sitz verloren, aber Dresden III erobert, sodaß sie ihren Besitzstand behalten. Charakteristisch ist, daß die deutsch-soziale Resormpartci, die den Konservativen in 12 Wahlkreisen einen eigenen Kandi daten entgegengkstcllt hatte, eine vollständige 'Niederlage erlitt. Auch der Deutsch-Freisinn hat abermals einen beträchtlichen Rückgang seiner Stimmen zu verzeichnen: die Freisinnigen haben ihre beiden einzigen Sitze verloren. Der dritte Dres dener Wahlkreis wäre nicht an die Sozialdemokraten verloren gegangen, wenn die Antisemiten auf einen eigenen Kandidaten verzichtet und für den Kartellkandidaten gestimmt hätten. Der Kartellkandidat erhielt, wie mitgctheilt, 1488 und der Anti semit »01 Stimmen, während der Sozialdemokrat 1904 Stim men aus sich vereinigte. Da ein Kandidat gewählt ist, wenn er eine Stimme mehr al« ein Drittel aller abgegebenen Stimmen erhält, so würde bei einem Zusammengehen der Reformer mit den Kartellparteicn der Sieg der Sozialdemo kraten in Dresden III unmöglich gemacht worden sein. Ebenso oder doch ganz ähnlich liegen die Dinge in Chemnitz Land. Hier unterlagen der Konservative Otto mit 1195 und der Reformer Beyer mit 882 Stimmen den 1817 Stimmen de« Sozialisten Hoffmann, obwohl sie gemeinsam über eine Mehr heit von mehr al« 250 Stimmen verfügt hätten. Auch in anderen Wahlkreisen ist durch das Verhalten der Reformpartei der Kampf der OrdnungSparteicn gegen die Sozialdemokratie sehr erschwert worden. Nach de» bis jetzt vorliegenden Ziffern wurden für die konservative Partei 32,274, für die Sozial demokraten 29,785 für die Reformer 11,072, für die Fort schrittspartei 3652, für die nationalliberale i 1,530 und für die dcutschfreisinnigc Partei 2196 Stimmen abgegeben. Die sächsische Kammer setzt sich nunmehr zusammen au« 45 Kon servativen, 17 Nationalliberalen, 6 Fortschrittlern, 2 Deutsch- fozialen und 14 Sozialdemokraten. — Leipzig, 19. Oktober. Den Freunden des Rad- fahrcrsport« wird die Nachricht willkommen sein, daß sich im Westen der Stadt in aller Stille eine Gesellschaft zur Errichtung der Firma „Saxonia, allgemeine Radfahrer-Ver sicherungs-Aktiengesellschaft zu Leipzig" gebildet hat, die den Zweck verfolgt, die Besitzer der Fahrräder gegen Verlust und Diebstahl zu versichern. Die Garantiesumme beträgt vorläufig 75,000 M„ die Versicherungsprämie I'/, Prozent. Die Ge sellschaft steht unter Leitung erfahrener BersicherungSbeamtcn und Radfahrer. — In den letzten Tagen sind auch in mehreren säch sischen Städten, so in Dresden, Leipzig, Chemnitz, Frei berg, Annaberg, falsche Fünfmarkscheine angchalten worden. Die Scheine sind ziemlich gnt nachgeahmt, können aber leicht dadurch als falsche erkannt werden, daß die auf der Vorderseite am unteren Rand befindliche Strafbestimm ung verwischt und undeutlich ist und insbesondere die erste Zeile weiter von der zweiten absteht, als die zweite von der dritten. Außerdem aber ist da« Gesicht de« Ritter« schlecht ausgeführt und nam-mtlich die Kinn- und Halspartie nicht gut gelungen. Auf der Rückseite ist dagegen der Stempel der Reichsschuldenverwaltung deutlicher al« auf den echten Scheinen zu erkennen. Die« bewirkt vornehmlich der Um stand, daß weniger zahlreiche Faserchen vorhanden sind und die vorhandenen nicht in da« Papier eingewirkt, sonvern nur auf der Oberfläche angebracht sind. Auch ist da» Roth der Rückseite überhaupt mehr carmoisin- als zicgelfarbig. Schließ lich sind die Falschscheine sowohl in der Breite al« in der Länge etwa ein bi« 2 mm schmäler. Al« Verausgeber der Falschstücke sind in Annaberg zwei unbekannte ManneSper- sonen ermittelt worden, die in dortigen Geschäften kleinere Einkäufe, wie z. B. einige Zigarren oder Fett, gemacht und die Falsifikate al» Zahlungsmittel in den Handel gebracht haben. Nach den beiden ManneSpersoncn wird gefahndet. — Eine Reichspostkarte, welche neun Jahre acht Mcnate und eine Woche umherirrte, ist gewiß eine postalische Seltenheit. Dieselbe trägt auf ihrer veralteten violetten Fünfpfennig-Marke den AbgangSstcmpel „Dipoldiswalde 4./2. 86. 2-3 Uhr Nachm." Die Adresse lautet: „Herrn Brucks, Fabrik, Laubegast". Da« Unikum durchkreuzte nun, ohne sein Ziel zu erreichen, bis zum 11. Oktober 1895 alle Eiscnbahn- und Postwege, bis sie am genannten Tage Morgens in Laube gast cintraf. Der Adressat, inzwischen nach Dresden ver zogen, erhielt da« ruhelose Schriftstück erst am vergangenen Freitag, um eS nach so unstetem Wandern von seinem Ahas- verusschicksal zu erlösen. Amtliche AUttheilung ans der Sitzung des Stadtrathes ;« Eibenstock, vom 14. Oktober 1895. Anwesend: 5 RathSmitglieber. Vorsitzender: Herr Bür germeister Or. Körner. 1) Für die Einrichtung der Wasserleitung und eines Bade« im Krankenhause werden die erforderlichen Mittel ver- willigt. Ueber die Wahl des Badeofens wird Entschließ ung Vorbehalten. 2) Für die Einrichtung der Wasserleitung im Rathhause einschließlich des Waschhauses und der Pissoirspülung so wie eines Bades und einer Wasserwärmstellc werden die erforderlichen Mittel unter der Bedingung verwilligt, daß Busch die Herstellungskosten für die Badeeinrichtung und die Wasserwärmstelle mit 12'/, verzinst, auch den Wasserverbrauch nach Wassermesser bezahlt. 3) Der FeuerlöschauSschuß soll darüber gutachtlich gehört werden, ob da« Berhältniß mit der Grüncr-Grabenver- waltung auch nach Inbetriebsetzung des Wasserwerk» auf recht erhalten werden soll. 4) Man nimmt Kenntniß ». von dem Bericht über den Stand de» Bergbegnadig ungsfond», d. von den Kasscnübersichten der Stadt- und Sparkaffe auf den Monat September. 5) E» sollen 20 Stück GaSacticn angekaust werden, die Mittel hierzu von 1500 Mark werden verwilligt. 6) Herr Stadtrath Brandt scheidet mit Ende dss. I». al« solcher au« dem Ralh-collegium au«. Wegen Vornahme der Ersatzwahl sollen die Akten dem Stadtverordneten collegium mitgctheilt werden. 7) Die Rechnung über Verwendung der ersten Anleihe soll den Stadtverordneten zur Prüfung und ev. Richtigsprech- ung mitgetheilt werden. 8) Bevor dem :c. Oietel Baugenehmigung ertheilt wird, soll vorerst über Fortsetzung der unteren Crottenseestraße Entschließung gefaßt und der Bauausschuß gutachtlich gehört werden. 9) Mit Rücksicht auf die neueingerichteten Feuerständer soll bei der Kgl. BrandversicherungSkammer um Erhöhung der Beiträge zur Feuerlöschkasse nachgesucht werden. Außerdem kommen noch >3 innere VerwaltungSangelegen- heitcn zum Vortrag und zur Beschlußfassung, die de« allge meinen Interesse« entbehren bez. zur Veröffentlichung nicht geeignet sind. «us vergangener Zeit — für unsere Zett. Vor 2b Jahren. (Nachdruck verboten). Berlin, 22. Oktober 1870. Wieder kommen aus Petersburg, Wien und London Nachrichten, daß die dasigen Regierungen allerlei Anstrengungen machen, die Deutschen um die Früchte des unS frevel- haft aufgedrängten und bisher zwar siegreichen, aber entsetzlich blutigen Krieges zu bringen. Man weiß jetzt, daß der Kaiser von Rußland seit der Sedaner Katastrophe schon zweimal an den Bundesfeldherrn Feldjäger gesendet und in den von diesen übergebenen Depeschen die bestimmte Erwartung ausgesprochen hat, Deutschland werde Frank reichs Umfang nicht verkleinern und den Krieg nicht bis zu dessen Ver nichtung ausdehnen wollen. Und die „TimeS" entblödet sich nicht aus- zusprecken, Deutschland werde sich mit einer Geldentschädigung und mit der Schleifung der elsässischen und lothringischen Festungen begnügen; ja dieses Blatt, dessen Ausführungen als Meinungsausdruck der maß gebenden Persönlichkeiten Englands von besonderer Bedeutung sind, untersteht sich sogar, Deutschland »uzumuthen, dasselbe solle sich dem Ausspruche der Neutralen unterwerfen und sich von diesen den ferneren Frieden zwischen ihm und Frankreich garantiren lassen. Berlin, 22. Oktober 1870. Hierher gelangten positiven Nach richten zufolge ist die Aufstellung der Belagerungsgeschütze um Paris herum nunmehr so vollständig zum Abschluß gekommen, daß man Mon tag, den 24. Oktober als Anfangstermin der Beschießung bestimmt ins Auge gefaßt bezeichne. Brüssel, 22. Oktober 1870. Wie aus Lyon gemeldet wird, tröstet man sich dort mit der „heroischen" Haltung von Paris und labt sich an der Nachricht von einer „Schlacht am 16. unter den Mauern von Paris", in welcher 3000 Preußen getödtet seien. — Diese 3000 todten Preußen fangen bereits an, eine stehende Ziffer für jede Gefechtsnachricht zu werden, die in TourS bekannt oder erfunden wird. Die in Brüssel eintreffenden Zeitungen aus Tours und Poi tiers enthalten stets in riesigen Buchstaben die Ankündigung: Großer Sieg vor Paris! Brüssel, 22. Oktober 1870. Die „Jndependance" stellt an die Spitze ihrer am 21. erschienenen Extraausgabe folgenden verbürgten Londoner Expreßbericht: Es haben direkte Friedensunterhandlungen Bismarck^den Einmarsch der Deutschen i«? Paris als Garanti/ für die Erfüllung der Vertragsstipulationen. General Trochu wagte nicht, an gesichts der Haltung des Pariser Volkes den Vertrag unter dieser Be dingung zu unterzeichnen. — Bazaine, der als Marschall Frankreichs unterhandelte, wird in den nächsten Tagen in Metz wohl kapituliren müssen, zu Bedingungen, die unbekannt sind. Eßbares solls in Metz nicht viel mehr geben. Jede Batterie der Metzer Feldartillerie soll von ihren 8 Geschützen nur noch deren 2 bespannt haben; die übrigen können nicht mehr transportirt werden. Schwerin, 23. Oktober 1870. Der Kaiser von Rußland hat an den Grobherzog von Mecklenburg nach Rheims unterm 21. folgende- Telegramm gerichtet: „Ich bitte Dich das Kreuz des St. Georgsordens III. Klasse anzunehmen, das Du so wohl verdient hast. Gott gebe, daß der Krieg durch einen dauernden Frieden bald beendigt werde. Kaiserslautern, 23. Oktober. Es ist auffällig, daß sämmt- liche Militär-Lieferungsverträge, welche kontraktlichen Bestimmungen ge mäß bis zum 20. d. M. erneuert werden müßten, nicht erneuert worden sind. Es deutet dies darauf hin, daß entweder die Verpflegung der Truppen nur noch im Wege der Requisition im Feindesland erfolgen wird, oder daß man sich im Hauptquartier mit ernstlichen Friedensge» Vor Metz, 23. Oktober 1870. An Erscheinungen, welche einer Krisis vorangehen, hat es in den letzten Tagen nicht gefehlt. So sind am 19. zu den deutschen Vorposten aus Metz Glockentöne und laute Rufe gedrungen. Unsere Observatorien haben eigenthümliche Vorgänge und Bewegungen im feindlichen Lager wahrgenommen, welche als un zweideutige Vorzeichen einer beginnenden Auflösung betrachtet werden können. Die Mannschaften sind mehrfach zu Hunderten, in unregel mäßigen Gruppen und anscheinend ohne Waffen, zusammengetreten. — Nach der „Metzer Zeitung" vom 8., welche in die Hände eines Zeitungs berichterstatters bei der Cernirungsarmee gekommen ist, wird im In teresse der Verlängerung der Vertheidigung des Platzes daselbst nur noch eine Sorte Brod gebacken, aus Korn und Kleie. Von diesem Brod kostet das Klgr. 40 Cts. Jeder Bäcker erhält vom 18. an täglich die jenige Quantität Mehl, welche ihm nach Berhältniß der Bevölkerung, die er mit Brod zu versorgen hat, zugetheilt ist. Die tägliche Portion beträgt für jeden erwachsenen Einwohner der Stadt 400 Gramm, für Kinder 200 resp. 100 Gramm. Im Uatrizieryause. Novell« von v. Borg siede. G. Fortsetzung.) „Gnädige Frau", bat Alwin, dem diese Zeichen nicht entgingen, „ich bitte Sie, hören Sie mich an!" „Ich wüßte nicht, wa« Sie mir zu sagen hätten, Herr Monetli!" erwiedcrte Felicitas kalt. „Wir sind wohl fertig mit einander," und sich erhebend, entfernte sich die junge Frau, ohne den Erbleichten noch einmal anzublicken. „Und doch muß ich Elisabeth« Verzeihung erlangen," sagte Alwin leise, „sollte ich selbst noch einmal da« Hau« am Löwenbrunnen, da« mir zum Fluch wurde, betreten müffen." Hierauf verließ er den Saal und fuhr nach Hause. Nachdem er die Lampe angezündet, entkorkte er eine Flasche Wein und setzte sich vor seinen Schreibtisch. Aber bestürzt sprang er wieder empor, sämmtliche Blätter waren entscrnt, seine angesangenen Kompositionen waren verschwunden. Eine drohende Falte erschien auf Alwin« Stirn, sein Fuß traf heftig den Boden. Würde e» Julie denn nie erlernen, seine Noten zu verschonen? Rücksichtslos eilte er in da« Schlafzimmer und schüttelte die schlummernde Frau am Arm. „Julie, wohin sind meine Papiere gekommen!" Seine laute, zürnende Stimme machte sie entsetzt auf fahren. „Alwin, wie kannst Du mich so erschrecken!" Dabei entzog sie ihm ungestüm ihren Arm. „Laß mich schlafen, ich muß morgen wieder früh ausstchen." „Haha, wohl wieder scheuern oder waschen!" lachte Alwin wild. „Erst aber stehst Du mir Rede, mein Schätzchen! Wohin, ich frage Dich, wohin hast Du meine Kompositionen gcthan?" „Ich habe sic nicht gesehen." „Julie! Und doch habe ich sic mit eigener Hand aus den Schreibtisch gelegt, und jetzt sind sie entfernt." „Du meinst doch nicht da« verklexte Papier, auf dem unzählige« durchstrichen und verbessert war?" fragte Frau
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