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Amts- und Anzeigeblatt für den Bezirk des Amtsgerichts Eibenstock und dessen Umgebung : 07.09.1895
- Erscheinungsdatum
- 1895-09-07
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id426614763-189509077
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id426614763-18950907
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-426614763-18950907
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Amts- und Anzeigeblatt für den Bezirk des Amtsgerichts ...
-
Jahr
1895
-
Monat
1895-09
- Tag 1895-09-07
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Monat
1895-09
-
Jahr
1895
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Sonntag folgte Kirchenparade feiten« de« MititarrereinS und GedLchlnißfeier am Kriegerdenkmat in Schonheide. Am Abend versammelten sich alle Vereine in Hendel« Hotel ;u einem festlichen EommerS. Herr Lehrer Mückenberg hielt eine hoch patriotische Festrede. Unter den verschiedene» Toasten rief beson der« der de« Hammerwerkdirektor« Lustig, eine» geb. Ocsterreicher, einen außerordentlichen Enthusiasmus hervor. Der Gesang verein Ario» und Turnverein sorgten für angenehme Unter haltung durch Gesänge und lebende Bilder. Herr Han- Edler v. Ouerfurth zeichnete insbesondere die Veteranen durch Weinspendc» aus. Ein Tänzchen beschloß die wohlge- lungcne Feier. Allgemeiner Jubel herrschte am Montag Nachmittag bei dem Schulfeste. Dasselbe war in hochherziger Weise von den beiden Herren Hans und Horst Edler v. Ouer- surth auf eigene Kosten veranstaltet worden. Ganz besonders zeigte uns bei diesem Feste die Gemahlin des Herrn Han« Edler von Ouerfurth, mit welcher Liebe sie sich zu den hiesigen Kindern hingczogcn fühlt und diese« durch wohlthätigen Sinn ostenbarte. „Wohlthun ist edel". — Hundshübel. Auch in unsrer Gemeinde, welche l 870/7 > 59 ihrer jungen Männer in« Feld hinausgeschickt, von denen sämmtliche bis auf 2 glücklich wieder heimgekehrt, verlies die Feier de« Sedan tage«, cingeleitct Sonntag Abend« durch Zapfenstreich und Montag« früh durch Reveille, Glockengeläut? und Böllerschüsse, in patriotisch erhebender Weise. Im festlichen Zuge begaben sich die Gemeindever tretung, der Militärverein, der Turnverein, Turnerklub mit ihren Fahnen, der Landwirthschaftlichc Verein, die freiwillige Feuerwehr und die beiden oberen Schulklassen am Montag Vormittag zum FestgotteSdienst in die Kirche, wo Herr Pfarrer Kräh die Herzen der überaus zahlreich erschienenen Kirchgemeinde durch seine erbauliche Predigt über Psalm l l l crgrifs. Die gottesdienstliche Feier wurde durch Kremser'» altnicdcrl. Dankgebet, vom Militärgesangverein cxact vorge tragen, sowie durch den ambrosianischen Lobgesang de- Kirchen chore- verschönert. Nach dem FestgottcSdienstc erfolgte auf dem Friedhöfe die Schmückung der Vetcranengräber unter Abgabe von Ehrensalven seilen des Militärverein«. In liebenswürdig entgegenkommender Weise bewirthcte sodann Herr Stickcrcisabrikant Paul Tröger die l4 noch überlebenden Veteranen in seinem Hause. Nachmittag« 2 Uhr setzte sich aufs 'Neue ein großer Festzug, gebildet von den obenerwähnten Vereinen und sämmtliche» Schulkindern nach dem Nieder dorfe zu in Bewegung, wo zum Gedächtniß für die Nachwelt eine Eiche gepflanzt wurde, wobei genannter Herr OrtSpfarrer die Weiherede hielt. Daran schloß sich im Falk'schen Gast- hofSgrnndstück ein in jeder Weise höchst gelungenes Schulfest, an dessen Ende ei» brillante« Feuerwerk abgebrannt wurde. AbendS hielten sämmtliche Vereine in beiden Gasthöfen de« Orte« vereint Tanzvergnügen ab. Allgemeinen Dank und Beifall hat sich der Festausschuß, insonderheit dessen Vorsitzen der Herr Paul Tröger, durch die geschickte Ausführung de« Festes, erworben. — Sosa. Da« diesjährige Sedan fest wurde auch hierorts recht würdig begangen. Die Schützengesellschast hatte die Krieger von 1870/71 zu einem Ball und Freibier cinge- laden. AbendS 6 Uhr versammelten sich Schützen und Com- battanten unv veranstalteten mit Musik einen gemeinschaftlichen Umzug durch den Ort. Auf dem Schützenplatz wurden die selben mit Böllerschüssen empfangen und von den Schützen 3 Ehrensalven abgegeben. Daraus marschirte der Zug ins GescllschaftSlocal, woselbst Ansprachen gehalten und da« Hoch aus Kaiser und König ausgebracht wurde. Auch sämmtlicher Heerführer ic. wurde gedacht. Der Gründer und Ehrenmit glied der Gesellschaft Hr. Norman» hielt eine patriotische, zu Herzen gehende Ansprache, worauf die Musik einen Choral spielte. In gehobenster Stimmung blieb man bei fröhlichem Tanz noch bis in die spätesten Nachtstunden beisammen. — Dresden. Die Rede, die Se. Majestät der König auf dem Festplatz im König!. Großen Garten hielt, hatte folgenden Wortlaut: „Für un« alte Soldaten und Kriegs kameraden ist der heutige Tag, der wahre Schlachttag von Sedan, immer der wirkliche Scdantag gewesen. ES freut Mich daher, gerade an diesem Tage Mich von so vielen alten und bewährten Kameraden umgeben zu scheu. Ihnen danken zu können für Da«, was Sie alle vor 2b Jahren dem Feinde gegenüber leisteten in Treue und Gehorsam, in DiSciplin und Tapferkeit, — Ihnen zugleich aber auch zu danken für die treue Gesinnung, die Sie am heutigen Tage Mir gegenüber erzeigen. Ich hoffe und erwarte, daß diese Gesinnung sich von den alten Kameraden auf die neuen Kameraden übertragen wird (jubelnde Zustimmung), daß Sie Alle feststehen werden in Noch und Gefahren, gegen äußere und innere Feinde (erneute jubelnde Zustimmung», daß Sie treu stehen werden zu Kaiser und Reich, König und Vater land!" — Bei diesen Worten brach immer erneuter Jubel aus, der dem geliebten Landesherrn bewies, wie er aus der Seele seines Volke« gesprochen. — Dresden. Se. Majestät der König ordntc an, daß die Fahnen der sächsischen Armee, welche 1870,71 in den Schlachten oder Gefechten bezw. bei den Belagerungen geführt worden sind, das Band der für diesen Krieg gestifteten Kriegsdcnkmünze erhalten und auf diesem Bande die Namen der in Betracht kommenden kriegerischen Vorfälle eingezeichnet werden fallen. — Borna. Eine verheerende Feuersbrunst, welche in der Nacht zum Sonntag unser Nachbardors Zedlitz, hcimsuchte, kam in den WirthschaftSgebäuden de« Gräflich Rex scheu Rittergutes zum Ausbruch. Fünf große Scheunen mit Erntevorrächen, landwirthschaftlichc Maschinen :c. und ein Pfcrdestall fielen den Flammen zunächst zum Opfer. Da« Herrenhaus, welche« von den WirthschaftSgebäuden durch den Whhrafluß getrennt ist, blieb erhalten. Von» Gute sprangen die Flammen durch Flugfeuer auf die nahe Mühle über, deren Besitzer, Herr Brauer, z. Z. auswärts weilt, und äscherte da« Hauptgebäude und die Bäckerei völlig ein. Das Mühlrad war, wie in vielen ländlichen Mühlen, mit Holz und Stroh überdeckt, infolgedessen zündeten die vom Gute herüberfliegenden Funken schnell. Ein unweit der Mühle stehende«, strohgedeckte« Bauernhaus bot dem Feuer neue Nahrung; in kürzester Zeit stand auch diese« in Helle» Flam men. Mittlerweile waren aber die Löschmannschaften Borna» und der Nachbargemeinden mit ihren Spritzen herbeigeeilt und e» gelang nach angestrengter Thätigkeit, de« Brande« Herr zu werden, bez. weiterer Au«dehnung de» verheerenden Element« vorzubeugen. — Die öffentliche Versteigerung der in diesem Jahre au»zumusternden Dicnstpferde der Kavallerie, Artillerie und de- Trains soll an den nachgenannten Tagen und Orten von Vormittags lO Uhr ab stattfinden: Donnerstag, den 12. September in Dresden (Garde-Reiter-Rcgiment einschl. Militär-Reit-Anstalt) und in Königsbrück, Freitag, den 13. Sep tember in Dresden (1. Feldartillerie-Regiment Nr. 12), Mon tag, den Ilj. September in Oschatz, Freitag, den 20. Septbr. in Pirna, Montag, den 23. September in Großenhain und Riefa, Mittwoch den 25. September in Grimma und Rochlitz, Donnerstag, den 26. September in Borna, Montag, den 28. Oktober und Dienstag, den 29. Oktober in Dresden (Train-Bataillon -Nr. 12). Die Pferde der Garnison Geithain gelangen in Rochlitz zur Versteigerung. Aus vergangener Zeit — für unsere Zeit. Vor 25 Jahren. (Nachdruck verboten). Kehl, 7. September 1870. Schon am 5. war die an der Straß- buraer Zitadelle eingeschossene Bresche in einer Breite von mehreren Klaftern weit sichtbar und noch immer sind gewaltige 150-Pfünder in Thütigkeit, welche eine fürchterliche Wirkung ausllben. Nun sind bloS noch die Gräben auszufüllen und zu überbrücken und dann wird ge stürmt. Die braven deutschen Soldaten haben um Straßburg herum Laufgräben gegraben, die bei einer Tiefe von 4 und einer Breite von 7 Fuß eine Ausdehnung von 4 Stunden haben. Der französische Kom mandant Uhrig soll entschlossen sein, vor dem Sturm den herrlichen Münster zusammenschießen zu lassen. Am 4. in der Frühe ist aus der Festung ein Regiment der Straßburger Besatzung ausgetreten und hat die Waffen gestreckt ; die Mannschaft erklärte, daß sie dem gefangenen Kaiser den Fahneneid nicht zu halten brauche. Am 6. wurde von Kehl auS das von der Stadt Straßburg in die Zitadelle führende große Thor vollständig zerstört, wodurch die Möglichkeit, letztere getrennt zu ver- theidigen auf ein Minimum reduzirt ist. Heute wurden einige von Brei sach kommende, mit Munition für die Straßburger Festung beladene Schiffe von Abtheilungen des 3. badenschen Regiments weggenommen Paris, 7. September l 870 Eine Zirkulardepesche Jules Favre s erklärt: „Wenn die Preußen, trotz ihrer Erklärungen, nur die Dynastie und nicht Frankreich zu bekämpfen, den Krieg fortsetzen, so werde man das acceptiren, aber weder einen Fuß breit des Landes, noch einen Stein der Festungen abtreten. Paris und mit i^m ganz Frankrei^ Pari-, 7. September I87(X Es findet eine anhaltende Flucht der besitzenden Klasse statt, und erwartet man, daß heute die letzten Züge nach Nordosten gehen werden, denen es noch möglich sein wird, „Liberte" hat gemeldet, Jules sAvre hat den vereinigten Staaten die Konstituirung der französischen Republik telegraphisch angezeigt und amerikanische Hilfe erbeten. Die Morgenblätter ziehen in Folge dessen die Chancen einer amerikanisch-russisch-franzöfischen Allianz in Betracht. (!) Dresden, 8. September 1870. In den Zeitungen war bekannt gemacht worden, daß die Familien, welche über ihre Angehörigen sichere Kunde haben und insbesondere wissen wollen, ob dieselben noch gesund sind oder in irgend einem Lazareth sich befinden, solides zur Zeit nur durch die Kgl. Sachs. Feldgeistlichkeit erfahren könnten. An den kgl. sächs. Divisionsprediger Archidiakonus Schelle, welchen, die Seelsorge in den Lazarethen anvertraut ist, sind infolge dessen, wie derselbe in einem Briefe an das „Dr. Journ." mitgetheilt hat, allein vom 22. bis 28. August über 400 briefliche und telegraphische Erkundigungen auf gegeben worden, die an den Adressaten aber erst am 4. September in Doucy bei Sedan gelangten. Es lag dies daran, daß die Truppen jetzt vorgerückt sind und weiter auseinander liegen, der Adressat aber selbst Divisionsprediger bittet diejenigen, die nicht inzwischen Kunde erhalten haben, sich nicht gleich zu ängstigen. Er fügt hinzu, daß die Verpfleg ung der Verwundeten in den Hospitälern von Doucy und Umgegend verhältnismäßig eine sehr günstige und wohlgeordnete ist und es noch mehr werden wird, da täglich viele Leichtverwundete der Heimath zu gesendet werden. In Doucy bei Sedan sind allein 3 sächsische Hospi täler in etwa 16 Häusern aufgeschlagen. Zum Schluß dankt der Divi sionsprediger Schelle den sächsischen Blättern, welche Zeitungen aus der Heimath nach den Lazarethen gesandt und dadurch den Duldern für das Vaterland den schönsten Dienst erwiesen haben. Es sei, als ob ein lieber Freund an das Schmerzenslager in der Fremde trete, wenn das bekannte HeimathSblatt sich einstellt. Nancy, 8. September 1870. Seit heute hat die Beschießung von Toul und zwar mit den bei Marsal erbeuteten französischen Ge schützen begonnen. Der Besitz Touls ist von Wichtigkeit, da die Eisen bahn nach Paris dadurch gesperrt wird. Dresden, 9. September l870. Gegen 4000 Mann Ersatzmann schaften find in diesen Tagen aus Sachsen nach dem Kriegsschauplatz abgegangen. Köln, 9. September 1870. Heute früh um 5 Uhr passirte der erste, um 8 Uhr der zweite und Vormittags 11 Uhr der dritte Massen transport französischer Kriegsgefangener aus der Schlacht, bezw. der Kapitulation von Sedan unsere Stadt. Jeder der kolossalen Bahnzüge mochte 800—1000 Gefanyene, und zwar von den verschiedensten Waffen- gattungen enthalten. Die Stimmung der Leute ist sehr verschieden. Das Aeußere derselben war mit wenigen Ausnahmen so verwahrlost, richtiger gesagt so verwildert, wie es nach einer mehrtägigen, im heißen Kampfe verlorenen Schlacht kaum anders sein konnte. Fast alle Bein- kleider waren bis zum Knie hinauf noch mit dem Lehmboden des Schlacht feldes beschmutzt. Einzelne waren barfüßig. Viele hatten als Kopfbe deckung Tücher, weiße nnd farbige, umpebunden. Obgleich hin und wieder einzelne ältere Männer, wahrscheinlich Unteroffiziere oder Ser geant-Majors, reputirlich aussahen, so machte doch das Ensemble einen Eindruck, der wohl hätte die Frage anregen können: Was würden wir von diesen Gesellen zu erfahren gehabt haben, wenn sie als Sieger in unser schönes Rheinland hereingebrochen wären? 43. Depesche vom Kriegsschauplatz. Rheims, den 9. September, I Uhr 20 Min. Mitt Außer 25,000 in der Schlacht von Sedan Gefangenen sind durch die Kapitulation vom 2. September 83,000 Mann inclusive 4000 Offiziere in Gefangen schaft gefallen, ferner 14,000 Verwundete vorgefunden. Ueber 400 Feld- Geschütze einschließlich 70 Mitrailleusen, 150 Festungs-Geschütze, 10,000 Pferde, überaus zahlreiches Armee-Material befindet sich in unseren Händtn. Hierzu die Verluste in der Schlacht von Beaumont, sowie circa 3000 nach Belgien Versprengte, ergiebt eine Gesammtstärke der Armee Mac Mahons vor dieser Schlacht von nahe an 150,000 Mann. v. Podbielski. Hin Ktückskind. Roman von C. v. Ilmenau. <s«. Fortsetzung.) Rose lag im schwersten Fieber und sprach häufig den 'Namen Elsa und Arabella au», bis sich nach neun Tagen die Gewalt der Krankheit brach. Um dieselbe Zeit erkrankte der eben geborene Erbe Güldau« ebenfalls an der schrecklichen Seuche. Mit ihm die Amme. Schon den nächsten Nachmittag mußte Pastor Wolfsha- acn dem Kleinen die Nothtausc geben. Abend» war er eine Leiche. Die Amme dagegen kam nach schwerer Krankheit wieder zum Bewußtsein und gena« langsam. Kaum war Rose wieder zu sich selber gekommen, so ver langte sie nach ihrem Sohne und Gatten. Edith wußte sie zu beschwichtigen; sie habe eine ansteckende Krankheit. »Warum kommt Edgar nicht? fürchtet er sich?" fragte die Patientin. »Er muß ja bei dem kleinen Leo, so haben wir ihn lausen lasten, Geliebte," schmeichelte sie, »bleiben; wie leicht könnte da» Kind angesteckt werden." »Fürchtest Du Dich denn nicht davor, Edith?" Edith lachte: »Habe in Brasilien ganz etwa« andere« auf den Estanzien erlebt!" Inzwischen war Leo von Güldau beerdigt. Ein präch tige« Mausoleum ließ Edgar im Park erbauen. Nun konnte man Rose nicht länger täuschen, sie mußte die Wahrheit er fahren. Man brachte sie ihr so schonend al« möglich bei. Da brach die Aermste in ein laute« Weinen au«: »Mein Leo, mein süßer Junge. O, wäre ich statt seiner gestorben. Mir wäre gewiß besser. — Wo bleibt Edgar?" Er erschien aus der Schwelle. »Warum trittst Du nicht näher?" fragte sie bitter. „Fürchtest Du die Ansteckung?" »Die Ansteckung-gefahr ist jetzt am schlimmsten," entgeg nete er. »Der Sanität-rath warnt mich vor dem Betreten Deine» Zimmer-, Rose." Dabei sah er schaudernd in da narbige Gesicht. »Er liebt mich nicht; nun weiß ich e«; ja, nun ist Alle« dahin," klagte sie leise. »O, Gott, laß mich sterben." Edith schüttelte den Kopf; sie kannte keine Furch« und die Krankheit verschonte sie wunderbar. Rose ward stiller und stiller und eine» Tage« erklärte SablinSkh, die Kranke habe einen Rückfall erlitten, der infolge einer starken Auf regung in ein heftige« 'Nervenfieber au-geartet sei. Jetzt sei die allergrößte Vorsicht geboten. Edgar suchte sich zu be täuben. Wenn die Wände de« Adelsberger WirthShause«, die Zimmer de- Rennklub« hätten sprechen können, sie müßten erzählen von den Extravaganzen, in denen sich der tolle Mensch erging. Und sein böser Genius war in allem — Wildenborn. Spiel und Wetten verschlangen ungeheuere Summen, so daß die Baarbestände de« Kassenschranke« bald hatten durch Bankausgleiche ersetzt werden müssen. Der Bankdirektor schüttelte den Kopf dazu; aus seinen Briefen an Edgar klang ein besorgter Ton. Bah, da« konnte ausgeglichen werben. Herr von Güldau wandte sich wegen einer Hypothek von 60,000 Thaler an daS Bankhaus Leise witz und Sohn. Diese« erklärte sich zu dem Geschäft bereit, wenn eine Willenserklärung von der gnädigen Frau vorliege. Edgar knirschte mit den Zähnen. Aber die Unterschrift mußte geschasst werden. Er wußte Rath. Er durchsuchte seiner Gattin Schreibtisch. Ein Album fiel ihm in die Hände. Die erste reine Seite trug den Namen Rose von Güldau. Edgar schnitt das Blatt heraus und schrieb darauf: »Die Unterzeichnete ist mit allen Maßnahmen ihre« Gatten, de« Baron Edgar von Güldau, in betreff einer Hypothek auf Gut Birkan einverstanden." Darunter folgte da« Da tum; die Unterschrift stand schon da. „Die schönste Vollmacht in der Welt," lachte er. „Wer will e« niir verbieten, mit meinem Eigenthum zu schalten und zu wallen, wie ich will?" In einer Falte seine« Herzens aber saß noch ein Stück Gewissen, und au« dieser Falte heraus ertönte e» laut und deutlich: „Edgar von Güldau, du bist ein doppelter Schurke!" Nichtsdestoweniger ging das Schriftstück in die Hände de« Bankhauses über und bald war die Hypothek perfekt. Dreißigtausend Thaler wanderten in Edgars Geldschrank, dreißigtausend mußten den Bankkredit wieder Herstellen. Rose ahnte nicht, wa« geschehen. Sie lag bewußtlos und erschöpft da und kämpfte zeitweilig mit dem Tode. Aber ihre Jugend und physische Kraft siegten endlich. Die Krisis ward überstanden. SanitätSralh SablinSky ordnete eine Um quartierung der Kranken an, damit die insizirten Räume deSinfizirt würden. Jetzt erst betrat Edgar wieder die Zim mer seiner Gattin. Langsam, langsam kam Rose wieder zu sich. Al» sic zum ersten Mal vor den Spiegel trat, erschrak sie. Wo war ihr schönes Blondhaar geblieben? Wo die Frische und Glätte ihrer Wangen? Ein narbige«, häßliche» Gesicht schaute ihr entgegen. „Mein Gott!" seufzte sie, „nun wird er sich ganz von mir wenden! Ich suchte einst Seele in ihm, Niemand besitzt davon weniger al« er. Gut, daß Leo todt ist. Was würde au« ihm geworden sein? Und ich? Wenn ich doch bei ihm läge." Dann besann sie sich nnd flüsterte: „Herr, vcrgieb mir. Ich habe ihn zu sehr geliebt, ich muß dafür leiden. Wer einen Menschen mehr liebt al» dich, der ist deiner nicht Werth. Sie war und blieb still ergeben, Edgar aber setzte sein alte» bekannter Spielerleben fort. * » * Dem Reiscwagen entstieg soeben Alfred HcSkomp. Ed gar empfing ihn halb verlegen, halb erfreut. »Willkommen auf Birkau." „Möge e« so sein!" gab Alfred zurück. „Ich komme als der bekannte Cäsar." „Wie so?" „Gabst Du mir nicht selbst den Rath?" „Ah, ich verstehe jetzt. Edith?" „Ja, Edith." Er sah im Zivilanzug männlicher, ja besser au». HeSkomp hieß sein Gepäck gut behandeln und entgegnete dann: „Höre, Edgar, mit der kleinen Arabella habe ich Mal heur gehabt." „Nun?" „Sie wollte nicht fort. Ich half der Polizei hinter ihre Fährte und da — schwur sie Dir ewige Rache." „Bah, eine Dirne!" — HeSkomp zuckte die Achseln. „Sind die Damen zu sprechen?" „Du willst doch nicht sogleich?" »Bewahre! Aber länger zögere ich nicht. Ich habe dem Militärstand Valet gesagt und werde Landwirth, Du kannst Dir denken, zu meine« Vaters Freude." »Ich gratulire!" Auf Birkau entstand durch die Ankunft de« lebensfrohen jungen Herrn eine wohlthuende Bewegung in dumpfer, be engender Schwüle. HeSkomp hatte bald Gelegenheit gefunden, mit Edith zu sprechen, und sie willigte ein, die Seine zu werden. Nun erklärte der glückliche Bräutigam, wie e« ihn dränge, die Braut seinen thcuren Eltern zuzusühren. Schon am nächsten Tage reiste da« Paar ab, Edgar gab ihm da« Geleite, natürlich um in Adelsberg vorzusprechcn und da« alte, für einige Tage unterbrochene Leben fortzusetzrn. Rose war allein, al« ein Wagen vorfuhr. Sie erwartete, e« sei der Arzt und blieb in ihrem Zimmer. In tiefer Trauer, da« fast kahle Haupt bedeckt von einer Trauerschneppenhaube, machte sie doch einen vornehmen, bestechenden Eindruck. Da öffnete sich die Thür und vor ihr stand — Elsa von Lind blatt. Rose stieß einen Schrei au«: „Elsa!" Elsa umarmte und küßte sie: »Bist Du'«, ist e« Dein Geist?"
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