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Amts- und Anzeigeblatt für den Bezirk des Amtsgerichts Eibenstock und dessen Umgebung : 03.09.1895
- Erscheinungsdatum
- 1895-09-03
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id426614763-189509030
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id426614763-18950903
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-426614763-18950903
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Amts- und Anzeigeblatt für den Bezirk des Amtsgerichts ...
-
Jahr
1895
-
Monat
1895-09
- Tag 1895-09-03
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Monat
1895-09
-
Jahr
1895
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Tagesgeschichte. — Deutschland. Der Kaiser von Oesterreich wird auf der Reise zu den Kaiserinanövern in Stettin, ent gegen früheren Meloungen, nun doch Berlin berühren. Bon Berlin au«, wo die Ankunft am 9. September Bormittags erfolgen dürste, wird er der Kaiserin im Reuen Palai» bei Potsdam einen Besuch abstatten und Mittags von dort die Reise nach Stettin sortfetzen. Die Ankunft in Stettin dürfte am 9. September im Laufe des Nachmittags erfolgen. — Der französische Botschafter Herbette hat am 31. August Berlin verlassen und wird nach den Scdanfcierlich- keiten wieder nach Berlin zurückkehren. — Der in Berlin akkreditirte französische Mili tärattache wird bekanntlich den Kaiserinanövern bei Stettin nicht beiwohnen, indem er die Einladung dazu dankend abge lehnt haben soll. Ein Pariser Blatt, „Le Jour", greift diese Sache aus, um sie zu einem boshaften Ausfall gegen den deutschen Militärattache in Paris, Herrn von Schwartzkoppen, auSzunutzcn. ES richtet nämlich ganz persönlich die anzüg liche Frage an ihn, ob er denn wirklich unter solchen Umstän den noch den großen Manöver» an den Bogesen beizuwohnen wünschen könnte? — Daß die Franzosen die Anwesenheit des deutschen Militärattache bei den Manöver», die ja eine „Antwort" auf die Gedenkfeiern bilden und eine Borübung auf den Schlachtfeldern dcS „ZukunflSkriegeS" sein sollen, nur ungern sehen, obschon er, wie die Attache« der übrigen Mächte, sozusagen unter Aussicht eine« französischen Offizier» gestellt ist, der den fremden Herren „zur Oricntirung" bei gegeben ist, da« ist wohl verständlich. Trotzdem hätte man von dem Taktgefühl, dessen sich die Franzosen mit großem Selbst bewußtsein zu rühmen pflegen, wenigstens so viel Diskretion erwarten dürfen, die« nicht zu zeigen. — Oesterreich-Ungarn. Wie die „Wiener Presse" erfährt, richtete Minister Graf KielmanSegg anläßlich der zweifellos au« dem stark verseuchten Gouvernement Wolhynien nach Tarapol cingcschlcppten Fälle von asiatischer Cholera an die LandeSbehördcn einen Erlaß, in welchem die umfassend ste» Maßregeln zur Hintanhaltung der Einschleppung und Verbreitung der Cholera angeordnet werden. — Frankreich. Der Minister des Innern hat in allen Departement« Südfrankreich« die Stiergefechte un tersagt und die Präfekten aufgcfordert, sehr energische Maß regeln dagegen zu treffen und die Tödtung der Stiere zu verweigern. — Die Gegnerschaft gegen die Weltaus stellung im Jahre 1900 wird immer größer und verdient alle Beachtung. Rach Nancy kommt Lyon. Der dortige Generalrath hat eine Resolution angenommen, in der ener gisch gegen die Abhaltung der Weltausstellung in Paris im Jahre 1900 protestirt wird. Eine diesbezügliche Petition soll an die Kammer gerichtet werden. Locale und sächsische Nachrichten. — Eibenstock. Bom herrlichsten Wetter begünstigt, wie es auch heute noch ist, ist der erste Theil der Sedan festlichkeiten verlaufen, deren Schluß erst heute Abend mit dem Ball im Feldschlößchcn erfolgt. Den Glanzpunkt der gestrigen Feier bildete der großartige Festzug mit der am Kriegerdenkmal inscenirten Feier. Wir werben in der nächsten Nummer eine Berichterstattung über die Gesammtfeier bringen und wollen nur noch erwähnen, daß da« am Sonnabend Abend für den Bühl bestimmte Feuerwerk wegen verspäteten Eintreffens nicht zur Berwendung gelangen konnte. Dasselbe soll aher am nächsten Sonntag Abend abgebrannt werden, jedoch wird vorher noch Bekanntmachung durch den Erzgebirgs- Verein erfolgen. — Beim Schluß dieser Nummer ist un« noch Mittheilung von einer freudigen Botschaft geworben. An den Vorsteher des K. S. Militär-Vereins Hrn. Kaufm. Henn. Wagner ist soeben folgende« Telegramm eingcgangcn: Dresden, 2. September. Se. Majestät der K a i ser u. König haben dem Militär-Verein zu Eibenstock einen Fahnen schmuck verliehen, welcher auf dem Postwege folgt. Der königl. preußische Geschäftsträger. Bernstorff. — Schönheide. Die Feier der 25jährigen Wieder kehr de« ScdantagcS ist in unserem Orte unter allgemeiner Thcilnahme der Bevölkerung programmmäßig verlaufen. Ein geleitet wurde die Feier Sonnabend Abend« 6 Uhr durch Festgeläute. In der 9. Stunde führten verschiedene Vereine einen solennen Fackel- und Lampionzug aus. Zahlreiche Ge bäude waren glänzend illuminirt, einzelne Schaufenster dcko- rirt. Frcudcnschüsse ertönten und Buntseuer verbreitete TagcS- hellc. Hunderte von Menschen wogten auf den Straßen. Am Sonntag morgen weckte eine schneidige Reveille die Schläfer. Um 9 Uhr begann der FestgotteSdicnst. Die Kirche war von Andächtigen gefüllt. Auf den Emporen hatten die verschiedenen Vereine mit ihren Bannern Platz genommen. Der Ehrenplatz war den Veteranen von 1870/71 angewiesen. In zündender Rede hielt Herr Pastor Hartenstein die Fest predigt. Der erst seit kurzer Zeit gegründete gemischte Kirchen chor brachte in vortrefflicher Weise da» „Dankgebet" von Kremser zu Gehör. Nach Schluß des Gottesdienstes nahm der Militärvercin, sowie die übrigen Vereine an dem herrlich geschmückten Kriegerdenkmal Aufstellung. Zu den bereit« ge spendeten Kränzen wurde noch einer den gefallenen Helden vom Turn-Verein gewidmet. Einen tiefergreisenden Eindruck machte die Gedächtnißrcdc des Herrn DiakonuS Wolf: „ver geßt die treuen Todten nicht!" Der Militärverein hatte den Combattantcn von 1870/71 zum 25jährigen Jubiläum eine Denkmünze gestiftet, welche daselbst überreicht wurde. Nach dem noch 3 Ehrensalven abgegeben worden waren und die OrtSkapelle vom RathhauS-Balkon au« concertirt hatte, endete die erhebende Feier. Um 12 Uhr sand in dem Sitzungssaale de» RathhauseS, welcher im festlichen Gewände prangte, für die Veteranen ein Ehrcnmahl statt. Am Abend wurde im Gambrinu«, Schwan und Deutschen HanS CommerS abge halten. Musikalische und gesangliche Darbietungen, lebende Bilder, zündende Reden und Toaste wechselte» in bunter Reihe ab. — Dresden. Se. Maj. König Albert hat genehmigt, daß der ReichSIagSabgeordnetc I)r. von Frege auf Abtnaun dorf bei Leipzig und seine ehelichen Nachkommen den Namen von Frege-Wcltzien annchmen und führen. Herr von Frege, der bekannte konservative Parlamentarier, entstammt einer Leipziger Bankier-Familie, welcher da» um die Mitte des vorigen Jahrhundert« begründete Bankhaus Frege u. Co. gehörte. Der Vater de« Herrn von Frege, Waldemar Frege, Professor der Rechte an der Universität Leipzig, erhielt 1886 den sächsischen Adel. Er starb 1890. Sein Sohn, dem der Fürst Reuß den Kammerherrnschlüssel verlieh, ist seit 1872 mit einer Tochter de« Generallieutenant- von Weltzien ver- heirathet. Die Familie von Weltzien ist eine uralte meck lenburgische. — Dresden. Die Beseitigung der AugustuSbrücke und ihre Ersetzung durch einen zweckentsprechenden 'Neubau wird zu einer immer dringenderen Nothwendigkeit. Bereits wird von Reich-Wegen auf eine Beschleunigung der Angelegen heit gedrungen. Da« Finanz-Ministerium hat deshalb beim Rathc angefragt, wenn inan diesen Bau in Angriff zu nehmen gedenke. Der Brückenbaufond betrug am Schlüsse de« Jahre» 1894 rund 2,385,450 Mk. und wächst alljährlich um 100,000 Mk., der Neubau dürfte aber 6 Millionen Mark kosten. Die Brücke gilt gewiß mit Recht für eine« der reizvollsten alt ehrwürdigen Bauwerke, die sich nicht blo« hier, sondern über haupt in größeren deutschen Städten finden, und ist für da« Stadtbild von Dresden in seinem wesentlichsten und schönsten Theile von größter Bedeutung. Ihre Vernichtung wird des halb nur im äußersten Falle zwingender Nothwendigkeit in Betracht kommen können. Deshalb ist die Frage, ob nicht wenigstens den Klagen der Schiffer über die geringe Breite der vorhandenen DurchfahrtSöfsnungen durch einen Umbau der Brücke abgeholfen werden könne, schon mehrfach erörtert worden, ohne daß man bis jetzt zu einem bestimmten Ergeb- niß gelangt wäre. — Annaberg. Da« „Annab. Wochenbl." schreibt: „Durch den Zollkrieg mit Spanien ist unsere erzgebirgische Buntslickerei, die namentlich viel buntbestickte wollene und halbwollene Umschlagetüchcr für die baskischen Schönen in Spanien lieferte, sehr hart betroffen worden. Seit dem Mai de« vorigen Jahre« hat keine Geschäftsverbindung mit Spanien mehr stattgefunden. Die österreichische Konkurrenz hat sich diese« Absatzgebiete« sofort bemächtigt, da sie den Vortheil für sich hat, den Kampfzoll in Spanien ersparen zu können. Zwei große Firmen in Eibenstock, die bisher die Tüchcraus- fuhr nach Spanien in großem Maßstabc betrieben, haben seit dem 1. Januar 1895 Filialen in GraSlitz in Böhmen er öffnet, von wo au« sie die spanische Kundschaft bedienen. Sie haben in Böhmen genug eingerichtete Stickerinnen zur Ver fügung, die schon jetzt aus dcni Wege de« BeredclungSverkehrS für diese Firmen arbeiteten. Leider wird dadurch wieder eine Industrie nach Böhmen verschleppt, wie La« im Laufe diese« Jahrhunderts wiederholt geschehen ist." — Auerbach. Wie wir hören, ist am Dienstag Abend V28 Uhr der auf der Linie Zwickau-OelSnitz verkehrende Gürerzug kurz vor der Station Rodewisch zum Stehen ge bracht worden wegen massenhaften Auftreten« von Schnecken auf den Schienen. Erst nachdem die Gleise mit Sand be streut worden, konnte der Zug seine Fahrt sortfetzen. — Der in Mylau wohnhafte Schaffner Kctzcl hatte den am 29. August, Mittag« 12 Uhr 49 Min. nach Eger verkehrenden Schnellzug zu begleiten und trat diesen Dienst bei völligem Wohlbefinden an. In OelSnitz begab sich der selbe auf kurze Zeit nach dem Billetschalter. Im Begriff, wieder nach dem Zuge zurückzukehren, ward ihm unwohl, Blut drang aus dem Munde, ein paar Männer, die da« sahen, sprangen hilfsbereit hinzu, aber bereit« wenige Minuten darauf hatten dieselben eine Leiche in ihren Armen. — Am 28. August wurde an dem Müller'schcn Hause am Kirchplatz in Lengenfeld eine schwarze GiaStafcl an gebracht mit der Inschrift in Gold: „Hier wohnte Se. Excell. General-Feldmarschall Graf von Moltke vom 10.—20. August 1876." Aus vergangener Zeit — für unsere Zeit. Vor 26 Jahren. (Mchdecni v-rb-»,n>. Dresden, S. September >870. Da« welthistorische Ereigniß vom 2. September ist in allen Städten Deutschlands, Berlin natürlich voran, mit ungeheurem Jubel begrüßt und mit Illumination, Umzügen, Beflaggen der Häuser re. festlich degangen worden. Wie ein Lauffeuer durchflog die bedeutungsvolle Siegcsnachricht am heutigen Tage (Sonn- abend) unsere Stadt, überall sreudige Ausregung erweckend. Aus den Straßen war ein ungewohntes Leben. Aller Beschreibung spottend war jedoch das Leben am Abend. Tausende von Menschen durchwogten die Straßen, die in reichem Lichterglanze erstrahlten. Den Mittelpunkt der Siegesfeier bildete der Markt, wo die Menschenmassen von bengalischem Feuer beleuchtet wurden und Raketen und andere Feuerwerkskörper iAobe. Reden wurden gehalten und patriotische Lieder begeistert ge sungen und unter dem Gesang der „Wacht am Rhein" bewegten sich die Theilnehmer im Umzug durch die Stadt. Berlin, S. September 1870. Wie aus dem großen Hauptquar tier König Wilhelm s (vor der Festung Sedan) gemeldet wird, traf Napoleon, begleitet von zwei Adjutanten, heute Nachmittag 4 Uhr im Hauptquartier ein. Sofort begann eine längere Unterredung ohne Zeugen zwischen Beiden. Nach Schluß derselden brachte der König das Gespräch zu Papier und übersandte den Wortlaut des Niedergeschriebenen der Königin, welche vorläufig die alleinige Mitwisserin der zwischen König Wilhelm und Napoleon gepflogenen Konversation ist. Nachdem das Rendezvous vorüber war. lieh sich Gras Bismarck bei Napoleon melden und wurde sofort empfangen Im Berlausc der privaten Unter redung richtete Bismarck an Napoleon die Frage, ob er zu den Friedens- Verhandlungen geneigt sei. Daraus antwortete Napoleon, er al« Ge fangener sei außer Stande, in dieser Richtung etwas zu thun, er ver wies aus die Regierung in Paris. Die Gefangennahme Napoleons wurde demzufolge vom Grafen Bismarck als ein Ereigniß bezeichnet, das aus die Fortsetzung des Krieges keinen Einfluß üben könne, und in diesem Sinne wurde auch die preußische Diplomatie instruirt. König Wilhelm ist entschlossen, den Frieden nur in Paris zu machen. Sedan, 3. September 1870. Der Bundesfeldherr hat dem ge fangenen Kaiser Napoleon leider eins der schönsten Fleckchen der deut schen Erde, das Lustschloß Wilhelmshöhe bei Cassel, zum Aufenthaltsort angewiesen. Brüssel, s. September 1870. Der Sohn Kaiser Louis Napo leons ist soeben in Chimay in Belgien eingetroffen und im Schlosse de» Fürsten von Chimay abgestiegen. — Hierher gelangten Nachrichten zufolge war die Zahl der nach Belgien übergetretenen Franzosen am I. Abends auf 12,000 gestiegen. Paris, S. September 1870. Im Senate sprach die Regierung heute (einen Tag nach der Gefangennahme Mac Mahons in Sedan!) au», 'Nachrichten »VN preußischem Ursprünge Uber Bazaines Versuch, in Metz durchzubrechen, und Mac Mahons Bemühen, dieselben zu unter stützen, lauteten ungünstig, schienen jedoch unglaublich und die Regierung würde ihnen durch die Veröffentlichung nur eine gewisse Autorität ver leihen. (!) Und weiter: Durch Unglück werd- di- Energie Frankreichs nur verdoppelt; es bleiben Frankreich noch Hilfsquellen genug, um mit energischer Hilfe der Ration das letzte Wort in diesen Kämpfen sprechen zu können. — Im gesetzgebenden Körper erklärte Jules Favre heute, daß Alle darin einig seien, sich bis zum letzten Athemzuge zu Vertheidigen. Die Zeit der Rücksichten sei vorbei, man müsse das Unglück, da» Frank reich betroffen, gut zu machen suchen. Unter heftigen Angriffen auf da» Kaiserthum beantragt er, alle Macht aus den Gouverneur, General Trochu zu konzentncen. Der Kriegsminister Graf von Palikao und andere Kammermitgliedrr protestiren. Dresden, 4. September 1870. Sr. Maj. dem König von Sachsen sind au» Anlaß der glücklichen Erfolg« der deutschen Waffen und der ruhmvollen Kämpse, welche in jüngster Zeit da« sächsisch« Arme,korp» unter Führung de» Königl. Prinzen bestanden hat, sowohl au» allen Theilen Sachsen-, al- auch von Korporationen und Privatpersonen au- anderen Bundesstaaten eine große Anzahl von Glückwünschen zugegangen. Der König hat dafür durch da» Ministerium de- K. Hause» öffentlich seinen Dank aussprechen lassen. — Aus Malancourt, 3. September, I« Uhr Abends, ist Sr. Maj. dem König von Sachsen folgende Depesche zugegangen: „Die unter meinem Befehl stehenden Korp» vom SO. August siegreiche Schlacht gegen Mac Mahon bei Beaumont. Zirka SO Kanonen und Mitrailleusen, viel Gefangene. 12. Korp» wenig Verluste. Georg und ich gesund. Albert." Pari», 4. September 1870. (Legislative.) Palikao bringt einen Gesetzentwurf ein, wonach ein Konseil für Regierung und LandeSver- theidtgung eingesetzt werde» soll, der von der Legislative gewählt wird. Die Minister werden unter Gegenzeichnung diese» KonseilS ernannt. Palikao erhält die Stelle eines General-Statthalters. Jules Favre fordert, daß ein von der Linken vorher eingebrachter Antrag in Erwäg ung genommen werd«. Die Sitzung wird suspendirt. — Legislative Abends. Die Tribünen, alsbald auch die Sitzungssäle sind von Volks- tnassen überfüllt, welche die Absetzung der Dynastie und Proklamirung der Republik verlangen. Die meisten Depulirten verlassen den Saal. Die Aufregung ist unbeschreiblich, daS Volk läßt sich nicht beruhigen. Gambetta und andere Deputirte wollen sich nach dem Hotel de Ville begeben, um die provisorische Regierung zu proklamier». Pari», 4. September 1870. Die Republik ist erklärt, die provi sorische Regierung gebildet Dieselbe bestehl aus Favre, Simon, Picard, Pellctan, Cremieux, Ferry, Rochefort rc. Grevy ist Senat-Präsident, Keratry Polizeipräsekt, Trochu bleibt General-Gouverneur von Pari». Die Thüren des gesetzgebenden Körper» sind versiegelt. 40. Depesche vom Kriegsschauplatz. Bare »ne«, den 4. September, 8 Uhr 46 Min. Vorm. (In Ludwigshafen von Nancy per Post cingegangen.) Di« feindliche Armee, welche bei Sedan kapitulirt hat, zählte 14 Infanterie-, 6'/, Cavallerie- Divisionen nebst zugehöriger Artillerie und Train. Während der Schlacht anl I. wurden allein an 30,000 Gefangene gemacht, mehrere Adler und viele Geschütze genommen. Mac Mahon schwer blessirt. Diesseits Oberst v. Scherbening tobt, General v. Gersdorff, Oberst v. Bessel verwundet. Unsere Verluste verhältnißmäßig gering. — Kaiser Napoleon heute früh nach Cassel abgcreist. v. PodbielSki. 41. Depesche. St. M-n-hould, 6. September, 2 Uhr 26 Min. Nachm. Die bei Sedan vernichtete Armee Mac Mahons zählte vor der Schlacht von Beaumont am 30. August noch über 120,000 Mann. Der Tran-Port der Gesungenen, unter denen über 60 Generale, nach Deutschland, ist in der Ausführung begriffen. Unsere Armeen sind im Vormarsch aus Paris. v. PodbielSki. tzin Glückskind. Roman von C. v. Ilmenau. (24. Fortsetzung.) „Da« ist mir lieb. Ich dachte schon, daß Sic vielleicht wegen aller Zeiten noch —!" „Vergessen wir sie," meinte Edgar. „Ich dächte doch auch," brummte Wildenborn, „daß e« Sie nicht beleidigen kann, wenn ich Ihrer Gattin früher Ver ehrung gezollt!" „'Natürlicherweise nicht." „Also Alle« beim alten?" fragte Wildenborn und hielt Edgar die Hand hin. Dieser schlug ein: „Alle» in Ordnung." „Dann wollen wir ein« schmettern!" Er klingelte. Bald stand Champagner vor ihnen: „Auf gute Freundschaft!" „Wohl bekomm'»!" Der alte Bund war aufs Neue be siegelt. Güldau sprudelte von Esprit und Bonmot» über, während man bei Tische saß. „Für längere Zeit will ich mich allen empfehlen!" sagte er heiter. „Wieso?" „Wir wollen den Rest der Saison benutzen, nach der Universitätsstadt überzusiedeln." „Ah bah!" „Ei doch; ich gebrauche Abwechslung." „Er sollte da« wohl nicht ohne den goldenen Pantoffel durchsetzen," bemerkte Poppau spitz, aber leise. „Bah, wa« thut'S," lachte Sparkclein jun., „wenn er von Gold ist? Ich wäre schon mit einem silbernen zufrieden." „Poppau versteht sich aber nur auf den ganz ordinären Frauenpantosfcl," witzelte Horst. Er konnte Poppau nicht leiden, er war aber mit Edgar sehr bcsreundet. Edgar hatte einige Worte erlauscht, zog ein finstere« Gesicht und überlegte, wen er zur Rechenschaft ziehen sollte. „Das verwünschte Wort," brummte er. „Nun, einem von euch geht'« an den Kragen, wenn ich'S nochmal» höre." Nach Tisch setzte man sich wieder zum Spiel nieder. Aber jetzt hatte Edgar Unglück. Als der Diener spät nach Mitternacht „Noir" vorsührte, hatte dessen Besitzer bare drei tausend Thaler an Poppau verloren. „O, wie ich den Hal- lunkcn hasse," knirschte Edgar, al« er Heimritt. * * * „Gnädige Frau," führte sich Lieutenant HeSkomp ein, „ich begrüße Sie mit Freuden in unserer Stadt. Möchte nicht auf dem Lande leben, auf Ehre." „Nehmen Sie Platz, Herr Lieutenant!" entgegnete Rose. „Meine 'Nichte Edith von Güldau!" HeSkomp stemmte da« Monokle in« Auge: „Sehr ange nehm. Habe gehört: verstehen sich auf Pferde, Mustang» au« den Prärien." Edith lachte spöttisch: „Nebenbei, mein Herr. Verstehe mich auch auf Kochtopf und Haushalt." „Sehr gut, gnädige« Fräulein, aber proletarisch; halt'« mit schneidigen Damen von esprit und Witz." „Wir Brasilianerinnen kultiviren den Witz." „Hör'«, auf Ehre, machen sich lustig über mich. Bin aber mit der Zunge zu kurz gekommen, werde Ihnen mal den langen Marschall mitbringen; wirst mit Bonmot« wie mit Knallbonbon« um sich." Edith lachte: „Da« ist ja ein gefährlicher Herr; indeß aufrichtig gestanden, verehrtcster Herr Lieutenant, schätze ich die Menschen nur nach ihrem Herzen, nicht nach Rang, Stand und Reichthum." „Sie sind bewunderungswürdig. Miß Edith." „Bei uns heißt es Sennora." „Ach ja." Rose lächelte über da» Wortgefecht und mischte sich dann ein: „Nimm Herrn HeSkomp auf Glauben, Edith, er ist Edgar» uneigennützigster Freund. Rauh- Schale, süßer Kern." Der Lieutenant verbeugte sich: „Sie machen mich er- röthen, gnädige Frau." Hier trat Edgar ein. „Ich wollte Dich Deinen Damen entführen, Edgar," stand HeSkomp auf. „Was giebt'S?" lachte Güldau. „Marschall giebt sein AbschicdSsvuper; ich habe den Auftrag, Dich, da Alle» sehr schnell gekommen, zu laden und herzulotsen." Rose redete selbst zu, und Edith meinte: „Onkel- chen, da» paßt sehr gut; Rose und ich wollen die „Vestalin" sehen." „Ei, da« trifft sich herrlich," lachte Edgar.
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