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Amts- und Anzeigeblatt für den Bezirk des Amtsgerichts Eibenstock und dessen Umgebung : 22.08.1895
- Erscheinungsdatum
- 1895-08-22
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id426614763-189508228
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id426614763-18950822
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-426614763-18950822
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Amts- und Anzeigeblatt für den Bezirk des Amtsgerichts ...
-
Jahr
1895
-
Monat
1895-08
- Tag 1895-08-22
-
Monat
1895-08
-
Jahr
1895
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geräthehauS, Kranken« u. Armenhaus) zu öffentlichen Zwecken und für da zu Zwecken de- Feuerlöschwesen-, des Straßenbaues, der Straßenspreng ung, Schleußenspülung u. s. w. abzugebende Wasser werden bis auf Weitere- jährlich 1000 Mark auf die einzelnen Rechnungen vertheilt, im städtischen HauShaltplan eingestellt und zur Wasserwerk-kaffe vereinnahmt. Für da- der öffentlichen Benutzung auf dem Friedhöfe freistehende Wasser wird die Entrichtung einer jährlichen Pauschalvergütung an die Wasserwerk-kaffe mit dem Kirchenvorstande vereinbart. 8 «- Wasserentnahme durch Wassermesser. Bei Entnahme von Wasser durch Waffermeffer ist für jeden cbin entnommenes Wasser SO Pf. zu entrichten. Es ist aber für jede- nach tz 4 wafferzinSpflichtige Grundstück als Mindestertrag des Wasserzinses jährlich 15 Mk. au die Wasserwerk-kaffe zu bezahlen. Die Wassermesser werden von der Wasserwerksverwaltung für Rechnung der Abnehmer geliefert, eingesetzt und unterhalten. Auf Verlangen werden auch Waffermeffer gegen Erstattung der Einsetzungskosten und Verzinsung des Anschaffungspreise- mit jährlich I0°/o in Miethe gegeben; solchenfalls werden die Unterhaltungskosten, insoweit sie nicht durch die Abnehmer selbst verursacht worden sind, an der Wasserwerkskaffe bestritten. 8 7. Wasserabaabe für Bauten. Wird für Neubauten im Sinne der Baupolizeiordnung aus der städtischen Wasserleitung ohne Waffermeffer Wasser entnommen, so ist ein besonderer Wasserzins zu bezahlen, der für jedes Quadratmeter Grundfläche eines jeden Stockwerke- (Keller und Dachboden mit gerechnet) nach 10 Pf. berechnet wird. Die Vermessung erfolgt von Außen- zu Außenkante des Gebäudes, wobei geringe Vorsprünge außer Betracht bleiben. Die Bestellung des Wassers für Bauzwecke hat durch den Bau herrn zu erfolgen, der auch Zahlung zu leisten hat. Der Wafferzins wird bei Gelegenheit der Baugenehmigung fest gesetzt und ist binnen acht Tagen nach deren Empfang an die Stadt kaffe zu bezahlen. 8 8- Herstellung und Unterhaltung der Zweigleitung. Die Herstellung der Zweigleitungen vom städtischen Hauptwasser rohr bis '/, Meter über dre Grundstücksgrenze bez. Hausumfaffung er folgt durch die Wafferwerksverwaltung. Die Kosten der Zuleitung haben die Hausbesitzer zu tragen, ausgenommen bei Neubauten und denjenigen Häusern, die bei Ausführung der Wasserleitung an diese angeschlossen werden. Diese Vergünstigung tritt aber nur dann ein, wenn das Haus von der mit dem Hauptrohrstrange der Wasserleitung versehenen Straße nicht weiter als 15 Meter entfernt ist, und bei Neubauten binnen 3 Monaten von der Ingebrauchnahme an ein Antrag auf Anschluß an die Wasserleitung gestellt wird. Die gewöhnliche Unterhaltung dieser Zuleitung übernimmt die Stadtgemeinde. Eine gänzliche, bez. theilweise Erneuerung der Zuleitung hat der Grundstücksbesitzer zu bezahlen. 8 8. Leitung innerhalb der Privatgrundstücke. Bei Herstellung von Privatleitungen im Grundstücke sind die hier über erlassenen Vorschriften vom 6. Juli 1895 zu beobachten. Die Herstellung erfolgt nach Wahl der Grundstücksbesitzer durch den von der Stadt anzustellenden Wassermeister oder durch einen Ge» Werbtreibenden, der vom Stadtrath hierzu ermächtigt ist. Eine den obigen Vorschriften nicht entsprechende oder schadhaft gewordene Privatlertung ist nach Weisung des Stadtraths sofort abzu ändern oder auszubessern, widrigenfalls der Wafferbezug solange gesperrt werden kann, bis die ergangene Weisung befolgt ist. Eine Vergütung für deshalb weniger bezogenes Wasser findet nicht statt. (Schluß in nächster Nummer.) «US vergangener Zett — für unsere Zeit. Vor 25 Jahren. (Nachdruck verboten). Paris, 22. August 1870. In der heutigen Sitzung des gesetz gebenden Körpers erklärte Kriegsminister Graf Palikao: Seit heute Morgen haben wir vom Marschall Bazaine vom 18. August gute Nach richten, die ick nicht detailliren kann. Dieselben zeigen bei Bazaine Energie und Vertrauen, das wir theilen. Die Vertheidigungsarbeiten von Pari- schreiten fort; wir sind bereit, jeden Feind zu empfangen. Dresden, 23. August 1870. König Johann hat den Truppen des 12. Armeekorps auf telegraphischem Wege heute folgenden Tages befehl zufertigen.lassen: „Soldaten, getreu Eurer Vergangenheit habt Ihr aufs Neue gekämpft und in altbewährter Hingebung und Tapfer« keit wiederum Ansprüche auf Meine ganze Anerkennung Euch erworben. Mit Stolz sieht Sachsen auf Euch und betrauert mit Mir die von Euch geforderten schweren Verluste. Ich aber entbiete meinen braven Truppen Meinen Königlichen Gruß und Dank. Gott sei mit Euch. Johann." Berlin, 23. August 1870. König Wilhelm, der in der Schlacht vom 18. selbst in Gefahr war, durch feindliche Granaten getroffen zu werden, sagt in einem Brief an die Königin Augusta u. A.: „Alle Trup pen, die ich sah, begrüßten mich mit enthusiastischen Hurrahs. Sie thaten Wunder der Tapferkeit gegen einen gleich braven Feind, der jeden Schritt vertheidigte rc. — Die 5. (Brandend.) Division war durch Ver- rath französischer Bauern einem sechsstündigen Kampfe ganz allein aus gesetzt. Das 35. Rgt. verlor von einer Kompagnie alle Offiziere ; von der Mannschaft blieben nur 50 übrig. Ein Kürassier-Regiment wurde fast aufgerieben. Infolge dieser großen Verluste, die vorzugsweise Ber liner Kinder und hier garnisonirende Regimenter betrafen, ist die Stimm ung in Berlin recht gedrückt. Man flaggt wohl noch, aber alle übrigen Freudebezeugungen sind verstummt. Paris, 23. August 1870. Die Regierung beruft alle ehemaligen Soldaten zwischen 25 und 35 Jahren, desgl. Offiziere bis zu 60 und alle tauglichen Generale bis zu 70 Jahren ein. Dieselbe hat soeben (23.) in England 40,000 Gewehre gekauft, welche in 3 resp. 8 Tagen eintreffen sollen. Alle mit Jagdscheinen versehenen Jäger sollen Frei korps bilden. — Als JuleS Favre in der heutigen Sitzung des gesetz gebenden Körpers erklärte, das Unglück des Landes käme von der ver- hängnißvollen Leitung desselben und die Kammer müsse sich erklären, ob das Land für die Aufrechterhaltung der Dynastie kämpfen solle, ent stand großer Tumult. Buffet sagte, die einzige Frage sei gegenwärtig die Vertreibung der fremden Heere. Infolge g<fftellter Anfrage erklärte der Minister Chevreau: Bazaine sei zu beschäftigt (!) um Berichte über das Heer einsenden zu können, preußische Plänkler seien in den Departe ments Marne und Auber erschienen und die französischen Truppen hätten Chalons verlassen, um die Vertheidigung des Landes zu sichern. 28. Depesche vom Kriegsschauplatz. Bar le Duc, 24. August, 9 Uhr Abends. Chalons ist vom Feinde geräumt, unsere Spitzen darüber hinaus. — Die Armee setzt ihren Vormarsch fort. v. Podbielski. Ansprache des Hrn. Diaconus Rudolph bei der Gedächtnißfeier am Kriegerdenkmal zu Eibenstock am 18. August 1895. Hochgeehrte Fcstversammlung, Kameraden! Ich hab mich ergeben Mit Herz und mit Hand, Im Leben und im Sterben, Dir theure« Vaterland. 25 Jahre sind e« her, seit solche Helle Begeisterung durch die Herzen der Männer zog, deren Gräber eben geschmückt worden sind, an deren Ehrendenkmal wir stehen. 25 Jahre zurück, da haben sic e« nicht bloß gedacht und geglaubt, nicht bloß gesagt und gesungen, da haben sic e« wahr gemacht: Ihre Brust haben sie dem Feinde geboten, ihr Leben dem Kugelregen ausgesetzt. 25 Jahre zurück, da waren sie noch frisch und gesund, aber da» Morgenroth de« 17. u. 18. August, da» Morgenroth so manch' anderen Zchlachttage» leuchtete ihnen zum frühen Tod. Heute, ein Viertcljahrhundert später, halten die Kameraden, die sic kannten und nicht kannten, und wir Alle mit ihnen in ernster Stunde Todtenseier. Aber ob wir ihnen auch nicht allen frische« Laub und bunte Blumen auf den schlichten Grabhügel legen können, wir winden ihnen einen Kranz von Immergrün und leuchtenden Blumen, die kein Herbststurm, keine Winterkälte zerstört. Der Tod, ihr Tod ist verschlungen in den Sieg, diesen Kranz legen wir aus ibr Grab. Drei lichte Blumen winden wir hinein. Ihr Tod ist verschlungen in den Sieg, da» ist ihre Ehre, der Hinterlassenen Trost, unser Dank. Ihre Ehre. Herrlich ist ein ehrenvolle» Leben, doppelt herrlich, wenn e» von einem ehrenvollen Tode gekrönt wird. Mil Ehre waren sic Soldaten, ehrenvoll haben sie gekämpft. Da» ist leicht gesagt, und doch oft schwer acthan. E» mag auch den Muthigsten im mörderischen Kampf dann und wann ein Schauer kalter Furcht überlaufen. Manchem mag die Seele matt geworden sein unter den furchtbaren Schmerzen auf dem öden, heißen Felde. Manchem mag der Heimath traute» Bild vor der Seele aufgestiegen sein, wenn er draußen auf einsamen Posten stand. Dann wache auf, deutsche Ehre, Mannesehre, und begeistere da« Herz zu neuem Muth, zu frischer That! Ehrenvoll haben sie gekämpft, ehrenvoll sind sie gestorben. Ehrenvoll ist c«, wenn der Sarg in Friedens zeit von Freunde»liebe reich geschmückt zu Grabe getragen wird, wenn Freunde und Verwandte in Menge ihn begleiten und da« Lob de« Todten ihm al« letzter Dank in die Ewig keit folgt. Aber wahrlich, nicht minder ehrenvoll ist c«, den Heldentod für'« Vaterland zu sterben, den Tod, der verschlungen ist in den Sieg. Ehre ihrem Tode! Ihr ehrt sie heute und wir mit euch. Ehre hat ihr oberster Feldherr aus sie gehäuft. In Ehren stehen sic beim ganzen Volke. Eingeschrieben ist ihre Ehre in'« Buch der Geschichte. So öffne denn deine leuchtend rothcn Blüthen, du stolze Blume der Ehre! Ihr Tod ist verschlungen in den Sieg, da« ist auch der Trost der Hinterlassenen. Wohl ist e« tief schmerzlich, den blühenden Gatten zu verlieren au« dem jungen Glück, tief schmerzlich, wenn der Sohn, der Bruder gerissen wird au» den Armen der Liebe. Bittrer noch ist e«, nicht einmal den Hügel zu wissen, unter dem Iheure Todtc ruhen, bittrer noch der Gedanke an die furchtbaren Schmerzen auf offenem Felde, die den Körper durchwühlt haben, bis der rettende TodcSengel die bleiche Stirne geküßt hat! Aber welch süßer Balsam in diese tiefen Wunden, welch' herrlicher Trost in solch' herbem Schmerz, zu wissen, daß sie nicht vergeblich gekämpft, gelitten, ihr Blut verspritzt haben! Für eine gute Sache haben sie gekämpft, für euch, die ihr weint, für un«, die wir sie ehren, für König und Kaiser, für'« theure, liebe, gesegnete Vaterland. Wa» wärest du, geliebte« Land, was wären wir, unterjocht heute von freinder Hand, geschlagen in eiserne Fesseln der Tyrannei, geknechtet vom fremden Volk! Sie haben e« ver hüten helfen. Ihr Tod war verflochten in den Sieg, in den Sieg de» Heere«. Verflochten wird er auch gewesen sein in den Tod de« Glauben«. So wird der himmlische Feldherr sie eingestellt haben in die große Heilsarmee der Seligen im Himmel. Der große himmlische Feldherr, der wohl von un« Muth, Vaterlandsliebe, Treue verlangt, — sie aber auch belohnt. Sei getreu bis in den Tod, so will ich dir die Krone de« Lebens geben. Eine Trauerrose steht an ihrem Grabe. Tief hängen ihre Zweige herab. Aber besät sind sie mit weißen Rosen. Die heißen alle: Trost für die Hinterbliebenen. Die 3. Blume in jenem Kranz ist der Dank den wir ihnen bringen. Zwar scheint der Tod de« Einzelnen im Kriege wenig zu bedeuten. So viele Schlachten wurden geschlagen in jenem ruhmreichen Kriege, und nur die einzige von Grave- lottc und Privat hat 20,000 Menschenleben gekostet. Wa» sind im Vergleich zu dieser Zahl die wenigen, die au« unserer Stadt mitgekämpft haben, die im Frieden vielleicht an den Folgen de« Kriege« gestorben sind, die draußen liegen aus dem blutigen Felde der Ehre! Und doch, die weite RuhmeS- haüe de« neuerstandenen deutschen Reiche« steht auf Gräbern, auf den Gräbern der Mitkämpfer, aus den Gräbern der Ge fallenen. Da« ist der feste Grund. Verbunden sind die Steine diese« Baue« mit Kitt von Blut und Tapferkeit, mit dem Kitt de» Blute«, da« draußen geflossen ist, mit dem Kitt der Tapferkeit, die draußen durchgesochten ist. Da war jede« Grab nöthig, den schweren Bau zu tragen, jede« Manne« Tapferkeit und Blut. Wir danken heute Gott und haben ihm schon in der Kirche gedankt. Wir danken unserem Kaiser und König, wie den geehrten Feldherr» und Führern. Aber wir danken nicht weniger, heute und immer mit Herz und Mund einem jeden, der seine Gesundheit, sein Leben zu geben bereit war, einem jeden, der e« gelassen hat. Dank euch, ihr wackeren Streiter! Dieser festliche Gruß au» eurer Vaterstadt klinge euch hinaus an eure Gräber. Dank euch! Dieser festliche Gruß klinge euch von der armen Erde in den reichen Himmel. Dank euch! So pflücken wir in dieser festlich feierlichen Stunde die Blume der Ehre, die Trauerrose de« Trostes, die blaue Blüthe de« Danke» und winden sie in den immergrünen Kranz: Ihr Tod ist verschlungen in den Sieg. Den legen wir auf ihr Grab. Der wird e« recht schmücken! Amen. Kin Ktückskind. Roman von C. v. Ilmenau. <Ll- Fortsetzung.) Rose wollte e« nicht glauben, Edgar horchte auf. „Und wo ist Elsa?" fragte Rose. Sie war ja so glücklich, durste die Freundin da leiden? „Elsa ist nach England gegangen!" lautete der Bescheid. „Mein Gott!" Edgar fiel ein Stein vom Herzen. Leise wandte er sich an Kurt: „Wa« ist'« damit, Kurt?" Kurt zuckte die Achseln: „Papa weiß e«! E» handelt sich um Briese. Papa hat sie endgültig vernichtet." Edgar athmetc aus. Er begriff Alle«. Er verstand jetzt Elsa« ängstliche Fragen nach seinen Briefen. — Vernichtet! Sehr gut! Aber wer, wer in de« Himmel« Namen hatte ein Interesse daran gehabt, Elsa zu verderben und ihn zu schonen? „Wa« grübelst Du, Schatz?" fragte Rose plötzlich. „Ich!" entgegnete Edgar. „Ich sinne nach, wie ich mir nun meinen Tag auf Birkau cintheilc!" Rose drohte mit dem Finger: „In erster Linie gehörst Du mir, erst in zweiter Linie dem Studium der Landwirthschast." „So sei e»!" Zahllose Gratulationen bekundeten e«, daß Birkau nun einen Herrn hatte. Man fühlte e» aber auch sonst. In der That war Herr Berthold Liebler wohl ein tüchtiger Land- Wirth der alten Schule, aber von den neueren Theorien wollte er nicht« wissen. Insbesondere sträubte er sich gegen die Kunstdüngung. Edgar hatte wohl recht, al» er gegen hundert Morgen Heide und Moor umbreche» und kultiviren ließ. Hier bewies sich der Kunstdünger in seiner vollsten Kraft. Man durfte Edgar nicht die Einsicht und den Verstand in der Landwirthschast absprechen, er saß bald fest im Sattel. Al« einen Krebsschaden de« Gute« sah er deshalb die über große Viehwirthschast an. Liebler wollte davon nicht« wissen. So kam e« bald zwischen den beiden zu Mißhelligkeiten, die den alten Herrn zur Hellen Verzweiflung brachten. Da er schien er denn eine« Tage« vor Rose und klagte, wie Herr von Güldau mit ihm verfahren. Er verlange seinen Abschied. Rose sah den Alten bittend an: „Geht c« denn nicht ander«, lieber Herr Berthold?" fragte sie. Der Alte küßte ihr die Hand: „O, gnädige Frau, Sie sind ein Engel; aber der Herr Baron sind oft sehr rücksichtslos." „Er hat viel zu bedenken, Herr Liebler. Außerdem haben wir alle unsere Fehler. Da« Alter zumal ist oft querköpfig." „Ich nicht, gnädige Frau." „Ueberlegen Sie e« nochmals." „Gut, ich will'« der gnädigen Frau zuliebe nochmals versuchen." Der Inspektor ging. Rose schüttelte den Kopf. Edgar verstand da« Gesinde nicht gut zu nehmen; fortwährend kamen Exzesse vor, die sich später rächen mußten. Aber er war doch ihr Gatte und sie konnte von ihm nicht abfallen. Oft dachte sie schon daran, Birkau zu verlassen und in die Stadt zu ziehen; dem aber widersetzte sich entschieden Edgar. „Dann, lieber Schatz," sagte er, „hätte ich im Amte bleiben müssen; der Müßiggang brächte mich ja um." „Du hast recht." „Gieb acht, Rose," fügte er nun hinzu, „ich werde noch einmal ein tüchtiger Landwirth." Sie glaubte e« und vertraute ihm. „UebrigenS," setzte er hinzu, „müssen wir unsere Visiten abwickeln, Poppau«, Wildenborn, die Familie von Horst, die Sparkelein« dürfen wir auf keinen Fall vergessen." „Laß uns da« bald thun," bat Edgar. „Später wird es un« nur lästig." So geschah c« denn und die guten Beziehungen zu den Nachbarn wurden unterhalten. Bald wurde auch die Pfarre wieder besetzt; der neue Pastor Wolfshagen war ein eif riger Verehrer Edgar«, und beide Familien verkehrten viel zusammen. Man durfte Edgar einen gewissen Fleiß im Stu dium der Landwirthschast nicht absprechen. Da- Unglück wollte aber, daß er auch viel probirte und zuweilen große Summen zwecklos verausgabte. Auf die Dauer hielt der alte Inspektor da« nicht aus. Al« er diese« Mal um seinen Abschied bat, konnte ihn Rose nicht nochmals abschlagen. Er verließ mit dem Herbst Birkau und zog in die Stadt. Sein Nachfolger, ein Herr Albrecht Silcher, war gefügiger und ging auf alle Ideen Edgar« ein. Es ist eine allbekannte Wahrheit, daß die ganze Welt dem goldenen Kalbe nachläust! Wa« ist Talent, wa« Kunst, was Wissen, wa« Geist, wo da« Geld mit ihnen in den Wettbewerb tritt? Edgar galt bald unter den Oekonomen im Kreise al« ein große« Licht. Man wählte ihn sogar zum Präsidenten der landwirthschastlichen Gesellschaft, welcher Stelle er durch würdige Repräsentation Ehre zu machen suchte. Auffällig drängte sich Rols von Wildenborn an den Herrn von Birkau. Er war c« haupt sächlich, der Edgar überredete zu der Errichtung einer land- wirthschaftlichcn Zucht- und Versuchsstation, die bald ohne jeglichen Nutzen ungeheure Summen verschlang, indem kost bare Rinderrassen, Zucht-Schasböcke, theure« Rindvieh und selbst Ziegen, spanische Schafe und ausländische Schweine angekaust wurden, die sich in den wenigsten Fällen bewähr ten. Wer einen Luxus an Federvieh erblicken wollte, brauchte nur nach Birkau zu gehen, wo theure Pfauen, Perlhühner und Fasanen in Mengen herumliefen. Edgar war von je her Pferdeliebhaber gewesen, jetzt wurde die Manie zur Ma rotte. Ja, die reichsten Grundbesitzer errichteten sogar zu Adelsberg einen Turf-Verein, der bald berühmt wurde. Mit den Sportsleuten trat Edgar nun in die engste Verbindung. Er hatte früher schon da« hohe Spiel geliebt, jetzt ward da« Hazard sein liebster Zeitvertreib. ES war an einem Hellen Wintertage, al» Rose zur Stadt fuhr, um hier häusliche Bedürfnisse im großen einzu- kausen. Plötzlich stand sie, die stet« bei ihrer Einfachheit ge blieben, vor — Herrn Berthold Liebler. „Nun, Alterchen," sagte sie leutselig, „wie geht'«?" „Na, gnädige Frau," lächelte der Alte, „da« ungnädige langsame, vergeßliche Alter rückt mir auf den Pelz!" — „Ei, Sie sind noch so rüstig!" „Ja, ja, wie man« nehmen will; ich merk'« aber doch, entbehre Bewegung und Aufenthalt in der Landlust!" — „Warum gingen Sie?" Der Alte, der die gnädige Frau begleitet hatte, blieb stehen: „Warum, gnädige Frau? Ick bin heute nicht mehr vom Herrn Baron, der einen mit den dunklen Augen so drohend anfunkelte, sobald man sich ein selbstständige« Wort erlaubte, abhängig, heute kann ich mich frei aussprechen. Warum ich ging? — Weil ich nicht sehen mochte, daß Birkau, da« ich dreiundzwanzig Jahre treu ver waltet und aus die Höhe seiner Leistungen gebracht, systema tisch zu Grunde gerichtet wird!" „Wird e« da«?" „Ohne Zweifel!" — „Wie wissen Sie da«?" Der Alte lächelte: „Ein alter Soldat, gnädige Frau, behält bi« zum Abmarsch in die große Armee die Vorliebe für den Soldatenstand ; ein alter Landwirth verfolgt sein Fach ebenso bi« zum Ende!" „Sie haben also auch Birkau« Entwickelung verfolgt?" „Entwickelung? Sagen Sie Verwickelung! Wir haben jetzt Februar! Wa« in dieser Beziehung seit dem Herbst auf Birkau geleistet ist, übertrifft alle Erwartungen. Nach meinen Berechnungen sind dort in sechs Monaten über 30,000 Thaler vcrwirthschaftet." „Bar?" „Ja, gnädige Frau." Rose erschrak und sagte dann: „Sic übertreiben, alter Freund. Da» grillige Alter läßt Sie durch die dunkelste Brille sehen." Herr Liebler lächelte: „Gott sei Dank, daß ich eine solche nicht gebrauche! Aber, gnädige Frau, wissen Sie, wer de« gnädigen Herrn böser Genius ist? Der Herr von Wil denborn ist'«!" (Fortsetzung folgt.)
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