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pathie» der Völker größtcntheil« auf der Seite Frankreich« waren und daß Deutschland erst durch allein und ahne fremde Hilfe erfochtene Siege, durch eine» beispiellos siegreichen Feld zug gegen die bislang unbesieglichsie Nation sich die Achtung der Völker erringen mußte. Am 31. Juli verließ König Wilhelm Berlin, nachdem er noch eine Amnestie für alle politischen Vergehen erlassen; mit ihm ging da« mobile Kriegsministerium und der Kanzler der Norddeutschen Bundes, Gras Bismarck. Tagesgeschichte. — Deutschland. Das nach Marokko entsandte deutsche Geschwader soll noch eine Verstärkung erhalten. Der Kreuzer 3. Klasse „Marie", der auf der Heimreise von Ostasicn begriffen ist und bereits da« Rothe Meer durchquert hat, wird ohne Aufenthalt zu nehmen, nach Tanger in See gehen und zu den drei deutschen Schiffen „Kaiserin Augusta", „Stosch" und „Hagen" stoßen. — Berlin. Während der Kaisermanöver in Pom mern soll ein Eavallerie-Nachtmanöver geplant sein. ES solle sich um Versuche handeln, die zeigen sollten, ob die Verwendung von Reiterei in größeren Verbänden auch außer halb der Straßen in der Nacht möglich ist, und zu welchen Erfolgen die Eavalleric e« in dieser Hinsicht bringen könne, wie sie in der Finsterniß zu führen sei u. s. w. Bei früheren Manöver» sind derartige Uebungen bei Nacht nicht abgehallen worden; diesmal aber sollen u. A. Attacken geritten werden, doch könne dabei von Reiterangrissen in starker Gangart natür lich nicht die Rede sein. UcbrigcnS wurden schon bei Hoch kirch von der Fridcricianischen Eavalleric in der Nacht schneidige Attacken gerillten. — ES ist schon bekannt geworden, daß die Zahl der deutschen Auswanderer nach den Vereinigten Staaten von Nordamerika im vergangenen und im laufenden Jahre eine» ganz bedeutenden Rückgang aufweist. 'Nun ist au« dem eben erstatteten Jahresbericht der Hamburger Behörde für da« AuSwandcrcrwcscn zu entnehmen, daß zum ersten Male seit langer Zeit, vielleicht zum ersten Male überhaupt, die Zahl der deutschen Rückwanderer au« Nordamerika beinahe eben so groß ist wie diejenige der Auswanderer. Das Verhältniß stellt sich wie 7 zu 10. Während im vergangenen Jahre nur 38,827 Auswanderer nach Amerika befördert wurden, stieg die Zahl der von Amerika nach Hamburg beförderten Per sonen aus 24,852, zu denen noch 1174 mittellose Rückwanderer über England hinzukamen.. Diese Ziffern führen eine sehr beredte Sprache und können nur die jüngst von Washington aus erfolgten WarnungSrusc vor einer Auswanderung nach den Vereinigten Staaten verstärken. — Bulgarien. Durch zwei durchaus verschiedene, aber ohne Zweisel in geistigem Zusammenhänge stehende Er eignisse ist da« Fürstcnthum Bulgarien in eine ganz unbe rechenbare Krisis gestürzt worden. Bulgarien hat in diesen Tagen seine ganze ruhmvolle Vergangenheit, welche auf die Erlangung der Selbstständigkeit und Freiheit de« bulgarischen Volkes gerichtet war, verleugnet, denn während eine bulgarische Deputation unter Führung de« Metropoliten Klement und de« Kammerpräsidenten Theodoroff in Petersburg mit Erfolg um Rußlands Gunst wirbt, haben die Helfershelfer der Russensreunde und Panslavisten den früheren bulgarischen Mi nisterpräsidenten Stambulow, der seinerzeit mit so großem Erfolge Bulgariens Selbstständigkeit gegen Rußland vcrthei- digtc, mcuchelmörderisch überfallen. Heuchlerisch ist es, wenn die jetzige bulgarische Regierung und die jetzt herrschende rus sische Partei ihre Hände in Unschuld wäscht und das Gerücht verbreiten läßt, als sei Stambulow da» Opfer einer Privat rache geworden. Auch der Umstand, daß die bulgarische Re gierung einen Preis aus die Mörder Stambulow« gesetzt hat, darf 'Niemanden irre führen, ist cs doch klar, daß Stambulow den jetzigen Machthabern in Bulgarien jedenfalls im gegen wärtigen Augenblick ganz besonder« gelegen sterben würde. Sie haben eine Untersuchung gegen ihn cinlciten lassen, welche von Anfang an in ihrer ganzen Einleitung und Durchführung verfassungswidrig war und bei welcher e« sich von vornherein nicht um Gerechtigkeit, sondern um die moralische und wo möglich auch physische Vernichtung Stambulow« unter Zu hilfenahme einer kläglichen parlamentarischen und gerichtlichen Farce handelte. Ohne Zweisel hat die Untersuchung aber auch unter diesen Umständen keine Erfolg verheißenden Er gebnisse geliefert. Der Lebendige konnte sich vertheidigen; über den Todten kann man zusammenlllgen, was man für zweckdienlich erachtet. Der 15. Juli wird daher ein schwarzer Tag in der Geschichte Bulgariens bleiben; nicht blo« Stam bulow, sondern höchst wahrscheinlich da« selbstständige Bul garien in eigener Person ist an dem Tage zu Tode getroffen worden. Schon lange war Stambulow« Haupt für den Meuchelmord gezeichnet. Seit seinem Sturze fühlte er sich keinen Tag seines Lebens sicher, und höchst schwächlich war der Schutz, den ihm die öffentliche Gewalt nicht nur gegen Beleidigungen aller Art, sondern auch gegen Ihätliche Be drohungen gewährte; er mußte sich selbst mit Beschützern um geben, sich in seinem Hause sozusagen verschanzt halten. Nun hat man ja den einstigen berühmten Träger der bulgarischen Selbstständigkeit auf diese schändliche Weise unschädlich ge macht, aber in Einem haben sich die Thäter und die Mit schuldigen verrechnet: Die Theilnahmc und die Werthschätzung Europas, welche früher den Bulgaren so eifrig zugewandt wurde und ihnen eine so große moralische Stütze war, ist ihnen unrettbar verloren gegangen; denn wer mag noch Sym pathien für ein Volk haben, welche« so außerordentlich wankel- müthig und erbärmlich in seiner politischen Gesinnung ist, welche« heute da« verbannt, wa« e« gestern noch angebetet hat! Und ob die Bulgaren nun bei den Russen da« ihnen angeblich fehlende Glück finden werden, dürfte doch noch sehr zweifelhaft sein. Auch werden England, Deutschland, Oester reich, Italien, die Türkei und Rumänien schwerlich gestatten, daß Bulgarien ein Tummelplatz für russische EroberungSpläne im Orient werden wird. Stambulowist Donnerstag Morgen 3 Uhr 35Min. ge storben und Bulgarien steht am Sarge seine« bedeutendsten Manner, der alle seine Landsleute weit überragte. Die letzten Telegramme bereiteten aus diesen traurigen Ausgang vor. Nach einem Mittwoch Abend ti Uhr auSgegebenen Bulletin zeigte eine der Wunden Brandsymptome, die Temperatur war aus 39" gestiegen. Gegen 10 Uhr Abend« trat die Agonie ein, Stambulow hatte anscheinend Bewußtsein und Sprache verloren. Einige Vertreter fremder Mächte waren bei seinem Verscheiden anwesend. Das Attentat aus Stambulow ruft in allen Eultur- staaten, mit Ausnahme de» russenfreundlichen Frankreich, all gemeine Entrüstung hervor, die in den Blättern aller Richt ungen zum Ausdruck kommt. Die römischen Blätter „Tribuna" und „Riforma" konstatiren, daß Bulgarien durch derartige Scencn die Achtung aller Culturvölkcr verlieren müsse. 'Noch härter drückt sich da« officiöse „Giornale" au«, dessen Leit artikel mit den Worten beginnt: „Der Stoß, der Stambulow traf, kam von Rußland." Da« Blatt zieht alSdann in schärfsten, schonungslosen Ausdrücken gegen die russische Politik zu Felde, die seit fünfzehn Jahren mit dem Dolche arbeite, um die Bulgaren gefügig zu machen. Locale und sächsische Nachrichten. — Eibenstock. Der Grenadiertag, der nun be stimmt am 18. August v. in Zwickau stattfindet, scheint immer umfangreicher zu werden. Herr Major von Haupt hat den Ehrenvorsitz übernommen. Außer dem gejammten 9. Infanterie- Regiment Nr. 133 mit sämmtlichen Offizieren werden auch alle Militär-Vereine Zwickau'« theilnchmcn. Alle« Nähere ist in PöhlandS-Restauration zu erfahren. — Schönheide. Beim Sammeln von Heidelbeeren wurde hier die 11 jährige Tochter de« Druckers H. von einer Kreuzotter in einen Finger der rechten Hand gebissen. Leider mußte längere Zeit verstreichen, ehe ärztlicher Rath in An spruch genommen werden konnte. Infolgedessen ist der Be treffenden Arm und die Brust bedeutend geschwollen. Auch bei diesem Falle zeigte sich recht, wie so ost durch Anwendung unsinniger Mittel, wie hier da« Tauchen de« Arme« in Jauche, die Sache nur verschlimmert wird. Hoffentlich gelingt e« der ärztlichen Kunst, alle Gefahr zu beseitigen. — Schönheide, 19. Juli. Gestern Abend gegen V,7 Uhr entstand hier abermals Fcuerlärm. Auf dem Dach boden der an der BahnhofSsttaße nach Bahnhof Schönheide gelegenen Bürslcnfabrik war auf noch unaufgeklärte Weise Feuer ausgebrochen. Das Gebäude brannte vollständig aus, das Nebengebäude ist erhalten. Der Besitzer hat versichert. Auch ist das Mobiliar zum größten Theil gereitet. — Pirna, 16. Juli. Ein mit Mißhandlungen ver bundener Ueberfall wurde in vorvergangener Nacht auf den hiesigen Stadtwachtmeistcr Funke verübt. Als er Morgens gegen '/,2 Uhr in seine in der oberen Burgstraße gelegene Wohnung zurückkehren und an dem mit einem großen, ge wölbten EingangSthore versehenen Nebenhause Vorbeigehen wollte, stürzte ein dort verborgen gewesener Mann hervor und warf den überraschten Beamten, noch ehe derselbe sich zur Wehr setzen konnte, mit großer Gewalt auf die Straße nieder, woraus er auf ihn kniete und mit zwei Anderen, die sich eben falls verborgen gehalten hatten, furchtbar auf ihn einhieb. Funke hat am Kopfe, an der Stirn und im Gesicht zahlreiche blutige Verletzungen. Die Hilferufe de« Mißhandelten sind ungehört verhallt. Al« Schritte vernehmbar wurden, haben die Thäter die Flucht ergriffen. Die Urheber de« Uebersalle«, bei dem e« sich zweifellos um einen Racheakt handelt, sind bereits in zwei bei der Bahnmeisterei Pirna beschäftigt ge wesenen Streckenarbeitern, sowie einem hiesigen Bierkutscher ermittelt und verhaftet worden. Nach einer späteren Meldung geben die Verletzungen des Ueberfallenen zu schlimmeren Be fürchtungen keinen Anlaß. — Löbau. In unserem 'Nachbarstädtchen Neusalza — so schreibt der hiesige „Postillon" — hatte ein Viehhändler ein Schwein abstechcn müssen, weil cS ihm nicht gesund vor kam. Die Wirth!» de« Gasthofe« „Zum Kronprinzen" dachte da« Fleisch aber noch zu verwende», und so schickte man zum Trichinenschauer, der cS für Irichinenfrei erklärte. Der Thier arzt, den man ebenfalls benachrichtigte, erklärte da« Fleisch aber für ungenießbar und ordnete die Vergrabung desselben an. Als sich am nächsten Tage der Gendarm von der Aus führung der ungeordneten Maßregel überzeugen wollte, mußte er erfahren, daß man Nacht« dem Grabe de« Schweine« einen Besuch abgestattct und dasselbe zu drei Viertheilen gestohlen hatte. Der Trichinenschauer und noch zwei Complizen sollen die Räuber gewesen sein; inan hat sich ihrer Personen vor läufig durch Verhaftung versichert. Aus vergangener Zeit — für unser« Zeit. Vor 25 Jahren. (Nachdruck V.I boten). Berlin, 20. Juli 1870, Nachm. Die „Prov.-Korr." sagt bezüg lich der französischen Kriegserklärung, die armselige und lügenhaste Be gründung bezeuge den freventlichen Uebermuth und den Leichtsinn, wo mit Frankreich den Krieg beschlossen habe. Die Großmächte hätten ver geblich versucht, Frankreich von der Unternehmung des ungerechten Krieges zurück zu halten. Alle Nationen verurtheilten Frankreich. Die preußischen und deutschen Kriegsrüstungen erfolgen ruhig und eifrig. Die deutschen Armeen werden baldigst zur Abwehr getrost hinauSzieben können. Obwohl die französischen Heeresrüstungen lange vorbereitet seien, wird dies, Dank unserer trefflichen Heeresoryanisation, bald aus geglichen sein. Möglich ist eS, daß die Franzosen ihren augenblicklichen Vortheil auszubeuten suchen; dies ist indeß für den Gesammtverlauf des Krieges nicht entscheidend. Deutschland darf der Führung seines Oberfeldherrn und seiner Räthe vertrauen. Wir wollen uns rein halten von Ueberhebung , zu Kleinmuth ist kein Grund! München, 20. Juli 1870. Der bayerische Gesandte in Berlin ist telegraphisch angewiesen, dem Grafen Bismarck mitzutheilen, daß in Folge der französischen Kriegserklärung an Preußen und des stattge habten Angriffs auf deutsches Gebiet die bayerische Regierung auf Grund des Allianzvertrages, als Verbündete Preußens, dem Krieg gegen Frank reich gleich sämmtlichen deutschen Regierungen beigetreten sei. Darmstadt, 20. Juli 1870. Die erste Kammer und die Kam mer der Abgeordneten genehmigten beide einstimmig den Gesetzentwurf, betreffend die Kriegsanleihe, und ertheilten die Ermächtigung auch zu den anderen von der Regierung vorgeschlagenen Maßregeln. Dresden, 20. Juli 1870. Wie sehr hatte sich Frankreich ver rechnet, als es auf die Fortdauer der alten Zwietracht unter den deutschen Stämmen rechnete, dre Spekulation auf Süddeutschland war fehlge schlagen. Ganz Deutschland stellte sich wie ein Mann den Franzosen in Waffen gegenüber. Speziell auch in Sachsen hat man, mit einzelnen traurigen Ausnahmen, den von 186« her vorhanden gewesenen Groll vollständig vergessen ; man fühlt, spricht und handelt deutsch; man ist voll Erbitterung über die maßlose Frechheit, mit der man von Frank reich aus den Frieden Deutschlands und duS Glück von Millionen zu stören wagt. Die Stimmung im sächsischen Volke ist begeistert, die Zeitungen bringen den deutschen Patriotismus hell entzündende Leit artikel : „Das Volk steht auf, der Sturm bricht loS! DaS ist die große Signatur des Tage-. Fürwahr, wir leben in einer herrlichen Zeit, einer Zeit, die sich den ruhmreichen Epochen unserer deutschen Geschichte anschließt! Wie im Jahre 1813, nicht anders, regt es sich allenthalben im deutschen Volke: die Freudigkeit, Opfer darmbringen für das theure Vaterland, Opfer an Gut und Blut, Opfer an Allem, was dem Menschen Werth und theuer sein kann, kennt keine Grenzen mehr!" Dresden, 21. Juli 1870. DaS Dresdner Journal veröffentlicht einen patriotischen Aufruf zur Organisation eine- Freiwilligen KorpS Sächsischer Felddiakonen sowie einen zweiten Aufruf zur Sammlung von Spenden für die durchziehenden Krieger und die zurückbleibenden Familien der VaterlandSvertheidiger. Ganz Sachsen steht für die deutsche Sache! — Nach der erfolgten Bormusterung der Pferde im Lande wur den die für tauglich befundenen von den Kommissionen für den Staat käuflich erworben. — Manche tiefrührende Szene ging heute an den Augen der Einwohner vorüber; die Reservisten und Landwehrleute wur den ihren Truppenteilen zugetheilt. Der Meister mußte sich von seinem Geschäft, der Vater von der Familie, der Bräutigam von der Braut, der Sohn von den Eltern trennen. Wie schwer auch Vielen der Ab- schied von den Lieben werden mochte, sie zeigten doch sämmtlich würdigen Ernst und muthig brave Haltung. Laffe der Herrgott, so beten die Zurückbleibenden, unsere Söhne und Brüder sieggekrönt mrückkehren auS dem Kampfe gegen den Erbfeind unseres deutschen Vaterlandes! — Seit heute ist auf den Sächsischen StaatSeisenbahnen der aesammte Güterverkehr eingestellt. Vom 23. an wird der gesaminte Personenver kehr als fahrplanmäßiger Verkehr eingestellt, da die Betriebsmittel der Bahnen durch die Truppenbeförderungen in Anspruch genommen werden. Berlin, 21. Juli 1870. Im Reichstage zeigte Präsident Simson an, daß die Deutschen in St. LouiS in einer Adresse an daS deutsche Volk ihre Zustimmung zu dem nationalen Kampf aussprechen, welcher die Freiheit und Einheit Deutschland- besiegeln werde. Gleichzeitig wird 1 Million Dollar für die Invaliden, Wittwen und Waisen der Gefallenen überwiesen. — Die Creditvorlage über 120 Millionen Thaler ward im Reichstage in 3. Lesung mit allen gegen 2 Stimmen angenommen. Köln, 21. Juli 1870. Die „Köln. Ztg." meldet aus Trier, daß am lü. Juli ein unblutige- Renkontre zwischen preußischer Infanterie und Ulanen der Garnison von Saarbrücken und französischen Chasseurs stattfand. Die Letzteren nahmen nach einigen Schüssen den Angriff nicht an und zogen sich, von den Ulanen weit auf französische- Gebiet verfolgt, zurück. Berlin, 22. Juli 1870. Die Franzosen rühmen sich, daß sie immer an der Spitze der Zivilisation marschiren; o ihr Heucbler, wer marschirt an der Spitze eurer Heere? Die Zephire, Turkos und Zuaven, die ein ehrlicher französischer Soldat selber über die Achseln ansieht. Die Zephire sind Sträflinge und Verbrecher, deren 6 Bataillone in Afrika stehen und nur durch Tapferkeit im Kriege ihre Freiheit wieder erringen können. Sie desertiren gern und deshalb steht immer eine Truppe hinter ihnen, die sie im Rücken faßt; beim Sturm einer Schanze müssen sie voran; denn sie gelten als Kanonenfutter; sie stehlen wie die Raben im eigenen Lager und werden von den andern Soldaten ver achtet. Ihr Hauptkennzeichen ist eine kleine Patronentasche mit Deckel von Kalbfell. Die Turkos sind Neger, Kabylen oder Araber, drei mit Bajonnetgewehren bewaffnete Regimenter, ihre Uniform ist hellblau mit gelbem Besatz an Jacke und Plastron, rothe Schärpe, weißer Turban. Der Turko läuft dem Feinde mit wüthendem Geschrei und Geheul wie Katzenmusik entgegen , er ist wild, aber feige, wenn es Mann gegen Mann geht, grausam gegen Wehrlose, hündisch, wenn ihm ein Stärkerer entgeaentrilt. Die Oesterreicher bei Magenta und Solferino haben nicht viel Federlesens mit ihnen gemacht. Die Zuaven sind bekannt, sie sind Schütze», etwa wie die Füsiliere. Sie suchen die franz. Beweglichkeit beim Angriff durch einen Kioitzlauf zu verstärken. Nur Ruhe, ihr preuß. Füsiliere, den Schuß ohne Uebereilung abgegeben und der Kiebitz be sinnt sich leicht, er will seiner schönen Jacke kein Loch machen lassen. Gin Kkückskind. Roman von C. v. Ilmenau. l». Fortsetzung.) „Kind," sagte er, „Sie haben etwa« Besondere« an sich; Sie sind zur Lehrerin geboren! Bleiben Sie als solche bei uns, und wir wollen Ihnen gern pro Jahr außer Wohn ung und freier Station dreihundert Thaler zahlen!" Ella sagte sogleich: „Schlage ein! Würde c« mir geboten, Rose, ich thät'S sofort! Natürlich, die Vormünder müssen es bewilligen! Sie werden c«, denn Du mußt doch einen Beruf ergreifen!" „Und Du?" „Bi« zur Hochzeit werde ich Gouvernante!" „Und ich?" fragte Elsa. „Du wirst zu demselben greifen müssen!" lachte Ella. Da wurde Rose nachdenklich und sagte: „Ich nehme es nicht an! Ich gehe auf ein Jahr mit Elsa zusammen zu Eva Holzer, und wir erlernen beide die Landwirthschaft! Was meinst Du, Elsa?" Elsa von Lindblatt ward roth wie Blut: „Gehe Du, Rose; ich bleibe bei Onkel Lindblatt! Ich besitze dermaleinst ja kein Gut!" setzte sie hinzu. Rose nickte: „So soll es sein!" Und der Herbst kam, und mit ihm der Abschied der drei voneinander. Die Vormundschaft aber hieß Rose« Plan gut. So kam Rose nach Wistringen auf Eva« Hof. Hier erblühte Rose zur vollen Jungfrau in der edelsten Bedeutung des Wortes, so daß Rombergs bei ihrer Rückkehr staunten, so gesund und stark war sic geworden. Rose hatte da« Landleben so lieb gewonnen, daß sie erklärte, sie wolle auf Birkau wohnen, womit die Vormünder einverstanden waren. Damals schrieb Rose sogleich an Elsa, sie möge nach Birkau kommen. Und so geschah es. An einem schönen Oktoberabend trafen beide im Herrenhause zu Birkau ein, wo Inspektor Liebler sie ehrfurchtsvoll empfing. 3. Die Herri» vo« Birkau. Die Damen saßen mit Mamsell Ritter, die schon seit Juli auf Birkau weilte und da« Hau« in Ordnung gebracht hatte, am Kaffeetifch. ES war morgen« früh, denn Rose hatte das Frühaufstehen bei Eva Holzer liebgewonnen. Rose blühte wie eine Namensschwester zur Sommerzeit; Elsa von Lindblatt sah bleich aus, noch ätherischer al« sonst. Ihre Schönheit war jetzt geradezu bestechend. „Nun sage mir endlich einmal," begann Rose da« Ge spräch, „wa« Dir fehlt, Elsa!" „Was sollte mir fehlen?" wich Elsa au». „Macht er Dir Kummer?" Elsa schüttelte den Kopf, „Auch liegt« in weiter Ferne!" „Hoffnungslos?" „Fast!" „Dars ich e« noch nicht wissen?" Elsa schüttelte den Kopf. „Ich glaube, e« war eine Jugcndneigung; man sagt, diese sollen sich selten nur realisiren!" Rose ließ den Kops sinken: „Da hat die Welt schon recht. — Fehlt Dir sonst nicht»?" Elsa blickte auf: „Liebe Rose, soll ich Dir'« sagen: Du hast mir gefehlt beim Onkel, sodann frische Lust und Bewegung. „Aermste! Nun, wir wollen Dich hier schon zurecht kriegen; nicht wahr, Mamsell Ritter?" Die kugelrunde Dame lächelte und meinte dann: „Sic sollen bald wie Rose blühen, gnädiges Fräulein." „Da« ist schön," entgegnete Elsa, „ich bin auch sehr eitel!" Rose lachte: „Da» glaube ich nicht! Diesen Fehler trägst Du am wenigsten an Dir." „Meinst Du?" „Apropos," ergriff hier Rose wieder da« Wort, „ich habe Dir die Vordcrzimmer nach dem Park hinaus gegeben; sind sie Dir recht, Elsa?"