Suche löschen...
Amts- und Anzeigeblatt für den Bezirk des Amtsgerichts Eibenstock und dessen Umgebung : 30.07.1895
- Erscheinungsdatum
- 1895-07-30
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id426614763-189507308
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id426614763-18950730
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-426614763-18950730
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Amts- und Anzeigeblatt für den Bezirk des Amtsgerichts ...
-
Jahr
1895
-
Monat
1895-07
- Tag 1895-07-30
-
Monat
1895-07
-
Jahr
1895
- Links
- Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
verwundet und mußte nack Saarlouis zurückiranSportirt werden; er war der erste Verwundete deutscherseits in diesem Kriege. Schon elf Tage hatten die kleinen Gefechte gewährt, als endlich der Kaiser Napoleon die ösfenilichc Meinung in Frankreich, die bereit- ungeduldig zu werden anfing, durch einen großen Coup zu befriedigen beschloß. Dieser große Streich sollte die Eroberung Saarbrücken- sein; ohne hin wäre die Einnahme dieser offenen Grenzstadt just keine große Sache gewesen, allein da- Ganze wurde zu einem leeren Schaustück durch die Umstände, unter denen die Ein nahme erfolgte, ja nochmchr zu einer Verlegenheit für die Franzosen, al« sie erfuhren, wie es wirklich bei diesem „Siege" zugcgangen. Am 2. August in der Frühe setzte sich das Frossard'sche Corp« von Forbach aus in Marsch; drei Zwölspfünder-Batterien und eine Mitraillcusenbattcrie auf der Höhe de- Spicherer Berge« unterstützten da« große Unternehmen. General von Gäben, der Kommandeur de« 8. Eorp«, der dem Major v. Pestel als Anerkennung seiner aus gezeichneten Verdienste seine Ernennung al« Oberstlieutcnant überbracht hatte, prüfte selbst nochmal« die Vage, da man die treue Stadl nur mit schwerem Herzen in Feindesland fallen sah, allein c« blieb bei dcni Beschlüsse, daß Saarbrücken vor überlegenen feindlichen Massen geräumt werden solle. Gegen 10 Uhr Morgens wälzten sich die französischen Kolonen den Spicherer Berg herab. Muthig ging ihnen Lieutenant v. d. BerSwordt niit seinem kleinen Zuge entgegen und da« Schicß- gesccht begann; nur Schritt um Schritt und nur, uni nicht abgeschnitten zu werden, zog er sich allmählich zurück. Die :>. Compagnie, von S«. Johann hcrbeieilend, besetzte da« „Rothe Hau«", mit der 8. Compagnie verstärkte Major v. Horn den Posten auf dein Winterbergc und Hauptmann Grundner be setzte die Löwcnburg. Zwei Kilometer nordwestlich von St. Johann standen zwei Geschütze unter Lieutenant Meyer, die den Feind mit Granatfeuer empfingen. So nahmen diese Handvoll deutscher Truppen den Kampf gegen ein französisches Armeekorps und mehr al« die« auf. Immer im letzten Augen blick und von einem Hagel von Geschossen überschüttet, räumten die Tapferen die von Anfang an unhaltbaren Stellungen und zogen sich zurück. Al« die Preußen den Winterbcrg und den ReppcrtSbcrg geräumt hatten, schassten die Franzosen aus den letzteren Kanonen und Mitraillcusen hinauf und der Sohn de« Kaiser« hatte in dessen Gegenwart die Ehre, die neue Kugelspritze zum ersten Male abzufcucrn, ohne indeß unter der 10. Compagnie, die eben von St. Johann abmarschirte, Schaden anzurichten. Die Franzosen überschütteten die wehr lose Stadt, auch al« kein Preuße mehr in Sicht war, mit Gewehr- und Granatfeuer und benahmen sich dann, al« sie nach Saarbrücken selbst kamen, trotz strengster Befehle der Offiziere, sehr roh, plünderten und beschädigten zwecklos da« Eigenthum der Bewohner; so daß man daraus schon abnehinen konnte, wessen man sich zu versehen habe, wenn sie wirklich Sieger blieben. Da« fast 4 stündige Gefecht hatte den Preußen 4 Offiziere, 8 Todte und 64 Verwundete gekostet, den Fran zosen 6 Offiziere und 80 Mann. General Frossard, der recht betreten war, al« er erfuhr, daß sich seine drei Divi sionen und 30 Geschütze mit drei Compagnien u. 4 Geschützen gemessen hatten, sowie die höheren Offiziere bezeugten der Stadt, die Frankreich gar zu gern behalten hätte, ihr Wohl wollen und begegneten insbesondere dem Bürgermeister Schmid- born mit großer Höflichkeit. Die Franzosen machten au«, diesem Gefecht einen „großen Sieg". Der Kaiser schickte einen ziemlich lächerlichen Bericht nach Pari«, in welchem e« hieß, Loui« habe die Feuertaufe mit bewundcrnSwcrthcr Kaltblütigkeit empfangen: „Unsere Armee hat die Offensive ergriffen; ungeachtet der Stärke der feindlichen Stellung reichten einige Bataillone hin, um die Höhen zu nehmen, welche Saarbrücken beherrschen; der Elan unserer Truppen war so groß, daß unsere Verluste nur un bedeutend waren." Die Bedeutung der Sache wurde von den französischen Journalen in üblicher Weise übertrieben und an Wundcrgcschichten über die Wirkung der Chassepot« und Mitraillcusen fehlte e« nicht. Ganz Pari« schwamm in Wonne und berauschte sich an diesem ersten und letzten Lächeln de« Glücke«. Um so schlimmer war später da« Erwachen au« dem Siegestaumel. Tagesgeschichte. — Dcutschland. Bor zwei Jahren ging dem Reichs tage ein Auswanderungsgesetz zu. Dasselbe kam aber nicht zur Berathung und wurde auch im Vorjahr nicht wieder eingebracht. Jetzt verlautet, daß man mit Vorarbeiten für eine solche Gesetzesvorlage für die kommende Reichstagssession beschäftigt sei. Der Kolonialrath hat dazu schon im Oktober 1894 folgenden Antrag angenommen: 1) In einem vorzu legenden AuSwandcrungSgesetzc müsse der Grundsatz anerkannt werden, daß die Uebersicdclung von Reichsangehörigen in ein deutsche« Schutzgebiet nicht als Auswanderung zu betrachten ist; 2) cS seien besondere Bestimmungen zu treffen, um die Ucbersicdelung Deutscher nach den Schutzgebieten möglichst zu erleichtern. — Berlin. Der Anmarsch der vier Armee korps zu Len Kaiscr-Manövcrn in der Uckermark wird sich etwa folgendermaßen gestalten: Die Truppentheilc de- Gardekorp» marschiren nach der Parade aus dem Tempelhofer Felde in fünf Tagesmärschen vom 3. bis 8. September heran und werden also bei dem allgemeinen großen Kriegsmarsch am 9. September von Südwestcn her in die Uckermark ein rücken. Dem Gardekorp« gesellt sich, von Südostcu her kom mend, das 3. Armeekorps zu, da« am 7. September von Königsberg in der Neumark den Anmarsch angetretcn hat. Da« 2. Armeekorps, da« am 7. September zur Kaifcrparade bei Stettin versammelt ist, marschirt au- Nordosten in der Richtung nach Südwestcn dem Feind entgegen, während da« 9. Armeekorps, dessen beide Divisionen am 7. September bei Woldhk rcsp. Anklam standen, von Nordwcsten her die Ver bindung mit dem 2. Armeekorps herzustellen sucht. — Für neue Marincforderungen tritt in einem Artikel der Münchener „ Neuesten Nachrichten" Kontreadmiral a. D. Werner ein. Er fordert die Bewilligung von 5 Pan zerkreuzern für zusammen 100 Millionen Mark. Er nimmt dabei Bezug auf die Verstärkung der französischen Marine. Obwohl Werner die gegenwärtige Zahl der Panzerschiffe in Verbindung mit unserem Torpcdowescn für ausreichend hält, um eine Blockade der deutschen Meere zu verhindern, und der Ansicht ist, daß durch die Fertigstellung de» Kaiser Wil helm Kanal» mit einem Schlage die Stärke unserer Marine verdoppelt ist, hält er dennock eine Vennehrung der Kriegs marine für eine Nothwendigkeit. — Der preuß. LandwirlhschaflSminister Frhr. v. Hammer stein beabsichtigt, im künftigen Monat mit sachverständigen Beamten die ganze Westküste Schleswig-Holstein« zu bereisen und dieselbe einer eingehenden Besichtigung zu unterwerfen. Hierbei soll e« sich namentlich darum handeln, den Schutz der Ufer aus den Nordsee-Inseln und Eilanden näher zu ergründen und sestzustellen, ferner aber soll der Eindeich ung der weiter nach Süden dem Festlande unmittelbar vor liegenden Außenlanden näher getreten werden, wodurch be deutende Ländereien gewonnen und dem FiSkuS eine nicht unbedeutende Einnahmequelle in Aussicht gestellt würde. — Frankreich. Die Angaben de« Pariser „Figaro" über den thatsächlichen Abschluß eine« russisch-franzö sischen Bündnisse« stoßen in der französischen Presse über all auf Unglauben. Man wendet ein, daß der Präsident gar nicht berechtigt sei, selbstständig derartige Verträge abzuschließen u. s. w. Unterdessen veröffentlicht der „New-Hark Herald", auf den sich der „Figaro" bei seinen Enthüllungen in erster Linie berufen hat, ein Interview seine» Petersburger« Korre spondenten mit dem Fürsten Mestschcrski, in dem dieser sich über die Gründung einer antifranzösischcn Partei unter seiner Führung folgendermaßen ausläßt: Eine Allianz mit Frankreich sei gegen da« Gefühl des russischen Volke« und stehe in direktem Widerspruch mit den Wünschen des verstorbenen Zaren. Das Interview schließt mit den Worten: „Rußland will keinen Krieg, warum sollte e« sich mit Frankreich ver einigen ?" Fürst Mestschcrski bestreitet auf« Entschiedenste, daß ein Vertrag zu Schutz und Trutz mit Frankreich jemals die Genehmigung de« Zaren erhalten werde. — Bulgarien. Die Stimmung in Bulgarien und besonder« in der Hauptstadt ist anhaltend Stambulow feindlich; ein Widerstand gegen die russenfreundliche Strömung ist keineswegs bald zu erwarten. Nach Rückkehr der Abordnung aus Rußland wird angenommen, daß die feindselige Strömung gegen Westeuropa zu vollem Durchbruch kommen wird; eine Feindschaft gegen den Fürsten ist damit nicht verbunden. — Ob dem so ist, wird die Zukunft lehren. Locale und sächsische Nachrichten. — Eibenstock, 29. Juli. Entgegen dem Verlaus frühe rer Jahre, wo Regcnwetter fast regelmäßig störend dazwischen kam, ist Heuer das Vogelschießen der hiesigen Freihandschützen- Gescllschaft bis jetzt von dem herrlichsten Wetter begünstigt gewesen, ja die Wärme ist sogar so bedeutend, daß der Aufent halt auf deni Festplatzc während der Tagesstunden einer großen Aufopferung nahekoinmt. Nichtsdestoweniger war der Besuch feiten« des Publikums besonders in den Abendstunden gestern ein ganz enormer. Die in Eibenstock noch nicht gesehene Drahtseilbahn, die sehr elegant ausgestattete Doppclrcitschule, die allgemein ansprechenden Leistungen der F. Lang'schen Spe- zialitätcn-Truppe, das LueaS'schc Panorama u. s. w. bilden einen wirksamen Anziehungspunkt für den Besuch de« Fest platze« und man darf mit Recht behaupten, daß die Arrange ment« aus demselben allgemein ansprcchen. Der Umzug durch die Straßen sand in Gemeinschaft mit der Schützcngescllschaft von Schönheide statt, welche erst mir einbrechender Dunkel heit im geordneten Zuge unter Musikbegleitung von hier wieder abrückte. Mit dem morgen erfolgenden Königsschuß und Abends stattsindenden Ball geht da« Fest für diesmal wieder zu Ende. — Dresden. Dieser Tage wurde ein erst vor Kurzem hier augistelllcr Posthilfsbote, welcher zahlreiche Briese und mit Bleistift beschriebene Postkarten entwendet hatte, in Haft genommen. Derselbe löste von ersteren die Marken lo« und machte letztere durch Ausradiren der Adresse und Mil theilung wieder gebrauchsfähig und verwendete sie dann in seinem Jnteiessc. Seine Wohnung enthielt noch einen ganzen Stoß Briefe und Postkarten, zu deren Vernichtung der Dieb wahrscheinlich noch keine Zeit gehabt hatte. — Leipzig. Die Leipziger Stadtverordneten haben den Antrag des Magistrats, zu einer würdigen Feier des Se da ntages aus städtischen Mitteln 10,000 Mk. zu bewilligen, mit allen gegen ö Stimmen angenommen. Von den 4 So zialdemokraten, die im Stadtverordneten-Kollegium sitzen, ließ sich die Zustimmung zu einem patriotischen Fest ja nicht er warten, daß aber Herr Professor Or. Bücher, der im vorigen Jahre gewissermaßen als offizieller Rathskandidat von der Klasse der Höchstbesteuerten aufgestellt und durchgedrückt wurde, sich an die Seite der Vertreter internationaler Vaterlands losigkeit stellt, das hat allgemein peinlich überrascht. Herr Oberbürgermeister Or. Georgi hat denn auch nicht unterlassen, seine Anschauung über die patriotische Gesinnung des gelehrten Herrn klipp und klar zum Ausdruck zu bringen. — Leipzig. Daß in unserer Stadt gelegentlich auch Menschenhandel getrieben worden ist, läßt sich wenigsten« durch einen urkundlich beglaubigten Fall nachweisen. Im Jahre 1686 erschien in Leipzig ein ungarischer Kaufmann, der gefangene Türken verhandelte. Hier wurde er zwei der selben los, ein Weib Namen« Heuscha, die Gattin de» türk ischen Offizier« Mechmet Chiaußi und Tochter OSmann Paschas, und einen etwa sechsjährigen Knaben, Sohn eine» AgaS in Ofen. Die Frau tauschte ein Kaufmann gegen einen Lcntner Zucker ein, während der Knabe von einem anderen Kaufmann für zwanzig Thaler erworben wurde. Die Frau brachte bald nachher ein Knäblein zur Welt, da» in der Nicolaikirche, jedoch ohne Wissen und Willen der Mutter, die den christlichen Glauben durchaus nicht annehmen wollte, getauft und Paulu« benannt wurde. Bald nachher wurde in derselben Kirche auch der angckauftc Türkenknabe getauft und Christian Joseph von Ofen benannt. Seine Taufpathen waren der Bürgermeister vr. Adrian Sieger, Professor vr. Born, Jungfer Maria Barbara, Tochter de« Superintendenten vr. Lehmann, de« Rathsherrn vr. Falkner, Jungfer Tochter Sibylle und der Handelsherr Johann Jakob Keese. Am 9. September 1688 ließ sich, nach langem Zu reden, endlich die Türkin Heuscha taufen. Sie empfing die Namen Christine Sophie. — Roßwein, 26. Juli. Alle Welt erwartet hier mit Spannung da» Schulfest, da« nur alle 4 Jahre wieder kehrt und schon deshalb zu den schönsten Festen gehört, weil e« von den Erwachsenen mit freudigster Antheilnahme der Jugend gewidmet wird, für welche Fcstzüge veranstaltet wer den, deren glänzender Totaleindruck selbst hochgespannte Er wartungen von Großstädtern, die zu diesem Schulfeste nach Roßwein kommen, übertrifft. Da« Fest findet diesmal am Sonntag, den 28., und Montag, den 29. Juli, statt. 32 selbst ständige Klassen werden die beiden Festzüge am Sonntage und Montage bilden. In die Züge werden 4 Musikchöre, da» Schützentrommlerchor und 3 Schlllertrommlcrchöre ein gereiht. Jede Klasse hat ihre Klassenfahne und jeder Schüler trägt besondere farbige Abzeichen und eine Standarte mit denselben Farben. Etwa 1500 Kinder betheiligen sich an den Festjügen und begeben sich darnach zu dem Festplatze, einem nahe der Mulde gelegenen geräumigen Areal, wo sich, um ringt vom grünen Laube, eine Fcststavt von Zelten und Buden erhebt und wo an allen Orten die mannigfaltigsten Kinder spiele auSgesührt werden. — Borna. Bei Bohrverfuchen nach Braunkohle, welche aus einem Grundstücke in ReicherSdorfer Flur vor genommen wurden, soll man aus eine 8 m hohe Schickt werthvoller Porzellanerde gestoßen sei». — Adorf, 26. Juli. Am Dienstag Nachmittag kam der bjährige Sohn eine« hiesigen Sticker« unter der Stuben- thürc durch AuSgleiten beim Treten auf einen Kirsch kern so unglücklich zu Fall, daß er sich die Zunge durchbiß. Vor dem achtlosen Wegwerscn von Obstkernen und Resten kann nicht genug gewarnt werden. — Aus dem Erzgebirge, 26. Juli. In den Wald ungen und aus den Fluren herrscht z. Zt. im Gebirge ein überaus rege« Leben. Dasselbe wird hcrvorgerufen theil« durch die Beerensammler, die in diesem Jahre eine sehr reich liche Ernte hallen, theil« durch die in der Sommerfrische hier weilenden Städter au» dem Flachlande. Besonders die letzteren bevölkern gegenwärtig da« Gebirge sehr uark und in den ein sam gelegenen Gasthöfen evcnt. auch Privathäuscrn wimmelt e« von Menschen wie in einem Bienenhause. So speisen z. B. in dem oberen Gasthof von HnndShübcl mit den Ferien kolonisten beinahe 70 Personen. Ihre Herberge haben die selben iin ganzen oberen Dorfe. Ein ähnliche« Treiben be obachtet man in Stützengrün, Wildenthal, Zimmersacher, Muldenhammer, Schönheiterhammer, Rautenkranz und ver schickenden anderen Walddörsern. Daß die auch zahlreich zureisenden Touristen mitunter in Verlegenheit kommen in Bezug auf 'Nachtquartier, läßt sich leicht denken. AuS vergangener Zeit — für unsere Zeit. Vor 25 Jahren. (Nachdruckverboten). Berlin, 30. Juli 1870. Heute Vormittag ist Saarbrücken vom Feinde angegriffen ; trotz der sehr bedeutenden Ueberlegenheit desselben Kö?n, 30. Juli 1870. In Straßburg werden die Fortifikationen eiligst verstärkt, Erdwälle werden bis zum kleinen Rhein hin aufgeführt. Von Weißenburg bis Bitsch werden hohe Schanzen errichtet, an denen Tausende von Soldaten, Bürgern und Bauern Tag und Nacht arbeiten. Dieselben werden mit Mitra»lleusen bewaffnet. Die energische Theil« nähme der deutschen Südstaaten an der Aktion hat, das bestätigt sich immermehr, den Einmarsch der Franzosen bedeutend verzögert. Man fürchtet, wie die erwähnten Schanzarbeiten beweisen, jetzt drüben den Einmarsch der Deutschen. Berlin, 31. Juli 1870. Ein Aufruf des Königs Wilhelm an das Volk zeigt die Abreise Sr. Majestät zur Armee an. Die Abreise des Königs erfolgt heute Abend 6 Uhr, Graf v. Bismarck begleitet ihn. Der Wortlaut des Aufrufes lautet folgendermaßen: An Mein Volk! Indem Ich heute zur Armee gehe, um mit ihr für Deutschlands Ehre und für Erhaltung unserer höchsten Güter zu kämpfen, will Ich, im Hinblicke auf die einmüthige Erhebung Meines Volkes, eine Amnestie für politische Verbrechen und Vergehen ertheilen. Ich habe das Staats-Ministerium beauftragt, Mir einen Erlaß in diesem Sinne zu unterbreiten. Mein Volk weiß mit Mir, daß Friedensbruch und Feindschaft wahrhaftig nicht auf unserer Seite war. Aber heraus gefordert, sind wir entschlossen, gleich unfern Vätern und in fester Zu- Berlin, 31. Juli 1870. § gez. Wilhelm. Von den Küsten, 31. Juli 1870. Wie aus Hamburg mit- getheilt wird, arbeitet man rastlos an den Befestigungsarbeiten an der Elbemündung. Dieselben bestehen aus einem geschlossenen Werk für 15 bis 18 Geschütze. Auch an der Unterweser der Geestemünde sind ziem lich umfangreiche Fortifikationsarbeiten vorgenommen worden. Auf Langelütjensand wurde ein Fort aus Steinbauten hergestellt. Aber nicht blos an der deutschen Nordseeküste sind die besten Vorkehrungen zum Empfange der Franzosen getroffen worden, sondern auch an der Ostseeküste. Mit dem heutigen Tage beginnt die Veröffentlichung der amt« lichen Depeschen vom Kriegsschauplatz, wie solche während des Krieges aus dem Hauptquartier in Berlin eingingen. 1. Depesche vom Kriegsschauplatz. Trier, den 30. Juli, Mittags 12 Uhr. Der Feind hält sich ruhig. Saarbrücken, den 30. Juli, Nachmittags 5 Uhr. Unsere Infanterie bat im Falle überlegenen Angriffs Befehl, sich aus Saar brücken zurück zu ziehen; die Cavallerie soll Fühlung am Feinde be halten. — Oestlich von Thionville concentrirt sich der Feind. Derselbe hat Gersweiler verlassen, nachdem er aus dem Walde von St. Arnual vertrieben worden ist. Saarlouis, den 31. Juli, Vormittags 9 Uhr. Hinter For bach standen gestern vom Feinde 4 Infanterie-Regimenter, 1 Jäger- Bataillon, 3 Reiter-Regimenter und 1 Batterie. Kin Hkückskind. Roman von C. v. Ilmenau. IIS. Fortsetzung.) Rose tras während der Nacht in der Residenz ein, nahm Logis im ersten Hotel und sandte am andern Morgen ein Billet zu Schmalsuß, in dem sie um seinen Besuch bat. Der alte Herr erschien schon nach kurzer Zeit und sagte: „Sic verzeihen, daß ich Sie bemüht habe, aber ich alter Mann kann im Winter keine Reise unternehmen." „Ich bin Ihnen sehr verbunden, Herr Koinmerzicnrath," erwiderte Rose. Der alte Herr setzte sich und begann: „Die Sache ist die, daß Sie die Herrin von Birkau sind, nicht die Vormünder. Diese und die Obcrvorinund- schaft haben Rechte über Sie in unserem engeren Vater lande, nicht aber jenseits der Grenze aus Birkau. Ich habe mir meine Zweifel durch einen namhaften Recht-gelehrten lösen lassen." „Ist e« aber nicht ganz gleich?" fiel hier Rose ein. „Nicht doch," entgegnete der Bankier, „Birkau wirft reiche Erträge ab; da ist die Frage, welche jetzt auftaucht, nämlich die der Vermessung und Vertheilung, soweit Birkau an Gcmeindcboden betheiligt ist, nicht gleichgültig; sie will klug erwogen sein." „Ich danke Ihnen; ich will mich mit der Sache ver traut zu machen suchen!" „O, da« wußte ich! Und noch ein-, Fräulein Rose!" „Nun?" Der alte Herr lächelte: „E« ist eine Privatsache! Sie dürfen nicht schelten!" „Nein, nein!" „Ich weiß, daß ein gewisser Baron von Güldau bei Ihnen im Hause verkehrt!" „Allerdings, ja!" „Hüten Sie sich vor ihm!"
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)