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Amts- und Anzeigeblatt für den Bezirk des Amtsgerichts Eibenstock und dessen Umgebung : 16.07.1895
- Erscheinungsdatum
- 1895-07-16
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id426614763-189507160
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id426614763-18950716
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-426614763-18950716
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Amts- und Anzeigeblatt für den Bezirk des Amtsgerichts ...
-
Jahr
1895
-
Monat
1895-07
- Tag 1895-07-16
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Monat
1895-07
-
Jahr
1895
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— Rendsburg, >3. Juli. Gestern Nachmittag stieß im Kaiser Wilhelm-Kanal der sranzösisLc Dampfer „Emilie" mit einem Segelschiff zusammen. Da« Segelschiff sank sofort. Der Dampfer konnte die Fahrt nach Kiel fort setzen. Die Schifffahrt im Kanal ist nicht wesentlich beein trächtigt. — Die englischen SchisssahrtSkreise verhalten sich ablehnend gegen den Kaiser Wilhelm-Kanal. Höchst wahrscheinlich steht Deutschland einem geschlossenen Ringe der englischen SchifffahrtSintcressenten gegenüber, die den Kanal bohkottircn, um eine Herabsetzung der Kanalabgaben und da mit einen weiteren Gewinn de« Frachtgeschäfte« aus deutsche Kosten zu erzielen. Man wird deshalb gut thun, die Ent wickelung der Einnahmen de« Kaiser Wilhelm-Kanal« mit aller Ruhe abzuwarten, um die Bortheile der kürzeren Wasser straße zunächst den deutschen, holländischen und belgischen Nord sechäsen zukommen zu lassen, bi« die Engländer ein Einsehen haben und nachgeben. — Stuttgart, 12. Juli. Von dem bereit« geschilderten Hohen stausensest der deutschen Partei ist noch nachzu tragen, daß bei dem Festmahle Or. Karl Elben au« Stuttgart eine Rede hielt, in welcher de« Fürsten Bismarck in folgender Weise gedacht wurde: »In den letzten Wochen waren Aller Gedanken aus Schleswig-Holstein gerichtet. Fürst Bismarck trägt da« Hauptvcrdienst, daß die meerumschlungenen Lande für Deutschland erworben wurden; nach Errichtung de« Reichs hat er Ihatkräftig den Gedanken der Verbindung von Ost- und 'Nordsee ausgenommen. Aber bei den Kieler Festen hat man seiner nicht gedacht. Wie einst sein Kaiser licher Herr aus sein Abschiedsgesuch ein „Niemals" schrieb, so wird das deutsche Volk den Fürsten Bismarck niemals vergessen. ES wurde beschlossen, ein Telegramm an den Fürsten Bismarck abzusendcn, da« folgenden Wortlaut hat: „Dem Fürsten Bismarck, FriedrichSruh. Heute aus dem schwäbischen Kaiserbergc Hohenstaufen versammelt zur Gedächtnißfcier an die Errungenschaften des großen Krieges, sendet die Deutsche Partei Württembergs dem Begründer der deutschen Einheit und dem getreuen Eckart des deutschen Volkes innigen Dank und Gruß. I)r. Schall, Stuttgart." — Schweden-Norwegen. Der norwegisch-schwedische Konflikt erhält neue Nahrung durch einen Beschluß, den die Mehrheit de« BudgetauSschusseS des norwegischen Groß- thingS gefaßt hat. Die Mehrheit beantragte nämlich, die Apanagen für den König und den Kronprinzen nur in Höhe der >893 auf 256,000 Kronen und 30,(XX) Kronen herab gesetzten Beträge zu bewilligen. Die Minderheit des Aus schusses stimmte dem RcgierungSantrage bei, die Apanagen wieder wie früher aus 360,000 und 80,000 Kronen scstzusetzen. — Afrika. Die Theilung Afrika« ist nahezu voll endet, wenigsten« soweit Landstriche in Betracht kommen, deren Boden- und klimatische Verhältnisse sie für die europäische Kultur geeignet erscheinen lassen. Die Fläche de« dunklen Erdtheil« unifaßt i>,621,530 Ouadrattneilcn, und davon be sitzt Frankreich 3,326,770; England 2,194,880; Deutschland 884,890; Portugal 826,730; Italien 548,880 und Spanien 153,844 Ouadratmcilen. Der Congo-Freistaat enthält 905,090 und die Republik der Boeren in Südafrika >77,770. Locale und sächsische Nachrichten. — Eibenstock. Allgemeine Beachtung verdient da« Kaiser-Panorama im „Englischen Hof". Dasselbe enthält eine großartige Sammlung Original-GlaS-Stereogrammc au« allen Weltthcilen. Wir sind überzeugt, daß Jedermann, hat er sich da« Panorama nur erst einmal angesehen, zum regel mäßigen Besucher desselben werden wird. Im Laufe dieser Woche können wir eine Reise durch Tyrol unternehmen. Entzückt schweist da« Auge von den herrlichen Städten von JnSbruck bi« Kufstein und deren reizende Umgebung, von Flüssen durchzogenen Thälern und Weingeländen hinaus aus die mächtigen, mit ewigem Schnee und Ei« bedeckten Berg riesen. — Ein Besuch de« Panorama« kann nur warm em pfohlen werden. Bemerkt sei noch, daß morgen Mittwoch Kinder zu halben Preisen (5 Psg.) Zutritt haben. — Schönheide, >5. Juli. Vergangenen Sonntag fand im hiesigen RathhauSsitzungSsaale die 29. Hauptver sammlung des Sächs. Stenographenbundc« statt. Nach Begrüßung seitens de« Vorsitzenden, Hrn. Buchhändler Zchl aus Leipzig, hieß Herr Gemeindcvorstand Haupt die Versammlung im 'Namen der Gemeindcvcrtreter herzlich will kommen, indem er seine Freude aussprach, eine solche Vertret ung, welche sich einer so wichtigen Kunst widmet, in Schön heide begrüßen zu können. Im Anschluß daran erfolgte die Vorlesung des Protokoll« der vorjährigen Versammlung. Den Haupttheil bildete ein Preis- u. Wettschreiben, dessen Erfolg später bekannt gegeben wird. Dasselbe vollzog sich in 3 Ab teilungen. Die erste, geleitet durch Herrn Lehrer Stephan au« Zwickau, war nur durch eine Person vertreten. Die höchste Schreibgeschwindigkcit betrug 200 Silben in 1 Minute. Die zweite Abtheilung, geleitet durch Herrn Schuldirector Tittel hier, war durch l> Theilnchmer vertreten, (150 Silben in > Minute). Die dritte Abtheilung, geleitet durch Herrn Lehrer Beier hier, umfaßte 6 Concurrenten. Daraus folgten durch den Vorsitzenden verschiedene Mittheilungcn. Der Sächs. Stcnographenbund besteht gegenwärtig aus 24 Vereinen und 22 einzelnen Mitgliedern. Anwesend waren >2 Vertreter, welche 530 Mitglieder repräscntirten. Die ganze Mitglieder zahl beläuft sich auf 630 Personen. Da« Gesammtvermögcn beträgt 350 Mark. Auf Antrag des Leipziger Verein« wird der Jahresbeitrag auf 20 Pfennige festgesetzt. Zum nächsten Vorort wird einstimmig Schönheide gewählt. Herr Director Tittel dankt für da« dem jungen Vereine dargcbrachte Ver trauen. Auf Wunsch de« Leipziger Verein« wird Leipzig, da dort da« 50jährige Stiftungsfest gefeiert wird, als Hauptver- sammlungSort gewählt. Von einem Vortrage mußte leider abgesehen werden, da Referent abgelehnt hatte. Anträge, Diplome und Aenderung, die Vcrtreterversammlung betreffend, finden später ihre Erledigung. Die auf dem Gebiete der Propaganda thätigen Herren werden einstimmig wieder ge wählt. Zum Schluffe wurde dem vorjährigen Vorort Leipzig und dem Vorsitzenden durch Erheben der Dank der Versamm lung dargebracht. Ein mit Toasten gewürzte« Festmahl hielt die Theilnchmer noch längere Zeit in heiterer Stimmung bei sammen. — Schön heiderhammer. Sonnabend entleibte sich im sogenannten Zinnwalde hier der Nachtwächter P. de« hiesigen Hammerwerk«. Schwermuth mag den Betreffenden zu dem unseligen Schritt getrieben haben. — Falk en st ein. Gleichwie in den Städten Eibenstock und Annaberg eine ständige Borbildersammlung errichtet ist, hat der Vorstand de« Vogtl.-Erzgeb. JndustrievereinS zu Plauen beschlossen, auch in hiesiger Stadt eine solche ständige Vorbildcrsammlung ins Werk zu setzen, wozu die hiesige Stadt gemeinde einen entsprechenden jährlichen Beitrag bewilligt hat. Da« königliche Ministerium de« Innern hat diesem Projekte sein Wohlwollen zu erkennen gegeben, und e« dürste voran« sichtlich eine jährliche StaatSbeihülfe zu erwarten sein. — Im Königreich Sachsen weist die Bevölkerung eine solche Zunahme auf, daß wir an die übrigen deut schen Staaten eine Menge Menschen abgcben und trotzdem eine fortwährende starke Zunahme der Einwohnerzahl sehen. In Sachsen geboren waren bei der letzten Volkszählung von der Bevölkerung in Preußen 90,772 (darunter in Berlin allein >5,738 Sachsen), in Bayern 8718, in Sachsen-Alten burg >2,979, in Hamburg 6802, in Reuß ä. L. 63 >7, in Reuß j. L. 5968, in Sachsen-Weimar 4302, in Elsaß-Loth- ringcn 4170, in Anhalt 242> u. s. w. Im Ganzen sanden sich im Reichsgebiet außerhalb Sachsen« 155,230 Menschen, die im Königreich Sachsen ihren Geburtsort hatten. Nach Schaumburg-Lippe hatten sich die wenigsten verirrt; doch be trug ihre Zahl immerhin noch 30. — Nach Verhältniß der Einwohnerzahl ist die sächs ische Bah »länge gerade doppelt so groß, wie diejenige Preußens und Bayerns. ES kommen nämlich in Preußen auf >000 czlcut Grundfläche 75 Icm, in Bayern 76,» Ici», in Sachsen aber 151,» Icm Eisenbahnen. — Die in diesen, Jahre zum aktiven Dienst in der bis herigen Dauer von >0 Wochen auSgchobcncn Volksschul lehrer und Kandidaten des BolkSschulamteS werden ihre militärische Ausbildung, nnd zwar vom 5. August ab bei dem 5. Infanterie-Regiment Nr. >04 in Chemnitz und dem 7. Infanterie-Regiment Nr. 106 in Leipzig-Möckern, wo selbst je eine Lchrerkompagnie sormirt wird, erhalten. Der im Januar d. Js. gegebene, seiner Zeit bereits vielfach be sprochene Erlaß de« Kaiser«, welcher die militärische Ausbild ung der Volköschullchrer und Kandidaten de« BolkSschulamteS hinsichtlich der Einübung mit den Waffen auf ein volle« Jahr für die Zukunft in'« Auge faßt und vornehmlich die Heran bildung der Genannten zu brauchbaren Unteroffizieren des BeurlaubtenstandcS bezweckt, tritt für diese« Jahr somit noch nicht in Kraft und dürfte, wie mit hoher Wahrscheinlichkeit anzunehmen ist, erst von einem der nächsten Jahre ab für die Armee in vollem Umfange rechtskräftig werden. Amtliche Wittheilungen aus der 6. öffentliche» Sitzung des Stadtverordneten-Lollegiums am 2. Juli >895, Abends 8 Uhr. Vorsitzender: Herr Vorsteher Wilhelm Dörffel. An wesend: >9 Stadtverordnete, l cnf- und 1 unentschuldigt. Der Rath ist vertreten durch Herrn Bürgermeister Or. Körner. 1) Die vom Herrn Sladtv. Hirschberg nachgeprüsten Sportel kassen-, Biersteucr-, Pensionskassen-, Feucrlöschkassen- und Dienstbotenkrankenkassen-Rechnungen sämmtlich auf da« Jahr 1894 werden aus dessen Antrag vom Collegium richtig gesprochen. Bei der Sportelkassenrechnung wird auf Anregung des Herrn Stadtv. Hirschbcrg der Rath ersucht, die nicht thatsächlich vereinnahmten Beträge auch nicht in Einnahme zu stellen, sondern al« Reste in einem besonderen Restkoitto aufzuführcn und ebenso auch bei den Ausgaben zu verfahren. Bezüglich der PensionS- kassenrcchnung wird der Rath ersucht, dahin Anordnung zu treffen, daß der Rechnung die hieraus bezüglichen bei der Stadtkassenrechnung im Original befindlichen Belege in Abschrift bcigefügt werden. 2) Der Rath hat auf Vorschlag de« Sparkassenausschusses beschlossen, den sich aus 21,537 M. 82 Pf. belaufenden Sparkassenrcingewinn aus das Jahr 1894 dergestalt Verwendung finden zu lassen, daß 3204 M. 96 Pf. dem Sparkaffenreservefond« zur Erfüllung aus 5"/„ der Ein lagen, 4583 M. 21 Ps. dem Vcrlustrcscrvesonds, 4583 M. 22 Pf. dem städtischen Dispositionsfonds und 9166 M. 43 Pf. der Stadtkassc zugcwiesen werden. Herr Stadtv. Hirschberg regt an, dem Dispositionsfonds, der schon eine Höhe von über >7,000 Mark habe, nichts mehr zuzu- sühreit, vielmehr diesen Betrag der Stadlkasse bez. der Pension«- oder Armenkasse zuzusühren, um damit eine Erleichterung der Steuerlast hcrbeizuführen. Nach den vom Herrn Bürgermeister hieraus gegebenen Erläuterungen und aus Vortrag der bezüglichen Ministcrialvcrordnung vom Jahre >894 beschließt man, den Sparkassenrein gewinn auf das Jahr 1894, wie vorgeschlagen, zu ver wenden. 3) Von den vom Rathe über den Abschluß der Stadt- und Schulkasse auf Antrag de« Collegium« angestellten Er örterungen nimmt man Kenntniß und beschließt nunmehr die Uebcrschüssc derart zu verwenden, daß 3500 Mark der Anleihe vom Jahre 1893 wieder zugesührt und 2700 Mark dem städtischen Dispositionsfonds überwiesen werden. 4) Gegen die Einbezirkung des Flußbettes der Mulde in den Gemeindebezirk Eibenstock werden Bedenken nicht erhoben. 5) Nach dem Rathsbeschlusse sollen die mit der Wittwe Rockstroh, Wittwe Schmidt, verehel. Becher und Wittwe Unger bestehenden WasscrnutzungS - Verträge gekündigt werden. Das Collegium beschließt gegen die Stimmen de« Herrn Stadtverordnetenvicevorstcher Hannebohn und Stadtv. Lorenz, die die Beibehaltung de« Schmidt'schen Wassers bi« auf Weitere« für Wünschenswerth halten, dem Rathsbeschlusse beizutreten. 6) Gegen die Aufnahme de» Glasergehilsen und Hand arbeiter« Engelhart in den sächs. Untcrthanenverband werden vom Collegium in Uebereinstimmung mit dem Rathsbeschlusse Bedenken erhoben. 7) Wegen Uebernahme der WasscrlcitungSdienstbarkcit sind mit den betheiligtcn Grundstücksbesitzern Verträge ab geschloffen und wegen Festsetzung der Flurschädenvergüt- ungen Vereinbarungen getroffen worden. Da« Collegium ertheilt hierzu allenthalben seine Zustimmung. 8) Auf Vorschlag de« Bauau-schusse« soll der die obere Stadt und die Rehme verbindende Sali«bcrgsteig in diesem Jahre eine Verbesserung erfahren. Da« Collegium verwilligt hierzu in Uebereinstimmung mit dem Rath«- bcschlusse ein Bcrechnung-geld bi» zur Höhe von 120 M. 9) Für Herstellung einer Ehrentafel im Rath«sitzung«zimmer werden, da die bisher vorgesehene Summe eine würdige Herstellung der Tafel nicht ermöglicht, inSgesammi 250 M. au» dem Dispositionsfonds verwilligt. 10) Bei Ausgrabung der Bretgasse ist eine dort befindliche gemauerte Privatschleuße zerstört worden. Der Rath hat auf Vorschlag de» BauauSschusse» beschlossen, dafür Thonrohrc zu legen und den Anwohnern aus ihr Ver langen da» Zugcständniß zu machen, die künftige Unter haltung dieser Rohre zu übernehmen. Da» Collegium tritt dem Rathsbeschlusse allenthalben bei. >1) Um die Legung der Wasserleitung auch in der Nordslraße zu ermöglichen, ist der Ankauf de« noch im Privatbesitz befindlichen Straßenareals erforderlich. ES werden da her zur Erwerbung von Areal in der Nordstraße 570 Mark au» dem städtischen Dispositionsfonds verwilligt. Herr Stadtv. Ludwig enthielt sich, al« au der Sache betheiligt, bei Beschlußfassung hierüber der Abstimmung. Aus Anregung der Herren Stadtv. Pfefferkorn und Stadt- vcrordnetenvicevorstchcr Hannebohn soll Frau Freihoss- bcsttzcrin Förster darüber befragt werden, ob und unter welchen Bedingungen sic geneigt sei, gegenüber dem Rabcrg'schen Garten-Areal zur Verbreiterung der Norc- straßc an die Stadt abzutrcten. 12) Gegen die Aufnahme de» Müllers Hannawald und des Schneider« Hannawald Hierselbst in den sächsischen Unter- thanenverband werden vom Collegium Bedenken nicht erhoben. 13) Die Armenkassenrechnung auf da« Jahr 1893, die voni Herrn Stadtv. Männel nachgeprüft worden ist, wird auf dessen Antrag richtig gesprochen. 14) Zum Empfange Se. Excellen; de« Herrn Staatsminister« des Innern von Metzsch werden die beiden Herren Vorsteher abgeordnel. Hierauf geheime Sitzung. Aus vergangener Zeit — für unsere Zeit. (Nachdruck verboten.) Ems, 14. Juli 1870, Nachm. Der König begiebt sich morgen früh 8 Uhr mittelst Extrazuges nach Berlin zurück. — Benedetti reist Nachmittags ab. Berlin, 14. Juli 1870, Nachm. Die „Nordd. Allg. Ztg." be stätigt die Anerkennung der loyalen nationalen Haltung des württem- dergischen Ministers von Varnbüler, daß derselbe erklärt habe, die letzten Grainont'schen Forderungen, trotz des hohenzollern'schen Verzichtes, müßte das nationale Gefühl in Württemberg tief verletzen und gegen Frank reich aufregen, und daß der Minister den französischen Gesandten er mächtigt habe, die- nach Paris zu schreiben. Dresden, 15. Juli 1870. Se Maj. König Johann hat die am II. d. M. angetretene Reise nach dem Leipziger und Zwickauer Kreisdirektionsbezirke infolge der neuesten politischen Nachrichten abge kürzt und ist von Eibenstock aus heute Mittag hierher zurückgekehrt. Berlin, 15. Juli 1870, Abends. Se. Majestät König Wilhelm ist um S'/i Uhr im königlichen Palais eingetroffen. Derselbe wurde mit unbeschreiblichem Enthusiasmus empfangen. Paris, 15. Juli 1870, Morgens. Gestern Abend fanden auf den Boulevards Demonstrationen für den Krieg statt. Paris, 15. Juli 1870, Nachm. In der Sitzung des gesetzgeben den Körpers verlas Ollivier ein im gestrigen Ministerrathe beschlossenes Expose: Wir haben nichts von Spanien verlangt, dessen Empfindlichkeit wir nicht reizen wollten. Wir haben es unterlassen, Beschwerden über andere Gegenstände mit dieser Angelegenheit zu ver mischen. Der größte Theil der auswärtigen Mächte bewundert mit mehr oder weniger Wärme die Gerechtigkeit unserer Beschwerden. Wäh rend wir die Angelegenheit mit Preußen verhcmdelten, kam uns die Botschafter überreicht. Wir verlangten, daß der preußische König sich dieser Verzichtleistung anschließe, wir verlangten, daß er sich verpflichte, wenn die Krone neuerlich den Hohenzollern angeboten würde, die Ge nehmigung zur Annahme derselben zu versagen. Unsere Forderung war eine gemäßigte, und in ebenfalls gemäßigten Ausdrücken formulirt. Der König weigerte sich, die von uns geforderte Verpflichtung einzugehen. Trotzdem brachen wir aus Friedensliebe die Verhandlungen nicht ab. Um so größer war unsere Ueberraschung, als wir gestern erfuhren, der König von Preußen habe sich geweigert, Benedetti wieder zu empfangen und die preußische Regierung habe dies amtlich bekannt gemacht. Zu gleicher Zeit erhielten wir die Nachricht, der preußische Gesandte von Werder habe seine Abberufung empfangen; wir erfuhren auch, daß Preußen rüste. Unter diesen Umständen wäre es ein Vergessen unserer Würde und eine Unklugheit gewesen, keine Vorbereitungen zu treffen. Wir haben uns bereitet, den Krieg, den man uns anbietet, aufzunehmen, indem wir Jedem sein Antheil an der Verantwortlichkeit hierfür über lassen. Seit gestern haben wir unsere Reserven einberufen." Antwerpen, 15. Juli 1870, Abends. Die würdige Haltung des Königs von Preußen hat ihm hier alle Herzen gewonnen. Der Enthusiasmus für Preußen ist in allen Schichten der Bevölkerung gleich groß. Arbeitermassen ziehen durch die Stadt mit dem Ruse: Hoch lebe König Wilhelm! Weg mit Napoleon! Berlin, 16. Zuli 1870. Die Mobilisirung der gesummten Armee ist angeordnet. — Mit Rücksicht auf die Dringlichkeit der Verhältnisse ist der Reichstag bereits am 19. Juli einberufen. — Obwohl in der französischen Volksvertretung die Kriegserklärung gestern ausgesprochen worden ist, ist eine solche in Berlin noch nicht offiziell übergeben worden. Dresden, 16. Juli 1870. Das „Dr. Journ." enthält unterm heutigen Datum folgenden Mobilmachungs-Befehl: Unter dem heutiaen Tage wird das König!. Sächsische (12.) Armeekorps auf den Kriegsfuß gesetzt, und ist derselbe in sämmtlichen Listen rc. alS I. Mobilmachungs tag zu bezeichnen. Das Detail der Mobilmachung erfolgt planmäßig. Die Beurlaubten haben sich — den Einberufungsordres gemäß — pünktlich auf den Sammelplätzen einrufinden; ebenso haben alle augen blicklich außer Kontrole stehenden Mannschaften sich unverzüglich beim nächsten Landwehrbataillon anzumelden. Der kommandirende General: Albert, H. z. S., G. d. I. Berlin, 16. Juli 1870, Nachm. Der „Staatsanzeiger" enthält eine Aufforderung des Ministers deS Innern an die Redaktionen der in Preußen erscheinenden Zeitungen, von heute ab über die militärischen Anordnungen u. Truppenbewegungen keine, auch nicht die unbedeutendst erscheinende Nachricht, mehr zu bringen. Dresden, 16. Juli 1870. Bekanntmachung, die militärischen Nachrichten in Zeitschriften betreffend. Mit Rücksicht auf die nahe Kriegs gefahr wird hierdurch jede Veröffentlichung von Nachrichten über Be- wegungen von Truppentheilen des Norddeutschen Heeres durch Zeit schriften oder andere Preßerzeugniffe auf Grund von Artikel 17 des Preßgesetzes vom 24. März 1870 und unter Androhung der Konfiskation und einer Geldbuße bis zu 300 Thalern oder Gefängniß bis zu 6 Mo naten für den Fall der Zuwiderhandlung bis auf Weiteres verboten. Ministerium des Innern, v. Nostitz-Wallwitz. Florenz, 16. Juli 1870. Mafien zrehen mit Geschrei: Nieder mit Frankreich! Hoch die Neutralität! Es lebe Preußen! nach dem Hotel deS Norddeutschen Bundesgesandten. Berlin, 16. Juli 1870. Was zu erwarten war. Der Krieg steht vor der Thür und gut, daß eS endlich zur Entscheidung kommt. Denn wenn Norddeutschland die Demüthigungen und schmachvollen Beleidigungen, mit welchen man unS von Frankreich auS seit em paar Wochen über häuft hat, ruhig ertragen hätte, so würde der Norddeutsche Bund zum Spott und Hohn der Völker geworden sein. Die Zurückweisung der französischen Unverschämtheit durch König Wilhelm war das Mindeste, was geschehen konnte. Denn daß eS den Franzosen nur darauf an kommt, Knea zu beginnen mit uns, weil sie von Haß, Neid und Raub gier erfüllt sind, daS sieht jedes Kind jetzt ein, auch die Offiziösen in Berlin, die noch bis vor Kurzem von den guten Beziehungen -u Frank reich sprachen. Hoffen wir, daß unsere zünftigen Diplomaten, Graf BiSmarck nicht ausgeschlossen, von den Vorgängen in Frankreich nicht überrascht worden sind. Fast scheint aber das Gegentheit der Fall, wre aus der Nachricht, daß BiSmarck auf sein Gut in Varzin wieder »urück- kehren wollte, nachdem Prinz Leopold entsagt, hervorzugehen scheint. Man stützt sich soviel auf Preußen- korrekte Haltung, auf seine Mäßig ung in dieser Sache. Das ist ganz aut, wenn die Mäßigung nur nicht eine zu große war und man in der Lage ist, einem militärischen Ueber- fall Frankreichs mit Energie zu begegnen. Denn darauf scheint eS in der ganzen Sache abgesehen: Frankreich will unS überfallen! Deshalb der vom Zaune gebrochene Streit. An der Ration ist eS nun, ein-
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