| Für die gleichzeitige bzw. unmittelbar anschließende Bildung der Freiberger Gangsysteme muß der Beanspruchungsplan einer Veränderung unterlegen sein, dessen charakteristisches Moment eine Rotation entgegengesetzt dem Uhrzeiger sinn gewesen ist. Dabei ist bei der Betrachtung der gangtektonischen Vorgänge innerhalb des gesamten Freiberger Lagerstättenbezirkes davon auszugehen, daß es sich bei einem großen Teil der Gangspalten um Wiederauflebungen von äl teren Kluftbildungen handelt. Die Überprägung durch das varistische Poten- tialfeld führte zu einer Umgestaltung dieser älteren Klüfte und zur Schaffung neuer Symmetriebeziehungen. Durch systematische Kluftmessungen in den kristallinen Schiefern des Zentral teils des Lagerstättenbezirkes (Grubenbereiche von Freiberg, Halsbrücke und Brand) konnten die Maxima der Gesteinsklüftung bestimmt werden. Die syn optische Darstellung derselben mit den Erzgangspalten ergab eine zum Teil gute Übereinstimmung der verschiedenen tektonischen Strukturen (Baumann 1963). Die Gänge des ^-Systems (N—S-System) gehen dabei weitgehend mit der (ac)- Klüftung der Freiberger Gneiskuppel konform, während die Gänge des s 2 -Systems (W—E-System) vermutlich mit der (bc)-Klüftung parallelisiert werden können. Der neue regionale Beanspruchungsplan, dessen Hauptspannungsrichtung in NW—SE angesetzt werden muß, benutzte demnach die bereits als Gneisklüftung vorliegenden älteren tektonischen Strukturen und veranlaßte die seinem De- formationsellipsoid entsprechenden Kluftflächen zu einem erneuten Aufleben. Damit wurden aus der Vielzahl der vorliegenden Gneisklüfte bestimmte Flächen in ihrer tektonischen Anlage verstärkt und zum heutigen Freiberger Gangsystem fixiert. Der durch Stoffabwanderung und Erstarrung des Granitmagmas im Untergrund entstehende Massenschwund verursachte innerhalb des Freiberger Gneisge wölbes abermals erhebliche Spannungen, die ihren Ausgleich am Freiberger Gangsystem fanden. Damit bildeten sich für die Thermallösungen neue För derwege, und es begann ein Wechselspiel zwischen Spaltenöffnung und Mine ralisation (— 1. Freiberger Mineralisationszyklus). Die regional angelegte ,,Klufttektonik“ wurde von der lokalen, vorwiegend durch die Plutonmorpho- logie und den Erstarrungsmechanismus bedingte „Erzgangtektonik“ abgelöst. Die jüngeren Bewegungen während der saxonischen Tektogenese, die noch mals das Erzgebirge durch größere Brucherscheinungen in Mitleidenschaft zogen, verursachten auf einem Teil der Freiberger Gänge erneute Öffnungs bewegungen. Davon besonders betroffen wurden die Gänge des Sa-Systems (NW—SE bis W—E streichend). Auf Grund der Streichrichtungen, die teils senkrecht, teils parallel zum Erzgebirgsabbruch verlaufen, scheinen diese Gänge für ein erneutes Wiederaufleben prädestiniert gewesen zu sein. In dem Zusam menhang besonders charakteristisch ist, daß mit den neuen Öffnungsbewegun gen auf diesen Gängen manchmal sehr erhebliche Vertikalbewegungen verbun den sind (Baumann 1963), deren relativ große Verwurfweiten (bis zu 70 m) im Zentralteil des Lagerstättenbezirkes am „Glimmerschieferhorizont“ von Brand deutlich beobachtet werden können. Hierbei handelt es sich meist um Abschie bungen nach S. 2 FFH C 188