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14» Axr sächsische «rzähler Wett, 4. Entwurf» bei stark besetztem Hause der Reichskanzler Gras v. Bülow da» Wort, um die Einbringung de» Besetze» mit einigen kurzen Ausführungen zu begleiten. Der Entwurf sei da» Resultat um- fassender Vorbereitungen und einem Bedürfniß de» deutschen Wirtschaftslebens entsprungen. Er solle unter Berücksichtigung berechtigter In- teressen in erster Linie den Wünschen der Land- wirthschaft, aber auch den Interessen der anderen Stände entsprechen. Der Entwurf sei keine Ab wendung von der bisherigen HandelSvertragSpolitik. Er, der Redner, habe zuerst von der Landwirth- schäft gesprochen, weil sie daS wichtigste Glied unserer Wehr- und Nährkraft sei. Er bitte, die besonderen Interessen dem Gesammt - Interesse untcrzuordnen, damit wir dem AuSlonde gegenüber geschlossen dastehen. Der Gedanke deS Gesammt- Wohls möge überall bei den Berathungen hervor leuchten. Nach dem Reichskanzler nahm Staats sekretär v. Thielmann daS Wort zur Begründung. — Am BundeSrathStische befinden sich außer dem Reichskanzler und Staatssekretär Thirlemann Graf PosadowSki, Handelsminister Moeller, Land- wirthschaftSminister von PodbielSki, sowie einige Minister von Einzelstaaten, darunter der sächsische Staatsminister von Metzsch. Die Reichstagsersatzwahl in Wies baden zeigt daS folgende vorläufige Ergebniß: vr. Qaarck (soz.-dem.) 9486, vr. Crüger (freis. Volksp.) 6308, Fuchs (Centr.) 5718, Bartling (nat.-lib.) 5403 und Hatzmann (Bund der Land- wirthe) 867 Stimmen. Bei dieser Zusammen stellung fehlte noch daS Ergebniß auS 5 kleineren Orten, waS indeß an der Nothwendigkeit einer Stichwahl zwischen dem volksparteilichen und dem sozialdemokratischen Kandidaten nichts ändert. In Berlin starb am Montag der Reichs tag sabgeordnete vr. Müller -Schaumburg, Mitglied der freisinnigen Volkspartei. Derselbe war Mitbesitzer der „Voss. Zeitung". Berlin, 22. Dezbr. In dem Prozeß gegen den „Vorwärts" verurtheilte die Strafkammer des Landgerichts I den Redakteur Robert Schmidt wegen Beleidigung des Generalmajors v. Kettler durch Veröffentlichung der sogenannten Hunnen briefe zu 6 Monaten Gesängniß, den Redakteur John zu 7 Monaten Gesängniß. Der Staats anwalt hatte 3 bezw. 4 Monate beantragt. Nach dem mehrstündigen Verhör hatte der Staatsan walt in seinem Plaidoyer erklärt, daß die Be leidigung gegen Generalmajor v. Kettler durchaus erwiesen sei; von der ganzen Geschichte sei nur wahr, daß 22 Boxer erschossen worden seien. Die Korrespondenz verschwieg wohlweislich, weshalb die Hinrichtung stattgesunden habe, daß eS sich dabei nachweislich um Mörder gehandelt habe. Es sei bei deren Execution vollkommen gesetzmäßig -vorgegangen worden. Generalleutnant v. Alten, dessen Name in dem Militärprozeß wegen der Er mordung des Rittmeisters v. Krosigk so viel genannt worden ist, wird noch im Lause dieses Monats vom Kommando der 2. Infanterie- Division zurücktreten. O e st e r r e i ch. In den Landgemeinden von Tyrol haben LandtogSneuwahlen stattgesunden. Bei denselben wurden 13 Konservative, 9 Christlich- Soziale und 12 Italiener gewählt. Dies W.ihl- ergebniß bedeutet den Ueberganz von drei Man daten der Konservativen in den Besitz der Christlich- Sozialen. Die Niederlegung der parlamentarischen Mandate, welche der alldeutsche Abgeordnete Wolf zum böhmischen Landtage und zum Reichs- rathe inne hatte, wird von seinen Trautenauer Wählern nicht gebilligt. Dieselben wollen, wie eS heißt, Vertrauenskundgebungen an Wolf richten und ihn bewegen, seine MandatSniederlegung wieder rückgängig zu machen. Wien, 3. Dezbr. Dem „Vaterland" zufolge beschlossen die österreichischen Bischöie die Gründung einer katholischen Universität in Salzburg. Frankreich. Die französische Deputirtenkammer trat am Montag in die Budgetdebatte ein. Die selbe dürfte wohl nicht ganz glatt für die Re gierung verlaufen. England. Die feierliche Krönung de» König» Eduard von England und seiner Gemahlin Alexandra ist nunmehr definitiv aus den 26. Juni 1902 festgesetzt worden. Amerika. Präsident Roosevelt empfing am Mon tag den Präsidenten der Panama-Canal- Gesellschaft, Hutin, im Beisein de» Kanzler» der französischen Botschaft in Washington. Hutin übergab Roosevelt da» offizielle Angebot der Panama-Canal-Besellschast, ihre Rechte und, ihr Eigenthum an die Bereinigten Staaten abzutrrten. Der nordamerikanische Kongreß ist am « Montag Mittag im Repräsentanten.hause zu Washington in rein geschäftsmäßiger Weise eröffnet worden; zum Sprecher (Präsidenten) wurde Henderson gewählt. Washington. 3. Dezember. Der Kongreß hielt gestern Abend seine erste Sitzung ab. Während derselben kam die Botschaft de» Präsi- deuten zur Verlesung. Dieselbe empfiehlt dem Kongreß die Annahme eine» Gesetze», welche» den Anarchisten den Eintritt in Amerika verbietet und weitere erschwerende Vorschriften für die in den Bereinigten Staaten ansässigen Anarchisten ent hält. Der Präsident beglückwünscht alsdann da» Land zu der ausgezeichneten Geschäftslage. Dir Botschaft berührte weiter die H-ereSfrage und erklärt sich für die Nothwendigkeit, sich mit der Organi sation der Truppen zu befassen. Bezüglich der Tarisfrage erklärte der Präsident, daß e» augen blicklich keine weise Politik sei, Abänderungen de» Tarif» vorzunehmen. Die Beibehaltung der Sold. Währung sei zu empfehlen. Bezüglich der Kolonien sei die Lage, ausgenommen die Philippinen, Überall befriedigend; auf den letzteren herrsche aber noch immer ein unruhiger Zustand. Die Monroe doktrin dürfe nicht als feindlich gegen die eine oder andere kontinentale Macht betrachtet werden. Die Politik der offenen Thür in China sei zu empfehlen. Der Präsident schloß mit einem warmen Gedenkwort für die verstorbene Königin von England und die Kaiserin Friedrich. Asien. An der indischen Nordwestgrenze, in der Landschaft Waziristan, haben heftige Kämpfe zwischen den dort ansässigen MahsudS, welche Raubzüge auf britisches Gebiet unternommen hatten, und einen zu ihrer Bestrafung abgesandtrn britisch-indischen Truppencorps stattgesunden. Ja diesen Gefechten verloren die Engländer 45 Mann; bezüglich der Verluste der MahsudS wird lediglich derjenige an Gefangenen gemeldet, er beläuft sich auf 193 Mann. Besonders erfolgreich sind aber diese Kämpfe für die Engländer wohl nicht ge wesen, denn eS wird weiter gemeldet, daß nam hafte englische Verstärkungen, bestehend in einer ganzen Brigade von vier Regimentern Eingeborenen- Jnfanterie, einem Kavallerie-Regiment und einer Batterie zu vier Geschützen, nach der Grenze von Waziristan abgegangen seien. Vom Burenkrieg. Brüssel, 3. Dezember, vr. LeydS ist nach Brüssel zurückgekehrt. Er dementirt formell fämmt- liche Friedensgerüchte. Die letzten Berichte der Burenführer lauten dahin, daß da« Ende des Krieges nicht abzusehen sei. DaS Befinden des Präsidenten Krüger ist ausgezeichnet; er bleibt den Winter über in Utrecht. Vom südafrikanischen Kriegsschauplätze werden verschiedene reue Erfolge der Engländer gemeldet. In einem Gefecht, welches die Colonne deS Obersten Monro den Burenkommandos unter Wessel» und Myburgh am 27. November bei Holgroad, süd westlich von Ladygrey, lieferte, wurden 3 Buren getödtet, 2 verwundet und 13 gefangen genommen; auch erbeuteten die Engländer 19 Gewehre, eine Quantität Munition und 30 Pferde. Weiter nahm die Colonne Elltot am 27. November im Norden de» OranjesreistaateS 12 Buren gefangen, und erbeutete 600 Pferde, 100 Wagen und 3000 Stück Vieh. Hierzu gesellt sich der übliche Generalwochenbericht Lord Kitchener'S, umfassend die letzte Novemberwoche; ihm zufolge sind in dieser Zeit 32 Buren getödtet, 18 verwundet und 256 gefangen genommen worden, 14 Burrn er gaben sich. Ueber die Operationen seiner Unter generäle Bruce-Hamilton, Spence, Plumer, Methuen und French aus den verschiedenen Punkten de» ausgedehnten Kriegsschauplatzes weiß Lord Kitchener in dem erwähnten Bericht nur Günstige» mitzuthrilen. Kapstadt, 3. Dezbr. In der Mosselbay sind fünf Personen an der Pest erkrankt. Konstantinopel, 3. Dezbr. Die englische Botschaft verständigte die Pforte von dem dem- nächstigen Transport englischerseit» in Odessa ge kaufter und für Südafrika bestimmter Pferde durch die Dardanellen. (Neutralitätsbruch!) Drahtnachrichten u. letzte Meldungen. Dresden, 4. Dezember. Die Staat-Minister v. Metzsch und v. Watzdorf sind gestern Abend von den Zolltarifoerhaodlungrn au» Berlin hier wieder eingetroffen. Plauen i. L.,, 4. Dezbr. Wie der »Votgtt» Snz." berichtet, ist gestern Nachchtt« Chemnitz, 1. Dezember. Eine von einer Arbeitslosen - Versammlung gewählte Deputation, welche dem Rathe die Wünsche der Versammlung vortragen sollte, wurde vom Bürgermeister Gerber in Vertretung deS Oberbürgermeister» Beck empfangen. Ein« bestimmte Zusage auf Be schäftigung wurde der Deputation zwar noch nicht gemacht, jedoch mitgetheilt, daß der Rath der Stadt Chemnitz von den Stadtverordneten 35,000 Mark fordern werde, um der Arbeitslosig keit etwas zu steuern. Zwickau, 3. Dezember. In der Stenner Dampfmühle gerieth der Müller Gustav Fang- hähnel, während er mit dem Auflegen eine» Riemen» beschäftigt war, in da» Räderwerk und wurde buchstäblich zermalmt. *** Der Leipziger Lehrerverein hat 7 Preise von 100, 80, 60 und 4 Mal 40 Mk. auSgesetzt für die besten Lesestücke für die Jugend. Die Manuskripte sind bi» 1. Juni 1902 einzusrnden. — Das 50jährige Ehejubiläum feierte Herr Pastor Kleinpaul in Nossen. — Am 24. Novbr. vor 100 Jahren wurde Bechstein, ein deutscher Schriftsteller und Gelehrter, in Weimar geboren. Bechstein hat viele Schriften verfaßt und hat sich einen guten Namen gemocht, namentlich durch fein Märchenbuch. — Bor 200 Jahren wurde Andr. Celsius in Upsala geboren, der die lOOtheilige Thermometerskala aufgestellt. — Die Gesellschaft der Wissenschaften in Göttingen feierte das 150- jährige Jubiläum ihres Bestehens. — Die Stadt Crimmitschau hat zum Bürgerhospitale 86,000 Mark zusammengebracht. — Die Bergschule zu Freiberg besuchen gegenwärtig 50 Schüler und 8 Hospitanten. (Sie besteht seit 125 Jahren.) — Die Universität Göttingen hat 1338 Studierende. — Der Westfälische Bauernverein beschloß mit Hilfe einer StaatSunterstützung von 150,000 Mk. «in Lagerhaus für 40,000 Ctn. Getreide zu er richten. Der Kaiser nahm am Montag Vormittag einen längeren Vortrag deS Chefs des Civil- kabinetts, vr. v. LucanuS, im Neuen Palais bei Potsdam entgegen. Neues Palais, 3. Dezember. Vor dem Kaiser fand heute Mittag die Vereidigung de» Weihbischoss von Straßburg Baron Zorn v. Bulach statt. Ihr wohnten außer den Herren der Um gebung vom Dienst bei: der Reichskanzler Graf Bülow, vr. v. LukanuS, der Statthalter von Elsaß-Lothringen, der Geheime RcgierungSrath Freiherr v. Liebenstein, Major Holstein, Staats sekretär v. Köller und Unterstaalssekrelär Zorn v. Bulach. Der Kaiser hielt dabei folgende An sprache: „Mit Befriedigung hat es Mich erfüllt, daß zum Weihbischose der altehrwürdigen Diözese Straßburg ein Mann berufen worden ist, der dem Reichslande von Geburt angehürt. Sie, hoch würdiger Herr sind ein Sohn des Elsaß und der Sprosse eines alten elsässischen edlen Geschlechts, das seit grauer Vorzeit seinem Lande zahlreiche hervorragende Männer gestellt hat und Ihnen ist eS nunmehr brschieden, als Weihbischof dem Bischof Ihrer heimathlichen Diözese zur Seite zu stehen. Gern habe Ich Sie daher in olle mit diesem Amte verbundenen Würden und Berechtigungen eingesetzt und nicht habe ich es Mir versagen wollen, wie neulich seitens des Bischoss von Metz, so auch von Ihnen das Gelöbniß der Treue persönlich rntgegenzunehmen. Die soeben von Ihnen ausge sprochenen loyalen Versicherungen und Wünsche für Mich und Mein Haus, sowie Ihre Vergangen heit im Staats- und Kirchendienst befestigen Mich in dem Vertrauen, daß auch Sie eS für Ihre Gewissenspflicht halten werden, die Eintracht zu pflegen und in Ihrer Diöcese Straßburg, soweit eS an Ihnen liegt, den Geist der Ehrfurcht gegen Mich zu stärken und die Liebe zum deutschen Vaterlande zu hegen. Sie werden nur dem Bei spiele Ihrer Vorfahren folgen, die zu den Zeiten de» heiligen römischen Reiche» deutscher Nation in guten und bösen Zeiten treu zu Kaiser und Reich gehalten haben. Von Herzen heiße Ich Sie, hochwürdiger Herr, in dem Ihnen übertragenen Amte willkommen. Möge Ihnen in Ihrem neuen Wirkungskreise Gotte» Segen im reichsten Maße brschieden sein." Die Großherzogin vonHessen ist mit ihrer Tochter, Prinzessin Elisabeth, mit ihrer Mutter der Hrrzogin-Wittwe Maria von Coburg, und ihrer Schwester Beatrice in Schloß Fabron bei Nizza eingrtroffen. Der Bundesrath hat in seiner besonderen am Montag abgrhaltenrn Plenarsitzung mehrere weitere Spezialrtat» de» Rrich»hau»haltetat» für 1902 genehmigt. Berlin, 2. Dezbr. (Reichstag.) Im Reich», tag ergriff heute bei Äerathung de» Zolltarif. rvGL