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«°"Vich MM« u M. 76 des Mstsckm Lrz. «ischofswerd«, tzßp ». Mi L8V8. " Vermischtes. — Lützen, 2S. Juni. An der sogenannten „Salztrage" an der Nürnberg-Leipziger Chaussee, wurde in der Nähe des Dorfes Balditz ein noch unbekannter Mann erschlagen aufgefunden. Die Leiche wie« Verletzungen an den Schläfen auf. Zwei des Mordes verdächtige Personen wurden verhaftet. — Warmbrunn, 29. Juni. Der Plan einer Eisenbahn auf die Schneekoppe scheint seiner Verwirklichung nahe zu sein. Der Unter nehmer ist der Kommerzienrath Kummer au» Dresden. Die Bahn soll vom Warmbrunner Bahnhofe als schmalspurige Dampfbahn bis Kylwasser geführt und von dort bi» auf die Koppe elektrisch betrieben werden. Die Geld mittel stellen die DiSkontobank, Finanzminister vr. v. Miquel, natürlich al» Privatmann, und. - Lord Ruffel bereit. Man erwartet, daß die Arbeiten in nicht mehr langer Zeit in Angriff, genommen werden. — Die 200. Hinrichtung vollzog der preußische Scharsrichter Reindel au» Magdeburg am Montag in Gleivitz an dem Grubeninvalid« Florian Liga. — (Attentat auf eineu Schnell»»«.)^ Essen a. R., 28. Juni. Der gesteru AbtM um 11 Uhr von Effm-tzauptbahnhof nach Berlin abgegangene Rachtschnellzug v 5 stieß bei« Durchfahren de» Gütrrbahnhofes Essen «ff drei über die Gleise gelegt« Eisenbahnschwellen. Durch den Zusammenstoß wurden die Bahuräumer der Lokomotive abgebrochen und die Schwell« über' Sachsenstiftung zum GedLchtniß Kärser Wilhelms I. Unentgeltlicher ArbeitS-NachpeiS für gemente Soldaten. Bereit» in dtNJahren 1895 und 1896 hatten mehrere Bezirke und Vereine de» König!. Sächs. MilitärvereinS-Bunde» vor Allem der Bezirk Leipzig, den Versuch gemacht, gedienten Sol- -atrn, die ohne Verschulden stellenlos geworden, und besonders den alljährlich im Herbst nach vorwurfsfrei erfüllter Dienstpflicht zur -Reserve entlassenen Mannschaften, unentgeltlich Arbeit zu vermitteln, um sie so vor den sittlichen Ge fahren einer längeren oder kürzeren Zeit der Arbeitslosigkeit zu bewahren. Diese Versuche waren von günstigem Erfolge begleitet: eS wurden im Ganzen 2500 Arbeitsuchende in Stellung gebracht. . Um für den weiteren Ausbau des Unter nehmens Mittel zu gewinnen, wurde am 22. März 1897, dem 100. Geburtstage de» ersten deutschen Kaisers, unter Zustimmung der hohen Protektoren des Bunde», Sr. Majestät des König» und Sr. Königl. Hoheit de» Prinzen Georg, eine Stiftung ins Leben gerufen, die mit Genehmigung Sr. Majestät des Kaisers den Namen erhielt Sachsenstiftung zum Tedächtniß Kaiser Wilhelm» I., da sich, die unentgeltliche Arbeitsvermittclung als eine Thätigkeit im Sinne der Botschaft vom 17. November 1881 dar stellt. Damit war zugleich ein für Arbeitsuchende wie für Abeitgeber leicht zu merkender Name für die Einrichtung gefunden. Für den schrift lichen Verkehr genügt jetzt, dank dem Entgegen kommen der obersten Postbehörde, die Adresse „An die Sachsenstiftung" ohne Ortsangabe. Die Kaiserl. Postanstalten im Königreiche Sachsen be fördern laut Verfügung des Reichspostamtes solche Zuschriften, sofern sich nicht am Ein- lieserungSorte selbst eine Geschäftsstelle der Stiftung befindet, an die Geschäftsstelle am Sitze derjenigen Amtshauptmannschaft, zu welcher der Aufgabeort gehört. Obwohl man in den meisten Kreisen dem jungen Unternehmen gegenüber anfänglich eine zwar wohlwollende, aber abwartende Haltung einnahm, so wurden doch von Behörden und Privaten der Stiftung 13,000 Mk. zuaewendet, die als Grundkapital festgelegt worden sind. An die Opferwilligkeit der Bezirke, einzelner Vereine und besonders der Inhaber von Geschäftsstellen müssen freilich auch jetzt noch bedeutende An- forderungen gestellt werden. Weiteres Anwachsen der Stiftung ist im Interesse einer gedeihlichen Fortentwickelung des Arbeitsnachweises dringend erwünscht. Nach dem im Januar 1898 veröffentlichten 1. Jahresberichte der Sachsenstiftung sind im Jahr 1897 im Ganzen 4206 Stellen angeboten, 2661 Stellen gesucht, 1563 Bewerber unterge bracht worden, zusammen mit den in den voraus- gehenden Jahren in Stellung gewiesenen also 4063 Leute. Diese Zahl würde noch viel größer sein, wenn unter den Geschäftsstellen ein regelmäßiger Ausgleich zwischen Angebot und Nachfrage hätte stattfinden können. Ein solcher soll künftig, zu nächst einmal monatlich, durch Versendung einer Ueberstcht über die angebotenen und nicht sofort besetzten Stellen an sämmtliche Geschäftstellen der Sachsenstistung herbeigeführt werden. Für diese Monatsübersichten erbittet sich die Stiftung ganz besonders auch die Mittheilung von Anstellungen bei Behörden, soweit sie nicht an Militäranwärter zu vergeben sind, ferner solcher Stellen, für die jederzeit Arbeiter gesucht werden, z. B. in größeren Industriebetrieben, Bergwerken und in der Landwirthschaft. Am 22. März 1898, gerade ein Jahr nach Errichtung der Sachsenstiftung, hatte diese die von vornherein angestrebte Ausdehnung über da» ganze Land erreicht: e» bestehen jetzt an sämmt- lichrn Sitzen von Amtshauptmannschaften Geschäfts stellen der Stiftung, außerdem aber zur Er- leichteruna des Verkehrs noch 75 Nebenstellen. Al» nächster Termin, bis zu dem die Einrichtung wieder um ein Bedeutendes gefördert sein soll, ist das am 10. Juli dieses Jahres bevorstehende 25jährige Bundesjubiläum in Aussicht grnommeu. Zum Zwecke einer straffer« Organisation »ad gleichmäßig« Handhabung de» Arbeitsnach weises ist schon jetzt eine Geschäftsordnung au»- auf dem Lande und in der Provinz hinzu- weisen sind." Und in der Instruktion für Reservist«, die auch der Belehrung durch die Truppentheile zu Grunde gelegt wird, lautet Punkt 8: „Arbeitsuchende haben in der Regel die meiste Aussicht, in ihrer Heimath Arbeit zu erlang«, Ganz besonder» günstig liegen für sie die Ver hältnisse In der Landwirthschaft. In den großen Städten hält e» infolge de» starken Zudrange» oft schwer, passende Stellung zu finden; auch ist da» Leben auf dem Lande und in der kleinen Stadt billiger und gesünder al» in der Großstadt und gewährt eher die Möglichkeit, sich selbständig zu machen." Außerdem wird die Stiftung, sobald sie über ge nügende Mittel verfügt, bei Unterbringung von Arbeitsuchenden der großen Städte iu die Provinz und nach dem Lande, diesen kleinen Beihilfen, etwa Erstattung des Fahrgelde», gewähren. 3. Unsere Zeit, in der bei dem ungewöhnlich lebhaften Geschäftsgänge Arbeiter überall gern angenommen werden, sei für die Einrichtung und weitere Ausgestaltung eines solchen Arbeitsnach weise» ungeeignet. Widerlegung: Allerdings »ar auch bei den Geschäftsstellen der Sachsenstiftung im Jahre 1897 das Stellenangebot überall größer, die Nachfrage nach Arbeit geringer als in den Jahren vorher. Allein, so bleibt e» nicht immer. ES werden auch andere Zeiten wieder kommen, in denen Ueberfluß. an Arbeitskräften vorhanden ist, und die Sachsenstiftung will nicht bloS für den Augenblick geschaffen, sondern eine dauernde Einrichtung sein. ES wäre daher grundfalsch, mit dem Ausbau des Unternehmen» zu warten, bis erst schwerere Zeiten für die Ar beiter wieder da sind. Im Gegentheil gerade jetzt, wo die Einrichtung verhältnißmäßig weniger Mühe verursacht, muß sie vollständig organisiert werden, damit sie sich in Tagen, wo die wirth- schaftliche Hochfluth zurückgeht, bewähren kann. — Das sind im wesentlichen die Aufgaben, welche die Sachsenstistung sich gestellt hat, die Grund sätze, nach denen sie arbeitet.^ Ihre Erfolge freilich werden vor Allem davon abhängen, ob sie die Unterstützung aller der Kreise findet, auf die sie angewiesen ist, Me Unterstützung der Königlichen Truppentheile, die ihr durch da» Königl. Kriegs- Ministerium in wohlwollenster Weise bereits iu Aussicht gestellt ist, der Königl. Regierungsbe hörden, der städtischen und Gemeindeverwaltungen, der Arbeitgeber in Stadt und Land, der Presse; sowie aller vaterländisch und gemeinnützig Ge sinnten überhaupt. Etwaige Zuschriften werden an den Vor sitzenden der Sachsenstistung Prof. vr. Poeschel in Grimma, Beiträge für die Stiftung an den Schatzmeister des Königl. Sächs. Militär-Verein»« Bundes L. Beyer in Dresden, Ammonstraße 50, erbeten. . in den vorauSgehenden Jahren sowohl auf Seiten der Arbeitsuchenden al», der Arbeitgeber manche Urbelstände zu Tage getreten waren, mußte deren Beseitigung in» Auge gefaßt werden. So wird denn in Zukunft unter Einwilligung de» Königl. KriegSministerium» jedem Reservisten vor seiner Entlassung au» dem aktiven Militärdienste eine kurzgesaßte Instruktion über die Benutzung der Sachsenstistung im Formate de» Militär passe» auSgehändigt werden. Auch wird den Mannschaften schon bei den Truppentheile« und später bei den Kontrollversammlungen eine Beleh rung darüber zu theil werden. Um den Verkehr der Geschäftsstellen mit den Arbeitgebern zu erleichtern und zu vermeiden, daß Arbeitsuchende für bereit» anderweit besetzte Stellen in Vorschlag gebracht werden, sind vorgedruckte Doppelpostkarten einge führt worden. Die von der Sachsenstistung zu- geschickten Bewerber legitimieren sich durch einen von der Geschäftsstelle auSgefertigten BorweiS. Gegen die Bestrebungen der Sachsenstistung sind wiederholt drei Bedenken geltend gemacht worden: 1. Die Bevorzugung gedienter Soldaten sei eine Ungerechtigkeit gegen die Menge der Arbeiter, die dem Heere nicht angehört haben. Wider legung: An einer gewissen Einseitigkeit haben alle bisherigen Versuche der Arbeitsvermittelung gelitten, die entweder örtlich oder aus einen be stimmten Erwerbszweig beschränkt waren; in diesen beiden Beziehungen hat sich die Sachsen stiftung keinerlei Grenzen gesteckt, ohne jedoch den gewerblichen Arbeitsnachweisen irgendwie Konkurrenz machen zu wollen. Bedenkt man nun, wie sehr die nicht im Heere Eingestellten im Bortheil sind, da sie ihrem Berufe ohne Unterbrechung obliegen können, und daß für sie auch mancherlei Geldopfer Wegfällen, die der Militärdienst auferlegt, so darf man diese Be vorzugung den gedienten Soldaten wohl gönnen. UebrigenS wird von den Geschäftsstellen der Sachsenstistung, wenn auf irgend einem Gebiete besonders starkes Stellenangebot, dagegen keine Nachfrage au» dem Kreise gedienter Soldaten Vorhand« ist, frei von ftder Engherzigkeit, auch Nichtsoldaten auf ihre Bitte Arbeit nachgewiesen. Endlich muß die leider immer mehr wahr nehmbare Thatsache in Betracht gezogen werden, daß durch den aktiven Militärdienst dem Lande Arbeitskräfte dauernd entzogen werden. Die von den Truppentheilen Entlassenen wollen, auch wenn sie früher aus dem Lande gearbeitet haben, nicht wieder dorthin zurück, well sie an dem Leben in der Stadt Wohlgefallen gefunden, zum Theil auch, weil sie folgenschwere Verhältnisse angekoüpft haben. Namentlich wird diese Ab neigung gegen Rückkehr in die Landwirthschaft bei den Reservisten der Kavallerieregimenter be obachtet, die mit Vorliebe Stellung al» herr schaftliche Kutscher, Reitknechte, allenfalls auch als Dimer suchen und bisweilen lieber monate lang ohne Beschäftigung bleiben, al» daß sie eine der zahlreichen ihnen angebotenen landwirth- schastlichen Stellen annehmen. Gerade auS diesem Grunde erscheint eine Stellenvermittelung für Reservisten, die zugleich kameradschaftlich be- rathend ringreist, besonders am Platze. Hier mit berühren wir bereits den zweiten Einwand. 2. Die Arbeitsvermittelung unterstütze den Zug nach der Großstadt. Widerlegung: Die Sachsenstistung, deren Geschäftsstellen über daS ganze Land vertheilt sind, hat sich die Aufgabe gestellt, gerade eine Dezentralisation der Arbeits kräfte anzustreben. In Punkt 9 her oben er wähnten Geschäftsordnung heißt eS mit Bezug auf die allmonatlich zu versendende Stellen übersicht: „Nicht aufzunehmen sind Vakanzen in den Städten Leipzig, Dresden und Chemnitz, um den Zug nach der Großstadt nicht zu unter stützen", eine Bestimmung, welche die Sachseüstiftung sehr zu ihre» Nachtheil getroffen hätte, wenn e» ihr mebr darauf ankäme, ziffermäßige Erfolge zu erzielen, al» vielmehr höhere volkswirthschaftliche Ziele zu fördern. Punkt 13 ferner enthält die Worte: „Wenn Arbeitsuchend« den Wunsch äußern, au» einem Theile de« Lande»'« einem anderen untergebracht zu werd«, so ist hierbei dem Zuge nach den Großstädten entgegenzutreten, währmd umgekehrt Arbeitsuchende der Groß städte auf die zahlreich «»gebotenen Stell«