B. TEKTONIK I. DAS GANGSYSTEM Die tektonische Analyse des Freiberger Gangsystems hatte vor allem folgende Kernfragen zu beantworten: 1. Sind in der Anlage der Erzgänge Symmetriebeziehungen bzw. irgendwelche andere Gesetzmäßigkeiten festzustellen und 2. läßt sich zwischen der Bildung der Gangspalten und dem varistischen Bau plan ein Zusammenhang nachweisen. Beide Fragen können, wie im Folgenden noch näher begründet werden soll, bejahend beantwortet werden. Da die Gangtektonik demnach im Rahmen der bereits oben dargelegten geo- logisch-tektonischen Bauformen des Erzgebirges betrachtet werden kann, sollen zunächst die tektonischen Gegebenheiten und ihre Auswirkungen innerhalb des Freiberger Erzbezirkes noch etwas näher untersucht werden. a) Die tektonischen Bauelemente Der Freiberger Erzbezirk wird im wesentlichen bestimmt durch drei tekto nische Bauelemente: die „Gneiskuppel“, das Granitmassiv und die Bruchformen der Gesteins- und Erzgänge. Sie bilden den Rahmen bzw. die Voraussetzung der Freiberger Erzlagerstätte. 1. Die Freiberger „Gneiskuppel“ stellt die östlichste Aufwölbung der erzge- birgischen Brachyantiklinale dar. Die Freiberger Erzgänge setzen vorwiegend innerhalb des westlichen Teiles der „Kuppel“ in den Graugneisen der Kernzone auf (Bild 1). Die in den Randzonen der Freiberger Gneiskuppel vorhandenen stark empor gefalteten Gesteinspartien mit ihrer deutlichen NE-Vergenz (Bilder 2 und 3) bilden mit der wahrscheinlich damit zusammenhängenden ersten Primitivanlage der Gneistextur das vermutlich älteste erkennbare tektonische Element des Un tersuchungsgebietes. Bewegungen in der eigentlichen varistischen Richtung SE- NW spielten innerhalb dieses Verformungsplanes noch eine untergeordnete Rolle. Eine genaue zeitliche Festlegung dieser Verfaltung und Vergneisung konnte bisher noch nicht gegeben werden. Nach Pietzsch (1951) soll sie ihren Höhe punkt und Abschluß in der sudetischen Phase gefunden haben. Doch bereits Scholtz (1930) und neuerdings v. Gaertner (1951), Kodym (1955) und auch Pietzsch (1956 b) weisen auf die Möglichkeit eines prävaristischen, höchst wahrscheinlich assyntischen Alters der erzgebirgischen Gneise hin. Danach würde in Analogie zum Kristallin des Moldanubicums und des Schwarzwaldes das Gneisgrundgebirge von der varistischen Tektonik bereits vorgefunden wor den sein. Varistische Durchbewegungen selbst fanden dann vorwiegend nur in den Gesteinsserien von den Glimmerschiefern und Phylliten aufwärts statt, d. h. besonders in den nordwestlich bzw. nordöstlich angrenzenden Gebieten des Erz gebirgischen Beckens und des Elbtalschiefergebirges.