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"'PMNche Die Reich«tagsverhand(«ngen nahmen in 1«r abgelaufeoen Woche wruiger Interesse in «u- sprach al» in den drei ersten Tagen »er zweiten «tat« - Lesung. Dieser Umstand erklärt sich theil« daraus, daß bereit« in jenen Tagen die Redner der verschiedenen Parteien Gelegenheit hatten, ihren Standpunkt gegenseitig zu präcifiren; theil» boten die in der abgrlaufenen Woche verhandelten Materien nicht Stoff genug zu einer wiederholten Debatte im großen Gthie. Demgemäß verliefen auch die Ver handlungen ziemlich rasch uud erledigte der Reichs tag in den verschiedenen Sitzungen ohne erhebliche Debatten die Etats de« Reichseisenbahnamtes, de« ReichsschatzamtrS, der Marine, einzelne Theile der ReichSheer-Verwaltüng, der Reichs-Post« und Tele- graphen'Verwaltung, der Reichsdruckerei und bewilligte zum Bau eines Kaiserpalastes in Straßburg 2,660,000 Mark. Am Freitag fand die erste Lesung der Vor lage über Erhebung der Berufsstatistik statt und wurde dieselbe einer Commission von 21 Mitgliedern überwiesen. — Da- vielverbreitrte Gerücht, wonach der Reichstag wahrscheinlich noch vor Weihnachten seine Vvrsesfion schließen werde, dürfte sich kaum bewahrheiten, da derselbe außer der dritten Lesung des Etats noch verschiedene andere Vorlagen (Rechenschaftsbericht über die Ausführung des Sozia listengesetzes, kleiner« elsässische Justizgesetze und ver gleichen) zu erledigen hat, so daß ein Zusammen tagen mit dem preußischen Landtag« im Januar nächsten Jahres kaum zu vermeiden sein wird. — Am Dienstag fand bei dem Fürsten Bismarck die erste parlamentarische Soiree statt. Dieselbe war zahlreich von den beiden conservaliven Parteien wie von den liberalen Gruppen besucht. Dagegen fehlten die Mitglieder des CentrumS gänzlich, was sich aus einem Couflict Windthorst'S mit der „Nordd. Allg. Ztg." ^ erklärt. Dieses anerkannt BiSmarck'sche Preßorgan hatte gegen die kleine „Perle von Meppen" den Vorwurf der Vaterlandslosigkeit erhoben. Statt des verlangten Widerrufs brachte das Blatt ein Citat des Pariser „Temps," dem wir folgenden Satz entlehnen: „Wir sprachen bereits von Elementen der Zersetzung; hier haben wir wieder ein solche« Element vor unS, und zwar da« aUerthätigste der selben. Mag man immerhin bereits oftmals ein solches Schauspiel erlebt haben, man ist doch immer ivieber durch den Chnismus überrascht, mit welchem die ultramontane Partei sich zur parlamentarischen Trinkgeldpolitik bekennt. Diese Partei ist zwar durchaus nicht baar an Ansichten über Fragen von nationalem Interesse, sie hat ihre natürlichen Ten denzen in dieser oder jener Frage, sowie ihre In stinkte, betreffend diese oder jene Maßregel, aber vor Allem ist sie zu Einem fest entschlossen, und zwar dazu, alle« Andere der einen Frage der geistlichen Herrschaft unterzuordnen." Indem die „Nordd Allg. Ztg." dieses Urtheil eines französischen Organs adoptirte, wurde der Conflict noch verschärft und sämnttliche Mitglieder de» Centrums blieben dem gastlichen Tische de« ReichScanzlerS fern. Inzwischen hat aber Herr Windthorst die verlangte Genugthuung erhalten. — Der Statthalter von El saß-Loth ringen gab den Mitgliedern des LandeSau-schusseS gelegentlich dessen Wiederzusammentritts ein Festmahl, an dessen Schlüsse er eine längere Rede hielt, in welcher der Statthalter es al« sein höchstes Ziel hinstellte, für die Reichslande dieselben verfassungs mäßigen Rechte zu erringen-, wie sie die anderen deutschen Bundesstaaten besäßen. Alle Achtung vor diesem Streben, aber die Thatsache, daß die autono- mistische Partei au« dem Reichstage hinweggeweht ist, während der einzige strenggouvernementale Can- didat trotz seiner kirchlichen Stellung e« nur zur Stichwahl brachte, läßt die Erfolge des Manteuffel'schen Regiment« al« wenig glänzend erscheinen. Das allzuweitgehende Entgegenkommen gegen die Forder ungen der elsässischen Geistlichkeit, die allzugroße persönliche Liebenswürdigkeit gegen hervorragende Protestler Haden an ihrer Hinneigung zu Frankreich nicht« geändert. Nur durch ein festes und gerechte« Auftreten, wie es dem verstorbenen Oberpräsiventen Möller eigen war, durch die Festhaltung des rein staatlichen, nicht entfernt konfessionellen Charakter« der Schule wird sich die Ueberzeugung von der Unabänderlichkeit de« deutschen Regiment- und die Erziehung im deutschen Geiste durchsetzen lassen. Den deutschen Beamten muß man natürlich bei etwaigen Uebergriffen entgegrntreten, aber ihre Autorität darf nicht durch schwächliche Nachgiebigkeit -egen franzosenfreundliche Elemente de« LaudeSaus- schusses geschädigt werden. Allzuviel Zuckerbrot ist auch dem elsässischen Magen nicht gesund. vorigen Donnerstag fand in Italien die Zeremonie der Heiligsprechung statt. Der Papst, um- der Papst, anscheinend mit Anstrengung die Messe, griffe auf ihn seien erfolglo« gewesen. Wie seicht wobei er sich wiederholt unterstützen ließ; sodann- könnte man doch diesen Schuft überführen. Miß; Sacksen. Se. Majestät der. König und Se/ K. Hoheit der Prinz Georg sind am 12. Dcc. Vormittag« 9 Uhr 57 Min. von Dresden nach Berlin abge- hielt er mit schwacher Stimme die Homilien über die Bedeutung der Heiligen im Allgemeinen und über die besonderen Verdienste der Neuen Heilig- ' gesprochenen; ,rr schätze sich glücklich, inmitten seiner Trübsale die Zahl der Auserwählten vermehren zu können, welche Fürsprecher sein würden bet Gott für die Kirche und für die Gesellschaft.' Ja der französischen Deputirteukammer ver fügte Gambetta bei Berathung der tunesischen Creditforderung über die imposante Majorität von 400 Stimmen, inzwischen sind aber Anzeichen eingetreten, die eine solche Mehrheit für die Zukunft sehr zweifelhaft machen. Dies beweist zunächst die Bildung der etwa 50 Mitglieder zählenden «unab hängigen Gruppe' in ver Deputirteakammer, welche sich au« Anhängern der frühern .republikanischen Vereinigung' rekrutirt. Dann aber wollen sich die Mitglieder der sogenannten republikanischen Linken zu einem neuen, ebenfalls möglichst unabhängigen, Verein umbilden. Die Organe des Ministerpräsiveiuen sind natürlich auf die beiden neugestalteten parlamen tarischen Gruppen nicht gut zu sprechen, aber e« fragt sich, ob es Gambetta gelingen wird, diesen Störungen gegenüber seinen alten Einfluß geltend zu machen Die russischen Nihilisten haben abermals ein Zeichen von der Fortdauer ihrer geheimen verbreche rischen Pläne gegeben. Neben dem Attentate auf Tscherewin wurde in Petersburg eine 15 Mann starke Bande entdeckt und aufgehoben, welche als GeorgSritter verkleidet am GeorgSfeste theilnehmen wollte, so daß die Polizei für diesen Tag (8. December) außerordentliche Vorsichtsmaßregeln ergreifen mußte. In den zu Constantinopel stattfindenden Ver handlungen über die türkische Kriegsentschädigung an Rußland haben die russsischen Dclrgirten plötzlich eine unerwartete Mäßigung bewiesen. Sie gestanden zu, daß da» Kapital dieser Entschädigung aus die Hälfte herabgesetzt wcrde; von der verbleibenden Summe sollen jährlich 1H Proeent abgewhlt Lcroen. Da» ist sicherlich eine große Erleichterung für die Türkei und ihre stet« in Ebbe-Zustande befindlichen Staatskassen. D«r Präsident der nordamerikanischen er den Präsidenten Garfields uin>» Leben gebracht: hat, giebr Guiteau zu, er ist sich dieser Thal gan^ genau bewußt, also kann von einen wirklichen Wahnsinne bei ihm nicht die Rede sein, denn ein. Wahnsinniger weiß nicht, was er gethan hat- Guiteau hat aber mit bewußter Absicht den Prä» sidenten Garfield niedergeschossen, deshalb gehört er nach den Gesetzen auf'« Schaffst. In einem solchen Falle giebt es weder Ausreden noch Ent schuldigungen und diese Erkenntniß wird wohl auch- bei den Richtern Guiteau'- schließlich noch maß gebend werden. Berlin, 12. December. Laut einer Bekannt» machung de« Reichskanzlers vom heutigen Tage isk in einigen Ortschaften der schlesischen Kreise LandeS- hut und Bolkenhain die Rinderpest festgestellt. Dir gesetzlich vorgesehenen Maßregeln sind sofort zur Ausführung gelangt. Wie man aus Mainz unterm 12 d. mittheist, findet zwischen Philipps und Bebel Stichwahl statt. Abgegeben 16,968 Stimmen, davon für Philipps (Fortschritt) 6485, für Bebel (sozialb.) 5503, für Eugen Frank (Centrum) 4864 Stimmen. Der „Essener Zeitung' zufolge ist in der am 11. d. M. in Düsseldorf abgehaltenen General versammlung de« Verein« deutscher EijenhüttenleMe folgendes Telegramm an den Ncickscanzler gesendet worden: 300 hier versammelte Mitglieder des Ver eins deutscher Eisenhültenlcute danken Cw. Durch laucht für die segensreich wirkende Wirtschafts politik, welche die Wiederkehr besserer Zeiten für Werke und Arbeiter herbeigeführt hat. Der Vor» sitzende C. Lveg. Wie unterm 12. Dec. aus Wien gemeldet wird, votirte bas Herrenhaus einen Credit von 50,000 fl. für die Hinterbliebenen der bei der Catastrophe des Ringtheaters um's Leben Gekommenen, nachdem der Präsident dem tiefempfundenen Beileid Ausdruck ge geben hatte. gehn vonseinemganzen Hofstaate, erklärt« zunächst den habe nur den Präsidenten auf MMchW Enahaikus de Rosst, sodann den Eapuziner Lorenz, beseitigt i' Dabei wimmert Guiteau faA dsn Eremiten Labre und die Nonne Elara zu um Schutz gegen die schändlichen Pers^,^ Heilüzrn, gleichzeithz wurde mit einigen Kanonen- nach dem Leden trachten; manchmal Milcht. schaffen da« Signal zu einem Geläute sämmtlicher auch darauf aufmerksam, daß sein Leden v Kirchenglocken der Stadt gegeben. Hierauf zelebrirte Höchsten Hand beschützt werd«, denn zwei MÄdan« Freistaaten ließ dem kürzlich zu Washington zu- sammengetretenen Congreß eine Botschaft zugehen, in welcher zunächst des Tode« Garfield'« Erwähnung gethan wird. Sodann beglückwünscht die Botschaft die Nation zu der zunehmenden Wohlfahrt de» Landes und den freundschaftlichen Beziehungen gegen über den auswärtigen Mächten. Aus dem eben falls übermittelten Finanzbericht veS Schatzsecrctärs Folger ist besonders erwähnenSwerth, daß Folger hofft, die Union werde bei Fortdauer der gegen wärtigen günstigen Verhältnisse in 10 Jahren ihre ganze Staatsschuld getilgt haben. — Ein recht widerwärtiges Schauspiel bietet der Prozeß gegen den Präsidentenmörder Guiteau. Der Bertheidiger desselben sucht immer und immer wieder nachzu weisen, daß Guiteau schon seit langen Jahren wahn sinnig sei. Man hat Leute herbeigebracht, die einmal von Guiteau einen Vortrag gehört haben und die damals zu der Ueberzeugung gekommen sein wollen, daß Guiteau wahnsinnig sei. Auch eine Schwester GuiteauS sagte au», daß ihr Bruder „verrückt" sei, aber ein Bruder de« Mörder» meinte, er wisse wohl, daß sein Bruder stet» zu allen schlimmen Streichen geneigt gewesen, aber wahn sinnig sei er nicht. Einige Aerzte zweifelten auch daran, daß Guiteau irrsinnig sei, während zwei andere Aerzte meinen, daß Guiteau dem religiösen Wahnsinn verfallen zu sein scheine. Religiösen Wahnsinn?! Was ist da« in der ärztlichen Wissen schaft für eine zweifelhafter Begriff? Religiösen Wahnsinn könnte man wohl auch jeden starken Grad religiösen Fanatismus nennen und danach wären wohl auch die südrussischen Bauern, welche im religiösen Wahne eine Anzahl Juden todtschlugen, freizusprechen. Freilich Guiteau giebt sich die er denklichste Mühe, wahnsinnig zu erscheinen und Zeugen und Richter zu verblüffen. Al» man ihm vorhielt, daß er e« verstände, auf recht raffiairte Weise Schulden zu mache», schrie Guiteau laut auf und ertheilte dann seinen Richtern gute Rathschläge im Schuldenmachen. Als der Richter Porter von „Mord' sprach rief Guiteau ihm zu: „Sie scheinen eine Freude daran zu finden» von Mord zu sprechen, ich reist und wenige Minuten vor 1 Uhr mit dem fahrplanmäßigen Courierzuge, in den /der Salon wagen des Königs eingestellt war, auf dem Dresdner Bahnhose dasselbst eingetroffen. Die zweite Kammer bewilligte in ihrer v. 9. d. M. abgehallenen Sitzung nach kurzer Debatte für verschiedene Herstellungen auf dem baierschew Bahnhofe in Leipzig 104,120 M , für Beschaffung eines neuen ProbüctenladeplatzeS auf Bahnhof Gößnitz 55,175 M., für Erwerbung des Areale« für einen neuen Kohlenablaveplatz in Crimmitschau 70,000 M, für verbesserte BetriebSeinrichmngen auf dem Bahnhofe in Döbeln 120,110 M., für neue Ein richtungen auf dem Gebiete des Signalwesens 290,000 Mark. Zum Dchwurgerichtspräsircntkn für die im ersten Kalenveroierteljahr 1882 beginnende Sitzungsperiode ist bei dem Landgerichte Bautzen wieder Herr Landgerichtsdirector 0r. Wie sand daselbst ernannt worden. 8 Bischofswerda, 12. Dec. Auf Einladung, des Reform-Comitee's hatten sich am Sonnabend circa 300 Personen aus unsrer Stadt und Um gegend im Gasthof zur goldnen Sonne Ungesunden^, welche mit großem Interesse und öfteren Beifalls bezeugungen dem Vortrage de« Herrn vr. Förster au« Berlin folgten. Redner ging von dem Ge danken aus, daß selten ein« so tiefgehende Reform bewegung unser Volk erfüllt habe. Es sei in der Thal nöthig, daß unser grsammteS religiöses, poli tisches und gesellschaftliche« Leben eine Erneuerung erführe; dieselbe sei nur dadurch möglich, daß man da« Wesen der deutschen Cultur, wie e« un« an der 1500jährigen ruhmvollen Geschichte unser» Volkes entgegentritt, scharf und klar auffaßt, uud wenn man den inner« Gehalt de« Christenthum» in unserm Volke wieder lebendig macht. Da» Christenthum war zu den Deutschen in Form einer Cultur gekommen, Christenthum und Sklaverei find mit einander unverträglich; das Christenthum allein hat di« Sklaverei unmöglich gemacht; dennoch war al- „schwarzes Jnventarstück' au- der alben Welt irr da« Mittelalter die gesellschaftliche niedre Stellung.