Volltext Seite (XML)
Altdeutscher Handwerksbrauch. (Nachdruck verbot«.) Unter den deutschen Handwerkern herrschten in vergangenen Zeiten recht interessante Ge bräuche, von denen alte Handwerker noch manches -u berichten wissens und das mit einem gewissen Stolz. Man lasse sich mit ihnen hierüber nur in ein Gespräch ein. Da leuchten die Augen -er Alten, wenn sie auf die früheren Zeiten, -a noch -aS JmmngSwesen florierte, zu sprechen kommen. Mele der alten Handwerksbräuche find heute fast ganz in Vergessenheit gekommen. Wenn der Lehrling Geselle werden wollte, mutzte er ein Ge sellenstück liefern und wenn der Geselle einst Meister heißen wollte, dann hatte er vorher sein Meisterstück zu machen. DaS Gesellen- und Meisterstück wurde aber vorher einer eingehenden Besichtigung unterzogen, und erst dann, wenn alles tadellos befunden wurde, konnte der Lehr ling Geselle und der Geselle Meister werden. Die goinze Zeremonie war eine höchst interessante und verlief ungefähr so: Wenn ein Lehrling oder ein Geselle freigesprochen werden sollte, dann kamen auf der Herberge die Meister und Gesellen der betreffenden Zunft zusammen, um diese Feierlich keit unter mancherlei Gebräuchen und Reden zu be gehen. Es sollte z. B. einBöttch e r l e hrling losgesprochen werden. Derselbe führte den Na men „Ziegenschurz". Einer der Gesellen hatte nun den Auftrag, den „Ziegenschurz" zu „schleifen". Den betreffenden Gesellen nannte man daher den „ S ch l e i f p a t e n". Der Schleifpate stellte den Ziegenschurz den Versammelten zu nächst vor und zwar als einen, der bisher ein „Reifenmörder und Holzverderber, ein Pflaster treter, ein Meister- und Gesellenverräter" ge wesen sei und stieg mit ihm auf einen Tisch. Hier oben mutzte sich der Ziegenschurz auf einen Schemel niederlassen. Vor ihm stand sein Schleif pate und legte ihm allerlei Fragen vor. Dazwi schen erzählte er dem Ziegenschurz, der aufmerk sam zuhören mutzte, allerlei lustige Sachen und mancherlei Fabelhaftes, was ihm, dem künftigen Gesellen, einst auf der Wanderschaft begegnen werde. Die meisten Fragen an den Ziegenschurz waren aber so gestellt, datz dieser erst eine falsche Antwort geben mutzte, er mochte wollen oder nicht. Die falsche Antwort wurde aber vom Schleif paten sofort bestraft und zwar dadurch, indem er den Ziegenschurz tüchtig an den Haaren zauste. Z. B. stellte der Schleifpate an den Ziegenschurz die Frage: „Hast Du nun äusgelernt?" — Selbst verständlich antwortete der Ziegenschurz schnell mit „Ja!" Das war aber falsch: denn der Schleif- Pate erwiderte hierauf: „Wie anmatzend Du doch bist. So wisse, datz keiner der hier anwesenden Meister und Gesellen auSgelernt hat, und Du willst schon alles können?" Dann wurde der Zie genschurz tüchtig graust. — Die Rede, welche der Schleifpate hielt, war gewöhnlich sehr lang und zerfiel in mehrere Teile oder „Absätze". — Nach jedem Absatz wurde dem Ziegenschurz, der da los- gesprochen werden wollte, der Schemel wegge zogen, so datz der Lehrling auf den Tisch fiel. Nutz entstand ein Hallo, und der auf dem Tische liegende Ziegenschurz wurde sofort mit Bier be gossen. Dann zog ihn der Schleifpate wieder em por, und der Ziegenschurz setzte sich von neuem auf den Schemel. Diese Behandlung des Ziegen- schürz durch den Schleifpaten nannte man das „Schleifen". Es lag darin ein tieferer Sinn, Durch das „Schleifen" sollte dem Ziegenschurz angedeu tet werden, datz er heute zum letzten Mal Züch tigungen erdulden werde, wie er während der strengen Lehrzeit von selten der Gesellen wohl öfters erdulden muhte. Daß der Schleifpate auch über die Wanderzeit berichtete, war nicht ohne Absicht. Diese Mitteilungen sollten den künftigen Gesellen in der Fremde zur Vorsicht, Höflichkeit, Bescheidenheit und Massigkeit mahnen. — Das „Schleifen" geschah gewöhnlich dreimal. Dany stieg der Schleifpate mit dem Ziegenschurz vom Tische herab, und sie begaben sich nun beide hin aus. Bald darauf traten sie aber wieder in die Stube und der Schleifpate sagte: „Guten Tag, Glück herein! Gott Ähr' ein ehrbar Handwerk! Ich sage mit Gunst, Meister und Gesellen, vor hin habe ich hereingebracht einen Ziegenschurz und Reifenmörder, einen Holzverderber und Pflastertreter, einen Meister- und Gesellenver- roter. Ich verhoffe jetzund, hereinzubringen einen ehrlichen Gesellen." — Nach dieser Rede wünschte der Schleifpate dem Ziegenschurz Glück zum Ge- sellenftand und aus der Wanderschaft. Sowie . --- beendet war, mutzte Ziegen schurz, der nun ein Geselle geworden war, hinaus auf die Sasse laufen und „Feuer! Feuer!" schreien. Sogleich stürzten ihm alle im Zimmer Versam melten nach und übergossen den neuen Gesellen tüchtig mit Wasser. — An diese eigenartige Zere monie schlotz sich ein fröhlicher Schmaus. An einer langen Tafel nahmen alle Platz, und obenan sah, mit einem Kranz auf dem Kopf, der neue Geselle. Wacker wurde auf seine Gesundheit an- gestotzen. ES wurde so lange getrunken, bis auch der letzte Tropfen aufgebracht war. Sa ch s e n. Bischofwerda, 25. September. Spaziergauge. Woher kommt es, datz die Landleute fast immer gesunde, kräftige Naturen find, an denen jeder seine Freude haben mutz? Unsere Bauern und Bäuerinnen arbeiten tüchtig. Da sie dabei den Hauptteil des Tages in freier Lust zubringen, so kann der gesundheitliche Einflutz dieses lebenS- und kraftweckenden Stoffes, den sie in vollen Zügen einatmen, an ihnen seine gute Wirkung ausüben. Fleißige Bewegung, wie sie die Tätig keit der Dorfbewohner verlangt, können wir Städter uns in der gleichen Art nicht machen, da uns -er Beruf an das Zimmer fesselt. Aber wir sollen wenigstens so viel wie möglich spazieren gehen, damit auch wir einen Teil von der Kernig keit und dem blühenden Aussehen der Landbewoh ner am eigenen Körper gewinnen. Beim Wan dern meide man selbstredend die staubigen Stra ßen mit ihrem Lärm und suche dafür die Ein samkeit auf, dort wo der WaldeSodem uns um weht, und wo vom Felde und der Wiese reine, frische Lust in unsere Lungen strömt. Es ist wichtig, was für Stoffe wir während des Spa- zierengehens einatmen. Denn während wir in ruhendem Zustand in der Minute etwa sechszehn Atemzüge tun, steigert sich, während wir uns be- wegen, diese Zahl auf das vier- bis fünffache, so daß wir einen ganzen Vorrat an Lebensbalsam in uns aufnehmen. Das rührt daher, datz wir tiefer Atem holen müssen, wenn wir rüstig fortsHreiten. Nicht zu unterschätzen ist auch der weitere Vor teil, der unserer Blützirkulation zu gute kommt. -Durch-die Bewegung wir- nämlich das Blut gleichmäßig durch -en ganzen Körper getrieben, während wir bei sitzender Lebensweise ost einen heißen Kopf, aber kalte Füße haben, da der Kreis lauf durch die Ruhe gehemmt wird. Man soll sich daran gewöhnen, bei jedem Wetter spazieren zu gehen. Nur derjenige, der ein bischen Wind und Regen nicht fürchtet, erhält sich die Gesund heit und erreicht durch diese Abhärtung gegen die Launen der Witterung einen dauernden Schutz vor Erkältungen, wie sie der empfindsame Mensch, den höchstens der warme Sonnenstrahl hinauslocken kann, schon bei dem leisesten Luftzug fühlt. Na- türlich gilt es auch hier, sich vor Uebertreibungen zu hüten und z. B. bei großer Kälte wärmere Sachen zu tragen, als bei milder Temperatur. Schädlich ist das tägliche Spaziergehen für nie manden, der es vernünftig auSübt. Selbst der zarte Mensch kann sich nach und nach so daran ge wöhnen, datz es ihm Bedürfnis wird! — Die Sachsen-Stiftung (unentgeltlicher Ar beitsnachweis für gediente Soldaten) ist bekannt- lich eine der zahlreichen Wohlfahrtseinrichtungen des Königlich Sächsischen Militär-Vereins-Bun- deö, welche den über 200000 Mitgliedern sächsi scher Militärvereine auf dem Gebiet sozialer Lie- beStätigkeit und kameradschaftlichen Unter stützungswesens beistehen. Sie nimmt auf dem Gebiet der Arbeitsvermittlung einen hervorra- genden und eigenartigen Platz ein. Weit über 20000 Kameraden sind seit Bestehen der Stif tung durch ihre Vermittlungstätigkeit in Lohn und Brot gebracht worden. Infolge dieser regen sozialen Betätigung lietzen sich manche wirt schaftlichen und sittlichen Gefahren, wie Arbeits losigkeit, Ausbeutung durch gewerbsmäßige Ver mittler und ihre Folgen von manchem brauch baren jungen Mann abwenden. Die schlechte Lage des Wirtschaftslebens wirst immer noch ihre Schatten auf den Arbeitsmarkt und hat auch jetzt noch ein starkes Angebot von Arbeitskräften im Gefolge. Die Entlastung der Reservisten steigert die Zahl der Arbeitslosen noch erheblich. Bei den 60 über das ganze Land verbreiteten Geschäfts stellen der Stiftung find zahlreiche Stellen gesuche eingegangen. Nebenbei ist aber noch ein großer Teil älterer Kameraden bei den Ge schäftsstellen eingetragen, die jederzeit für alle Be rufsarten und freie Arbeitsgelegenheiten abge geben werden können. An die hohen Behörden und Herren Arbeitgeber ergeht hiermit erneut die Bitte, ihren Bedarf von Arbeitskräften -en Geschäftsstellen der Stiftung anzuzeigen, durch die sie jederzeit kostenlos zu tüchtigen, an mili tärische Ordnung gewöhnten Arbeitskräften ge langen können. Geschäftsstellen befinden sich an jedem Sitz einer Amtshauptmannschaft und in allen Garnisonen. Die Leitung der Stiftung liegt seit dem Jahre 1905, nach der Abberufung deS damaligen ersten Vorsitzenden und Gründer» der Sachsen-Stiftung Herrn Professor vr. Por sche! als Rektor nach St. Afra, in den Händen des Herrn Stabsarzt d. R. vr. meä. Hopf, DreS- den-A., Reichsstratze 4, II. Die LandesgeschäftS- stelle befindet sich in Dresden-Löbtau, Wallwitz- stratze 17, I., wo auch Stellenangebote bewirkt werden können. Als Adresse genügt: „An die Sachsen-Stiftung zu . . . ." In Orten, wo keine Ortsgeschäftsstelle besteht, genügt schon die An- schrift: „An die Sachsen-Stiftung". — Das Ministerium des Innern hat eine außerordentliche HauSkollekte für die Zwecke der Heidenmisfiou bewilligt und damit zu erkennen gegeben, datz es diese Arbeit selbstloser Liebe hoch einschätzt. Die Mission will in erster Linie -er Ausbreitung des Evangeliums dienen, aber im mer mehr tritt doch zutage, daß sie zugleich auch die Kultur unter den heidnischen Völkern in hohem Matze fördert. Durch Schulunterricht, Ar- beitserziehung, Ausbildung in Landwirtschaft und Handwerk haben unsere Missionsgesellschaften schon seither -er Kolonialarbeit ganz wesentliche Dienste geleistet, unsere Leipziger Mission speziell in Deutsch-Ostaftika. Möchten ihnen auch auS diesem Grunde immer mehr helfende Freunde er stehen, denn die Aufgaben sind von Jahr zu Jahr gewachsen und dementsprechend auch die Aus gaben. Darum wolle man die Sammelboten, die jetzt von Ort zu Ort ziehen, nicht kurzerhand ab weisen, sondern ihnen freundlichst eine Gabe ein händigen, damit unserer Leipziger Mission neue Mittel zu neuer segensreicher Arbeit gegeben wer den. —* Für die dem Dresdener Rennverein sei tens des Königlichen Ministeriums genehmigte X V. Sächsische Pferdezucht-Lotterie, deren Ziehung am 7. Dezember -. I. stattfindet, sind die so gern gekauften Lose L 1 11 Stück — 10 °L, seit eini ¬ gen Tagen ausgelegt und allerorts in den durch Plakate kenntlichen Verkaufsstellen, als auch durch das Sekretariat des Dresdener Rennvereins, Dresden, Pragerstratze Nr. 6, gegen Einsendung des Betrages oder durch Nachnahme zu beziehen. Für Porto und Ziehungsliste kommen 20 ^.be ziehentlich 30 H bei 11 Losen in Berechnung, bei Nachnahme die entsprechenden Gebühren. Im Uebrigen verweisen wir auf das heutige Inserat in dieser Zeitung. — 82L. Darf Borsäure in Drogenhandlunge» fei! geboten werden. Die verehel. Beckert in Schlet tau hatte im April 1908 eine Drogeneinrichtung übernommen und bot unter anderen Sachen auch Borwasser feil. Sie sollte dadurch gegen die Kai serliche Verordnung vom 22. Oktober 1901 versto ßen haben. Jeder Kunde, der die Beckertsche Dro genhandlung besuchte, erhielt einen der bekann ten „Wegweiser", in welchen die Borsäure als ein Mittel gegen Halsschmerzen und Mundfäule angepriesen wurde. Obgleich die dreiprozentigo Borsäure kein reines Desinfektionsmittel ist, sondern nur eine schwach desinfizierende Wirkung besitzt, erkannte das Gericht, datz das Borwasser unter diejenigen Mittel falle, deren Verkauf den Apothekern Vorbehalten sei. Auch das Oberlan desgericht, das sich jetzt in letzter Instanz mit der Angelegenheit zu beschäftigen hatte, erkannte ebenso, führt aber aus, daß es zweifelhaft sein könne, ob Borsäure ein Heilmittel oder nur ein Desinfektion«. und kosmetisches Mittel sei. In diesem Falle aber sei das Borwasser ausdrücklich als Heilmittel feilgeboten, verkauft und als sol ches auch benützt worden. Das genüge, uni die von den Vorinstanzen ausgesprochene Verurtei- lung zu rechtfertigen. - — Schutz der Dahlienblüten gegen die ersten Fröste. Nach einer Mitteilung im praktischen Rat geber im Obst- und Gartenbau in Frankfurt a. O. läßt sich der Dahlienflor durch Ueberdecken von Packleinen bei den ersten Nachtfrösten leicht ver längern. Es ist nicht notwendig, ein Gerüst über- zubauen. Die Leinen müssen auf den Blumen aufliegen. Die Hauptsache ist jedoch, daß die Lei- nen nicht trocken sind, leicht Ueberbrausen der Packleinen ist dann notwendig. Feuchte Packlei nen stieren beim leichtesten Frost wie ein Brett zusammen, so daß kein Luftzug durchkann und schützen so ebenso wie Strohdecken. Die Pack-