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ae. ' -r-7 L. '!E ^IU!. Wenig erbaulich, wenn ein Monarch, der an der s Spitze eines Landes steht, eine der dringendsten sozialen Reformen unserer Zeit dermaßen zu kri- ? tisieren beliebt. Nach Seiner Majestät darf man also, um Student zu sein, keineHimbeerlimonade, sondern man muß Bier oder Wein trinken. Ich war allerdings so naiv, zu glauben, daß ein rich tiger Student an der Tüchtigkeit seiner Leistun gen im Lernen, Auffassen und Urteilen, sowie an seinem selbständigen Denkvermögen und an sei nem Charakter erkannt und gewertet zu werden verdiene, damit er auch später einen richtigen und brauchbaren, gebildeten Menschen abgebe, einen jener „oberen Zehntausende", denen das Geschick und die Leitung des Volkes mit gutem Gewissen anvertraut werden kann. Man könnte leicht auf Grund besagter Aeutzerung des Königs glauben, daß nach seiner Meinung das Alkoholtrinken das Wesentlichste beim Studenten sei. Das hat der König sicher nicht im Ernst gemeint, aber so den- km Tausende, die davon hören und das hat böse Nachwirkungen. Ein früherer Hochschullehrer hat Wohl die Pflicht, seine Stimme zu erheben und gegen derartige Machtsprüche sowohl im Namen der Wissenschaft als im Namen der Moral und , der Humanität zu protestieren." Dl Dresden. Eine Episode von der Jahrhundert feier der Schwarzen Brigade wird jetzt bekannt. Als die Teilnehmer an der Dampferfahrt vor dem Schlosse zu Pillnitz vorüberfuhren, präsentierte der eine der dortigen Grenadierposten so lange, bis sämtliche fünf Dampfer vorübergeglitten waren, während der andere die Schiffe nicht beachtete. Das blieb bei der Besatzung nicht unbemerkt. Sogleich wurde eine Geldsammlung für den auf merksamen Posten veranstaltet und nach Feststellung seiner Persönlichkeit ihm eine ansehnliche Summe telegraphisch überwiesen. 82L. Dresden, 9. Septbr. Hockeyspiel eine öffentliche Schaustellung. Eine für alle Sport- kreise wichtige Entscheidung von prinzipieller Be deutung fällte jetzt das Kgl. Sächs. Oberlandes gericht zu Dresden. Der Dresdener Sportklub veranstaltete am 22. November 1908 zusammen mit dem Sportverein „Dresdensia" in Dresden ein Hockey-Wett- und Kampfspiel, zu dem verschiedene auswärtige Sportklubs erschie nen waren. Plakate an den Anschlagsäulen, An noncen in den Tageszeitungen und briefliche Ein ladungen hatten zur Folge, daß ein zahlreiches Publikum sich zu den Wettkämpfen einfand. Der 22. November war ein Sonntag und infolge dessen erhielten die Vorstände der beiden veran staltenden Klubs, der Kunstmaler Müller („Dres- densia") und der Student Merk („Dresdener Sportklub"), wegen Veranstaltung einer öffent- lichcn Schaustellung an einem Sonn- uyd Fest- tage (8 7 Abs. 3 des Sächsischen Gesetzes, betr. die Sonntagsruhe) je ein Strafmandat in Höhe von 10 Die hiergegen beantragte richterliche Entscheidung fiel zu ungunsten der Veranstalter aus, denn beide Instanzen, Schöffen- und Land gericht, erblickten in der Veranstaltung eine öffent- liche Schaustellung, da durch Plakate und Annon cen das Publikum eingeladen worden sei, dem Hockey-Wettspiel beizuwohnen. Die beim Ober landesgericht eingelegte Revision rügte Verken nung des Begriffs „Schaustellung", doch erklärte das Oberlandesgericht unter kostenpflichtiger Ver werfung der Revision diesen Einwand für .unbe- achtlich. Der oberste sächsische Gerichtshof führte aus, daß auf Grund der von der Vorinstanz festge stellten Tatsache, daß das Publikum durch Annon cen und Plakate öffentlich eingeladen und daß .auch Eintrittsgeld erhoben worden sei, mit vollem Rechte eine Schaustellung im Sinne der angezoge- neu Gesetzesstellen vorliege. Hauptzweck der Veranstaltung sei Befriedigung der Schaulust ge wesen, nicht um miteinander zu kämpfen und zu konkurrieren. Welcher Zweck beabsichtigt gewesen, sei überhaupt gleichgültig. 82L. Dresden, 9. Sept. Auto-Liga Sachsen. Did namhaftesten Automobilfahrer Sachsens haben für das Königreich Sachsen und Thüringen eine „Auto-Liga Sachsen" ins Leben gerufen, deren Bestreben dahin geht, alle Auswüchse im Automo- bilismus, wie z. B. die wilden Fahrer, zu be kämpfen, Nicht minder aber auch den verschiedenen Mißständen zu begegnen, die sich im Laufe der Zeit im Kraftwagenverkehr eingestellt haben, so- " wohl auf feiten der Kraftwagenfahrer selbst, als auch auf feiten des Publikums, der Gemeinden und deren Organe. Im einzelnen will die Auto- Liga Sachsen die von ihr bezweckte Förderung der Interessen der Automobilbesttzer und Automo- i dilführer im allgemeinen, besonders aber im König- reich Sachsen, und jener, die in den Nachbar- staaten wohnen, statutarisch erreichen: 1) durch HW- Mitttveida. Aufgehobene Polizeistunde. Nachdem vor einiger Zeit in hiesiger Stadt die Polizeistunde wieder aufgehoben wurde, hat die Königliche Amtshauptmannschaft nunmehr auch die Polizeistunde in den Nachbargemeinden Alt mittweida, Erlau, Frankenau, Krekisch, Lauenhain und Ringethal versuchsweise außer Kraft gesetzt. Leisnig. (Schützenzeltbrand.) Da gegenwärtig hier stattfindende Schützenfest ist am Dienstag, am letzten Festtage, noch von einem Mißgeschick betroffen worden. Am Abzugs rohre eines im Buffet ausgestellten Küchenherde» entzündete sich die Zeitplan- des Schützenzelte». Das Zelt brannte bis auf das Balkenwerk nieder; eine Anzahl Stühle und Tische verbrannten. Be sucher waren -er frühen Morgenstunde wegen glücklicherweise nicht in dem isoliert stehenden Zelte anwesend. Der Wind trieb die Flammen vom Platze abwärts, so daß die übrigen Fieran ten nicht in Gefahr kamen. Leipzig. Der zwischen den Brauereien und den Gastwirten ausgebrochene Bier krieg ist in ein neues Stadium getreten. Bon einer Test-, die nicht genannt sein will, soll den G a st w i r ten ein Darlehn von 3 Millionen Mark zur Ver fügung gestellt worden sein. DurchdieAblösüng der sogenannten Brauereidarlehne soll es den in Frage kommenden Wirten ermöglicht werden, die Forderungen der Ringbrauereien ohne Nachteile für ihr Geschäft abzulehnen. Wie verlautet, ist die Stelle, die das Angebot gemacht hat, eine hie sige Großbank. 82ll. Zwickau, 9. Septbr. .Um die Mitgift. Ein interessanter Beleidigungsprozeß fand jetzt vor dem OberlandeSgericht zu Dresden seinen Ab schluß. Die Nichte des Kaufmanns Gxünert in Zwickau hatte sich mit einem bayerischen Offi zier in München verlobt. Die Hoheit sollte am 28. September v. I. stattfinden und kurz vor der Hochzett ersuchte der Bräutigam den Oftkel seiner elternlosen Braut, die noch nicht volljährig war, um Herausgabe des Vermögens der letzteren an einen von ihm namhaft gemachten Bankbeamten in Zwickau. Der Onkel der Braut, der als Vor mund das Vermögen seiner Nichte in Obhut hatte, antwortete seinem Mündel brieflich un- gab sei ner Verwunderung über das Anfinnen seiner Nichte mit den Worten Ausdruck: „Dein Bräuti gam scheint es- mit dem Geld furchtbar eilig zu haben!" Der Offizier machte seinem Regiments kommandeur von diesem Brief Mitteilung. Er erblickte in dem mttgeteittm Satz eine Beleidi gung und strengte die Privatklage an. Der Vor mund wurde in allen Instanzen freigesprochen und auch das OberlandeSgericht konnte keine Be leidigungsabsicht feststellen. Es erkannte auf Ver- tt>erfung der von dem Offizier gegen das frei sprechende Urteil des Landgerichts Zwickau einge legten Revision und führte aus, -er Onkel und Vormund habe sich in gutem Glauben befunden und nur berechtigte Kritik des Verfahrens des Offiziers geübt. Plauen i. V. Die schändliche Klüttat in der Theaterstraße gab am Dienstag in unserer Stadt allenthalben das Gesprächschema ab. Sowohl auf den Straßen, wie auch in dm Wirtschaften hörte man Erörterungen über den Raubmord. Die alb gemeine Entrüstung über die vom Mörder an den Tag gelegte Frechheit kam deutlich zu» Ausdruck. Das HauS Theaterstrabe 17, nur wenige Schritte abseits vom flutenden Großstadtverkehr gelegen, wurde im Laufe des Tages von Hunderten von Neugierigen umlagert. Wie bei jä>em aufsehen erregenden Vorkommnis, so tauchten auch hier allerlei unkontrollierbare Gerüchte auf, Eines -fivon sei erwähnt, jedoch auch mit aller Gnt- schiedenheit zurückgewiesen. In den Abendstunden Wrbreitete sich iü der Stadt daS Gerücht, der Sohn der Ermordeten sei als der Tat verdächtig ftstaenommen worden. Daran ist jedoch gar nicht zu denken. Bon amtlicher Seite werden derartige Aussprengungen als Unsinn bezeichnet. Die PolizttbehÜrde entfaltete eine fieberhafte Tätigkeit, indeS gelang es leider noch nicht, den Raübmötder festzunehmen. Spüren sind vorhanden, nur liegt es nn Interesse der Untersuchung, daß diese noch nicht öffentlich bekannt gegeben werden. Am DimStag sand die Sektion der Leiche der Er mordeten statt. Das geraubte Geld beträgt gegen 20 Mk. Sparkassenbücher hatte der Mörder liegen gelaffen. Aus die Ermittlung des Mordbuben hat die Kgl. Staatsanwaltschaft eine Belohnung von 500 Mk. ausgesetzt. Die Verteilung der Belohnung kann unter Umständen auch an mehrere erfolg«. Plaue«. Kampf mit Viehschmuggler» ? Am DimStag abend zwischen 7 und 8 Uhr sind die Herr« Grenzbeamten Wunderlich und Mein- ! 2) durch Vertretung der berechtigten Wüns der Automobilisten bei den Behörden, 3) durch Raterteilung an die Mitglieder in allen juristischen, das Automobilwesen betreffenden Fragen und bei schwebenden Strafverfahren, 4) durch kostenlose Vertretung in prinzipielle Fragen betreffenden Strafprozessen, 5) Durch Aufklärung des Publi kums durch die Presse, 6) durch Maßnahmen gegen unberechtigtes Vorgehen der Gemeinden und deren Organe, 7) durch Maßnahmen zur Erlangung einer besseren Ausbildung und Prüfung der Automobilführer, 8) dyrch Stellenvermittlung be währter, sachkundiger Automobilführer. Ferner will die Liga der Haftpflichtversicherung sowie der Staub-Bekämpfungsfrage ihre Aufmerksamkeit widmen. Völlig unabhängig will die Auto-Liga den sächsischen und thüringischen Automobilisten und Motorradfahrern einen Verband bieten, der einerseits ihre Rechte und Interessen wahrt, wie er andererseits gegen Auswüchse in den eigenen Reihen energisch auftreten wird. An der Spitze der Auto-Liga Sachsen stehen die bekannten Sport leute Direktor Hans Dieterich-Helfenberg, Rechts anwalt vr. Portius, Sportreferent Julius Meischner, Direktor v. Roy, vr. ms«i. Hermann Meyer u. a. 82L. Dresden, 9. September. Die Selbst- morde in der Sächsischen Armee von 1896/87 bis 1906/07. Eine sehr interessante Statistik über die Anzahl, Art, Ursache und Zeit der Selbst morde in der Königl. Sächs. Armee in -em Zeit abschnitt eines Jahrzehntes, Nämlich von 1896/97 bis 1906/07, ist vom Königlichen Kriegsministeri um herausgegeben worden. Darnach ist die Zahl der Selbstmorde unter den Soldaten in Anbetracht der Etatsstärke der Sächsischen Armee nur eine verhältnismäßig kleine, immerhin bleibt zu be dauern, daß in der Armee überhaupt Lebens überdruß in Erscheinung tritt, umsomehr, da doch den jungen Vaterlandsverteidigern, so lange sie den Rock des Königs tragen, die Sorgen des All tags unbekannt bleiben. Vom psychologischen Standpunkte aus ist es noch von besonderem Interesse, daß in den meisten Fällen „Furcht vor Strafe" die Lebensmüden in den Tod getrieben hat. -- Die Etatsstärke der Königl. Sächs. Armee beträgt einschließlich der 1837 Offiziere, 168 Mili tärärzte, 52 Veterinäre und 6306 Unteroffiziere insgesamt 45480 Mann. In dem Jahrzehnt — 1896/97 bis 1906/07 — betrug die Anzahl der Selbstmorde in der Armee zusammen 246, von welche,: die meisten — 56 — auf das Berichtsjahr 1901/02 entfallen. Das nachfolgende Jahr 1902/03 weist in der Reihe der letzten zehn Jahre die ge-' ringste Anzahl von Selbstmorden, nämlich nur 15 auf, während im letzten Berichtsjahr 1906/07 25 Soldaten ihrem Leben gewaltsam ein Ende mochten. Im allgemeinen sind im letzten Jahr- zehnt besondere Schwankungen in der Anzahl der Selbstmorde nicht zu konstatieren: 1897: 29,1898: 27, 1899: 19, 1900: 18, 1901: 23, 1902 : 36, 1903: 15, 1904 : 25, 1905 : 23, 1906: 24, 1907 : 25. Die Mehrzahl der Lebensmüdenzogen LenTod-urchlEr- schießenvor: 106. Durch Erhängen machten 96, durch Ertränken 26, durch Schnitt, Hiebe und Stich 5, durch Vergiften 7, durch Ueberfahrenlassen18 und durch Sturz in die Tiefe 6 ihrem Leben ein Ende. Bezüglich der Ursache des Selbstmordes enthält die Statistik folgende Angaben: Aus Furcht vor Strafe gingen im letzten Jahrzehnt 100, aws Un lust zum Dienst 19, aus Laster (Trunk, Spiel usw.), Leidenschaften (Liebe usw.) 14, auS Lebens überdruß, körperl. Leiden 7, auS gekränktem Ehr gefühl, Reue, Scham ebenfalls 7, infolge Geistes störung 6 und wegen unglücklicher Familien-, zer rütteter Vermögensverhältnisse ebenfalls 6 in den Tod. Bei 105 Selbstmördern konnte der Beweggrund der Tat nicht festgestellt werden. — Die meisten Selbstmorde erfolgten im Monat Januar: 37, der Februar weist 28, März, Mai und Juli je 25, Oktober 21 und November 20 To desfälle auf, Währmd im April und Dezember 18 bezw. 17 Soldaten durch eigene Hand endeten. Moritzburg. DaS RettuugShauS Moritzburg, in dem gegenwärtig 106 Pfleglinge sich befindm und das bisher fast 1000 Kindern Wohnung, Hei mat und Vaterhaus geworden ist, gedenkt am Sonntag, dm 12. September, sein Heimatfest zu feiern. ES ladet dazu alle seine früheren Zög linge von Herzen ein und bittet alle Freunde der Anstalt, sich daran zu beteiligen. DaS Fest nimmt 10 Uhr vormittags seinen Anfang mit dem Fest- gotteSdienst, an dm sich ein gemeinsames Mit- tagSmahl, Besichtigungen, Spaziergang und son stige Darbietungen in Wort und Lied schließen werden. Zu den schon zahlreich einlaufmden An meldungen werden die weiteren bi» -um 10. Sep tember erbeten. Und nun: Auf nach Moritzburg!