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.Warnte. So schreibt die nationallikrale „Dort munder Ztg.", die freilich sowohl Sozialdemo kratie wie Ultramontanismus auS nächster Nähe kennt: Der Block ist zertrümmert. Was hat der Liberalismus, der bürgerlicheLiberaliSmuS nun? Mag sich der Nationalliberalismus selbst enger mit Freisinn und Demokratie zusammen schließen, der bürgerlicheLiberaliSmuS würdeim Reichstag mit seinen — wir zählen nach der amtlichen Fraktionsliste — 104 Mann ein schwaches Häuflein darstellen gegenüber 239 Mann des Zentrums, der Konservativen und der anderen Fraktionen, wobei wir die Sozial demokratie ganz ausgeschaltet haben. Sollte aber selbst der Wunsch des „Berl. Tagebl." in Erfüllung gehen — für uns Nationalliberale mutz das selbstverständlich ausgeschlossen erschei- nen — und der bürgerliche Liberalismus sich an die Sozialdemokratie anschließen, was dann? Dann kommen noch immer erst 147 Köpfe heraus, denn 104 -s- 43 — 147! Das ist ein ganz einfaches Rechenexempel, das jedem prak tisch denkenden Liberalen ernstlich zu denken geben sollte. Wir leben in einer nüchternen, in keiner Idealwelt. Ideale sind schön, Program me mögen gut sein. Aber mit Programmen und Idealen allein kann man keine Politik machen. Unser Rechenexempel weist auf die un umstößliche Notwendigkeit hin, daß sich, mag vorgekommen sein, was wolle, Liberale und Konservativewiedermit einander vertragen. Nur durch energische Berück sichtigung dieser Notwendigkeit kann die neu angebrochene Zentrumsherrschaft gebrochen und so dem Liberalismus wieder der gebührende Einfluß im Reichsparlament eingeräumt werden. Darum: endlich hinweg mit den täg lichen ellenlangen Streit- und Hetzarti- keln zwischen Konservativen und Liberalen! Hinweg mit sentimentaler Vergeltungs- und Rachepolitik! Bietet für uns Sachsen sich hierzu nicht beson dere Gelegenheit? Die Landtagswahlen stehen vor der Tür. Erörtere man sächsische Fra- gen dann! Man tue es mit aller Schärfe und wird doch bald genug inne werden, daß manchem, was uns trennt, unendlich mehr und w i ch - tigeres gegenübersteht, wasuns eint. In dex württembergischen Sozialdemokratie herrschen betreffs der Beurteilung des Besuches, den sieben sozialdemokratische Abgeordnete der Zweiten Kammer in Gemeinschaft mit ihren bürger lichen Kollegen beim König Wilhelm in Friedrichs hafen ausführten, offenbar Meinungsverschieden heiten. Während das kürzlich in Stuttgart abge haltene sozialdemokratische Scherbengericht zu einer Verurteilung der sieben Sünder gelangte und ihnen ob ihres angeblich prinzipienwidrigen Be nehmens einen scharfen Rüffel erteilte, hat eine in Heilbronn stattgefundene sozialdemokratische Ver sammlung ihre Sympathie gegenüber dem Verhalten der sieben gemaßregelten Genossen ausgedrückt. Der Abgeordnete Feuerstein erklärte hierbei un umwunden, daß die Fahrt nach Friedrichshafen in vollständigem Einklänge mit dem sozialdemo kratischen Parteiprogramme stehe. Auch sonst noch soll man innerhalb der württembergischen Sozialdemokratie den Spruch des Stuttgarter Scherbengerichtes mißbilligen. Ein Wechsel im Kommando des 15. (elsässischen) Armeekorps gilt als bevorstehend. Der Komman deur dieses Armeekorps, General der Infanterie, Ritter von Gilgenheimb wird voraussichtlich in nicht mehr ferner Zeit seinen Abschied einreichen; vermutlich dürfte der Kommandeur der 18. Division in Flensburg, Generalleutnant von Boehn, sein Rachfolger im Korpskommando werden. Oesterreich-Ungarn. Dem Kaiser Franz Josef überreichte der in Ischl eingetroffene Zeremonienmeister König Eduards ein Handschreiben seines Souveräns, in welchem der englische Monarch den Kaiser zu sei nem Geburtstag herzlich beglückwünscht. — König Eduard hat dieser Tage in Marienbad außer mit dein früheren Kabinettschef Clemenceau auch mit dem rumänischen Ministerpräsidenten Bratianu eine Unterredung gehabt. Es heißt, daß der König hierbei die Richtlinien der Balkanpolitik Englands dargelegt habe. Nach diesem politischen Gespräch mit dem König besuchte Bratianu den ebenfalls in Marienbad eingetroffenen serbischen Minister des Auswärtigen Milowanowitsch; beide Staats männer konferierten lange miteinander. Der Geburtstag deS Kaisers Kranz Josef wnrde in der ganzen Monarchie durch Festgottes- dienste und Festlichkeiten unter großer Begeisterung Flagg-NMn, der Bevülkeruntz beiangen. «ür Großstädten des Auslandes werden Festgottes- dienste und feierliche Empfänge bei den öster reichisch-ungarischen Botschaftern und Gesandten gemeldet. Dem Festgottesdienst in Marienbad wohnte auch König Eduard mit Gefolge bei. da diese selbst'we^ der M Morgenstunde noch nicht gehißt war. Dürch dqS Borgehen der Schutzmächte ist die Pforte lebhaft befriedigt. Der Minister des Innern hat an filmt- liche WaliS den Befehl ergehen lassen, Maßregeln zur Aufhebung des Boykotts der griechischen Schiffe zu treffen. Spanien. In Wien fand am Dienstag eine Konferenz der Parteiführer des österreichische» Abgeord- neteuhanseS statt, welche der Frage galt, wie der Reichsrat wieder arbeitsfähig zu gestalten sei. Die deutschen Führer gaben ihre Bereitwilligkeit zu erkennen, an der Herbeiführung der Arbeitsfähig- keit des Hauses mitzuarbetten,^während die Ver treter der slavischen Union Schwierigkeiten mach ten und sich mindestens ihre Entschließungen vor behielten. Schließlich gelangte ein Antrag Stein wender zur Annahme, wonach der Obmann des Polenklubs, v. GlombinSki, ermächtigt wird, mit der Regierung und den Parteien zur Sicherung der Arbeitsfähigkeit des Parlamentes Verhand lungen anzuknüpfen. Der peinliche Zwischenfall vou Kitzbühel in Nordtirol wird vermutlich eine Disziplinarunter- suchung gegen den dortigen Bezirkshauptmann nach sich ziehen. ES hat auch in weiteren Kreisen Befremden und Erregung hervorgerufen, daß die ser Herr die Niederholung der deutschen Reichs- flagge anbefahl, welche der bayerische Arzt vr. Kastl zur Feier des Tiroler LandeSjubiläumS auf seiner Villa aufgesteckt hatte. Es ist über das Verhalten des Kitzbüheler BezirkShauptmannS Bericht an das österreichische Ministerium des Aeußern wie an die deutsch« Botschaft in Wien erstattet worden. Es darf wohl mindestens die Versetzung dieses deutschfeindlichen Beamten er wartet werden. Schweden. Der Generalstreik in Schweden scheint seinen Höhepunkt nun doch überschritten zu habm; die Wiederaufnahme der Arbeit im Lande nimmt ihren Fortgang. England. In London ist am Morgen des 17. August der Mörder des Obersten Curzon Wyllie, der indische Student Dhingra, hingerichtet worden. Der Mör der bekundete bis zum letzten Augenblick keinerlei Reue über seine Tat und schritt mit orientalischem Fatalismus zum Galgen. Vom Publikum war niemand zur Richtstätte hivzugezögen worden. B alkanhalb i n s e l. Das jungtürkische Komitee in Saloniki erweist sich immer mehr als der eigentliche Hetzer zu dem drohenden Krieg der Türkei mit Griechenland. Jetzt wird folgende schon mehr unverschämte Zu schrift. bekannt, welche das jungtürkische Komitee an den Grobwesir Hilmi Pascha richtete: „An den Großwesir! Eure Hoheit verdanken Ihre Stellung unserm Komitee, wir haben deshalb ein Recht darauf, von Ihren Entschlüssen unterrichtet zu sein. Wir sind mit Ihrer Politik nicht einver standen und verlangen den Krieg, falls die griechi sche Flagge nicht von Kreta verschwindet. Wenn Sie unsere Weisungen nicht beachten, dann können Sie das Amt des Grotzwesirs nicht länger be halten." — Wird nun Hilmi Pascha wirklich vor dem Salonikier Komitee kapitulieren? Der Boy kott der griechischen Waren und Schiffe in der Türkei hat begonnen und gleich scharf eingesetzt. Der erste Dragoman bei der griechischen Gesandt schaft in Konstantinopel legte namens deS Gesand ten Protest beim türkischen Minister deS Aeußern gegen dieseBoykottbewegung ein. Diediplomatischen Bemühungen der Mächte, die Pforte zur Nach giebigkeit gegenüber Griechenland zu bestimmen, dauern fort, sie lassen aber noch keinen Erfolg er- kennen. Zur Lage auf Kreta ist zu melden, daß am Mittwoch die Niederholung der griechischen Flagge auf der Festung Kanea durch die inter nationalen Landungsmannschaften erfolgen sollte. Die äußerlichen Umstände der auf Oktober fest gesetzten Begegnung des Zaren mit dem Sultan sind jetzt im allgemeinen geregelt. Die Entrevue findet im Marmara-Meer statt. Der Zar emp fängt zunächst den Besuch des Sultans auf der Nacht „Standart". Bereits hat die Pforte die Durchfahrt -er russischen Kaiseryachten „Standart" und „Polarstern" durch die Dardanellen geneh- migt. Die griechische Regierung hat die Pforte er» sucht, die Beantwortung der letzten türkischen Not« bis zum Freitag aufschieben zu dürfen. Der Mi nisterrat hat sich hiermit einverstanden erklärt. Nach den bei der Pforte eingetroffenen Meldungen aus Kanea beschränkte sich die Aktion der Ma trosenkompagnie der Schutzmächte am Freitag früh darauf, den Flaggenmast der griechischen Die Situation in Barcelona hat sich nunmehr derartig wieder gebessert, daß jetzt daselbst der Be lagerungszustand wieder aufgehoben werden konnte. Der Beginn der angesagten umfassenden Ope rationen des Generals Marina gegen die Riff- kabylen hat infolge der Ungunst der Witterung einstweilen verschoben werden müssen. In der Nacht zum 16. August wütete in Melilla ein furcht- barer Sturm, der die Zelte der spanischen Trup pen wegriß und die spanischen Kriegsschiffe zwang, vor Anker zu bleiben. Marokko. Der Sultan Mulay Hafid von Marokko soll einen großen Erfolg über den Roghi oder Thron- Prätendenten Bu Hamera davongetragen haben. Wie es heißt, wurde das Heer deS Roghi bei Warabut Sidi vom SultanSheere völlig ge schlagen; der Roghi selber soll auf der Flucht von den Sultansreitern gefangen genommen worden sein. Doch bedarf letztere Meldung noch der Be stätigung. As i en. Aus der Mandschurei wird ein «euer japanisch- chiuefischrr Zwischenfall gemeldet. Im Chientao- gebiet überfielen, laut einer in Peking. einge gangenen Depesche des Gouverneurs von Kirin, japanische Truppen eine chinesische Patrouille. Als -er Kommandeur der chinesischen Gendar merie Hu von diesem Vorfall benachrichtigt wurde, eilte er hinzu, um wettere Unruhen zu verhindern. Aber auch er wurde angegriffen und mußte schließ- lich fliehen. Die Japaner verfolgten ihn bis zum Namen in Lu-tao-ku, das sie umzingelten und förmlich gelagerten. Die Chinesen sind über zeugt, daß diesen durch nichts gerechtfertigten An griffen der Japaner die ausgesprochene Absicht zu Grunde liegt, einen Vorwand für die vollständige Besetzung des strittigen Gebiets zu finden. Sachse Irr. DreSde», 19. August. Bei Sr. Maj. dem König findet heute in Moritzbura ein Park fest statt, wozu Offiziere deS Gardereiter- und Grenadierregiments Nr. 100 mit Damen gela-en worden sind. Abends 8*/, Uhr findet ein Diner zu 40 Gedecken statt. — Der Kaiser wird am 20. September zu kurzem Aufenthalt in Meißen eintreffen. - Dresden, 19. August. Se. Maj. der König haben Allergnädigst geruht, dem Konrektor der Fürsten- und Landesschule in Grimma, Prof. Adam Theodor Ernst Uh lich, anläßlich seines bevorstehenden Uebertrittes in den Ruhestand den Titel und Rang als „Studienrat" in der 4. Klaffe der Hoftangordnung zu verleihen. vr. Bischofswerda, 19. «ug. Für das am 1. Oktober zur Erledigung kommende Pfarramt zu Bischofswerda sind vom evayg.- luth. Landeskonsistorium dem Kirchenvorstanve unterm 17./18. August den gesetzlichen Bestimmungen gemäß die Herren Pfarrer Kurt Johannes Becker in Dörnthal (Ephorie Freiberg), Archidiakonus Pastor Franz Richard Gerisch in Bischofswerda und Pfarrer Karl Friedrich Schreyer in Gerings walde (Ephorie Rochlitz) vorgeschlagen worden. Der Kirchenvorstand hat binnen sechs Wochen bei Verlust des Wahlrechts einen der Genannten für die zu besetzende Stelle zu wählen. * Bischofswerda, 19. August. (Vom Kampf gegen die Novae.) Der gefürchtete Feind unserer Wälder tritt in einzelnen Gegenden in erschrecken der Menge auf. Mit allen möglichen Mitteln rückt man ihm zu Leibe, doch ist im Grunde ge nommen bei der Vernichtung des Schädlings noch nicht viel erreicht. Die König!. SmtShauptmann- schast in Bautzen stellt in unserer heutigen Num mer den Interessenten 3 Aeetylen-Faugapparatr zur Verfügung. Diese Fangapparate find bereits im Bezirk aufgestellt. Die genannte Behörde will den Interessenten leihweise gebührenfrei nur gegen Erstattung der BarauSlagen die Apparate überlasten. Diesbezügliche Gesuche find der Kgl. Amtshauptmannschaft in Bautzen zu unterbreiten. 8t.-ä. Bischofswerda, 19. August. Ei« GeeKg- stadter wird ia Bischofswerda von einer Maner