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kehr ist das fernere Verhalten der Forstverwal tungen von ausschlaggebender Bedeutung. Die soeben für Grillenburg und das Wilde Weißeritz- tal erlassenen Verbote werden ihre nachteilige Wirkung auf den Verkehr schon bald ausüben, zum Nachteile ganzer Ortschaften und Berufs stände. Die sächsischen Gebirgsvereine werden na türlich nicht untätig bleiben, sondern an maß gebender Stelle sofort vorstellig werden, um zu nächst zu verhindern, daß die Forstverwaltungen weitere Verbote erlassen. Gegen die Gutsverwal tungen und Waldbesitzer wird man indessen nicht viel ausrichten können. Diese berufen sich auf die Bestimmungen des neuen Forstschutzgesetzes und bestehen auf ihrem Schein. 8. Dresden, IS. Juni. Bon Stufe zu Stufe. Am Donnerstag wurde in Dresden der frühere, jetzt 41 Jahre alte Lehrer Gabriel Richard Müller aus Plauen i. V. von der Kriminalpolizei festge nommen, nachdem er von ehemaligen Berufskol legen hier und in der Umgebung unter dem be- trügerischen Vorgeben, daß er den Schuldienst vor zeitig habe aufgeben müssen und die Pension zum Leben nicht ausreiche, Unterstützungen erbeten und erhalten hatte. Der ehemalige Plauener Lehrer konnte für eine lange Zeit eine ehrbare Beschäftigung nicht nachweisen, und die Polizei nimmt an, daß er nur durch betrügerisches Bet teln seinen Lebensunterhalt gefristet hat. In einem Notizbuche, daß man in seinem Besitze fand, war eine große Anzahl Adressen von Dresdener Lehrern verzeichnet, so daß angenommen werden muß, daß Müller versucht hat, auch bei diesen Unterstützungen zu erlangen. 8. Dresden, 19. Juni. Ein Dresdener Künst ler unter schwerer Anklage. Ein Aufsehen er regender Strafprozeß beschäftigte die 3. Straf kammer des Dresdener Landgerichts. Demselben lag eine Eheaffäre zugrunde, die seinerzeit in Dresdener Künstlerkreisen viel besprochen wurde. Der in Zitzschewig bei Dresden lebende und sich in der Dresdener Künstlerschaft allgemeiner Wert schätzung erfreuende Kunstmaler Ermengild Carlo Giovanni Anna Donadini stammt aus Wien. Vor einigen Jahren übersiedelte Donadini nach Dresden, nachdem er sich zuvor in der Donaustadt mit einer wegen ihrer Schönheit in der Wiener Gesellschaft allgemein bekannten jungen Aristo- kratin verheiratet hatte. Das Eheglück des jungen -Künstlers war jedoch nicht von langer Dauer. Es kam zu Differenzen und Entgleisungen, die schließ lich zur Ehescheidung führten. Die junge Frau verließ Dresden, der Künstler aber trachtete als bald nach neuem Liebesglück. Er vermählte sich zum zweiten Male, fand aber auch jetzt nicht daS ersehnte Glück. Wiederum wurde das Band, das beide nur noch mühsam zusammenhielt, zerrissen, und abermals wurde die Scheidungsklage einge leitet. In diesem letzten Ehescheidungsprozeß soll nun Donadini versucht haben, eine Maschinistens- Ehefrau Bauer, bei der der Künstler und seine Frau derzeit gewohnt hatten und die als Zeugin in dem Eheprozeß fungierte, zu einer falschen Aussage zu bestimmen. Von anderer Seite wurde gegen den Künstler Anzeige erstattet und die Staatsanwaltschaft erhob daraufhin Anklage we gen Verleitung zum Meineide. Die umfängliche Beweisaufnahme, die mehrere Stun- den in Anspruch nahm und zu der 16 Zeugen er schienen waren, fiel zu Gunsten des Angeklagten auS, der infolgedessen kostenlos freigespro chen wurde. v. Schandau, 19. Juni. Die Turnerschaft des Meißner Hochland-Turngaues wird morgen Sonntag durch hiesige Turner und solche aus Königstein in Teplitz bei der feierlichen Weihe der neuen Turnhalle des ersten Turnvereins vertreten sein. Genannter Turn verein kann auf eine 50jährige turnerische Tätig keit zurückblicken und hat in diesem Zeiträume schr ost in Sachsen. an den turnerischen Festlich keiten teilgenommen und gehört auch nach wie vor dem 15. deutschen Turnkreise (Oesterreich) an. Vor einigen Jahren unternahm der Teplitzer Turn verein eine Turnfahrt nach Schandau und Um gegend. Für morgen und die nächsten Tage habe» sich hier ein Berliner und ein Rixdorfer Verein angemeldet; letzterer ist ein Musikverein und er scheint in einer Stärke von 70 Mann. Seerhausen. Zwischen Seerhausen und Lonne witz geriet der Benzinbehälter eines der Dresdener Automobilgesellschast gehörigen Kraft wagens in Brand. Das Gefährt verbrannte vollständig. Oberwiesa. Beim Spielen tödlich ver unglückt. Hier spielten zwei Schulmädchen Haschen. Bn einer plötzlichen Wendung de- - «neu Kindes stießen beide so heftig mit dem Köpft zusammen, daß sich bei der 12jährigen Groschupf Gehirnblutung einstellte, an der das bedauernswerte Mädchen verstarb. Frohburg. Aus Anlaß der am 21. August stattfindenden Einweihung des König-Albert- Denkmals in Frohburg wird König Friedrich August unserer Stadt, sowie auch der Nach barstadt Kohren einen Besuch abstatten. Leipzig. Die Leipziger Stadtverordneten be willigten 25 000 --L, die für Ausschmückung der Stadt zur 500jährigen Jubelfeier der Universität Leipzig vom Rate verlangt worden waren. — 300 Mark Belohnung sind auf die Ergreifung des Räubers gesetzt worden, der am Montag, wie bereits gemeldet wurde, einem Angestellten der Hutfurniturenfabrik von P. Reifferscheidt in der Nordstrabe 3 Tausendmarkscheine ent riß, die dieser auf einen Scheck bei der Post er hoben hatte. Wie die Ermittlungen ergeben ha- ben, ist der Räuber ein Ausländer. Er hat mit seinem Genossen, einem gewissen Iwanow aus Kiew in Rußland, der auf der Flucht ergriffen wurde, unter den Namen Glücksohn und Perel- stedt in einem Gasthause in der Nikolaistraße ge wohnt. Zwickau. Einen guten Fang scheint die hiesige Polizei gemacht zu haben, die Donnerstag nachmittag auf der Bahnhofstraße zwei geriebene Gauner festnahm, die zweifellos verschiedene Ein- brüche auf dem Kerbholz haben. Die noblen Herren sollen vor zwei Tagen hier angekommen und in einem Hotel abgestiegen sein. Bei ihrer Festnahme ergriff einer der Verbrecher die Flucht und konnte erst nach längerer Verfolgung durch einen Sergeanten wieder dingfest gemacht werden. Da die Leute Einbrecherwerkzeuge bei sich führten, ist anzunehmen, daß man es mit gefährlichen Der- brechern zu tun hat. Vermischtes. — Einen höchst gemeingefährlichen Fahrrad- dieb verurteilte am Mittwoch die Strafkammer inGörlitz, den 25jährigen angeblichen Elektro techniker Karl Nowack, gebürtig aus Zarbze, der seinerzeit eine Anzahl Fahrraddiebereien auch in Sachsen begangen hatte und zuletzt vom Bautzener Gericht zu Gefängnis verurteilt wurde. Das Urteil lautete auf fünf Jahre Zuchthaus fünf Jahre Ehrverlust und Zulassung der Stel lung unter Polizeiaufsicht. — Unterschlagungen eines RrchnungSrat». Aus Berlin wird gemeldet: Der 48jährige Rech nungsrat im Finanzministerium Eberhardt Voß, der im Ehrenamt Rendant der Berliner Nazareth-Kirchengemeinde war, ist seit Donners tag nach Unterschlagung einer der Nazarethge meinde gehörigen Summe von 14000 flüchtig geworden. Der Fall erregt hier Aufsehen. Voß hat, wie jetzt bekannt wird, einen großen Teil seiner freien Zeit auf Rennbahnen und beim Spiel zugebracht. Auch verfehlte Spekulationen sollen einen Teil der Kirchengelder verschlungen haben. — Ein schweres Bootsunglück ereignete sich am Donnerstag in Grünheide bei Berlin. Zwei Insassen eines auf dem Petzsee gekenterten Segel bootes konnten sich durch Schwimmen retten, wäh rend ein Dritter, der eine Dame retten wollte, mit dieser ertrank. Es handelt sich angeblich um einen Offizier und die Tochter eines höheren Offiziers. — Zu Tode gequetscht. Im Schlacht- und Viehhof zu Magdeburg ereignete sich ein gräßlicher Unglücksfall. Der bei dem Fleischer meister Tischmeyer in der Halberstädter Straße in der Lehre befindliche Fleischerlehrling Gustav Heilige geriet auf dem Schienenstrange zwi schen zwei Eisenbahnwagen, deren Puffer den Lehrling erfaßten und ihm erhebliche Verletzungen beibrachten. Die Quetschungen waren so starker Natur, daß der Bedauernswerte ihnen am Don nerstag mittag im Sudenburger Krankenhause er lag. — Die Rundfahrt der Zigeuner. Dieser Tage erschien eine ZigeunerSande mit 4 Wagen im weimarischen Dorfe Martinroda. Dort schob man sie schleunigst ab, allein anderwärts erging es der Bande ebenso. Ueberall wurde sie bis zur aller dings durchweg sehr nahen Landesgrenze ab geschoben, und so erschienen die Herrschaften, nach dem sie über Gera im Herzogtum Gotha, Angel roda im Schwarzburg-Rudolstädtischen und Neusitz im Großherzoatum Weimar eine Rundfahrt durch drei deutsche Staaten gemacht hatten, wiederum in Martinroda. Dort wollten sie nicht weiter, ibeShalb man die Feuerwehr aufbot, die es fettig brachte, die Zigeuner bis zur Grenze eines vierten thüringischen Staate-, und zwar bis in die Nähe von Plaue, da- zu Schwarzburg-Sondershausen gehört, zu transportieren. WaS dann au- ihnen geworden ist, entzieht sich unserer Kenntnis. - Gegenseitiger Selbstmord. In Laibach haben sick auf dem Friedhof Sankt Christof die achtzehnjährigen Realschüler Franz Vancina.und Milan Szilich durch Revolverschüsse gegenseitig entleibt. Grund: Schlechter Fortgang in der Schule. — Eine Bestie. Eine Mordtat, die in ihrer Scheußlichkeit wohl einzig dastehen dürfte, wurde in Obergreinet in Niederbayern von einem seit 14 Tagen verheirateten Bauern verübt. Er wollte seine blödsinnige Magd, die von ihm Mut ter wurde, umbringen. Mit 16 Kopfhieben, ein geschlagenen Zähnen und komplizierten Schenkel brüchen wurde die Unglückliche, vom Heuboden in die Tenne hinabgestürzt, sterbend aufgefunden. Der Mörder ist geflohen. — Vom Eisrnbahnzug erfaßt. Donnerstag vormittag 6 Uhr wurde von dem D-Zug 128 Ber lin—Vlissingen am südlichen Wegübergang des Bahnhofes Dülmen (Westfalen) ein Fuhrwerk mit drei Personen, einem Mann und zwei Frauen, infolge offener Wegeschranke überfahren. Die 3 Personen, sowie das Pferd wurden getötet; das Fuhrwerk wurde zertrümmert. Die Namen der Verunglückten sind noch nicht festgestellt. — Die Dreißigmillionen-Erbschaft des Ban kier-Millionärs Osiris in Paris ist jetzt nach einem mehr als zweijährigen Prozeß dem Pa- steurschen Institut zugesprochen worden. - — Ein eigenartiger Sonderzug. In den letz ten Tagen ist ein seltener Sonderzug von Mühl- heim a. d. Ruhr nach Essen gefahren. Wie die „Mülheimer Zeitung" berichtet, wurde ein aus dem Thyssenschen Werke stammender Eisen - koloß von 86000 Ke, ein Formstück oder eine sogenannte Kokille, befördert. Der dazu gestellte achtachsige Spezialwagen hatte das Eigengewicht von 43 000 kg. Wegen der Art der Ladung, der etwaigen Profilüberschreitungen usw. waren be sondere Vorsichtsmaßregeln angeordnet. Während der Fahrzeit, von 4 Uhr 20 Min. bis 4 Uhr 58 Minuten morgens, durfte weder ein Zug noch ein Fahrzeug sich auf der Strecke befinden. Das Gußstück kam in Essen ohne Zwischenfall an und wurde dort dem Empfänger Krupp zugestellt. — Ein huudettachzig Meter hoher Zement turm, der höchste dieser Art, der je gebaut worden ist, und der auch die Türme des Kölner Doms noch um zwanzig Meter übertreffen würde, wird jetzt im Auftrage der Marinebehörde der Vereinigten Staaten im Rock Creek Park in Washington zum Zweck der drahtlosen Telegraphie errichtet. Auch innerhalb der amerikanischen Bauten wird dieser Turm einen würdigen Platz einnehmen. Er wird das berühmte Washington-Monument überragen und nur einigen Wolkenkratzern in Neuyork nachstehen. Die Tragweite der von diesem Turm zu entsendenden drahtlosen Telegraphie ist auf fast 5000 Kilometer berechnet worden. -- Eine 114jährige Millionärin. In Peters burg ist dieser Tage die Millionärin U. I. Ssoro- kina verstorben, die bis zum letzten Augenblick sich ganz der Verwaltung ihres Millionenvermö gens widmete. Die Frau hinterläßt über drei Millionen Rubel, die ihrem Sohn, einem eben falls hochbetagten Mann, und ihrem Enkel, einem 40jährigen Mann, zufällt. Ihr Mann ist vor vielen Jahren gestorben; er hatte den Grund zu dem Vermögen durch das von ihm betriebene Last- fuhr-Gewerbe gelegt. — Abdul Hamids Marstall ist jetzt aufgelöst. Nicht weniger als 1100 der kostbarsten Pferde, meist Vollblutaraber, wurden in den Ställen des Sultans gepflegt, und jährlich kamen als Ge- schenke von Araberscheiks neue Tiere. Sultan Mohammed hat den Stand des MarstallS auf 300 Pferde erniedrigt; alle übrigen Pferde wur den als Geschenke an verdiente Offiziere der tür kischen Armee überwiesen. Unter ihnen befinden sich Pferde, deren Wert von Kennern auf 40000 Mark geschätzt wird — Königin Elena von Italien hat den Riesen, hüten den Krieg erklärt. Sie will die Mode torheit nicht mitmachen und betätigt ihre Neber- zeugung demonstrativ, indem sie unbedeckten Hauptes, den Kopf nur durch eine Mantille geschützt, sich in den Straßen Roms zeigt. Ihr Gefolge schließt sich natürlich dem Beispiel der hohen Frau an. Nach Hunderttausendm werden wohl die Ehe- männer zu zählen sein, die der Königin wegen dieser mutigen Tat zujubeln. Eine mutige Tat ist es nämlich immer, wenn man sich gegen die Gebote der Tyrannin Mode auflehnt. — SS Menschenleben gerettet hat ein Londoner Kohlenträger, Thomas Jackson mit Namen, der dieser Tage von dem Leichenschau-Richter als Zeuge aufgerufen wurde. Seine Brust war mit Medaillen jeder Art, die er für seine mutig aus geführten Taten erhalten hatte, bedeckt, und er