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mit diesem ZirkuS und seiner Leiterin. Das „Bautzener Tageblatt", in dessen Bezirk der Zirkus Angelo ebenfalls weilte, hat nun das ganze Treiben der „Pariser Aristokratin" aufaedeat und.Lsestgestellt, daß Solange d'Atalide Christine Karpfenstein heißt, keine Pariser Aristokratin, sondern Holländerin ist. Ihre Mutter und ihre Tante sollen laut einge holter Auskunft jede ein Bordell, erstere in Rotterdam, letztere in Haag (Holland) haben. Christine Karpfenstein war bis vor Inhaftierung des jetzt in Berlin in Untersuchungshaft sitzenden Pariser vrillantendiebes und Einbrechers Gutt- mann Geliebte desselben. Sie kaufte sich zwei fertig dressierte Schulpferde und wollte nnt den selben im Zirkus Sarassini Unterkunft haben. Der letztere lehnte jedoch jede Annäherung ab. Das Geld, mit dem sich Christine Karpfenstein den Zirkus Angelo gekauft hat, rührt wahrschein lich aus dem Erlös der von Guttmann geraubten Brillanten her. Die Zirkusdirektorin reist mit ihrem Geschäftsführer und Redakteur der Zirkus zeitung des Angelo Namens Arzt, dessen von ihm getrennt lebende Frau in München wohnt. Der Angelo-Geschäftsführer gab sich in Bautzen sogar als ehemaliger Mitredakteur des Berliner Tage blattes aus. Er war jedoch früher Schreiber bei der Ortskrankenkasse in Dresden. — Jetzt bereist die Pariser Aristokratin Solange d'Atalide alias Christine Karpfenstein die Provinz Schlesien. Jubelfeier des 3. Infanterie- Regiments Nr. 102. Zittau, 14. Juni. Se. Maj. der König, Se. Königl. Hoheit Prinz Ludwig von Bayern als Vertreter Sr. König!. Hoheit des Prinz-Regenten Luitpold von Bayern und Ihre Königl. Hoheiten der Kronprinz und Prinz Friedrich Christian begaben Sich heute früh 8 Uhr 18 Min. mit Sonderzug nach Zittau, um an der Feier des 200jährigen Be stehens des 3. Infanterie-Regiments Nr. 102„Prinz-RegentLuitpoldvon Bay e r n" teilzunehmen. Im Gefolge Sr. Majestät befanden sich der Kriegsminister, General der Infanterie Frhr. v. Hausen, der diensttuende Generaladjutant und drei Flügeladjutanten. Se. Königl. Hoheit Prinz Ludwig von Bayern wurde begleitet von dem Königl. Bayerischen Gesandten am sächsischen Hofe, Grafen Montgelas, dem Königl-Bayerischen Generalmajor und Brigadekommandeur Frhrn. Kreß v. Kressenstein und dem persönlichen Adju tanten Major Frhrn. v. Leowrod. Bei der 10 Uhr 21 Min. vorm. erfolgten An kunft auf Bahnhof Zittau wurden die Allerhöch sten und Höchsten Herrschaften von dem Amts hauptmann Geh. Regierungsrat Frhrn. v. Besch witz und dem Oberbürgermeister Oertel begrüßt. Hierauf folgte unter Vorauffahrt der Wagen des Amtshauptmanns und des Oberbürgermeisters in Hofequipagen die Fahrt nach der neuen Ka serne. Hier hatten das Regiment und die ehema- ligen Angehörigen desselben zum Feldgottesdienst Aufstellung genommen. Nach der Meldung des Regimentskommandeurs Oberst Blaßmann, nah men Se. Majestät, Se. Königl. Hoheit Prinz Lud wig von Bayern und Ihre Königl. Hoheiten der Kronprinz und Prinz Friedrich Christian vor dem Altar Aufstellung. Ein Spielmannszug gab das Zeichen zum Gebet, die Regimentskapelle spielte einen Choral. Nach dem Verklingen desselben hielt Pastor Gocht aus Zittau die Festpredigt. Mit dem Schlußchoral der Musik und dem Ab- schlagen der Tambours endete die religiöse Feier. Als hierauf der Regimentskommandeur das Kommando „Präsentieren" gegeben hatte, schrit ten Se. Majestät, Se. Königl. Hoheit Prinz Lud wig von Bayern und Ihre Königl. Hoheiten die Vrinzen-Söhne, begleitet von den anwesenden Generalen, die Paradeaufstellung ab, zunächst die Ehrengäste, alten Herren und Offiziere der Re- serve und Landwehr des Regiments begrüßend. Nachdem auch die Fronten des aktiven Truppen teils, der Feldzugsteilnehmer und der batail lonsweise aufgestellten sonstigen ehemaligen An gehörigen des Regiments abgeschritten worden waren, begab Sich Se. Majestät zu den vor der Mitte deS 2. Bataillons aufgestellten Fahnen und hielt hier folgende Ansprache: Soldaten! Eine hochbedeutsame Feier führt uns heute hier zusammen. Im Beisein Sr. Königl. Hoheit des Prinzen Ludwig von Bayern — in Vertretung Ihres erhabenen Chefs — begehen wir gemeinschaftlich in fest- kicher Weise die Wiederkehr des TageS, an dem das Regiment vor 200 Jahren errichtet worden ist. In zahlreichen Schlachten hat das j Regiment ruhmreich gefochten. Ich kann daher dem Regiment am heutigen Tage Meine auf richtigsten und herzlichsten Glückwünsche aüs- sprechen. Zum Zeichen Meines Königlichen DankeS habe Ich dem Regiment mehrere Gna denbeweise verliehen, die Ich den Generaladju tanten zu verlesen bitte. Sie sollen für Sie alle ein Ansporn sein, so, wie bis jetzt, in alle Zukunft vollste Zufriedenheit Ihrer Könige im Kriege wie im Frieden zu erwerben. Der diensttuende Generaladjutant verlas hier auf folgendes Allerhöchstes Handschreiben: Am heutigen Tage blickt das 3. Infanterie regiment Nr. 102 „Prinz-Regent Luitpold von Bayern" auf einen 200jährigen Zeitraum sei nes Bestehens zurück. ES erfüllt Mich mit hoher Freude, dem Re giment Meine Glückwünsche hierzu und Meinen Königlichen Dank aussprechen zu können für die Hingebung und Treue, mit der es Mir und Meinen Vorfahren jederzeit, im Kriege wie im Frieden, gedient hat. Als Zeichen dieser An erkennung, sowie gleichzeitig zur Erinnerung an die von ihm ruhmvoll zurückgelegte Bahn berleihe Ich dem Regiments Fahnenbänder für die Fahnen seiner Bataillone. Ich bin gewiß, daß das Regiment sich den neuen Gnadenbeweis zum Antriebe dienen las sen wird, die alte Tüchtigkeit, Treuelund Tap ferkeit in alle Zukunft unvermindert zu be wahren. Dresden, den 14. Juni 1909. gez. Friedrich August. Se. Majestät händigte nunmehr die dem Re giment für die Fahnen verliehenen Säkularfah nenbänder dem Regimentskommandeur aus, der sie den Bataillonskommandeuren zur Befestigung an den Fahnen übergab. Nachdem die Fahnen in die Front zurückgetreten waren, erfolgte durch den diensttuenden Generaladjutanten die Bekanntgabe toeiterer Allerhöchster Gnadenbeweise, und zwar: die Verleihung eines Präsentiermarsches an daS Regiment und einiger Ordensauszeichnungen an Angehörige desselben. Hierauf dankte der Regi mentskommandeur für die -em Regiment bewie sene Huld und Gnade und schloß mit einem drei maligen Hurra auf Se. Majestät den König. Die Bataillone präsentierten, die Musik spielte den Präsentiermarsch und die Nationalhymne. » Nunmehr begab Sich Se. Majestät nebst Sr. Königl.-Hoheit dem Prinzen Ludwig von Bayern, nachdem noch diejenigen anwesenden Veteranen, deren Zustand es nicht erlaubt hatte, bei der Auf stellung einzutreten, begrüßt worden waren, nach dem Aufstellungspunkt für den Parademarsch. Das aktive Regiment wurde beim Defilieren von Sr. Exzellenz, General der Infanterie z. D. von Reyher, seinem früheren langjährigen Kom mandeur, in Kompagniefronten vorbeigeführt, die Kriegsteilnehmer und die übrigen ehemaligen Angehörigen des Regiments folgten in Halbkom pagnien. Nach Beendigung des Vorbeimarsches bega ben Sich die Allerhöchsten und Höchsten Herr schaften in das Offizierskasino, woselbst Frühstück stattfand. , 4 Ahr nachmittags nahmen Se. Majestät der Kßnig und Se. Königl. Hoheit Prinz Ludwig von Bechern am Festmahle des Offizierkorps und der Gäste desselben im festlich geschmückten Saale des Rathauses teil. Den ersten Trinkspruch hierbei brachte Se. Majestät mit folgenden Worten aus: Meine Herren! Wo immer deutsche Offi ziere, namentlich wie hier von verschiedenen Kontingenten, zusammen kommen, geziemt es sich, des erhabenen Oberhauptes des Reiches und obersten Bundesfeldherrn zu gedenken. Das erste Glas auf das Wohl Meines lieben ver ehrten Freundes und Bundesgenossen Sr. Maj. des Kaisers. Er lebe hoch, hoch, hoch! Nachdem der Regimentskommandeur ein Hoch auf Se. Majestät den König ausgebracht hatte, erhob Se. Majestät Allerhöchstsich zu folgender Ansprache: Meine Herren! Es erfüllt Mich mit gan- besonderer Freude, daß Ich heute dieses schöne Fest in Ihrer Mitte begehen kann. Fürwahr! Wir haben heute vielen Grund uns zu freuen und zu feiern. Das Regiment kann auf eine selten ruhmreiche Vergangenheit zurückblicken. In Polen, Ungarn, Oesterreich, Frankreich, Deutschland hat das Regiment gekämpft. Nicht immer war ihm das KriegSglück hold. Aber fleckenlos und rein hat es die Ehre seiner Fahnen erhalten, lieber 100 Jahre hat es Mit glieder Meiner Familie als Chef gehabt, gewiß eine seltene Auszeichnung! Auch in den letzten großen Kriegen hat es bewiesen, daß Meine Soldaten, wo cs gilt, fest zugreifen und dem Rautenbanner, selbst beim Feinde, Achtung verschaffen. Nach einem sy freudigen Rück blick müssen wir aber auch vorwärts schauen. Da spreche Ich die freudige Zuversicht auS, daß . Meine braven Lausitzer, wie in der Vergangen heit, so auch künftig, ihren Mann stellen werden» Eine ganz besondere Weihe erhält unser Fest dadurch, daß Se. Königl. Hoheit der Prinz Luitpold, des Königreichs Bayern Verweser, Ihr Allerdurchlauchtigster Regimentschef, Sich durch Se. Königl. Hoheit den Prinzen Ludwig hat vertreten lassen. Ich erblicke darin einen beson deren Ausdruck der Gnade für Sein Regiment und eine freundliche Aufmerksamkeit für Mich und Meine ganze Armee. Ich spreche Ew. Königl. Hoheit Meinen ganz besonders warmen Dank dafür aus. Alle Gefühle, die unS für unser liebes Regiment erfüllen, faste Ich in die Worte zusammen: Mein 3. Infanterie-Regi ment Nr. 102 „Prinz-Regent Luitpold von. Bayern" „Hurra, Hurra, Hurra! Se. Königl. Hoheit Prinz Ludwig von Bayern dankte hierauf und überbrachte die Grüße des Allerhöchsten Regimentschefs. Es folgten nun noch eine Ansprache des Regi mentskommandeurs an Se. Majestät den König, Se. König!. Hoheit den Prinzen Ludwig, die Ehrengäste, ehemaligen Regimentsangehörigen und Freunde des Regiments, sowie ein Toast Sr_ Exzellenz des Generals der Infanterie z. D. von Reyher auf die Garnisonstadt Zittau, der in einem Hoch auf diese Stadt ausklang. Herr Oberbürgermeister Oertel dankte Sr. Exzellenz im Namen der Stadt. Nach Aufhebung der Tafel hielten die Aller höchsten und Höchsten Herrschaften Cercle in den anstoßenden Räumen des Rathaussaales. Um 7 Uhr 10 Min. nachmittags erfolgte die- Rückreise nach Dresden mittels Sonderzugs. Se. Majestät der König haben zu verleihen geruht, den goldenen Stern zum Großkreuz des Albrechtsordeus dem General der Inf. z. D. von Reyher, L Is. suite des 3. Jnf.-Regts. Nr. 102 „Prinz-Regent Luitpold von Bayern"; das Rit terkreuz 1. Klasse desselben Ordens den Haupt leuten Garten beim Stabe des 3. Jnf.-Regts. Nr. 102 „Prinz-Regent Luitpold von Bayern",, v. Beulwitz, Komp.-Chef in demselben Regt.;, die Krone zum Ehrenkreuz dem Stabshoboisten a. D. Trepte, früher im 3: Jnf.-Regt. Rn 102: „Prinz-Regent Luitpold von Bayern"; das Ehren- kreuz dem Büchsenmacher Otto im 3. Jnf.-Regt. Nr. 102 „Prinz-Regent Luitpold von Bayern" 7. die Friedrich August-Medaille in Silber den Feldwebeln Matitschka, Thierbach, den Vizefeldwebeln Thümmel, Richter, Hart mann, — im 3. Jnf.-Regt. Nr. 102 „Prinz- Regent Luitpold von Bayern". Vermischtes. — Einen Generalstreik bereiten die streikenden und ausgesperrten Kommunalarbeiter der Stadt Kiel in allen städtischen Betrieben vor. —Ein Dynamitattentat verübten rheinische Bergleute auf einen Kollegen, dem sie nicht wohl gesinnt waren. Sie legten ihm eine Dynamit patrone ins Schlafzimmer. Das unglückliche- Opfer wurde in Stücke zerrissen. — Das Wetter in den Alpe» und in Ober italien. Aus Bern wird unterm 12. Juni ge meldet: Infolge empfindlichen Wettersturzes ist in den Schweizer Alpen bis weit in die Borberge herunter Schnee gefallen. Auf der Gott- hardpaßhöhe liegen 20 Zentimeter Neuschnee. In den Tälern, sowie an den oberitalienischen Seen regnet es seit nahezu 40 Stunden ununterbrochey. — Ei» sozialdemokratischer Stadtrat von Messt»« ist überführt, Gelder, die für die durch dar Erdbeben im Dezember v. I. Geschädigten bestimmt waren, veruntreut zu haben. Er ist deshalb aus der Stadtverwaltung ausgeschloffen worden. — Bei einem Unwetter in Serbien schlug, der Blitz in eine Artilleriekaserne. Zwei Soldaten wurdm getötet, außerdem viele Pferde. — Die verstümmelte Leiche eine« fremde» Radfahrers wurde aus einem 15 Meter tiefen Brunnen bei Acerra herausgezogen. Er war durch einen schweren Beilhieb getötet, beraubt und in den Brunnen geworfen wordm. Drahtnachrichten und letzte Meldungen. Wildpark, 15. Juni. Der Kaiser begab sich heute vormittag mittels Sonderzuges um st Uhr 40 Min. nach Danzig. Zum Abschied waren erschienen die Kaiserin, Prinz und Prin-esstn Angnst Wilhelm und Prinzessin Viktoria Luift.