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dieses RoheitSaktes zu 3 Wochen Gefängnis und einer Buße von 20 Mk. an Frau Richter ver urteilt. — In der Beleidigungsklage Hirsch gegen Engel wird die Verhandlung auf den 20. Juli vertagt, da Angeklagter nicht erschien. — Ein Vergleich geschlossen wurde in der Klage, fache Haufe gegen Teich und Döring, wobei die bnden Letzteren alles das Beleidigend« be dauernd zurücknehmen, was sie in ihrem Brief vom 1. März 1909 an Teich geschritten haben. — Im Sommer v. I. schlachtete der Fleischer geselle Karl Kunath in Goldbach beim Gastwirt Näther daselbst und benötigte hierbei auch seinen Fleischwolf, welchen er sich vom Gastwirt R. Kunath zurückholen ließ. Er behauptete jedoch, daß er beim Reinigen desselben beobachtet hätte, daß dieser Apparat garnicht sauber gemacht worden wäre und daß die Maden bei einem „gottsabscheu lichen Gestank" nur so „herausgepurzelt" seien. Auch das Dienstmädchen des Herrn Näther, Anna Haase, will beim Reinigen des Wolfes einen „falschen Geruch" bemerkt haben. Ferner soll der Angeklagte im Hause des Landwirts Gustav Kunath seine Beobachtungen demselben erzählt und hinrugefügt haben, daß es bei R. Kunath passiert sei, daß ein ganzer Schweinskopf mit den Augen gekocht worden sei, was vom Angeklagten bestritten wird. Diese beiden Behauptungen ge nügten, um den Gastwirt Kunath in der Oeffent- lichkeit herabzusetzen und läßt den Anschein er- w«ken, als ob bei demselben Sauberkeit nicht zu Hause sei. DaS Gericht kam zu der Erkenntnis, daß solche Aeußerungen zu bestrafen seien und verurteilte den Angeklagten Karl Kunath zu 10 Mk. Geldstrafe oder im Nichtzahlungsfalle zu 2 Tagen Hast. 8t. Bischofswerda, 15. Juni. Wenn wir jetzt einen Rundgang durch unsere Anlagen machen, so finden wir, daß die Schneeballsträucher (Viburuum Opulus I-.) fast gänzlich ihres Blätterschmuckes beraubt sind und statt dessen nur noch Blätter gerippe ausweisen. Die gelblich grünen, schwarz- füßigen Larven der Schneeball-Furchtkäfer (6»ls- rm» viburoi) haben diese so arg zugerichtet. Sie betteiben ihr Zerstörungswerk an der Unterseite der zarten Blätter und sind weder durch Regen und Wind, noch durch Rütteln und Klopfen davon wegzubringen. Sind die Larven vollständig ausgewachsen, so fallen sie zur Erde und ver puppen sich hier. Die schon im kommenden Monat erscheinenden braun gefärbten Käfer bringen noch eine zweite Generation hervor. Auch die gefüllte Spielart von Vipurnum Opulus mit den herrlichen Blütenballen wird von dem Furchtkäfer angegriffen. Wollen wir mit Erfolg dem Schäd ling entgegenarbeiten, so müssen wir un Spätherbst oder im zeitigen Frühjahr die mit Eiern besetzten Zweigspitzen aufsuchen und wegschneiden. Die Sträucher werden dadurch nicht geschädigt. — Vorsicht vor falschen KSnfmarkstückeu. Beim Kaiserlichen Postamt zu Lichtenstein wurde ein falsches Fünfmarkstück angehalten. Das Falsi fikat ist eine täuschend ähnliche Nachahmung und unterscheidet sich vom einem richtigen Geldstück nur dadurch, daß es sich etwas fettig angreift und leichter ist. In Chemnitz wurden dieser Tage gleichfalls falsche Fünfmarkstücke angehalten, denen man allerdings di« Fälschung auf den ersten Blick ansah. Trotzdem wird man gut tun, sich die vereinnahmten Fünfmarkstücke etwa» genauer anzusehen, um sich vor Schaden zu.be wahren. i — Eine Adresse der Mittelstand» Bereinigung au Herr« GtaatSmiuister Graf von Hoheuthal und Bergen ist Dienstag, den 15. Juni, überreicht worden. Die Adresse hat folgende» Wortlaut: „Hochzuverehrender Herr Staatsminister, Hoch- geborener Herr Graf! Einem tief empfundenen Bedürfnis folgend, gestattet sich die ehrerbietigst unterzeichnete Bereinigung, Eurer Exzellenz bei dem bedauerlichen Scheiden aus Ihrem Amte einige Worte dankbarer Anerkennung zu widmen. Eure Exzellenz haben sich während ihrer leid« so kurzen Tätigkeit als Königl. Sächsisch« Minister des Innern so erhebliche Verdienste um die Sache des Mittelstandes erworben, daß Eurer Exzellenz dadurch ein dauerndes Andenken im sächsischen Bürgertum gesichert ist. Mit dem rechten Blick haben Eure Exzellenz «kannt, welche unschätz baren Kräfte in dem nationalen städtischen Bürger- tume schlummern und in ernsten Zeiten für das staatliche Interesse nutzbar gemacht werden können. Trotz d« außerordentlichen entgegenstehenden Schwierigkeiten haben Eure Exzellenz hie Ver besserung eines Wahlrechtes durchgeführt, durch welches dem Mittelstände die Aussicht «öffnet ist, seine legalen Interessen gehörig zur Geltung zu bringen und seine Kräfte bess« als bish« dem Baterlande dienstbar zu machen. Wir wissen, daß es nicht Eurer Exzellenz Verschulden war, wenn das ideale Ziel nicht völlig erreicht werden konnte. Wenn Eure Exzellenz hierbei in aufreibenden Kämpfen Ihre Gesunoheit erschütterten, so wird das dankbare Vaterland dieses große Opfer alle Zeit zu würdigen wissen. Eure Exzellenz haben dadurch, daß Sie seit Beginn Ihr« Ministertätig keit den so vielfach unterschätzten Mittelstand in rechter Weise würdigten, einen Beweis Ihres staatsmännischen Weitblickes geliefert und bekundet, daß Sie allen Ständen Gerechtigkeit widerfahren lassen wollten. Der Mittelstand wird es Eurer Exzellenz nie vergessen, daß Sie d« «ste Minister des Innern waren, der das mittelständische Bürgertum als völlig gleichberechtigten Faktor im öffentlichen Leben anerkannte. Mt dem Gefühl d« Dankbarkeit verknüpfen wir den Wunsch, daß Eurer Exzellenz nach solchen opfervollen Kämpfen eine baldige völlige Genesung und noch ein langes, glückvolles Leben beschicken sein möge." — Wie hoch ist der Kiuderloh«? lieber diese Frage besteht imm« noch Unklarheit, trotz dem ste durch gesetzliche Vorschriften ganz genau geregelt ist. Der Finderlohn beträgt von dem Wert d« Sache bis zu 300 Mk. fünf vom Hundert, von dem Mehrwert eins vom Hundert; bei Tieren eins vom Hundert. Enthält also die gefundene Tasche 1000 Mk., so beträgt der Finder lohn für die ersten 300 Mk. 15 Mk., für die weiteren 700 Mk. 7 Mk., zusammen 22 Mk. Man lasse sich also nicht mit 20 Pfg. abspeisen, wie es schon vorgekommen sein soll! Wenn nun außerdem die Tasche selbst noch als solche einen Liebhaberwert hat, so ist auch dafür, ein Bettag zu entrichten, der allerdings nur „nach billigem Schönfeld (18,40 Met«), 7. Preis Friedel- Sebnitz, 8. Preis Steglich'-Bretnig (17,60 Meter) und 9. Preis für gleicheLeistung Schöne- Bischofswerda. Im Weitspringen folgten sich die Siegerinnen: Brettschneide r-Neustadt (3,95 Meter), Schöne- Bischofswerda (8,60 Meter), Friebel-Sebnitz (3,45 Meter), Bellack- Bischofswerda (3,40 Meter), Hänsel-BischofS- Werda (3Z5 Meter), Lummer- Bischofswerda (3,30 Meter), ebenso: S ch u l z e - Neustadt, Hartmann- Bischofswerda, Herrmann- Langburkersdorf, Hohlfeld - Sebnitz, 3 mal 3,25 Meter Z e i l e r - Rammenau, Mahnert- Langburkersdorf und G r o ß e - Bischofswerda. Mehrere Siegerinnen hätten sogar 2 Preise er halten — Eichenbukett mit rot-weißer Schleife —, man gab ihnen jedoch nur einen, nachdem Gau- tu.rnwart Fischer bei seiner Verteilung darauf begründend hingewiesen hatte. Allen wurde ein zeln „Gut Heil" zugerufen und nach dieser kurzen Feierlichkeit der offizielle Teil geschlossen. Biele ab« beteiligten sich noch am Tanzvergnügen, ehe sie die Eisenbahn nach der Heimat entführte. Der Schlußruf hieß: Auf Wiedersehn im nächsten Jahre in Sebnitz! -ß - Bischofswerda, 15. Juni. Auf Veran lassung des Königl. Bezirksschulinspektors, Herrn Schulrat Bach wnden in Bautzen und in der hiesigen Turnhalle für Lehrer an einfachen Schulen Turnkurse abgehalten, die den Zweck haben, das moderne Turnen vorzuführen. Die Dau« derselben ist auf die Sonnabende zwischen Pfingsten und den großen Ferien berechnet. In Bautzen leitet den Kursus Herr Seminaroberlehrer Wagner und hier Herr Gymnasialoberlehrer Misselwitz aus Bautzen. Am vergangenen Sonntag wurde erstmalig geturnt und hatten sich hi« 38 Herren, selbst aus weit« Entfernung, dazu eingefunden, die von Herrn Schulrat Bach mit herzlichen Worten begrüßt wurden. Zugleich dankte er bestens dem Kursleit«, dem Stadttat und Herrn Schuldirektor Jochen fürUeberlassung d« Turn halle und wünschte besten Verlauf. -x- Bischofswerda, 15. Juni. Die Ver sammlung des Bezirkslehrervereins, die auf Sonnabend den 3. Juli festgesetzt worden war, kann wegen des Sonnabends für Lehr« an ein fachen Volksschulen stattfindenden Turnkurses erst Mittwoch, den 7. Juli, abgehalten werden. * Bischofswerda, 15. Juni. (Schöffengericht.) Am 29. März d. I. beschäftigten sich d« Bahn- wärt« Carl August Tischer und die Ehestau des Bahnwärters Richter, beide damals in Demitz, mit der Entleerung der Abortgrube, wobei der An geklagte sein« Partnerin zuvorkommen wollte, indem er sie zurückstieß und dabei „aus Versehen" derselben das gefüllte Schöpfgefäß über Kopf und Schulter goß, so daß dieselbe längere Zeit in den Augen Schmerzen hatte. Der Angeklagte Tischer bestritt jedoch den Sachverhalt und stellte die Tatsache so hin, als ob ihn Frau Richter ge- stoßen hätte, und dabei sei derselben d« Inhalt des Gefäßes über den Körp« geflossen. Aus der Verhandlung ging hervor, daß zwischen beiden Familien nicht die rechte Einigkeit herrschte und war deshalb dieser Vorfall leicht zu erklären. Der vorbesttafte Angeklagte Fischer wird wegen über die steile Treppe hinauf in den Tafelsaal, an dessen reichgedeckten Tischen die hundertzwanzig Gäste so enge sitzen mußten, wie die gepökelten Heringe zu liegen pflegen. Die bedienenden Mägde mutzten sich beim Umtragen der Schüsseln mühsam zwischen den Stuhllehnen hindurchzwän gen: war eine für diese Schlangenarbeit zu dick, dann gab es allerlei Scherze und viel Gelächter. Das erste Gericht war die festübliche schwäbi sche Spätzelessuppe. Dazu trank man sützen Wein. Und der Bräutigam sprach in sein« trium- phierenden Freude dem Glase fleißig zu, prostete die Forstleute und den Xaver an, jauchzte und jo delte und war der stolze Held dies« schmatzenden, Stunde seines Glückes. Nach dem zweiten Gange, der, wie gebräuchlich, das „sauere Voressen" brachte, hielt der Pfarrer seinen Tafelspruch und und ließ das Brautpaar leben. Im Tanzsaal ein Trompetentusch, der die Ohren sausen machte. Und drunten im Wirtsgarten krachten die Böller. Ein« von den Verschworenen soll bei diesem Pulverdonner gesagt haben: „Da herinne weardS an bald krache!" Diesen Scherz begriffen die Mahlgäste nicht; aber die Forstleute verstanden ihn. Sie lachten. Und alle stießen sie freundlich und unter wohlwollenden Segenswünschen mit dem Brautpaar an. Nur d« Xaver hielt sich fern, war blaß und schweigsam. Nun kam als drittes Gericht das „Eahreschiis- sele", das bei kein« schwäbischen Hochzeit jener Zeit zu fehlen pflegte. Auf ein« solchen Hoch zeit gab es immer zwei«!« Gäste: die Tanz leute, die erst nach Schluß d« Tafel «schienen und ihr hüpfendes Vergnügen gratis hatten — und die feierlich geladenen Mahlgäste, die ihren Anteil an der Tafel mit schweren Kronentalern bezahlen mutzten. Doch jeder Gast konnte da sei nen Besitz nach Belieben dokumentieren und seine „Eahr" und Würde nach Gutdünken einschätzen. Auf ein« großen Zinnplatte wurde eine schönge schnitzte Holzschüssel mit süßem Milchreis herum gereicht: dieser Brei war fingerdick mit Zimt be streut — und die braune Zimtkruste war dicht ge spickt mit großen Himbeeren aus rotem Zucker guß. Für jede Himbeere, die ein Gast heraus fischte, mußte er einen Kronentaler auf die Zinn platte werfen. Dabei protzten die Leute gern. Was ein großer Bau« war, d« fischte seine zehn Himbeeren und einen festen Löffel voll Zimt. Und dieses „Eahreschüssele" wurde nach streng« Eti kette herumgereicht. Zuerst nahm d« Pfarrer — gewöhnlich nur eine Himbeere, aber viel Zimt und Reis —, dann nahmen die Eltern des Brautpaa res, dann Bräutigam und Braut, die nächsten An verwandten, der Bürgermeister, die großen Steuerzahler, die kleinen Bauern, dann die Be amten, die Gendarmen und zuletzt d« Lehr« und der Hochzeitslader, d« die Kaffe revidieren und ein gereimtes Sprüchlein aufsagen mußte. So war eS auch auf d« Hochzeit des schönen Babettle — und bei dem mancherlei Hin und Her, daS die Ehrenschüssel machen mutzte fiel e» nicht auf, daß die Forstleute wohl ihren Kronentaler auf die Zinnplatte warfen, aber den spärlich genommenen Zimtreis mit der Himbeere auf ihrem Teller lie gen ließen. Auch gab es gerade am Tische der Hochzeitsleute einen Zwischenfall, der viel Auf- sehen erregte und Spott und Gelächter weckte. Denn als die Braut das Löffelchen mit der ersten Himbeere zum Mäulchen heben wollte, stand plötz lich aufgeregt und blaß der Xav« mit seinem Glas an ihrer Seite, um auf ihr Wohl zu trinken. Dabei benahm er sich so wunderlich und läppisch ungeschickt, daß er Babettles Teller mit dem Zimtreis vom Tisch herunter auf den Boden warf. Lustiges Gejohle und allerlei Stichelreden üb« den abgedankten Liebhaber. D« wütende Hochzeiter fischte, damit seine Braut beim Ehrengerichte nicht zu kurz käme, flink ein paar Löffel voll ZimtreiS und Zuckerbeeren für sein Babettle auf einen frischen Teller heraus und wurde grob gegen Xav«. Auch ein paar von den Forstleuten schienen sich über Xavers Benehmen zu ärgern, warfen ihm heftige Worte zu und verlieben ihre Mahlplätze. Und Xav« sah das schmausende Babettle kaurig an — und weil « doch den Teller mit dem Zimt reiS nicht ein zweites Mal vom Tische hinunter werfen, auch seine Kameraden nicht verklatschen konnte, ging er mit schwülem Seufz« stumm davon. (Schluß folgt.)