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ISS Freitag, 4. Juni. Per sächlW LrMer. Tageblatt für Bischofswerda, Stolpen und Umgegend. Amtsblatt der Kgl. Amtshauptmannschast, der Kgl. Schulmspektion und des Kgl. Hauptzollamtes zu Bautzen, sowie des Kgl. Amtsgerichts und des Stadtrates zu Bischofswerda. Erscheint jeden Werktag abend» für den folgenden Tag und lostet einschließlich der Mittwochs und Sonnabend» erschei nenden »Belletristischen Beilage- bei Abholung viertel- Ulhrltch 1 uk 50 «>, bei Zustellung in» Hau» I 70 «l, stet allen Postanstalten l SO «l exklusive Bestellgeld. Einzelne Nummern kosten 10 Nummer der Zeitung-Preisliste S587. Die Tarifdebatten im amerikanischen Senat und Deutschland. Seit längeren Wochen wird im Kongretz zu Washington über die neue amerikanische Zoll tarifbill, welche vorher vom Repräsentantenhause in verhältnismäßig kurzer Zeit durchberaten und dann angenommen worden war, verhandelt, ohne daß sich bis jetzt ein Ende dieses zähen parlamen tarischen Kampfes absehen ließe. Nicht nur die Hochschutzzöllner und die mehr eine gemäßigte zollpolitische Richtung vertretenden Mitglieder des amerikanischen „Herrenhauses" liegen hier bei einander in den Haaren, sondern es befehden sich auch wiederum die verschiedenen Gruppen der hochschutzzöllnerischen Partei, je nachdem sie sich die Forderungen und Wünsche dieser oder jener einflußreichen Jnteressentenpartei im Lande mehr oder weniger zu eigen gemacht haben. Daß aber in diesem Ringen um die Sätze des künftigen Zolltarifes der Union die Anhänger der gemä ßigten Richtung noch siegen sollten, daran ist schwerlich noch zu denken, nachdem sie schon im Repräsentantenhause unterlegen sind. Es fragt sich daher nur noch, welche Höhe die Zollsätze für die wichtigsten Einfuhrartikel nach der Union den Anträgen und Amendements der hochschutzzöllneri schen Gruppen gemäß erhalten werden, und hauptsächlich hierüber streitet man sich im Senat noch. Auf jeden Fall wird daher das Ausland gut tun, seine Hoffnungen, betreffs Zollermäßi gungen im neuen amerikanischen Zolltarif in den bescheidensten Grenzen zu halten. Namentlich gilt diese Mahnung für Deutschland, in dessen Jndu- striekreisen man teilweise mit großen Erwar tungen auf den künftigen Zolltarif der Union blickte und von ihm Zollermäßigungen für eine ganze Reihe deutscher Jndustrieprodukte erhoffte. Aber bereits jetzt läßt sich mit ziemlicher Sicher heit sagen, daß diese Erwartungen nur in ge ringer Weise in Erfüllung gehen werden. Hier und dort werden zwar die amerikanischen Ein- fuhrzölle gegenüber deutschen Waren eine ge- wisse Herabsetzung erfahren, bei zahlreichen an- deren Waren indes, dürfte eine höhere Zollnor- micrung als bisher Platzgreifen, so werden sich die Kreise der deutschen Industrie und" des deutschen Exporthandels nur selber einen Dienst leisten und sich vor Enttäuschungen bewahren, wenn sie ihre Hoffnungen auf den neuen amerikanischen Zoll tarif einstweilen beiseite stellen. ' Ein besonderes politisches Moment ist im übrigen in die Zolltarifverhandlungen durch die gehässigen Angriffe hineingetragen worden, welche niehrere hochschutzzöllnerische Senatoren auf die deutsche Regierung richteten. So beschuldigte Se nator Depew die deutsche Regierung in der Lohn- Aerrrsprechsteüe Str. SS. Bestellungen werden bei allen Postanstalren de» deutschen Reiches, für Bischofswerda und Umgegend bet unseren Zeitungsboten, sowie in der Geschäftsstelle diese» Blatte» angenommen. Schluß der Geschäftsstelle Abends 8 Uhr. Dreiundsechzigster Jahrgang. statistik, welche von ihr dem Finanzausschüsse des Senates übermittelt worden ist, den Versuch ge macht zu haben, Einfluß auf die Beratung der Tarifbill ini Senat zu gewinnen. Nach der Be hauptung Depews soll die Statistik eine Anzahl anonymer Angaben deutscher Fabrikanten und anderer aufweisen, deren Namen auf Veranlas sung der deutschen Regierung geheim gehalten würden. Depew sagte dann weiter: Die Tarif bill ist eine ausschließlich innere Angelegenheit unseres Landes, und trotzdem finden wir, daß eine auswärtige Regierung gewissermaßen in den Se nat eindringt durch Vermittlung seiner Aus schüsse, um an seinen Verhandlungen teilzuneh- men, oder sie zu stören. Wenn ich mir diesen Tatbestand vor Augen halte, so muß ich mich fragen, was nun geschehen würde, wenn amerika nische Industrielle, die Konkurrenten Deutschlands sind, den Präsidenten der Vereinigten Staaten ersuchen würden, Statistiken nach Deutschland zu senden, uni den Gang der Gesetzgebungsmaschine in diesem Lande zu beeinflussen. Ein solches Vorgehen müßte ernste Folgen heraufbeschwören! Senator Aldrich, einer der wütendsten Vorkämp fer der Hochschutzzollpolitik der Union, schloß sich diesen deutschfeindlichen Auslassungen seines Kol legen an, und erklärte das Vorgehen der deut schen Regierung als ungehörig. Glücklicherweise ist der deutsche Botschafter in Washington, Graf Bernstorff, diesen in keiner Weise gerechtfertigten Angriffen auf die deutsche Regierung rasch und energisch entgegengetreten, indem er in einer öffentlichen Erklärung versicherte, die Unions regierung selber sei 1908 durch ihren Botschafter in Berlin mit der Bitte um Lieferung von Ma terial bezw. der Produktionskosten verschiedener deutscher Waren für den amerikanischen Kongreß an die Reichsregierung herangetreten, und letztere habe einfach diesem Wunsche entsprochen. — Mit den gehässigen amerikanischen Anzapfungen der deutschen Regierung ists also nichts! Deutsches Reich. Aus der telegraphischen Erwiderung des Gra fen Zeppelin auf die Kaiserdepesche geht klar her vor, daß er nut dem „Zeppelin II" jetzt überhaupt nicht nach Berlin kommen wollte, womit der ent standene Streit über diese angebliche Absicht Zep- Pelins gegenstandslos geworden ist. Die jetzt aus geführte erste Ferntour des „Zeppelin II" sollte eben keine Fahrt mit einem bestimmt ins Auge gefaßten Ziel, sondern einfach nur eine Dauer- fahrt werden, und letzterer Zweck ist ja auch in großartiger Weise erreicht worden, da es dem Grafen gelang, mit dem neuen Luftschiff sich 38 Stunden ununterbrochen in der Luft zu erhalten. Inserat«, welche in diesem Blatte die weiteste Verbreitung finden, werden bis vorm. 10 Uhr angenommen, größer« und komplizierte Anzeigen tags vorder, und kostet dir viergespaltene KorpuSzeile 12 «l, die Reklamezeil« 30 Geringster Jnseratenbetrag 40 «1. Für Rückerstattung «ingesandter Manuskripte usw. keine Gewähr. Was die begangene Telegrammfälschung anbe- langt, so wird ihr Urheber hoffentlich entdeckt werden, er darf dann einer strengen Bestrafung sicher sein. Schließlich ist sein von den Berlinern einstweilen vergeblich erhoffter Besuch nur aufge- schoben, wie der Graf in seinem Telegramm mit teilt, hofft er die Luftreise nach Berlin binnen 6 Wochen ausführen zu können. Denn so lange wird die Wiederherstellung des bei der Landung bei Göppingen arg beschädigten „Zeppelin II" dauern, wie Graf Zeppelin selber erklärt, so daß auch der angekündigte Besuch der Reichstagsab- geordneten in Friedrichshafen zur Besichtigung des neuen Luftkreuzers vorerst nicht stattfinden kann. Uebrigens ist „Zeppelin II", nachdem er an der Unfallstelle notdürftig repariert worden war, von dort am Dienstag nachmittag 3'/, Uhr unter Leitung des Chef-Ingenieurs Dürr in der Richtung auf Friedrichshafen abgefahren: er lan dete wegen starken Gasverlustes abends 9 Uhr bei Schemmerberg an der Bahnlinie Laupheim— Bieberach. Dorthin ging von Friedrichshafen so fort ein Sonderzug mit 400 Gasflaschen zur Nach füllung des Luftschiffes ab, dessen Wiederankunft in Friedrichshafen nunmehr im Laufe des Mitt woch erwartet wurde. Der unsichere Stand der Reichsfinanzreform dauert auch in der gegenwärtigen parlamentari schen Pfingstpause noch fort. Zwar wird von Aeußerungen des Reichskanzlers berichtet, denen zufolge er sich gegen die Beschlüsse der Finanz- rnmpfkommission des Reichstages ausgesprochen haben soll, doch sind dies nur unverbindliche Zei tungsnachrichten. Eine bestimmte Stellungnahme der Neichsregierung zu den von der Finanzrumpf kommission beschlossenen neuen Steuern und Zoll erhöhungen steht wohl erst in dem nachpfingst lichen Tagungsabschnitte des Reichstages zu er warten. König Friedrich August vor» Sachsen ist am Dienstag nachmittag, mit seinen Kindern von Bartenstein, wo er zum Besuche des Fürsten Jo hannes von Hohenlohe-Bartenstein geweilt halte, in Stuttgart eingetroffen und im Hotel Mar- guard abgestiegen. Als der König mit seinen Kindern Mittwoch früh auf dem Stuttgarter Haüptbahnhofc zur Weiterreise nach Sigmaringen erschien, hatte sich im Hofwartesaal König Wil helm von Württemberg zur Begrüßung einge funden. Nach etwa 15 Minuten währender herz licher Unterhaltung reiste der König von Sachsen mit seinen Kindern zuni Besuch des Hohenzollern- schen Hofes nach Sigmaringen weiter. Zwei interessante militärische Neuigkeiten sind zu verzeichnen. Generaloberst v. d. Goltz ist auf vier Monate znr Reorganisation des türkischen Heeres berufen worden, ferner wurde General leutnant Enimich, bislang Kommandeur der 10. Division in Posen, zum kommandierenden Gene ral des X. (hannoverschen) Armeekorps ernannt. Tas Befinden des schwerkranken Fürstbischofs Ur. Kopp von Breslau ist fortgesetzt ein äußerst besorgniserregendes. Die Gefahr einer Herz- crschöpfnng bei dem Patienten wächst infolge der langen Dauer der Krankheit täglich. In Stralsund ist am 2. Pfingstfeiertage, dem Tage, an dem vor 100 Jahren Ferdinand v. Schill in Stralsund den Heldentod im Kampfe gegen die französische Herrschaft fand, ein Schill-Denk- mal enthüllt worden. Das Denkmal stellt den Helden in Husarenuniform mit einer Fahn» in der Hand dar und ist in den städtischen Anlagen vor dem Kriegertor, durch das die französischen °uf „Sächsischen Erzähler", welcher iradMMIIUlMN täglich erscheint,^ für den Monat «Unl»t werden von allen Postämtern und Landbriefträgern, sowie den Austrägern und Zeitungs boten jederzeit entgegengenommen. Ein Probe-Abonnement für diesen Monat ist besonders zu empfehlen. Inserate haben großen Erfolg. 4?-' — Der „Sächsische Erzähler" kostet monatlich UM" Telephon Nr. LS. "WU