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Bischofswerda, de» ». Juni IVOS. Die Auslösung der Gegensätze zwischen Deutschland und England durch besseren , wirtschaftlichen Wettbewerb. Die Eifersucht Englands auf Deutschlands Wachstunl auf allen Gebieten treibt noch jede Woche tolle Blüten und sicher gibt es fanatische Engländer, die den verhaßten deutschen Neben buhler am liebsten mit Feuer und Schwert ver nichten möchten. Aber es gibt in England auch sehr vernünftige Leute. Der englische Großindu- strielle Sir Christofer Furnes sprach kürzlich über den deutsch-englischen Handelswettbewerb. Er er- mahnte seine Landsleute, nicht mehr hochmütig auf den deutschen Rivalen herabzusehen, vielmehr geschäftlich ein völlig neues Leben zu beginnen, alle Initiative, Ausdauer und Geschicklichkeit in den Geschäften anzuwenden, um sich das einzig tauchliche Mittel zu erfolgreicher Bekämpfung des deutschen Wettbewerbes zu schaffen: bessere Waren zu billigeren Preisen. Der Himmel aber möge es verhüten, daß England jemals gegen Deutschland Krieg führe. Der britische Handels minister, Winston Churchill, bezeichnete es kürzlich als „den größten Irrtum", anzunehmen, daß es einen tiefen Interessengegensatz zwischen dem deut schen und dem englischen Volke gebe, der nur durch eine äußerste Kraftprobe gelöst werden könnte. Ernste Streitigkeiten gebe es nicht zwi schen den beiden Völkern, wohl aber eine Neben buhlerschaft im Handel, dabei aber auch eine wach sende Abhängigkeit des Erwerbslebens beider Völker. Der bestehende Gegensatz sei weder auf das Wirken natürlicher noch persönlicher Kräfte zurückzuführen, sondern auf den üblen Willen ein zelner und die sträfliche Leichtgläubigkeit breiter Volksschichten. Charakteristisch ist auch die Aeutze- rung eines früheren englischen Offiziers und jetzi gen Geschäftsmannes im „Daily Telegraph", der seinen Landsleuten das Hand- in Hand-Arbeiten der Industrie mit den großen Finanzinstituten in Deutschland als Muster vorführt. Dadurch werde es unserer Industrie ermöglicht, selbst in den bri- tischen Kolonien bei Ausführung großer Anlagen die englische Konkurrenz zu schlagen; der engli schen Industrie fehle dieser Rückhalt, daher solle man schleunigst zur Gründung industrieller Ban- ken in England schreiten. Die Zahl dieser Stim men ließe sich noch außerordentlich vermehren; sie alle beweisen aber, daß die Rückwirkung der Handelskonkurrenz in England nicht zu einer krie gerischen Auseinandersetzung, sondern zu einer Steigerung und Verbesserung des friedlichen Wettbewerbes drängt. Das ist die einzige ver nünftige Lösung der schwebenden Streitfragen, zumal in Deutschland kein Mensch an einen Krieg gegen England denkt. Im übrigen ist ja auch der wirtschaftliche Konkurrenzkampf zwischen England und Nord-Amerika ebenso groß, als zwischen England und Deutschland, und die Gegensätze wer den dort auch friedlich ausgeglichen. Sachsen. X Bischofswerda, 2. Juni. Juni, Mond der Göttin Juno, der Gemahlin des italienischen Got tes Jupiter. Juno verkörperte das himmlische Licht, das in reicher Fülle gerade in diesem Mo nat nieder zur Erde flutet. Der Mai, der in diesem Jahre besonders kühle mit seinem Nacht reif, ist vorbei, Heller noch strahlt das Licht vom Himmel, intensiver wird seine Wärme. Mit Macht sprießt alles aus der Erde. Man sieht es draußen. Wie in einem Treibhause wächst es. Hochragend schießt der Roggenhalm. Schon setzt er die Aehre an, die Trägerin unseres Brots. Jeder Baum trägt Früchte und sie schwellen un ter dem Licht- und Wärmesegen der Sonne mit Macht. Juno, die weibliche Macht des Himmels I — Juni, Rosenmonat! Rosendust, milde Lust, Sonnenpracht, hohe Zeit des Jahres. Wer sollte sich nicht freuen und fröhlich sein. Singt doch Otto Roquette: „Noch ist die blühende, goldene Zeit, o du schöne Welt, wie bist du so weit! Und so weit ist mein Herz und so klar wie der Tag, wie die Lüfte, durchjubelt von Lerchenschlag I Ihr Fröhlichen, singt, weil das Leben noch mait: Noch ist die schöne, die blühende Zeit, noch sind die Tage der Rosen!" Aber in alles fällt auf dieser Erde ein Tropfen Wermut. Früchte, die nicht zur Reife gelangen, fallen massenhaft von den Bäumen, — verlorenes Leben. Wer dächte nicht auch an Menschenschicksale! Auf den Wiesen bald der scharfe Schnitt der blitzenden Sensen. Da hin die grüne Herrlichkeit! Neben dem Aufwärts schon ein Schritt zum Abwärts! „Wachsendes Le ¬ ben täglich neu, auf den Wiesen duftendes Heu, auf den Feldern goldene Saat, in der Seele rei fende Tat, sonniger Himmel leuchtend und klar, stolz auf der Höhe prangest du Jahr!" — Juni, kräftigste Zeit des Jahres, vergleichbar dem besten Alter, dem Mannesalter. Vorüber der stürmische Jugendrang, noch weit des Alters Niedergang; kräftigste Schaffenszeit, Hochsommer des Lebens! Nütze und genieße ihm „Nütze den längsten Tag, wer zu wirken vermag, eh wir es recht gedacht, folgt ihm die längste Nacht!" Mancher aber will auch in der Mittagshitze des Lebens verschmachten; wieviel Mühe und Sorge um die Kinder in einer Familie gerade in des Lebens Mitte von Vater und Mutter. Doch nur getrost, auch die heißen Tage gehen vorüber. Wie bald wird der kühle Abend kommen und mit ihm die stillere Zeit, — und dann duften die letzten Rosen! Bischofswerda, 2. Juni. Ein herrliches Kon zert genießen wir jetzt in unseren Anlagen, wenn wir die Willenskraft besitzen, zeitig das warme Nest zu verlassen und uns mit dem erwachenden Tag auf die Wanderschaft zu begeben. Den Moc- genpilger grüßen tausend Jubelstimmen aus sorg loser Vogelbrust. Die ersten im Konzertprogramm, die Finken, haben schon um 2 Uhr früh begonnen, die Grasmücke hat die folgende Nummer und ist Wohl gegen halb 3 Uhr dran. Die Amsel trägt ihre „Schlager" um 3 Uhr vor. An Junitagen auch noch zeitiger. Wenn ein Virtuos beginnt, so setzen meist zwei oder drei Kollegen gleichzeitig ein, und jeder mit anderen überraschenden Ton sätzchen. Ein herrliches Flötenkonzert! Am faul sten sind die Spatzen. Sie finden sich erst um 5 Uhr aus dem Nest. Dann holt der freche Schnabel aber eifrig nach, was an Spektakel etwa versäumt war. — Die vergangenen Tage waren echte Früh lingstage mit goldenem Sonnenschein und milder Luft; kein Wunder, daß die Ausflugslust sich aller wegen regte. — Maien. Wie die Tanne der Baum des fröhlichen Weihnachtsfestes ist, so gelangt die Birke zur Pfingstzeit zu wohlverdienter Beachtung. Dem Einerlei der Nadelholzbestände tupft sie hier und dort mit ihrem frischen Grün ein helleres Fleckchen auf. Denn die Birke ist sehr genügsam, selbst der dürre Boden, auf dem sonst nur trockene Fichten und magere Kiefern sich ansiedeln, befriedigt ihre geringen Bedürfnisse vollauf. Birkenreiser und Pfingstfest gehören zusammen. Schon seit Jahr hunderten. Auch der rauhe Wotansverehrer schmückte schon seine Hütte mit den frischen Birken- reisern, wenn die letzten Boten des Frostriesen aus seinen Wäldern verschwunden waren. Welt kluge Mönche entkleideten einst die heidnischen Gewalten ihres Blumen- und Blätterschmuckes und schlangen ihn um christliche Feste. So kam auch das Pfingstfest zum Birkenreiserschmuck. So wurde das Pfingstfest zum Feste der Maien. Auch wenn es, wie diesmal, in den Monat Juni fällt. Und schon seit altersher schmücken die Bauern ihre Häuser mit Birkengrün. Aber nicht nur zum Pfingstfest greift der Mensch zum Birkenzweiglein. Er verwendet sie sonst auch zu prosaischen Besen. Früher waren die geschmeidigen Zweige eine furcht bare Waffe beim Spießrutenlaufen, wenn ein ent flohener Soldat wieder eingefangen worden war. Das Holz der Birke weiß der Drechsler zu schätzen. Aus der Rinde und der Wurzel zieht man daS Birkenöl. Das Harz verwendet man als Heil mittel. Die Birke zeigt sich also in vieler Hinsicht dem Menschen dienstbar. Darum tue man ihr auch mutwillig keinen Schaden an. — Werke der Nächstenliebe in Sachsen. Im ersten Vierteljahre 1909 wurden nach einem durch mehrere Nummern des „N. Sächs. Kirchenbl." durchlaufenden Verzeichnis im Königreiche Sach sen folgende Summen für Zwecke der Nächsten liebe gespendet: 18 575 für Kirchen und kirch liche Zwecke, 56 700 für Schulen und Unter richtszwecke, 474000 für Arbeiterwohlfahrt und zur Fürsorge für Angestellte, 271516 für Ar me und Kranke, Witwen und Waisen, Kinder und sonstige Hilfsbedürftige, 127 000 für andere gute Zwecke, also im ganzen: 947 791 ein schließlich aber der „König Friedrich August-Stif- tung" in Plaue bei Flöha, deren Geldwert nicht angewendet ist, weit über eine Million Mark. — Von größeren Beträgen mögen ge nannt sein: 220 000 die Kommerzienrat Arn- hold in Dresden seinen Beamten und der Be amtenpensionskasse vermachte; 100 000 von demselben Spender an die Israelitische Gemeinde als „soziale Stiftung" (ohne Rücksicht auf die Konfession); 200 000 die KommerzienratLouiS Neble in Plauen dem Pensions- und Unter- stützungsfonds für die Beamten und Arbeiter sei- ner Firma hinterließ; 40 000 von einem Dres- dener Bürger für das Dresdener Soldatenheim. Zittau. Im hiesigen Krematorium sind im Monat Mai 15 Einäscherungen erfolgt, und zwar von 9 männlichen und 6 weiblichen Personen. Aus Zittau und Umgebung stammen 1, von aus wärts 14. Seit Inbetriebnahme des Krematoriums (6. April 1909) fanden 20 Einäscherungen statt. 8. Dresden, 2. Juni. Landesverband sächsi scher Feuerwehren. In der letzten Sitzung des Landesausschusses sächsischer Feuerwehren, die vor kurzem in Dresden stattsand, wurde über die zukünftige Gestaltung der sächsischen Feuerwehrtage eingehend beraten, da der Verlauf des letzten sächsischen Feuerwehrtages zu Reichenbach i. V. mit großer Deutlichkeit habe er kennen lassen, daß bei der immer wachsenden Zahl der sächsischen Feuerwehren die früher übliche et was patriarchalische Art der Abhaltung der sächsi schen Feuerwehrtage nicht mehr länger aufrecht erhalten werden könne. Boni Vorsitzenden der hierzu eingesetzten Sonderkommission, Professor Kellerbauer-Chemnitz, wurde darauf hingewiesen, daß es dem Landesausschusse zur Erkenntnis ge kommen sei, daß die Feuerwehrtage mit ihrer übergroßen Anzahl von Vertretern, welche in einem Saale kaum mehr untcrzubringen ge schweige noch zu übersehen und zu leiten seien, dringend einer Reform bedürfen. Es sei eine Reihe von Uebelständen klar zutage getreten, wel che bewirken mußten, daß die Vertretung keines wegs allenthalben als eine völlig geeignete, ihrer Aufgabe gewachsene angesehen werden könne und nicht minder auch technische Schwierigkeiten inner halb der Versammlung, welche teilweise eine ge ordnete Besprechung wie eine klare Abstimmung unmöglich gemacht hätten. So seien z. B. von ein zelnen Verbänden, von welchen eine Anzahl von Wehren nicht vertreten war, die verbliebenen De legiertenkarten im letzten Augenblick an beliebige Verbandsmitglieder verteilt worden, ohne Rück- sicht darauf, ob die Betreffenden dazu geeignet wa ren und die erforderliche sachliche Einsicht und das nötige Interesse für die Verhandlungen hatten. So sei es vorgekommen, daß sich ganze Gruppen in den Saal eindrängten, ohne Delegiertenkarten zu haben, welche nach ihrer Angabe noch in den Händen öes bereits im Saale befindlichen Ver bandsvorsitzenden sich befinden sollten; so sei es unmöglich gewesen, diejenigen Abgeordneten, wel che mehrere Stimmen zu führen hatten, zu un terscheiden von jenen, die nur eine Stimme be saßen, was doch für die Abstimmungen ganz wesentlich gewesen wäre; so besaß inan bei der dichten regellosen Zusammenhäufung der Vertre ter, untermischt mit Zuhörern, im Saale keine Möglichkeit, weder für die Verbandsvorsitzenden noch für den Verbandsleitsr, die Abgeordneten zu übersehen. Nur so habe es kommen können, daß bei der Abstimmung ein wichtiger Antrag des Freiberger Verbandes, trotzdem fiir denselben in den Verbänden schon vorher eine wesentliche Ma jorität festgestellt war, schließlich eine Ablehnung erfuhr. — Um diesen Uebelständen entgegenzu wirken, hat eine besonders gewählte Kommission Vorschläge aufgestellt, die jetzt zunächst vom Lan desausschusse und weiterhin auch von der Ver sammlung der Verbandsvorsitzenden angenom men worden sind und nächstens auf dem Sächsi schen Feuerwehrtage in Wurzen in Gestalt eines Antrages auf Reform der Vertretung bei den Feuerwehrtagen zur Beratung und Beschlußfas- sung gestellt werden sollen. Die Reform soll be stehen in 1. Aufstellung einer Geschäftsordnung für die Verhandlungen auf den sächsischen Feuer wehrtagen. 2. Die Abgeordnetenkarten sind von den Verbandsleitungen vor dem Feuerwehrtage den einzelnen Verbandswehren zuzusenden. 3. Ver treter mehrerer Feuerwehren erhalten eine mit weithin sichtbarer entsprechender Zahl versehene Stimmkarte, welche bei Abstimmungen zu zeigen ist. 4. In den Sitzungssaal werden nur Abgeord nete zugelassen. Zuhörer können nur eine etwa vorhandene Galerie benützen. 5. Den einzelnen Verbänden steht es frei, die Vertretung der Ver- bandswehrcn auf eine beliebig kleinere Anzahl von Abgeordneten zu übertragen, von welchen aber keiner mehr als 5 Stimmen führen darf. 6. Im Saale sollen die Vertreter geordnet sitzen, um leicht und ohne Zeitaufwand die Majorität fest- zustellen. — Man ist der Ansicht, daß der nächste Feuerwehrtag ein schöneres Bild der Sachlichkeit, Ruhe und Würde zeigen muß, als der letztjährige in Reichenbach. >2 . ist'