Volltext Seite (XML)
125 Donnerstag, 3. Juni. Der säcUche LrOler, Tageblatt für Bischofswerda, Stolpen und Umgegend. Amtsblatt der Kgl. Amtshauptmmmschast, der Kgl. Schulinspektion nnd des Kgl. Hauptzollamtes zu Bautzen, sowie des Kgl. Amtsgerichts und des Stadtrates zu Bischofswerda. Erscheint jeden Werktag abend» für dm folgend« Tag und kostet «tuschlieblich der Mittwoch« und Sonnabmd« erschei nenden „Belletrisiischen Beilage* bei Abholung viertel- jährlich 1 50 «t, bei Zustellung in» Hau« 1 70 «t, LA all« Postanstaltm 1 uk 50 «t exllufive Bestellgeld. Einzelne Nummern kost« 10 «l. Nummer der Zeitungspreisliste S5S7. Nernsprechftea- Rr. 22. Bestellungen «erden bei allen Postanstalien de« dmtschm Reiche«, für Bischofswerda und Umgegend bei unseren Zeitungsboten, sowie in der Geschäftsstelle diese« Blatte« angenommen. Schluß der Geschäftsstelle Abend« S Uhr. Dreknrdsechzigfter Jahrgang. Inserate, welche in diesem Blatte die weiteste Verbreitung Men, werden bi« vorm. 10 Uhr angenommen, größere und komplizierte Anzeigen tag« vorder, und kostet dir vtergrspaltene Korpuszeile 12 -t, die Reklamezrile 30 Geringster Jnseratenbelrag 40 «l. Für Rückerstattung ringesandter Manuskript« usw. keine Gewähr. wird vom S. Jnni dieses Jahres ab eröffnet. Bischofswerda, am 2. Juni 1909. Der Stadtrat. Uilsere kost-gboiuienieo, die das Abonnement für den Monat ulllll — Preis so Pfg. - noch nicht erneuert haben, bitte« wir, dies nunmehr sofortbei dem .j. zuständigen Postamt Olles' LriettiHgei' zu bewirken. Nur bei umgehender Bestellung kann darauf gerechnet werden, daß in der regelmäßigen Zustellung des „SScdskcden LrrMers" keine Unterbrechung eintritt. Gelingen oder Mißlingen der großen Fernfahrt des „Zeppelin II" ? Die 36stündige Dauerfahrt, welche Graf Zep pelin mit seinem Luftschiff „Zeppelin H" vom Sonnabend, den 29. Mai, abends 10 Uhr bis Montag, den 31. Mai, vormittag 11 Uhr, von Friedrichshafen über Nürnberg, Leipzig, Bitter feld und dann wieder zurück über Halle, Würz burg, Stuttgart bis Göppingen unternommen hat, wird von den begeisterten Anhängern des Gra fen Zeppelin und der deutschen Luftschifsahrt als ein neuer Sieg des Bezwingers der Lüfte ge feiert, aber viele sachliche Beobachter und Kri tiker dieser großen Fernfahrt des „Zeppelin II" wollen in derselben doch auch noch eine Art Ent täuschung erblicken, und um nicht in blinden Opti mismus auf der einen oder unfruchtbare Schwarz seherei auf der anderen Seite zu verfallen, wird es notwendig fein, festzustellen, was bei der letzten großen Fernfahrt des „Zeppelin II" der Erfolg war und in welchen Punkten noch der Mißerfolg zu erblicken und hoffentlich allmählich zu beseiti gen ist. Erreicht hat der kühne Luftschifführer und Erfinder Graf Zeppelin mit seinem Luft schiff „Zeppelin H", daß er volle 36 Stunden in der Lust gefahren ist und eine große Fernfahrt unternommen hat, die sehr wohl den Beweis er bracht hat, daß mit den Zeppelinschen Luftschiffen nach dem Feindeslande im Falle eines Krieges von Deutschland aus eine große Erkundigung?, fahrt in der Luft unternommen und die Stel lungen und der Anmarsch feindlicher Truppen ausgekundschaftet werden kann. Da in dieser Hin sicht noch manche Zweifel laut geworden sind, so ist es also erfreulich, daß nun jetzt Graf Zeppelin gezeigt hat, daß im gegebenen Falle eine deutsche Luftschiffahrt auch von Friedrichshafen oder Cob- lenz aus bis Paris und dann wieder zurück nach Deutschland unternommen werden könnte, und die rüstig Vorwärtsschreitende Technik in der Luft- schiffahrt wird wohl auch noch den Beweis er bringen, daß von Bremerhaven ein deutsches Luft schiff nach London und dann wieder zurück nach Deutschland fahren kann. Das soll das Ausland wissen, und damit erfahren, daß es Deutschland ist, welches seine militärischen Macht- und Ver teidigungsmittel zuerst vor allen anderen Groß mächten auch durch die Luftschiffahrt gestärkt hat. Bekanntlich hat die deutsche Militärverwaltung das Luftschiff „Zeppelin I" auch bereits ange kauft und nach Metz soll dessen Ueberführung dem nächst stattfinden. Die letzte große Fernfahrt des „Zeppelin II" hat ferner noch bewiesen, daß die Zeppelin-Gesellschaft für Bau von Luftschiffen sehr leistungsfähig ist, denn sie hat in wenigen Wochen den „Zeppelin II" fertig gestellt. Dem Grafen Zeppelin und der von ihm gegründeten Gesellschaft kann daher sehr wohl der Bau von Luftschiffen für das Deutsche Reich anvertraut werden, zumal die hohe und edle nationale Ge sinnung des Grafen Zeppelin heut auch sehr Wohl verdient, daß ihm bei dem Bau von neuen Luft schiffen für das Reich das größte Vertrauen ent- gcgengebracht wird. Offen zugestanden muß aber werden, daß Graf Zeppelin mit seinem „Zeppelin II" insofern zwei Mißerfolge bei seiner letzten Dauerfahrt gehabt hat, daß er ein voraus be stimmtes Ziel der Fernfahrt noch nicht mit Sicher heit erreichen kann, und daß der Abstieg seines Luftschiffes immer noch mit verhältnismäßig gro ßen Gefahren für das Schiff selbst verbunden ist, denn Graf Zeppelin hat auf seiner letzten Fern fahrt Berlin, wohin er jedenfalls fahren wollte, nicht erreichen können und hat aus technischen Gründen in Bitterfeld die Rückreise nach Fried richshafen antreten müssen. Er hat aber auch Friedrichshafen nicht erreichen können und hat bei Göppingen in Württemberg landen müssen, wobei sein Luftschiff durch die Spitze eines Bau mes eine derartige Beschädigung erhalten hat, daß cs erst nach einer größeren Reparatur die Weiterfahrt antreten konnte. Bei aller Freude über die große Dauerfahrt muß man also doch er kennen, daß die Leistungsfähigkeit und Lenkbar keit der Zeppelinschen Luftschiffe noch der Vervollkommnung bedarf, welche der geniale Erfinder Graf Zeppelin und seine In genieure hoffentlich im Laufe dieses Jahres noch erreichen werden. Deutsches Reich. Der Kaiser und die Kaiserin wohnten am Pfingstmontag dem regelmäßig an diesem Tage stattfindenden Stiftungsfeste des Lehrinfanterie bataillons auf der sogenannten Mopkc beim Neuen Palais bei. Die Feier bestand in ge wohnter Weise in Fcldgottesdienst, Vorbeimarsch des Bataillons vor dem Kaiser und Speisung der Mannschaften in den Communs, die unter dem Konzertieren der Musikkapellen sämtlicher Pots damer Regimenter vor sich ging. Mittags empfing der Kaiser im Neuen Palais den neuen türkischen Botschafter am Berliner Hofe, Nisamy Pascha, und nahm von ihm dessen Beglaubigungsschreiben entgegen. In der bayerischen Königsfamilie hat sich am Pfingstfeste ein frohes Ereignis vollzogen. Prin zessin Ruprecht, die künftige Königin von Bayern, wurde am Pfingstsonntag nachmittag von einem Prinzen glücklich entbunden, zur großen Freude des gesamten Bayernlandes. Der neugeborene Prinz ist der zweite Sohn des Prinzen und der Prinzessin Ruprecht. Gerade zum Pfingstfeste hat Graf Zeppelin die erste große Fernfahrt mit dem neuen Reichsluft schiff „Zeppelin II" ausgeführt, sie dauerte 36 Stunden, mit einer einzigen kurzen Zwischenlan- düng. Die Fahrt wurde am Pfingstsonnabend abends gegen 10 Uhr von Friedrichshafen aus nach Nordosten angetreteu. Sie ging über Ra vensburg, Ulm, Nürnberg — das am Pfingst sonntag in der neunten Vormittagsstunde passiert wurde — Bayreuth, Plauen, Leipzig bis Bitter feld, über welcher Stadt die Ankunft des Luft kreuzers am Sonntag kurz nach 7 Uhr abends er folgte. Dorr entschloß sich Graf Zeppelin zur Um kehr, wegen fortgesetzt ungünstigen Windes und nur noch geringen Ballastvorrates auf die ge plante Weiterfahrt nach Berlin verzichtend. Die Rückfahrt des „Zeppelin II" ging über Halle, Thüringen. Würzburg, Heilbronn, Stuttgart — welch' letztere Stadt am Pfingstmontag 9 Uhr 10 Minuten passiert wurde — Eßlingen, Kirchheim und Teck und fand ihr Ende gegen 11 Uhr vor mittags in der unmittelbaren Nähe von Göp pingen, wo die Landung infolge vollständiger Er schöpfung des Benzinvorrates stattfand. Leider ereignete sich hierbei ein Unfall, indem das Luft schiff gegen einen Baum stieß, wodurch die Spitze des „Zeppelin II" eingedrückt wurde. Nach dem Eintreffen von Hilfsmannschaften begann man die Reparatur des Luftkreuzers; für Dienstag vormittag wurde dessen Weiterfahrt nach Fried richshafen gemeldet. Graf Zeppelin selbst begab sich am späten Nachmittag des Pfingstmontages mittels Bahn von Göppingen nach Friedrichs hafen zurück. Trotz des ihn« bei Göppingen zugestoßenen Unfalles hat der „Zeppelin II" durch diese seine Dauerfahrt die Probe glänzend bestanden, was um fo mehr hervorzuheben ist, als die meteorolo gischen Verhältnisse der Fahrt durchaus nicht sehr günstig waren. Die Genugtuung im ganzen deut schen Volke über diese neueste wundervolleLeistung des genialen Grafen ist denn auch keine geringe, und seine Popularität hat hierdurch nur noch gewonnen, man kann ihn heute mit vollstem Recht als den Liebling der deutschen Nation bezeichnen. Es bedarf Wohl keiner besonderen Versicherung, daß Graf Zeppelin an allen Orten, wo er sich mit dem neuen Lustkreuzer zeigte, von der Bevölke rung mit brausender Begeisterung begrüßt wurde. In der Reichshauptstadt herrscht allerdings große Enttäuschung darüber, daß der „Zeppelin II" nicht dorthin gekommen ist; wartete doch der Kaiser in der Kaiserin Augusta-Kaserne etwa 5'/e Stunden auf das Erscheinen des neuen Lustkreuzers. Nun, ausgcschoben ist nicht aufgehoben, sicherlich werden die Berliner den „Zeppelin II" nnd den Grafen Zeppelin im Laufe des Sommers noch als Gast begrüße» dürfen. — Nach einer in Stuttgart ein gegangenen Depesche des Grafen Zeppelin wird die vollständige Wiederherstellung des „Zeppelin II" etwa sechs Wochen beanspruchen, so daß also auch der auf den 5. Juni angesetzte Besuch der Reichstagsabgeordneten zur Besichtigung des neuen Rcichsluftschiffes nicht stattfinden kann. Der Casablancastreit zwischen Deutschland und Frankreich hat nunmehr seine definitive Erledi gung gefunden. Am Pfingstsonnabend haben im