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1« anläßlich des 50jährigen Gedenktages der natio nalen Einigung Italiens veranstaltet werden sol len. Dieser ablehnende Beschluß hat in Italien aufs neue große Verstimmung gegen Oesterreich hcrvorgerufen. Jedoch meldet jetzt zu der Ab lehnung Oesterreichs, sich an der Gedächtnisfeier im Jahre 1911 zu beteiligen, der „Popolo Ro mano", daß die Ablehnung Oesterreichs keine endgültige sei. Oesterreich werde im Interesse seiner guten Beziehungen zu Italien schließlich doch seine Beteiligung anmelden. Die letzthin aufgetauchten Gerüchte über neue deutsch-tschechische Verständigungsversuche erwei sen sich als unbegründet. Frankreich. Der Marineskandal in Frankreich will nicht aufhören. Nach einer Pariser Meldung des „B. T." soll die parlamentarische Marineunter- suchungSkommission einer geheimnisvollen Be stechungsangelegenheit auf die Spur gekommen sein, die sogar, wie es heißt, vor einiger Zeit vor Gericht kam, aber unterdrückt wurde. Eine Kom mission unter Führung Delcassss begab sich zum Justizminister Briand, um ihn zu bitten, die Ak ten dieser Angelegenheit heraussuchen zu lassen. Briand hat der Kommission jede Unterstützung versprochen. Es soll sich um unlautere Mittel zur Erlangung von Aufträgen für ein großes indu strielles Werk handeln. Italien. Auch Italien legt sich jetzt mächtig ins Zeug, um seine Flotte zu verstärken. In der Deputier tenkammer ist ein Gesetzentwurf, betreffend Ab- änderung des Marineetats zur Verteilung ge- langt, der die Ausgabe von 440 Millionen Vor sicht, die sich auf 6 Rechnungsjahre von 1909/10 bis 1915/16 verteilen. Das bedeutet eine Mehr ausgabe von 146 781680 Lire gegenüber den Kre diten, wie sie durch die früheren Gesetze bereitge- stellt waren. Türkei. Die türkisch-bulgarischen Schwierigkeiten be treffs dev Orientbahn dauern fort. Die in Kon stantinopel geführten Verhandlungen betreffs der von Bulgarien wegen der Besetzung der Orient- bahn an die Pforte zu zahlenden Entschädigungen sind einstweilen ergebnislos verlaufen, der bul garische Regierungsdelegierte Liaptschew ist des halb von Konstantinopel nach Sofia zurückgereist. Vor seiner Abreise überreichte er der Pforte eine Note, welche die Wiederabberufung Liaptschews von Konstantinopel mit dem ungünstigen Ergeb nisse der türkisch-bulgarischen Entschädigungsver handlungen begründet und erklärt, Bulgarien halte sich seine weiteren Entschließungen zur Wahrung seiner Interessen vor. In der Kretafrage sind von Pariser Blättern Verdächtigungen Deutschlands ausgestreut wor den. In ihnen heißt es, Deutschland unterstütze die eine Annexion Kretgs durch Griechenland ver weigernde Haltung der Pforte und habe ferner in Konstantinopel Vorschläge wegen einer deutsch türkischen Allianz gemacht. Es lohnt sich nicht erst, diese Albernheiten der Pariser deutschhetzerischen Presse zurückzuweisen. Zwischen den beiden Häusern des türkischen Parlaments ist cs zu einem Konflikt gekommen, weil der Senat den von der Deputiertenkammer gemachten Abstrichen im Budget von den Positio nen für Gehälter und Pensionen nicht zustimmt und daher das Budget abgelehnt hat. Eine Kammerauflösung gilt als unvermeidlich, falls nicht noch eine Verständigung zwischen den beiden Häusern erzielt wird. Marokko. Ueber die Gefangennahme von zwei Reichs deutschen im südlichen Marokko — die Meldung, daß einer von den Gefangenen ein Oesterreicher sei, hat sich nicht bestätigt —liegen jetzt einiger maßen nähere Nachrichten vor. Die beiden Deut schen heißen Mannesmann, welcher unter dem Namen Moscngeil reist, und Biedner; über ihren Stand liegen indessen noch keine genaueren Nach- richten vor. Die Deutschen wurden im südlichen Marokko von feindlichen Stämmen überfallen und zur Erpressung eines Lösegeldes gefangen fortge schleppt. Ein in Tanger wohnender Bruder von Mannesmann hat einen Dampfer gechartert und ist nach Süden gefahren, um seinem Bruder und dessen Begleiter Hilfe zu bringen. Seitens der deutschen Gesandtschaft in Tanger und des deut schen Vizekonsuls in Mogador sind alle erforder lichen Schritte getan: namentlich sind Befehle des Sultan-Stellvertreters an den Gouverneur des Südens von Marokko erwirkt; außerdem hat der Dizekonsul von Mogador einige zuverlässige Ein geborene Mannesmann zu Hilfe geschickt. Beun- LXr sächsische Erzähler. Ge«» 2. ruhigende Nachrichten über Lebensgefahr der bei den Deutschen liegen zurzeit nicht vor. Amerika. Ueber die neuen Unruhen auf der Insel Hayti liegen bislang einigermaßen unklare Meldungen vor. Wie es indessen scheint, ist in beiden Staats- wesen der Insel, in der Republik Hayti, wie in der Republik San Domingo, die bekanntlich beide unter der Herrschaft der Farbigen stehen, eine auf ständische Bewegung ausgebrochen. In Hayti ist sie anscheinend durch die Rückkehr des früheren Präsidenten Alexis hervorgerufen worden, wäh rend der Aufstand in San Domingo unter der Leitung der Generale Felices und Camachos steht. Hierzu wird aus Kap Haitien folgendes gemeldet: Zwischen den Truppen General Felices und General Camachos, des früheren Gouver neurs von Monte Christy, ist eine Einigung er folgt, und sie haben gemeinschaftlich einen großen Teil des an der haytianischen Grenze gelegenen Gebietes besetzt. Die Regierungstruppen sind bei Monte Christy von den Rebellen geschlagen wor den. Das Schicksal des Gouverneurs von Puerto Plata, Jose Bortas, ist unbekannt. Es heißt, daß er entweder tot, oder als Gefangener in die Hände der Revolutionstruppen gelangt sei. Die Verbin dungen zu Lande sind unterbrochen und die Regie rung sieht sich gezwungen, auf dem Seewege Ver stärkungen nach den von den Rebellen bedrohten Gebieten zu entsenden. Asien. Das ferne China ist jetzt auch vom Flotten rüstungsfieber ergriffen worden. Die Flotten kommission in Peking genehmigte den ihr ge machten Vorschlag des Admirals Sah, eine An- leihe von 19 Millionen Taels zum Bau von vier kleinen Kreuzern und acht Torpedobootszerstörern aufzunehmen. Der Flottenbauplan, der auch die Anlage von Werften, Arsenalen, Kohlendepots, Leuchttürmen usw. Vorsicht, bedarf nur noch der Genehmigung seitens des Prinz-Regenten. Sachsen. Dresden, 27. Mai. Se. König!. Hoheit Don Fernando, Jnfant von Spanien, Prinz von Bayern, ist gestern 11 Uhr 20 Min. vormittags hier eingetroffen und hat im König!. Residenz schloß Quartier genommen. Dresden, 27. Mai. Der gestrigen Opernvor- stcllung „Maurer und Schlosser" wohnten Se. Maß der König in der Uniform seines spani schen Regiments, der Jnfant von Spanien, sowie Prinz und Prinzessin Johann Georg und Prin zessin Mathilde bei. Heute früh 8 Uhr begab sich der König mit Don Fernando und einer glänzenden Suite auf den Heller, wo eine Uebung mit gemischten Truppenteilen stattfand. Nach 10 Uhr wurde das Frühstück im Offizierskasino des Gardereiterregiments eingenommen. Bischofswerda, 27. Mai. Der Allgemeine Kirchenfonds. Am nahen Pfingstfeste bittet der „Allgemeine Kirchenfonds" wieder um Gaben. Es findet, wie alljährlich, an den beiden Pfingst- feiertagen eine allgemeine Kirchen kol- lekte für den Kirchenfonds statt. Hoffentlich versammeln sich die Festgemeinden recht zahlreich und opfern willig und reichlich für den Kirchen fonds. Er bedarf dringend der reichlichen Stär kung seiner Mittel. Fort und fort ist das Bedürf nis im Lande rege, große Gemeinden zu teilen, neue Kirchgemeinden zu gründen, Kirchen zu bauen, neue geistliche Stellen zu errichten, geistliche Hilfskräfte anzustellen. Die Mittel der Einzel gemeinde sind dazu meist unzulänglich: die weni gen Kirchenbaukollekten, welche das Jahr über gesammelt werben können, lassen sehr viele Be dürfnisse ungedeckt; die dem Kirchenregiment sonst zur Verfügung stehenden Mittel sind über lastet. Ta ist es der „Allgemeine Kirchenfonds", welcher helfend eintreten soll; denn die Bestim mung dieser segensreichen Stiftung ist: „den Interessen der Landeskirche in solchen Fällen zu dienen, wo die erforderlichen Mittel aus Staats-, Kirchgemeinde-, Kirchen- und anderen schon vor handenen geeigneten Kassen und Fonds nicht oder nicht in hinreichendem Maße beschafft werden können." Mögen also die Pfingstgemeinden zum Danke für Gottes Gnadengaben helfen die Kirche Christi weiterzubauen durch williges Opfern und reichliche Gaben I ^0? Bischofswerda, 27. Mai. Postdienst. Am ersten Pfingstfeiertag wird im Ortsbestellbezirk eine einmalige Brief-, Paket- und Geldbestellung morgens ausgeführt: im Landbestellbezirk ruht die Postsachenbestellung. Am zweiten Pfingst- feiertage findet im Orts- und Landbestellbezirk eine einmalige Briefbestellung statt. V - - »«zeigen für die Pfingst-Nummer des „Sächs. Erzählers" bitten wir tunlichst zeitig auf- zugeben, damit die rechtzeitige Fertigstellung de» Blattes nicht in Frage gestellt wird. — Eine Anzahl von Auszeichnungen sind anläßlich des Geburtstages Sr. Majestät des Königs führenden Personen der Mittelstands- Bewegung verliehen worden. Das Ritterkreuz 1. Klasse des Albrechtsordens erhielt Herr Stadt verordneter Adolf Böhme in Leipzig, das Ritter kreuz 2. Klasse erhielten die Herren Schuhmacher meister Richard Graser in Plauen i.V., Bäcker meister und Vorsitzender des Bäckerverbandes „Saxonia" Ed. Biener in Dresden und der General - Sekretär der Mittelstandsvereinigung Ludwig Fahrenbach in Leipzig. Bereits im vorigen Jahre wurden eine Anzahl von Personen, die sich um die Hebung des gewerblichen Mittel standes verdient gemacht haben, ausgezeichnet. Es erhielten damals das Ritterkreuz 1. Klasse des Albrechtsordens der zweite Vorsitzende der Mittel stands-Bereinigung, Herr Buchbinderobermeister Nnrasch in Dresden und Herr Stadtverordneter und Buchdruckereibesitzer Julius Mäser in Leipzig, während Herr Bäckerobermeister Louis Simon in Leipzig das Ritterkreuz 2. Klasse er hielt. Diese allerhöchsten Auszeichnungen lassen er- kennen, daß die auf Verbesserung der wirtschaft lichen Lage des Mittelstandes gerichteten Be strebungen immer mehr an Ansehen gewinnen. — Guadeuakt. Der König hat aus An laß seines Geburtstages 31 Strafgefangenen aus Gnaden die Freiheit geschenkt. — Schonet die Fluren! Die Natur prangt jetzt im Festgewand. Die Wipfel in den Wäldern, Hainen und Gehegen haben ihr schönes frisches Laub er halten. In den Fluren keimt und sprießt es; allerlei bunte Blumen bieten eine prachtvolle Ab wechslung. Diele Menschen begnügen sich leider nicht damit, ihr Auge an dem herrlichen Anblick zu ergötzen. Mutwillige Hände reißen Zweige und Blüten ab, um sie kurze Zeit darauf wieder forb- zuwerfen. Ackergrundstücke werden ungeachtet ver Saat betreten, Getreide wird durch Gänge und Tummelplätze dabei in den Schmutz getreten und vernichtet, um vielleicht nur ein einsam blühendes Feldblümchen zu pflücken. Leider wird nicht nur von Kindern, sondern auch von Erwach senen solch verwerfliches Treiben ausgefllhrt, wo vor nicht ernstlich genug gewarnt werden kann; darum schonet die Fluren! — Der Goldregen blüht! Die langen, gold gelben Blütentrauben schaukeln im milden Maien winde; aus dem grünen Laube grüßen sie den wonnigen Mai. Gar mancher pflückt die Blüten zum Strauße und weiß nicht, daß er mit ihnen ein scharfes Gift seinem Heim zuträgt. Die Blüten enthalten das Cytifin, ein Gift, das auf bas Herz wirkt. — Die Witterung im Juni läßt sich, wenn man dem mit Recht etwas aus der Mode ge kommenen 100jährigen Kalender Glauben schenken will, in den ersten fünf Tagen kühl und regnerisch an, dann soll es drei Tage warm bleiben, hierauf aber bis zum 21. veränderlich werden. Vom 21. bis 25. steht Regen und alsdann wechselnde Witte rung in Aussicht. Bruno Bürgel, der in die Fußstapfen Falbs zetteten ist, prognostiziert für die erste Hälfte des Juni im großen Ganzen kühles und regnerisches Wetter, erst der zweite Teil des Monats dürfte bei steigender Temperatur sonniges, klares Wetter bringen, das jedoch in den letzten drei Tagen veränderlich und regnerisch wirb. Am 4. Juni haben wir es nach Ansicht des genannten Meteorologen mit einem kritischen Termin von untergeordneter Bedeutung, am 18. mit einem solchen von mittlerer Stärke zu tun. — Ueber die Trockenheit und den schlimme« Stand der Saaten schreibt ein Landwirt aus der Oschatzer Gegend: „Wir haben seit einem vol len Monat eine regenlose Zeit, begleitet, anfangs von Kälte und Morgenwinden. Bei der mangeln den Winterfeuchtigkeit kann die Fortdauer dieses Wetters den jung eingebrachten und auch den Wintersaaten höchst gefährlich werden. Bald ein tretender Niederschlag könnte die Sommersaat noch retten, die Winterung würde aber Wohl trotzdem dünn bleiben. Auch der Klee geht im Wachstum nicht vorwärts. Das Grünfutter wird gerade jetzt von mancher Wirtschaft um so sehnlicher erwartet, als doch das Winterfutter im Herbst durch vorzeitige Fröste vernichtet oder doch reduziert wurde. Auch bessere Böden und nicht nur der Sand leiden an der jetzigen Dürre. Die ohnehin schon schlechten Rinderpreise der letzten Monate werden bei anhaltender Trockenheit noch schlechter werden. Schlimm war die Dürre im Herbst — große Grundnässe hat uns der Winter