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IMS Sonnabend, 1. Mai Nummer der ZrittmgSprriSliste 6587. Der Gerichtsvollzieher des Körrigl. Amtsgerichts In dem neuen Stadium der Bestrebungen nach Erreichung einer brauchbaren Finanzreform liegt also unter Umständen die Ursache einer großen politischen Krisis für das Deutsche Reich. Auch wird behauptet, daß die Freikonservativen noch gar keine bindende Zusage im Bezug auf die An nahme der Wertzuwachssteuer abgegeben hätten, und daß sie noch bedingungsweise an der Erb schaftssteuer festhalten würden. Danach wäre ja die neue Mehrheit des Reichstages für die Reichs finanzreform noch gar nicht recht gebildet, und man sieht nur wieder einmal, wie die Berge krei sen, inan muß aber noch abwarten, was aus die ser neuen Bewegung eigentlich noch herauskom men wird. Oesterreich-Ungarn. Die vom ungarischen Ministerium Weckerle wegen des zwischen Oesterreich und Ungarn in Sachen der geforderten selbständigen ungarischen Notenbank entstandenen Konflikte eingereichte Demission ist vom Kaiser Franz Josef angenom men worden. Ministerpräsident Ur. v. Weckerle übergab in einer am Dienstag stattgefundenen Audienz in der Wiener Hofburg dem Monarchen persönlich das Demissionsgesuch des Kabinetts. Auf Wunsch des Kaisers wird die Weckeriesche Re- gierung die Geschäfte bis zur Bildung des neuen Kabinetts fortführen, doch hat der Kaiser noch keinen Auftrag zur Neubildung des ungarischen Ministeriums erteilt. Viel bemerkt wurde es, daß Ministerpräsident Weckerle sich nach dieser Audienz beim Kaiser Franz Josef infolge einer Einladung zum Thronfolger Erzherzog Franz Ferdinand begab und mit ihm eine dreistündige Unterredung hatte. Amtsblatt der Kgl. Amtsharrptmannschast, der Kgl. Schulinspettion und des Kgl. Hauptzollamtes zu Bautzen, sowie des Kgl. Amtsgerichts und des Stadtrates zu Bischofswerda. Mission angenommen. Hierauf beriet de. Reichs tag noch di? Vorlage, betr. das Verbot der zoll widrigen Verwendung von Gerste, in erster Le sung, und verwies sie nach nicht sonderlich be langreicher Debatte an eine besondere Kommis sion. Am Donnerstag verhandelte das Haus über die sozialdemokratische Interpellation wegen der Wohlfahrtseinrichtungen der Unternehmer. Die Budgetkommission des Reichstages setzte am Mittwoch die Beratung der Beamtenbesol- dungsvorlagen fort. Das preußische Abgeordnetenhaus wird äugen- blicklich durch die Spezialberatung des Kultus- etats in Anspruch genommen; auch am Mittwoch und Donnerstag debattierte das Haus noch hier über. Das Herrenhaus erledigte am Mittwoch mehrere kleine Vorlagen und genehmigte weiter nach langer Debatte 8 1 der Vorlage in der Kom missionsfassung. Aus Kamerun wird amtlich gemeldet: Ein heftiges Erdbeben, das seit Montag abend anhält, hat das Gouvernement gezwungen, Buea zu raumen und seinen Sitz vorläufig nach Duala zu verlegen. Der stellvertretende Gouverneur befin det sich zurzeit in Dschang. Die Bewachung Bueas hat eine Abteilung der in Seppo statio nierten Kompagnie unter Hauptmann Freiherrn v. Stein übernommen. — Der Gouvernemenls- sitz Buea liegt bekanntlich in 1000 Meter Höhe am Abhang des großen Kamerunberges, denen Krater noch zu Anfang des vorigen Jahrhunderts in Tätigkeit war. Auch vor einigen Jahren waren in Buea zeitweise Erdbeben zu verspüren. Freitag, de« 7. Mai 1900, nachmittags 2 Uhr, sollen in Bischofswerda folgende Gegenstände, als: 1 Fatz Wein, 1 Schreib- sekretär, 1 Kleiderschrarrk, 1 Musikautomat, 4 Sprechapparate, 1 Spieldose, 1 Nolle Packpapier, 33 Fl. verschieß Tinte, 20 Mundharmonikas, 3« versch. Wandsprüche, 2« versch. Brieskassette«, 33 Kontobücher, IS versch. Federkästchen, 136 versch. Schreibhefte «. Diariums, 50« Ansichtspostkarte«, «4 Hefte Siech««ngssormulare, 1 Brieswaage, versch. Lineale, Lampenschirme, Schiefertafel«, Schwämme, Bleistifte, Feuerzeuge, Fenstervorsetzer, »ilderrahmen «. v. a. m. gegen Barzahlung versteigert werden. Sammelort: König!. Amtsgericht. Bischofswerda, am 30. April 1909 Fernsprechsteve Nr. SS. Bestellungen werden bei allen Bostanstallen de- deutschen Reiche«, für Bischofswerda und Umgegend bei unseren Zeitungsboten, sowie in der Geschäftsstelle diese» Blatte« angenommen. Schluß der Geschäftsstelle Abend« S Uhr. Dreinndsechzigster Jahrgang. Die Frage der Reichsfinanzreform in ihrem neuen Stadium. Anstelle der Erbschaftssteuer, für welche sich wegen der Opposition der Konservativen noch im mer keine Mehrheit im Reichstage trotz aller Be mühungen der Freunde dieser Steuer gefunden hat, bietet jetzt eine Reichstagsmehrheit, die aus Konservativen und der Zentrumspartei besteht, der Regierung die Wertzuwachssteuer auf Grund stücke und Dividendenpapiere als ein Rettungs- mittel für die Finanzreform an. Aber die Ver treter der Regierungen haben sich gegen diese Wertzuwachssteuer erklärt, weil sie wirtschaftliche große Bedenken erweckt und auch schon von vielen Gemeinden eingeführt ist, auch nimmt man an, daß die Wertzuwachssteuer nicht den hohen Ertrag liefern würde, den man zur Finanzreform doch unbedingt braucht. Nun kommt aber dazu, daß die Wertzuwachssteuer, weil sie doch in der Haupt sache die reichen Leute treffen würde, viel Sym pathien im deutschen Volke gefunden hat, und da raus ergibt sich doch nun für die Finanzreform schließlich eine ganz neue Lage. Vor allen Dingen müßte in diesem neuen Stadium scharf und genau untersucht werden, was aus der geplanten Wert zuwachssteuer an finanziellen Erträgen ungefähr herauszuholen ist. Dies läßt sich nicht so ohne weiteres feststellen und mit Ablehnungen klar machen, denn solch ein neues Steuerprojekt muß ganz gründlich statistisch untersucht werden,, und erst dann kann man sich ein genaues Urteil da- rüber bilden. Für den Verkauf von Wertpapieren wird ja allerdings die Wertzuwachssteuer von den Vertretern der Banken für undurchführbar er klärt, aber im Volke selbst wird man nicht ein sehen, weshalb Wertpapiere, deren Kurs bedeu tend gestiegen ist, nicht einer besonderen Steuer unterworfen werden sollen. Es kann auch gar nicht bestritten werden, daß die Wertzuwachssteuer zu der Tendenz gehört, einen großen Teil der neueinzuführenden Steuern von den besitzenden Klassen zu erheben und nicht alles auf den Kon sum zu legen. Merkwürdigerweise wird bei die ser neuen Steuerfrage auch schon wieder von einer Auflösung des Blockes gesprochen, obwohl diese Steuerfrage an sich doch gar nicht dazu ge eignet sein kann, zu einem politischen Steine des Anstoßes für die Liberalen im Block zu werden. Die neue Steuer hat gar keine die liberalen Prin zipien bedrohende Tendenz, die Wertzuwachssteuer muß vielmehr auf ihren finanziellen Wert und ihre technische Durchführbarkeit geprüft werden, und allein das sachliche Ergebnis dieser Prüfung kann entscheidend dafür sein, ob diese Steuer einen Teil der Finanzreform bilden kann oder nicht. Eine andere Frage ist es allerdings, wie sich der Reichskanzler zu der neuen Lage stellt, die ihm die Einführung der Erbschaftssteuer für das Reich erschwert oder gar unmöglich macht und feine Politik nicht mehr auf den Block zu stützen gestattet, sondern eine Reichstagsmehr heit bereitet, die'der Reichskanzler früher als nicht für die Regierung annehmbar bezeichnet hat. Holland. Tas schon seit Wochen erwartete freudige Fa milienereignis im niederländischen Königshause dürfte inzwischen endlich eingetreten sein. Nach einer Meldung ans Amsterdam stellten sich bei der Königin Wilhelmina am vormittag des 28. April die ersten Wehen ein; wie Professor vr. Kouwer erklärte, stünde nach menschlichem Er messen ein glücklicher Verlauf der Entbindung zu erwarten. Erscheint jeden Werktag abend» für dm folgenden Lag und «Mt einschließlich der Mittwoch« und Sonnabend» erschet» «adm.Belletristische» Beilage" bet Abholung viertel jährlich 1 uss 50 bet Zustellung in» Hau« I 70 hei allen Poftanstaltrn 1 50 exklusive Bestrllgeld. .Einzelne Nummern kosten 16 Inserate, welche in diesem Blatte die weiteste Verbreitung finden, werdm bi« vorm. 10 Uhr angenommen, größere und komplizierte Anzeigen tag« vorher, und kostet dir viergespaltene Korpuszeile 12 die Reklamezeile 30 Geringster Jnseratenbetrag 40 «l. Für Rückerstattung eingesandter Manuskripte usw. keine Gewähr. Deutsches Reich. Ju Schloß Glücksburg saud am Mittwoch die Vermählung des Prinzen Harald von Dänemark mit der Prinzessin Helena von Schleswig-Hol stein im Beisein einer Anzahl fürstlicher Hoch zeitsgäste statt. Die Frage der Reichsfinanzreform will noch immer keine günstigere Wendung nehmen, eher gestalten sich die Aussichten der Reform noch miß licher. Der konservative Antrag auf Einführung einer Rcichswertzuwachssteuer als Ersatz für die von den Konservativen bekämpfte Erbanfall- und Nachlaßsteuer ist vom Reichsschatzsekretär Sydow als für die verbündeten Regierungen unannehm bar bezeichnet worden; auch der bayerische Finanzminister v. Pfaff sprach sich im Steuer ausschuß der bayerischen Abgeordnetenkammer mit aller Entschiedenheit gegen das Projekt einer Reichswertzuwachssteuer aus. Die Konservativen scheinen jedoch entschlossen zu sein, an diesem ihreir Steuervorschlag festzuhalten, für welchen auch die Reichspartei und das Zentrum eintreten. Es droht also zwischen den Verbündeten Regierungen einerseits, den Konservativen und den auf ihrer Seite stehenden Parteien andererseits ein ernst licher Konflikt wegen der Reichswertzuwachs steuer auszubrechen; bereits sind Gerüchte über eine mögliche Reichstagsauflösung aufgetaucht. Zunächst ist aber eine Entscheidung in der Finanz kommission des Reichstages betreffs des konser- vativen Antrags auf Einführung einer Reichs wertzuwachssteuer abzuwarten; am Donnerstag trat die Kommission, die Weiterberatung der Branntweinsteuer unterbrechend, in die Erörte rung des konservativen Antrags ein. Der Reichstag beriet am Mittwoch den Ge setzentwurf, welcher sich auf die Sicherung der Forderungen der Bauhandwerker bezieht. Die Regierungsvorlage hat in der Kommission zahl reiche Abänderungen und Verbesserungen ersah rcn, denen auch in der sich zunächst entwickelnden allgemeinen Debatte von mehreren Seiten An- erkennung gespendet wurde. In der Spezialdis kussion wurden dann die drei Abschnitte des Ent wurfes — allgemeine Vorsichtsmaßregeln, dring liche Sicherung der Bauforderungen, Baugläu biger - fast debattelos in der Fassung der Kom-