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ISVS. 4 s«m LS. ^PK» IVOS, nerchmittags 3 Uhr, soll der erste öffentliche Impftermin für den hiesigen Stadtbezirk in der Turnhalle — Bautznerstraße — abgehalten werden. Bischofswerda, am 27. April 1909. Der Ttttbtrat. Der Unterricht in der allgemeinen Fortbildungsschule findet künftig Donner-tag- «achm. 5—8 Uhr im neuen Schulgebäude Nr. 3, e und 10 statt. P. Jochen, Direktor. Die sächsischen Landwirte und die Erbanfallsteuer. (Aus der „Leipziger Zeitung".) Ter Gedanke auf Einführung einer Erbanfall steuer, wie er jetzt überall im Reiche zur öffent lichen Diskussion steht, wird noch immer lebhaft vom Lunde der Landwirte bekämpft. Unermüd lich werden von dieser Seite immer von neuem die Einwendungen erhoben, die von Anfang an gegen die Heranziehung der Kinder und Ehegat ten zur Erbschaftssteuer geltend gemacht worden sind, obwohl sich in der Öffentlichkeit von Tag zu Tag mehr die Erkenntnis Bahn gebrochen hat, -aß diese Gegengründe einer ernsthaften Prü- fung nicht standhatten. Der Bund der Landwirte hat neuerdings wie der eine schriftliche Kundgebung von Reichstags wählern in die Wege geleitet, in der gesagt wird: „Die Unterzeichneten erklären sich nach wie vor als Gegner der Nachlaßsteuer und auch jeder Aus dehnung der Erbanfallsteuer auf Kinder und Ehe gatten. veil dieselbe an und für sich gegen den Familiensinn verstößt und die Gefahr einer weiteren Erhöhung der Sätze sehr groß ist. Sie sind überzeugt, daß sich die Reichsfinanz reform auch ohne Besteuerung des Erbes der Ehe gatten und Kinder befriedigend durchführen läßt, wenn die Vertreter der rechtsstehenden Parteien festzustehen wissen. Sie können zu solchen Män nern nur Vertrauen haben, welche in dieser Frage der alles Maß übersteigenden Agita tion der Feinde der Landwirtschaft und der Familie standhalten, und bitten ibren Herrn Reichstagsabgeordneten, jede Art von Nachlaßsteuer und die Ausdehnung der Erban fallsteuer auf Kinder und Ehegatten entschieden abzulehnen." In den Versammlungen und in der Presse des Bundes der Landwirte hört man außerdem immer wieder die Mahnung, nur ja dem Drucke nicht zu weichen und an der ursprünglichen Anschauung festzuhalten, da man sonst Gefahr laufe, sich lächer lich zu machen und in Zukunft nicht mehr ernst acnammen zu werden. Wir möchten dieses Vorgehen bedauern und zwar, wie wir glauben, im Interesse des Bundes der Landwirte in Sachsen selbst; wir befürchten, daß cs die Sympathien für den Bund auch in sol chen Kreisen beeinträchtigen kann, die ihm bisher sehr freundlich gegenüberstanden und ihn als einen kraftvollen nationalen Faktor im öffent lichen Leben Sachsens begrüßten. Gewiß steht cs dem Bunde frei, seinen ablehnenden Standpunkt gegenüber der von der konservativen Partei Sach sens zi gestandenen Erbanfallsteuer auf Kinder und kinderlose Ehegatten zu wahren; allein die Form, 'i der die abweichende Meinung zur Gel tung koi mit, und die Uebertreibung, die dabei mit unterlä 't, nötigen zu einer Entgegnung. Es wird i weiten Kreisen keine Billigung finden, wenn d r Bundesleitung jetzt den nationalen säch- fischen ' teichstagsabgeordneten, die bekanntlich in dieser , rase sämtlich einen von der Bundes ¬ leitung abweichenden Standpunkt einnehmen, ein- fach ein Mißtrauensvotum für den Fall erteilen lassen will, daß diese Abgeordneten pflichtge mäß der Stimme ihres Gewissens folgen. Dieses Verfahren ist umsoweniger verständlich, als bekanntlich hervorragende Führer der sächsischen Landwirtschaft, die zugleich Mit glieder des Bundes. der Landwirte sind, den Standpunkt der sächsischen nationalen Abgeord- netcn teilen. Wenn darauf hingewiesen worden ist, daß ein Nachgeben des Bundes ihn jetzt lächerlich machen und daß niemand mehr in Zukunft mit ihm ernst haft rechnen werde, so kann diese Behauptung ge wiß nicht als zutreffend anerkannt werden. Wel che Partei hätte nicht schon in wesentlichen Din gen ihre Anschauungen modifiziert oder unter dem Drucke harter Notwendigkeiten das Opfer ihrer Ueberzeugung gebracht. In der heutigen ernsten, für die gedeihliche Fortentwicklung des Deutschen Reichs cntscheidungsvollen Stunde kann kein Vaterlandsfreund mehr fragen, ob gehässige und unverständige Gegner ihm oder seiner Orga nisation vielleicht später den Vorwurf der In konsequenz oder der mangelnden Ueberzeugungs- treue machen oder richtiger zu machen versuchen könnten. Jetzt heißt es nur noch, den Mut zu besitzen, das Vaterland unter allen Umständen über die Partei zu stellen und seine persönlichen Wünsche dem Wohle des Ganzen unterzuordnen. Die Erbanfallsteuer auf Kinder und Ehegatten würde, wenn sie jetzt nicht beschlossen würde, von einem späteren Reichstag unter allen Umständen beschlossen werden; nur besteht die dringende Ge fahr, daß sie dann nicht mit denjenigen Mil derungen eingeführt werden wird, welche jetzt für die deutsche Landwirtschaft zu erlangen sind. Vom jetzigen Reichstag kann man sagen, daß er landwirtschaftsfreundlicher ist, als irgendein früherer war, und als annehmbar ein späterer sein wird. Jetzt werden sich Garantien schaffen lassen, daß die Steuer später nicht beliebig erhöht wer den kann, Bürgschaften, die von einem späteren Reichstag bei der künftigen politischen Konstel lation kaum zu erreichen sein werden. Es ist ein Gebot weitschauender staatserhalten, der Politik, dem Ausbau der bereits bestehen den Erbschaftssteuer sich nicht mehr zu wider setzen. Kommt eine Erbanfallsteuer zustande und setzt man bei ihr einen Erbteil von 10000 als Mindestgrenze, so werden wenigstens 94 Proz. (!) der sächsischen Landwirte von der Steuer über haupt nicht betroffen. Nehmen wir fol gendes Beispiel: Ein Baucrgut ist 60 000 wert und mit 30 000 Hypotheken belastet, der steuer pflichtige Wert der Erbschaft beträgt also 30 000 Mark; hinterläßt nun der Erblasser eine Witwe und 3 Kinder (3 Kinder kann man Wohl als den Durchschnitt rechnen), so ist überhaupt keiner lei Erbschaftssteuer zu zahlen. Legen wir wei ter ein Gut von 70000 <-<( Wert der Berechnung zugrunde, das mit 35000 Hypotheken belastet ist, so würde gleichfalls weder die Witwe noch eines der Kinder einen Pfennig Erbschaftssteuer zu bezahlen habe». Vollständige Steuerfreiheit würde auch eintreten, wenn ein Gut im Werte von 100 000 mit 50 000 Hypotheken belastet wäre, und sich in den Nachlaß die Witwe und 4 Kinder zu teilen hätten. Denn solchenfalls würde die Witwe 12 500 erben, aber steuerfrei bleiben, weil sie eben Kinder hat, während jedes der 4 Kinder noch nicht 10000-erbt. In der Regel liegt jedoch die Sache so, daß ein Gut noch über die Hälfte hinaus mit Hypotheken belastet ist. Diese Beispiele zeigen, in wie wenigen Fällen die sächsischen Landwirte durch die vom konser vativen Landesverein vorgeschlagene Erbanfall steuer betroffen werden würden. Etwaigen Un gleichheiten unter Geschwistern, die hinsichtlich der Erbanfallsteuer eHstehen könnten, kann der Erb lasser selbst dadurch begegnen, daß er in seinem Testament das sonst um einen übrigens nur sehr geringen Betrag benachteiligte Kind entsprechend besserstellt. Auch könnte im Gesetz manchem der jetzt behaupteten vielleicht möglichen Unbilligkei ten vorgebcugt werden. Dabei erscheint es um so dringlicher, sich mit der Erbanfallsteuer auszusöhnen, als auch dann, wenn sie vom Reichstage angenommen werden würde, noch eine Reihe von Ersatzsteuern für vom Bundesrate vorgeschlagene, aber abgelehnte in direkte Abgaben bewilligt werden müssen. Von einer Besitzwechselabgabe würde auch der wenig bemittelte, wenn man will, der ärmste Landwirt betroffen. Eine Wertzuwachssteuer wird sich nur für den Grundbesitz durchführen lassen, weil es bei den Mobi lien technisch recht schwer fällt, festzustellen, in wessen Hand der Wertzuwachs bei einem bestimmten be weglichen Gegenstand, so bei einem Wertpapier, eingetretcn ist. Es ist nicht ohne weiteres er klärlich, wie eine Organisation, welche dem Ge deihen der Landwirtschaft in besonderem Maße ihre Kräfte widmet, eine Belastung einzuführen empfiehlt, dienurdenGrundbcsiytrifft, und das mobile Kapital frei läßt. Die vorher erwähnten Bedenken sprechen auch gegen die Dividendensteuer, und wir weisen da- rauf hin, daß die konservative „Krcuzzeitung" in mehreren Artikeln die Dividendensteuer scharf be- kämpft und schlagend nachgewiesen hat, daß sich die Tividcndcnstcuer nur im Rahmen einer allgemei nen Zinsen- und Emkommenstew'r durchführen läßt, also einer Steuer, die einen Eingriff in die Finanzhoheit nnd Selbständigkeit der Einzel staaten bedeuten würde. Ohne Widerspruch zu finden, hat die „Kreuzzeitung" erklärt, daß die konservative Fraktion des Reichstags aus diesen Gründen für eine Reichsdividendensteuer nie zu haben sein werde. Inseraten-, Elektrizitäts-, Gassteuer, die Besteuerung der alkoholfreien Ge tränke sind von den vcrbiindcten Regierungen be reits neben der Erbschaftssteuer in Rechnung ge stellt. Wenn man nun sagt, eine Erbanfallsteuer be einträchtige den Sparsinn oder den Familiensinn, so ist einzuhalten: es wäre wirklich nm den Ch<- Kerirsprechftrtle Nr. S2. Bestellungen werden bei allen Postanstaben de» deutschen Reiche», für Bischofswerda und Umgegend bei unseren Zeitungsboten, sowie in der Beschästsstelle diese» Blatte angenommen. Schluß der Geschäftsstelle Abend» 8 Uhr. Lreümdsechrigfter I«hrg<mg. Tageblatt für Bischofswerda, Stolpen und Umgegend Amtsblatt der Kgl. Amtshauptmannschaft, der Kgl. Schulinspektion und des Kgl. Hauptzollamtes zu Bautzen, sowie des Kgl. Amtsgerichts und des Stadtrates zu Bischofswerda. Erscheint jeden Werktag abend» für den folgenden Lag und pget einschließlich der Mittwoch» und Sonnabends ersehet» «aden,Belletristischen Beilage" bei Abholung vierteb- jllhrltch 1 S0 bet Zustellung in» Hau» 1 uk 70 allen Postanstalten 1 50 exklusive Bestellgeld. Einzelne Nummern kosten 10 Nummer der Zeitung-Preisliste 6587. 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