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Sonnabend, den 18. November 1905: Zweite Kammermusik im kleinen Saale des Gewandhauses. Mitwirkende: die Herren TiUmaqueLambrino, Konzertmeister Wollgandt, Konzertmeister Hamann, Herrmann, Professor Klengel, Wolschke, Heyneck, Rudolph und Freitag. Programm: Streichquartett (Adur, Op. 18 Nr. 5) von Beethoven, Klavierquartett (Esdur, Op. 87) von Dvorak, Oktett (Fdur, Op. 166) von Schubert. Extra-Kammermusik. Montag, den 4. Dez. wird im kleinen Saale des Gewandhauses eine Extra-Kammer musikaufführung besonderer Art zu hören sein. Die im Jahre 1901 in Paris gegründete Sociltl de Concerts des Instruments anciens wird zum ersten Male in Leipzig auftreten. Die Pariser Gesellschaft, deren Präsident der Komponist Saint-Saens ist, und die fast alle Großstädte Europas besucht und allüberall, so namentlich gelegentlich des Ende Mai d. J. in Bonn vom Verein »Beethovenhaus« veranstalteten VII. Kammermusikfestes mit großem Erfolg konzertiert hat, hat es sich zur Aufgabe gestellt, die so gut wie verschollenen Kompositionen von meist französischen und italienischen Komponisten des 17. und 18. Jahrhunderts zu neuem Leben zu erwecken. Komponisten, wie Mouret, Monteclair, Destouches, Couperin, wie Borghi, Bruni, Ariosti, Dragonetti, Sacchini, außer anderen bekannteren Namen, feiern da ihre Wiederauferstehung. Was aber den musikalischen Darbietungen der Gesellschaft ein erhöhtes Interesse und einen besonderen Reiz verleiht, ist das historische Gewand, in das jene gekleidet werden: Unsere französischen Künstler: Frau H. Casadesus-Dellerba, Fräulein Marguerite Delcourt, die Herren Henri Casadesus, Marcel Casadesus und Edouard Nanny, führen nämlich historisch getreu die Kompositionen mit denjenigen Instrumenten auf, für die diese geschrieben wurden, so daß wir diese Werke der älteren Musikliteratur in der ur sprünglichen Klangfarbe zu hören bekommen. Diese Instrumente, die außer dem Kontrabaß heute nicht mehr benutzt werden, sind folgende: 1. Das »Quinton« — eine mit 5 Saiten — daher der Name — bezogene Viola. Die Violen sind eine ältere Art von Streichinstrumenten, die sich im Laufe der Zeit zu unseren Violinen ausgebildet haben. 2. Die »Viole d’amour«, so genannt wegen des eigentümlich zarten, süßen Tones, hat teils Darm- teils Stahlsaiten. Letztere werden aber nicht mitgespielt, sondern klingen mit, sobald jene gespielt werden. 3. Die »Viole de Gambe«, ebenfalls, wie die vorher genannte, mit 6—7 Saiten bezogen, kommt dem heutigen Violoncello am nächsten. 4. Der «Contrebasse« — mit nur 3 Saiten. 5. Das »Clavecin«. Das Instrument, dessen sich unsere Künstler bedienen, ist von der Firma Pleyel in Paris genau den Instrumenten aus jener Zeit nachgebildet, als das Spiel auf dem Clavecin (einem Tasteninstrument) die größte Verbreitung gefunden hatte. Der Ton des Clavecin, sicherlich des seltsamsten aller dieser älteren Instrumente, ist spitz und dünn. Die vier genannten Streichinstrumente unter Begleitung des Clavecin entsprechen dem Violen-Streichquartett des 17. und 18. Jahrhunderts. Der Preis der Eintrittskarten, einschließlich des Garderobegeldes, beträgt a) 4 M. für einen Platz im Saale und auf der ersten Reihe der Gallerielogen, b) 3 M. für einen Platz auf den hinteren Reihen der Gallerielogen. Den geehrten Kammermusik-Abonnenten werden ihre Plätze bis Mittwoch, den 29. November abends 6 Uhr vorbehalten. Der Verkauf der Eintrittskarten beginnt Donnerstag, den 30. November. Die Gewandhaus-Konzertdirektion. Druck von Breitkopf & Härtel in Leipzig.