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Mittwoch, 4. November. 1S08. tzkschtktt jrdmSrrVa- abend« für den folgenden Lag und kostet einschließlich der Mittwoch» und Sonnabend» rrschei» «ndm-Bellriripifche» «eilage" bei Mholnng viertel. Btzettch 1 dv «r, det Zustellung in» Hau» 1 70 «1, b«all« Postanpalteu I^F 50 eftlufive Bestellgeld. Einzelne Nummern kosten 10 Nuuunrr der Zettung«pret»liste 6587. AerssprechH^L« Str. SS. Bestellungen «erden bet allen Postanstaltrn de» deutschen «eiche«, für Bischof«wrrda und Umgegend bet unseren Zeitu»g»botm, sowie in der Beschüft«stelle diese» Blatte» angenommen. Schluß der Eeschüst«sttlle Abend» 8 Uhr. Drettrrr-sechzigster Iahrga«g. Per sWsche Frzähler, Tageblatt für Bischofswerda, Stolpen und Umgegend Amtsblatt der Kgl. AmtShauptmannschaft, der Kgl. Schulinspektton und des Kgl. Hauptzollamtes zu Barche«, sowie des Kgl. Amtsgerichts und des Stadtrates zu Bischofswerda. 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Da die Einführung einer Reichseinkommen steuer, ferner einer Reichsvermögenssteuer und auch eines Tabakmonopols zur Reform der Reichs finanzen auf sehr schwere Bedenken in fast allen Parteien flöht und auch gegen die Erhöhung und Veredelung der Matrikularbeiträge der Bundes staaten in die Reichskasse viele Gründe geltend ge macht werden,, so verdient es allgemeine Beach tung, was der angesehene Nationalökonom Pro fessor Köppe über die Einführung und Auffin dung neuer Steuern vom wirtschaftlichen Stand punkte auS sagt. In der Frage der indirekten Reichssteuern lehnt Köppe daS sogenannte Genuß prinzip ab, nach welchem die Steuerleistung mit dem von der steuerlichen Gewalt dafür gewährten Vorteil oder Genuh motiviert wird und daher mit diesem in entsprechendem Verhältnisse stehen muh. „Die Allgemeinheit der Besteuerung gehört zu den Grundsätzen der Gerechtigkeit, deren vor nehmster und wichtigster vielmehr die Besteuerung Nach der Leistungsfähigkeit ist, die auch als Opfertheorie bezeichnet wird, da das in der Steuer gebrachte Opfer für jeden nach seinen speziellen Verhältnissen gleich groß sein soll. Dieser Grund satz enthält den innersten Kern der vollkommen gedachten Besteuerung, während die Tenuhtheorie praktische Wirkung nur noch in gewissen beson deren Verhältnissen, wie namentlich denen der Kommunalverbände besitzt." Der Verfasser tritt für die Vermehrung bez. für den Ausbau det in direkten Steuern ein, besonders lebhaft für die Erhöhung der Steuer auf Tabak, als da» entbehr- lichste von allen Genuhmitteln, fordert aber Kom pensationen nach doppelter Richtung. Einmal soll der Besitz nach seiner Leistungsfähigkeit be sonders herangezogen werden, zum anderen sollen die Verbrauchssteuern selber entsprechend den modernett Theorien sozial-politisch auSgestaltet werden, indem vor allem auch der Wert des Steuerobjektes al» Maßstab zugrunde gelegt wird. Als ausgleichende Besitzsteuer zieht Köppe die Er- ' Weiterung der Erbschaftssteuer und eine Reform -es JntestaterbrechtS in Betracht. Auch macht Professor Köppe auf weitere noch nicht angerührte Ol .'llen zur Deckung deS Reichsbedarfes aufmerk sam, auf Inseraten- und Reklamesteuer, auf die Besteuerung des unverdienten Wertzuwachses, die ergiebig genug sei, um auch -em Reiche einen An- teil zu schaffen. Wenn er auch in diesem Zusam. mcnhange nochmals die Wichtigkeit -er Schaffung eines wirklich beweglichen Faktors auf der Ein nahmeseite betont und zu diesem Zwecke die Ein führung von Reichsmonopolen besonders, emp fiehlt, so kann hier die erste Forderung unter Rück weis auf schon Gesagtes als eine bei periodischer Festsetzung des Höchstbetrages der Matrikular- beiträge keineswegs dringliche beiseite bleiben. Zum anderen Punkte meint er, dah die ganze Entwickelung unserer Volkswirtschaft immer mehr auf Wege übergehe, die einer Befreundung mit dem Prinzip der Reichsmonopole günstig sei. Bei weiterem Anziehen einerseits der Reichssteuer schraube, andererseits der Reichsmonopolschraube könne man in der Wandlung der Ansichten über die Zweckmäßigkeit eigener Reichsbetriebe noch weit größere Wunder erleben als mit dem Um schwung der Meinung über das SpirituSmono- pol. Der Gedanke an Reichsmonopole mag nicht ohne weiteres von der Hand zu weisen sein, doch sind Reichsmonopole mit der Aufnahme größerer Anleihen verknüpft, und da eine -er Hauptauf gaben der bevorstehenden Reichsfinanzreform gegen das Schuldenwesen gerichtet ist, da mit der Einnahmevermehrung die Abkehr von der An leihewirtschaft unbedingt zu verbinden ist, so wird man den Gedanken an Reichsmonopole auf spä- tere Gelegenheiten verschieben müssen. Deutsches Reich. Die sensationelle Angelegenheit der Veröffent lichungen im Londoner „Daily Telegraph" über die vielerörterten Aeußerungen des Kaisers hat eine neue Sensation gezeitigt, das Rücktrittsge such des Reichskanzlers Fürsten Bülow. Eine hochamtliche Erklärung in der „Nordd. Allg. Ztg." verbreitet sich über die Veröffentlichungen im „Daily Telegraph" und bringt schließlich die überraschende Mitteilung, daß der Reichskanzler dem Kaiser sein Entlassungsgesuch unterbreitet habe, welches aber nicht angenommen worden sei. Aus der Erklärung der „Norddeutschen" erfährt man, daß dem Kaiser von einem englischen Pri vatmann das Manuskript eines Artikels über eine Reihe von Gesprächen des Monarchen mit dem Ersuchen zugestellt worden war, das Manuskript veröffentlichen zu dürfen. Der Kaiser überwies das Manuskript dem Reichskanzler, von diesem ging es an das Auswärtige Amt zur Prüfung, und da an letzterer Stelle keine Bedenken er hoben wurden, erfolgte die Veröffentlichung. Aber es stellte sich heraus, wie der Erklärung der „Nordd. Allg. Ztg." weiter zu entnehmen ist, daß der Kanzler das Manuskript, das ihn in Nor derney erreichte, gar nicht gelesen, sondern einfach weitergegeben hatte. Erst durch die Veröffentlich ung im „Daily Telegraph" erhielt er Kenntnis von dem Inhalte des Manuskripts: offenbar ist dem Reichskanzler die gewaltige Ueberraschung, welche die Wiedergabe der Aeußerungen des Kaisers überall hervorrief, auf die Nerven ge fallen, und er beeilte sich nun, dem Kaiser seine Demission anzubieten. — Ob jedoch mit der Ab lehnung des Entlassungsgesuches des leitenden Staatsmannes -es Reiches diese so plötzlich einge tretene Kanzlerkrisis tatsächlich als bereits wieder erledigt zu betrachten ist, das möchte denn doch einigermaßen zu bezweifeln sein. Fürst Bülow erscheint durch sein seltsames, unerklärliches Ver halten in der Affäre bedenklich bloßgestellt; er fand es nicht für nötig, die Aufzeichnungen über die vom Kaiser geführten Gespräche einer selbst nur flüchtigen Durchsicht zu unterziehen, eine Tatsache, welche das Vertrauen weiter Kreise des deutschen Volkes zu dem ersten verantwortlichen Ratgeber der Krone aufs schwerste erschüttern muß. Im Reichstage wird der Kanzler jedenfalls Rede und Antwort stehen müssen. Allerdings ist auch das Auswärtige Amt mitschuldig. Das „B. T." bringt von gut unterrichteter Seite eine an schauliche Darstellung von der Wanderfahrt des wichtigen Manuskripts. Fürst Bülow übergab es dem deutschen Gesandten im Haag, v. Müller, der damals vertretungsweise den Dienst bei ihm hatte. Aber auch Herr v. Müller erachtete es selt samerweise für unnötig, das Dokument zu durch lesen, er sandte es vielmehr an das Auswärtige Amt weiter. Hier war Staatssekretär v. Schoen nicht anwesend, er weilte noch in Berchtesgaden, und das Manuskript geriet an einen Beamten, der es zwar durchlas, aber seinen Inhalt nicht weiter sensationell fand. Dann kam das Manuskript wieder an den Reichskanzler und letzterer sandte es mit einem Begleitschreiben, laut welchem die Veröffentlichung des Manuskripts keinem Be denken unterliege, an den Gesandten v. Jenisch zurück, welcher im Auftrage des Kaisers den Reichskanzler um die Prüfung des Manuskripts ersucht hatte. Angesichts dieses fast burlesken Ver- laufes der Sache muß man fordern, daß auch die Besetzung -es Auswärtigen Amtes einer Revision unterzogen werde, mit der vom Kanzler bei Ein reichung seines Entlassungsgesuches abgegebenen Erklärung, er decke mit seiner Verantwortung das Auswärtige Amt, ist's nicht getan. Wie nach München gemeldet wird, ist gegen den böhmischen Landtagsabgeordneten Vize bürgermeister vr. Alfred Bernardin wegen seiner Teilnahme an der Bismarck-Feier in der Regens burger Walhalla, wo er einen Kranz mit schwarz- rot-goldener Schleife niederlegte, das Disziplinär- verfahren auf Entfernung aus dem Rechtsanwalt- stände eingeleitet worden.