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hervorzuheben ist lediglich die Mitteilung des Deputationsvorsitzenden, des Abgeordneten Opitz, der Neunerausschuß habe fleißig gearbeitet, es stehe in der Frage der Wahlkreiseinteilung eine Verständigung zu erwarten. Oesterreich-Ungarn. Ein Lehrbeispiel zur Vertschechung Böhmens. In der rein deutschen Stadt Dobran bei Pilsen befindet sich die Irrenanstalt zur Aufnahme von Geisteskranken aus den deutschen Bezirken des Landes. Die Stadt ist also deutsch und die armen Kranken sind deutsch. Nichtsdestoweniger hat die Landesregierung an dieser Anstalt ausnahmslos nur tschechische Aerzte angestcllt. Ebenso sind von all den Pflegern der bemitleidenswerten Kranken nur drei der deutschen Sprache Halbwegs mächtig, die übrigen sind Stocktschechen, mit denen sich die deutschen Kranken überhaupt nicht verständigen können. Man vergegenwärtige sich solche skanda löse und von der Regierung nicht nur geduldete, sondern sogar begünstigte Zustände, um all den bitteren Groll zu verstehen, der sich in den deutsch böhmischen Herzen angehäuft hat und unsere Stammesbrüder zu energischster Selbsthilfe grei fen läßt. Der Ausschuß der österreichischen Delegation für auswärtige Angelegenheiten beendigte am Sonnabend die allgemeine Debatte über das Ex pose des Ministers von Aehrenthal und die poli tische Lage und genehmigte nach einem.Schluß worte des Referenten, Marquis Baoquem, den Vorschlag des Ministeriums deA Aeußeren in allen Punkten. Dies bedeutet in'Anbetracht der Umstände ein Vertrauensvotum für den Frei herrn v. Aehrenthal und seine Politik. In der Sonnabenddisküssion hatten der Pole v. Glom- binski und der Tscheche Kramarcz gegen die wei tere enge politische Verbindung Oesterreich-Un garns mit Deutschland gesprochen und dafür eine größere Annäherung Oesterreich-Ungarns an Frankreich und England gewünscht. Das Sensationsgerücht von der angeblichen Ermordung des österreichisch-ungarischen Ge sandten in Belgrad, Grafen Forgasch, hat sich nicht bestätigt. Es konnte schon deshalb nicht wahr sein, weil sich Graf Forgasch zurzeit auf seiner Achzeitsreise befindet. Warum der Gesandte Oesterreich-Ungarns in Belgrad in dieser kriti schen Zeit nicht auf seinem Posten weilt, das ist allerdings seltsam. Wegen der serbischen Rüstungen hat jetzt Oester reich-Ungarn Aufklärungen von der serbischen Regierung verlangt; vermutlich wird letztere Aus flüchte machen. Die vom serbischen Vertreter in Wien namens seiner Regierung eingelegte Ver wahrung gegen die Annexion Bosniens und der Herzegowina ist vom Wiener Auswärtigen Amte nicht angenommen worden. Balkanhalbinsel. Die Frage: Ob Krieg, ob Frieden, schwebt noch immer zwischen der Türkei und Bulgarien. Jedenfalls bekämpfen sich in dieser Hinsicht zwei Strömungen in Konstantinopel, und scheint es neuerdings, als ob die kriegerische Strömung die Oberhand gewinnen sollte. In Konstantinopel er hält-sich die Annahme, daß die Abberufung des türkischen Kommissars in Sofia beschlossene Sache fei. Unterdessen hat die Anschlußerklärung Kretas an Griechenland auch eine etwas gereizte Stim mung zwischen der Pforte und dem Athener Ka binett geschaffen, trotzdem die Athener Regie rungskreise so tun, als seien sie an den Vor gängen auf Kreta ganz unschuldig. Neuerdings ist es auch in Kleinasien zu türkisch-griechischen Verstimmungen gekommen. Die Wahlsiege der Griechen in Smyrna haben dort eine griechen- und weiter überhaupt christenfeindliche Bewe gung zur Folge gehabt; die Lage gilt als be- sorgniserregend. Die serbische Skupschtina ist am Sonnabend zusammengetreten. Nach der Konstituierung des Hauses erfolgte indessen zur allgemeinen Ueber- raschung der Schluß der Sitzung; zu der vielfach erwarteten Kundgebung der Skupschtina gegen Oesterreich-Ungarn ist es also vorläufig nicht ge kommen. Zur Angelegenheit der Anschlußerklärung Kre tas an Griechenland wird aus Konstantinopel ge meldet, daß der türkische Minister deS Aeußeren, Tewfik Pascha, erklärte, die Türkei sei entschlossen, ihre Rechte auf Kreta selbst mit Waffengewalt zu schützen. — Dies dürfte ihr freilich schwer fal len, eS gibt ja keinen einzigen türkischen Soldaten mehr auf Kreta. ES müßte also ein türkisches LandungSkorp» nach Kreta eigens geschafft wer ben, dem stM aber schon der klägliche Zustand der türkischen Flotte entgegen. England. Der russische Minister des Auswärtigen, Is wolski, ist auf seiner politischen Auslandsreise nunmehr in London eingetroffen. ES steht zu vermuten, daß Herr von Iswolski in seinen Be sprechungen mit den leitenden politischen Persün- lichkeiten in London versuchen wird, sie für das russische Verlangen der Freigabe der Dardanel lendurchfahrt günstig zu stimmen. Der russische Minister JSwolSki hatte am Sonnabend eine erste Unterredung mit dem eng lischen Minister Grey und dann auch mit Unter staatssekretär Hardinge. Am Sonntag wurde Herr Iswolski von König Eduard im Bücking- hampalast empfangen, worauf er abermals mit Grey konferierte. Es handelt sich bei dem Lon doner Besuch des russischen Ministers darum, die Zustimmung Englands zu der russischerseits ge wünschten Aufrollung der Dardanellenfrage auf der geplanten Balkankonferenz zu erlangen. Serbien. Die diplomatischen Beziehungen zwischen Ser bien und Montenegro, welche seit dem Bomben- Prozesse in Cetinje abgebrochen waren, sind wie der ausgenommen worden. Schmargendorf bei Berlin, 11. Oktober. Die Gordon Bennett-Wettfahrt hat heute nachmittag bei warmepl, sonnigen Wetter und mäßigem westnordwestuchen Winde, der in einer Stärke von 8 bis 10 Sekundenmetern wehte, auf den: Gelände der Gasanstalt Schmar gendorf ihren Anfang genommen. Der Andrang des Publikums war ungewöhnlich groß. Die Ver- kchrsinstitute hatten alle Reservewagen heran gezogen, die Eisenbahnverwaltung hatte auf den in Betracht kommenden Bahnhöfen Notbrücken bauen lassen. Der Ballonplatz selbst war nicht sehr stark besucht, die Tribünen waren nur spär lich besetzt, eine ungeheure Menge aber hätte auf den Nachbargeländen Aufstellung genommen. Die gemeldeten 23 Ballons starteten sämtlich und zogen in südöstlicher Richtung davon. Mit Aus nahme des Unfalles, dem der amerikanische Bal lon Conqueror zum Opfer fiel, ist der Start in Abständen von je 5 Minuten ungefähr in der Zeit von 3 bis Uhr glatt von statten gegangen. Die Gondel des Conqueror schlug beim Abkom men gegen ein Hindernis. Infolgedessen stieg der Ballon schwerfällig hin- und hertaumelnd empor. In großer Höhe sah man die Lustschiffer so un geheuere Mengen Ballast auSwerfen, daß man merkte, dort oben mußte schwere Gefahr im Ver züge sein. Dann zeigte sich plötzlich in der Hülle des Ballons ein Riß, der sich ständig vergrößerte, und der Balkon begann mit erschreckender Ge schwindigkeit zu stürzen. Ein vieltausendstim miger Schreckensschrei ertönte. In diesem Augen blick zerriß die untere Ballonhälfte völlig und die Ballonkappe wirkte von nun an glücklicherweise als Fallschirm. Ein Aufatmen ging durch die Menge, als man das Luftschiff jetzt langsamer nie dergehen sah. Die Insassen kletterten ins Netz empor und landeten unverletzt auf dem Dache eines Hauses in Friedenau. Der Fall hatte im ganzen drei Minuten gedauert. Friedenau bei Berlin, 11. Oktober. Bei dem heutigen Start zur Internationalen Ballon fahrt ist der amerikanische Ballon Conqueror (Führer Forbes) in 200 Meter Höhe nach einer Fahrt von wenigen Minuten geplatzt. Der Bal lon siel auf das Dach eines Hauses, wobei die Hülle als Fallschirm wirkte. Von den Insassen ist niemand verletzt. Wien, 11. Oktober. Blättermeldungen auS Belgrad zufolge haben sich die serbischen De putierten in geheimer Beratung mit 93 gegen 66 Stimmen gegen den Krieg ausgesprochen. Petersburg, 11. Oktbr. Im Laufe der letzten 24 Stunden sind 72 Personen an Cholera erkrankt und 37 gestorben. Die Gesamtzahl der Kranken beträgt 1214. Melilla, 11. Oktober. Der Roghi schlug die Beni Sicar in die Flucht, besetzte das Kupfer bergwerk und ließ zehn Anhänger Mulay Ha- fidS enthaupten, deren Köpfe öffentlich zur Schau gestellt wurden. Der Roghi gab die Versicherung, daß ähnliche Angriffe sich nicht wiederholen werden. Sachsen. Dresden, 12. Oktober. Se. Majestät der König hat genehmigt, daß der Schriftsteller Georg Zimmermann in Dresden den ihm von Sr. Majestät dem Kaiser von Ruß land verliehenen St. StaniSlauSorden 3, Klaffe annehme und trage. V. Bischofswerda. Zu einem christlichen Volks- und Gemeindefeste gestaltete sich die 64. Hauptversammlung des Bischofswerdaer Zweig- vereinS der Gustav Adolf-Stiftung, die am ver gangenen Sonntag in Burkau gehalten wmcke. Da» Fest war von Herrn Pfarrer Balze und dem Kirchenvorstande zu Burkau wohl vorbereitet worden, yektographierte Einladungen waren recht zeitig allen Gemeindemitgliedern zugegangen, daher fehlte e» auch nicht an dem schönsten Schmuck der von dem vortrefflichen, leider bereits ver storbenen Kirchen-Baumeister Quentin schön er neuten Kirche, einer zahlreich versammelten Fest gemeinde. Festlich stimmte die von Herrn Pfarrer Schmink-Rammenau gehaltene Liturgie, wie die Chor- und Sologesänge des wohlgeschulten Kirchen chors, festlich auch der Zuruf des Festpredigers, Herrn Pfarrer Zwahr aus Warnsdorf in Böhmen: Kommt herüber und helft uns, Zeit ist's, Not tut'S und reichen Segen bringt's. Bon der erwecklichen Wirkung der Predigt legt« auch der Ertrag der Kollekte Zeugnis ab, in Höhe von 90 Mk. 40 Pf., der nach dem Beschluß des Kirchenvorstandes zu Burkau der Gemeinde des Festpredigers, Warns dorf in Böhmen, zufließen soll. Die Nach- oder eigentlich Haupt- und Jahresversammlung des Bischofswerdaer Zweigvereins der Gustav Adolf- Stiftung wurde unmittelbar nach dem Gottes dienste im Gasthofe zu Nieder-Burkau gehalten und nahm einen eben so erhebenden als erfreuen den Verlaus. Der Saal war gedrängt voll, auch viele benachbarte Geistliche und Kirchenvorsteher, sowie der Vorstand des Jungstauenvereins der Gystav Adolf-Stiftung, der Sonntagsverein junger Mädchen, der evang.-luth. Männer und Jünalings- vereik in Bischofswerda, waren als Gäste erschienen, ganz besonders, trugen die von Herrn Kantor Fritsche trefflich geschulten Kinder- und Kirchen chöre zur Erhöhung der Festfreude bei. Der Vor sitzende des Gustav Adolf-Vereins, Herr Oberpf. vr. Wetzel, begrüßte die Gemeinde Burkau als ein altes treues Vereinsglied, das, wie schon in der vorreformawrischen Zeit von Begrün dung des Vereins im Jahre 1844 an, mit Bischofswerda verbunden gewesen sei, Herr Bürgerschullehrer Wolf - Bischofswerda, der treu verdiente Rechnungsführer des Zweigvereins, gab einen Einblick in die Kassenverhältnisse deS Vereins, dann berichtete Herr Pfarrer Lange- Putzkau in höchst anschaulicher, mit prächtigem Humor gewürzter Weise über die 3 vom Vor stand des Vereins zur Unterstützung vorgeschla- genen Gemeinden Aussig, Gablonz und Rumburg. Seine Ausführungen wurden von der Versamm lung mit lebhaftem Beifall auf- und der Vor schlag des Vorstandes einstimmig angenommen. Der Ertrag einer in der Versammlung vorgenom menen Tellersammlung wurde auf Vorschlag des Vorstandes der Gemeinde Friedland zugewiesen. Endlich erhielt der Festprediger, Herr Pfarrer Zwahr, das Wort, der für die feiner Gemeinde vom Kirchenvorstande zu Bur kau überwiesene Kollekte dankte und durch Schil derung der Notlage der jetzt 800 Seelen zählen den Gemeinde, von neuem die Herzen für die selbe erwärmte. Mit der Aussprache herzlichsten Dankes von Seiten des Vorsitzenden und des Herrn Pfarrer Balze und dem gemeinsam ge sungenen Liede: „Laß mich dein sein und bleiben" wurde die Versammlung und damit das schöne Fest geschloffen. Bischofswerda, 12. Oktbr. Der Kon- firmanden-Unterricht nimmt mit Be ginn des Winterhalbjahres wieder seinen An fang. Die zu Ostern zur Entlassung kommenden Knaben und Mädchen sollen durch ihren Seel sorger auf die Konfirmation, auf ihre Aufnahme in den Bund der erwachsenen Christenheit vorbe reitet werden und damit zugleich durch die Ein führung in die Lehre deS Christentums auf ihr späteres Leben mit seinem Ernst und seinen mancherlei Kämpfen. Mögen hierfür die jungen Seelen darum auf dem festen Grunde deS gött lichen Wortes Anker legen und so auS der Zeit ihres Konfirmanden-UnterrichtS reichsten Segen schöpfen für das Leben. Bischofswerda, 12. Oktober. (Theater.) DaS so stimmungsvolle Lustspiel '„Husarenstreiche in Feindesland" oder die „Barbaren", welches in so vortrefflicher Weise uns auf hiesiger Bühne ver körpert wurde, gelangt morgen Dienstag nochmals zur Aufführung und dürste auf das wärmste empfohlen werden. Ebenfalls steht uns Mittwoch wieder eine Novität in Aussicht, „Unsere Käthe." Bischofswerda, 12. Oktober. Herr Dach deckermeister Petz old, hier, Süßmilchstraße 1, hat am 25. September in Bautzen die Meister - Prüfung abgelegt.