Volltext Seite (XML)
48 Empfang in Köln, Frühstück, Diner, gereicht von der Internationalen Schlafwagengesellschaft, Empfang in Berlin, Empfang durch den Rektor der Universität, Frühstück, Empfang im Hotel Adlon, Große« Festmahl im Hotel Adlon, Empfang beim Botschafter, Frühstück, gegeben von der Stadt Berlin, Galaoper, Empfang durch den Rektor der Technischen Hochschule, Festmahl, gegeben von der Stadt Charlottenburg usw. usw. durch zehn Tage hindurch. Glaubt man durch solche taktlose Ueberschwänglichkeiten den Franzosen, ausgesprochen den Franzosen, die für alle Fragen des Taktes ein so überaus feine» Empfinden haben, zu imponieren? Daß nur nicht einer jener Franzosenjünglinge, der etwas von Paul Heyse gelesen, mit ihm aufseufzt: Gegen Herzlose kannst Du Dich schützen. Gib ihnen nur Dein Herz nicht preis! Geistlose mögen Dir auch wohl nützen. Da mancher manches kann und weiß. Wenn aber Taktlose Dich umringen, DaS wird Dich zur Verzweiflung bringen. Oesterreich. In Wien ist der berühmte Laryngologe Professor Hofrat Schrötter plötzlich gestorben. Der Verstorbene war eine Autorität für Kehl kopf« und Lungenkrankheiten, 1887 wurde er zum Kaiser Friedrich nach San Remo berufen. Ein eigenartiges Zusammentreffen ist eS, daß gerade jetzt in Wien der erste internationale Laryngologenkongreß tagt, dessen Mitglieder von Hofrat Schrötter noch am Vorabend seines Todes zur Tafel geladen worden waren. Die am Mittwoch eröffnete Kongreßsitzung wurde anläßlich des Ablebens des Professors Schrötter zum Zeichen der Trauer unterbrochen. Wien, 23. April. Am Dienstag wurde hier das offizielle Programm der bei der Huldigung der deutschen Bundesfürsten für Kaiser Franz Josef veranstalteten Feierlichkeiten bekannt gegeben. Der Deutsche Kaiser und die Kaiserin, sowie Prinz Joachim und Prinzessin Luise treffen am 7. Mai um 10 Uhr vormittags in der Station Penzing mit zahlreichem Gefolge, von dem ein Teil aus Berlin kommt, ein. Am Bahn hof werden zum Empfang Kaiser Franz Josef, die Erzherzöge und Erzherzoginnen, die deutsche Botschaft, der KorpSkommandant, der Stadt kommandant, der Statthalter, der Polizeipräsident und der Bürgermeister von Wien anwesend sein. Am Bahnhof wird eine Ehrenkompagnie aufge stellt. Vom Bahnhof bis Schönbrunn werden Truppen Spalier bilden. Die Auffahrt erfolgt bei der blauen Stiege, wo der Obersthofmeister und der Oberzeremonienmeister die hohen Gäste erwarten, die Begrüßung erfolgt im Maria- Theresia-Zimmer, wo der Minister des Kaiser lichen Hauses, die obersten Hofchargen, die Garde kapitäne, der ungarische Hofmarschall, der Hof dienst, die Minister, die Generaladjutanten und die Obersthofmeisterin Gräfin Harrach vorgestellt werden. Die Gratulation der deutschen Bunde», fürsten unter Führung Kaiser Wilhelms findet um 12 Uhr statt. Vorher wird Kaiserin Auguste Viktoria ganz allein beim Kaiser erscheinen, um ihm ihre Glückwünsche darzubringen. Die Kaiserin wird durch die Obersthofmeisterin Gräfin Harrach angemeldet und eingeführt. Um V,1 Uhr findet das Dejeuner im Maria-Theresta-Zimmer statt, an dem ausschließlich die beiden Kaiser, die Kaiserin, die Erzherzoge, Erzherzoginnen und Bundesfürsten teilnehmen. Um 7 Uhr abends findet ein Galadiner zu 130 Gedecken — 90 in der großen Galerie, 40 in der kleinen — statt. Militärkapellen konzertieren am Schloßparterre. Dem Diner folgt auf Wunsch Kaiser Wilhelm» ein Konzert des Sängerbünde». Die 14 Bundes- fürsten treffen am 6. Mat abends in Wien ein und werden von Erzherzögen mit Ehrenkompagnie empfangen. Die Fürsten steigen in der Wiener Hofburg ab. Während der Anwesenheit der kaiserlichen Gäste bleibt der Schönbrunner Park dem Publikum verschlossen. Italien. Italien hat seine in Konstantinopel erhobene Forderung der Errichtung italienischer Postämter in der Türkei zusammen mit noch andern Forde rungen nach anfänglichem Widerstande der Pforte rasch genug durchgedrückt, die Drohung mit einer Entsendung der italienischen Flotte in die türkischen Gewässer genügte hierzu vollständig. Wie übrigens die .Tribuna* meldet, wird da» italienische Mittelmeergeschwader nun wahr- scheinlich noch trotz der türkischen Nachgiebigkeit die Häfen von Saloniki und Smyrna anlaufen, wo große italienische Kolonien sind. Die Fahrt geschehe im Stil einer UebungSfahrt und gemäß einem längst bestimmten Plan«. D« sächsisch« GvMIvr. Gvttt 4. Balkanhalbinsel. In dem fortdauernden Bandenkriege in Mazedonien müssen die türkischen Truppen einmal eine Niederlage verzeichnen. Laut einer Meldung au» Saloniki griff eine Abteilung türkischer Truppen in Banitz (Kreis Florina) eine bulgarische Bande an. Diese erhielt Verstärkung durch bewaffnete Bauern und warf die Truppen zurück. Zwei Soldaten wurden getötet. Portugal. Gegen den jungen König Manuel sollte eine Verschwörung geplant sein; wie e- hieß, beab- stchtigten die angeblichen Verschwörer, bei der Er- öffnung der neuen portugiesischen Korte- ein Attentat auf den König au»zuführen. Wie indessen jetzt die offiziöse Pariser ,,Agenee HavaS" au» Lissabon meldet, sind die in auswärtigen Blättern verbreiteten Gerüchte über die Ent deckung einer Verschwörung gegen König Manuel unbegründet. England. Der ehemalige englische Premierminister Campbell-Bannerman ist am Mittwoch im Alter von 72 Jahren zu London gestorben, also kaum zwei Wochen nach seinem Rücktritt vom Amte. Campbell-Bannerman ivar schon längere Zeit schwer leidend, sodaß sein Tod für ihn eine Erlösung bedeutete. Dänemark. Der Besuch deS englischen KönigSpaare» am verwandten Hofe von Kopenhagen weist trotz seines familiären GharakterS doch einen politischen Beigeschmack auf. Am Mittwoch abend fand im Rittersaal deS Christian VII. Palais Galatafel statt, wobei König Frederik und König Eduard herzliche Trinksprüche auf die gegenseitigen guten Beziehungen der beiden Länder ausbrachten. Amerika. Zwischen dem amerikanischen Repräsentanten haus« und dem Präsidenten Roosevelt ist in der Frage der amerikanischen Flottenverstärkung ein Konflikt entstanden. DaS Repräsentantenhaus hat bekanntlich den Vorschlag Roosevelt-, die ÜnionSflotte möge jährlich um vier Panzerschiffe vermehrt werden, abgelehnt, mit der Begründung, die Kosten, welche der Union au» den Ausgaben für Heer und Flotte erwüchsen, seien ohnehin schon sehr große. Roosevelt läßt aber diesen Geldstandpunkt nicht gelten, er will sich nochmals an die Volksvertretung mit dem Verlangen deS Baues von vier Panzerschiffen jährlich wenden. In Guatemala ist auf den Präsidenten Eabrera ein Attentat verübt worden, und zwar von der eignen Leibwache de» Präsidenten, sie schoß auf ihn, traf ihn jedoch nicht. Präsident Roosevelt hat dem Präsidenten Cabrera seine Glückwünsche zur glücklichen Errettung ausge sprochen. Nach Telegrammen aus Guatemala befanden sich unter den Angreifern fünf Kadetten der Leibwache des Präsidenten, die inzwischen erschossen worden sind. Afrika. Mulay Hafid, der marokkanische Gegensultan, versucht eS mit einem nochmaligen Appell an die Mächte. Er hat abermals eine Gesandtschaft nach Europa abgeschickt, die mit einem englischen Dampfer am Mittwoch aus Saffi in Rabat eintraf, von wo au» die Ueberfahrt nach Europa erfolgt. — Aufsehen erregt die vom Sultan Abdul Afls verfügte brüske Ausweisung des belgischen Konsularagenten au» Rabat, lieber den Grund seiner Ausweisung wird indessen noch nicht» gemeldet. Asien. An der Nordwestgrenze Ostindien» sind neue Unruhen auSgebrochen, die möglicherweise zu Verwicklungen mit Afghanistan führen. Denn der Stamm der MohmandS, gegen welchen eine britische Expedition von Peschawar aufgebrochen ist, gehört zu den afghanischen Grenzstämmen und es scheint, daß die Regiemng de» Emir» von Afghanistan die Erhebung der MohmandS gegen die Engländer begünstigt. Zu den Unruhen an der russisch - persischen Grenze und an der türkisch - persischen Grenze liegen einstweilen keine neueren Meldungen vor. Abzuwarten bleibt einstweilen, ob e» sich hierbei nur um größere Räubereien oder um ernstere Dinge handelt. A u st r a l i e n. Der Umfang de» schweren Eisenbahnunglück» bei Braybrook in Australien ist nunmehr fast festgestellt. Im ganzm sind 43 Personen ge tötet und 139 ernster verletzt worden, doch werden von den Schwerverletzten voraussichtlich noch eine ganze Anzahl sterben. Drahtnachrichten u. letzte Meldungen. Kassel, 23. April. In der Nähe von Kassel wmde während de» Schneesturmes die Tochter eine» Bahnbeamten, die gewohnheitsmäßig bei der Heimkehr den Bahnkörper benutzte, von einer Leermaschtne zermalmt. vr«t«schwets, 24. April. Die Polizei verbot den geplanten Maifestzug. Düsseldorf, 24. April. In Busch, in der Nähe de» Düsseldorfer Truppenübungsplatz«», verübte ein unbekannter Mann an einem fünf jährigen Knaben ein schwere» SittlichkeitSver- brechen. Der Täter verletzte sein Opfer durch Messerstiche an der Brust lebensgefährlich. Ob wohl eine Kompagnie Infanterie zur Suche de» Verbrecher» au-schwärmte, wurde er nicht entdeckt. Münch««, 24. April. In SandelShausen in Oberbayern schoß ein Bauer feine beiden Schwiegersöhne, mit denen er verfeindet war, mit der Flinte nieder. Lübeck, 24. April. Auf der Chaussee Lübeck- Lüneburg scheuten die Pferde eines Gespanne» vor einem Automobil und gingen durch. Die GutSbefitzerSftau Funck wurde au» dem Wagen geschleudert und schwer verletzt. Ihr Mann und ein Knecht erlitten leichtere Verletzungen. Horst a. d. Emscher, 23. April. Der Berg mann Zajek wurde von seinem Sohne im Streite mit einer Flasche erschlagen. Wie«, 23. April. In Stetnamanger an der steirisch-ungarischen Grenze ist eine gefähr liche TyphuSepidemie ausgebrochen. 5 Proz. der Bevölkerung liegen krank darnieder. Jeden Tag erkranken Hunderte. Die ungarischen Be hörden ordneten bisher keine eingreifenden Maßregeln an, um der Epidemie Einhalt zu tun. Pari-, 23. April. Der.Messtdor* erfährt aus Lissabon, König Manuel werde sich in einem Panzerautomobil, von dreifachem Soldatenspalier geschützt, zur CorteSeröffnung begeben. Letzthin erfolgten wieder sehr zahlreiche Verhaftungen von Republikanern. Pari-, 23. April. Die französischen Truppen stießen in der Gegend von Ain Chair auf feind liche Abteilungen, die Feuer gaben. Sech» Berber wurden verletzt. Pari-, 24. April. In Boulogne sm Mer wurden der italienische Graf Marchetti, ein ehemaliger Offizier, und dessen Frau unter der Beschuldigung der Falschmünzerei verhaftet. Da» Ehepaar, in dessen Wohnung in Enghten bei Pari» eine Haussuchung vorgenommen wurde, soll Mitschuldige in London und Marseille haben. Pari-, 24. April. Aus Satgun wird ge meldet, daß sich der Stellvertreter de» General- gouverneurS infolge der im Innern von Annam ausgebrochenen Unruhen nach HuS begeben hat. Krakem, 24. April. In Choscienec explo- vierte eine Bombe, die dem Geheimen Rate, Mitglied de» Herrenhauses, Grafen Wodzicki, zugedacht war. Die Bombe wurde beim Ein gänge de» Gute» de» Grafen niedergelegt und explodierte mit solcher Wucht, daß die Mauer stark beschädigt, Fenster und Türen heraus- gerissen wurden. Dem Grafen gingen in letzter Zeit zahlreiche Drohbriefe mit Todesurteilen zu. Warscha«, 23. April. In Lublin entdeckte die Polizei die Lokale der sozialen Kampfpartei, organisation. 300 Personen, meisten» Arbeiter, wurden verhaftet, darunter mehrere de» Morde» an einem Polizeikommissar, einem Gendarmerie unteroffizier und drei Polizisten Verdächtige. 500 Patronen, mehrere Browningpistolen und Bomben wurden gefunden. Im Sächsischen Garten wurde eia Waffenlager auSgegraben. Warscha«, 23. April. Der Korrespondent der „Boss. Ztg." erfährt au» zuverlässiger Quelle, die polnischen Dumaabgeordneten und Staat»- ratSmitglieder gedenken, ihre Mandate nieder- zulegen, da sie die Aussichtslosigkeit ihrer Be mühungen um Reformen im Königreich Polen einseheu.